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So ist die Rechtslage

Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin – Bundesverfassungsgericht entscheidet

von Gastautor

18.12.2022

| Lesedauer: 6 Minuten
Die Berliner Wahlproblematik – nämlich dass zugleich mit der zu wiederholenden Landtagswahl auch eine Bundestagswahl stattfand, die aber, jedenfalls nach dem Willen des Wahlprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages, weitestgehend gültig bleiben soll – ist historisch beispiellos. Von Ulrich Vosgerau

Die im Bundesland Berlin nun entstandene Situation hat keinen historischen Präzedenzfall. Die Feststellung der Ungültigkeit einer gesamten Landtagswahl hat es in der Bundesrepublik Deutschland erst einmal gegeben, nämlich in Hamburg 1993; dort fand nach Hamburger Rechtslage dann aber keine Wiederholungswahl, sondern eine Neuwahl im Anschluss an die Selbstauflösung der Hamburger Bürgerschaft statt. Außerdem hat das Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein 2010 die Legislaturperiode eines aufgrund eines verfassungswidrigen Wahlgesetzes gewählten Landtages von (damals noch) vier auf drei Jahre verkürzt. Die heutige Berliner Problematik – nämlich dass zeit- und organisationsgleich auch eine Bundestagswahl in Berlin stattfand, die aber, jedenfalls nach dem Willen des Wahlprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages, weitestgehend gültig bleiben soll – spielte damals aber jeweils keine Rolle.

Die Rechtslage stellt sich so dar:

Erstens: Das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs hat Bestand.

Abgeordnetenhaus und Senat amtieren weiter bis zur Wiederholungswahl. Alle bisherigen Rechtsakte bleiben wirksam, zur Sicherung der Kontinuität staatlichen Handelns sind Abgeordnetenhaus und Senat bis dahin weiter berechtigt, ihre gesetzlichen Aufgaben wahrzunehmen.

Eine – sei es auch nur sehr vorübergehende – Wiedereinsetzung des „alten“ Abgeordnetenhauses der vorherigen Legislaturperiode kommt keinesfalls in Betracht. Zwar ist das demokratische Legitimationsniveau – so der terminus technicus des Bundesverfassungsgerichts – des gegenwärtigen Abgeordnetenhauses infolge zahlloser Wahlfehler nicht hinreichend, deswegen muss ja die Wahl komplett wiederholt werden. Aber das vorige Abgeordnetenhaus besitzt überhaupt keine demokratische Legitimation, ganz einfach, weil dessen Legislaturperiode längst vorbei ist. Demokratie ist eben Herrschaft auf Zeit, und nicht hinlängliche demokratische Legitimation für einen beschränkten Zeitraum ist immer noch besser als gar keine demokratische Legitimation für einen beschränkten Zeitraum. Und so haarsträubend die Wahlfehler auch gewesen sind: Die deutliche Mehrheit der Berliner Wahlberechtigten dürfte dennoch „fehlerfrei“ gewählt haben.

Berliner Wahlwiederholung und die Konsequenzen für Deutschland

"Tichys Einblick Talk" vom 17.11.

Berliner Wahlwiederholung und die Konsequenzen für Deutschland

Die Wiederholungswahl wird stattfinden, insbesondere das Bundesverfassungsgericht mischt sich hier nicht ein. Es ist zwar denkbar, dass zum Beispiel Abgeordnete des jetzigen Abgeordnetenhauses gegen die in ihren Augen unberechtigte Wahlwiederholung das Bundesverfassungsgericht zu bemühen versuchen. Solche Versuche, die politisch unbequeme Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom Tisch zu wischen, haben aber keine Erfolgsaussichten. 

Denn zum einen hat sich das Bundesverfassungsgericht bereits 1999 aus der Kontrolle von Fehlern bei Landtagswahlen zurückgezogen; die Länder sind (in der Diktion des Bundesverfassungsgerichts) „Verbände von Staatsqualität“ mit eigenen Verfassungen und eigenen Verfassungsgerichten, das Bundesverfassungsgericht führt nicht die „Rechtsaufsicht“ über den Berliner Verfassungsgerichtshof, sondern beide Verfassungsgerichte haben eben unterschiedliche Zuständigkeiten. 

Demgegenüber trifft man bis heute oft auf die Rechtsauffassung, das Bundesverfassungsgericht habe auch bei Landtagswahlen stets das letzte Wort. Diese Ansicht hat folgenden Hintergrund: Früher gab es in mehreren Bundesländern, zum Beispiel in Hessen und in Nordrhein-Westfalen, gar keine gerichtliche Überprüfung von Landtagswahlen, sondern das Wahlprüfungsverfahren wurde ausschließlich durch die Landtage geführt, die sich im Ergebnis natürlich immer selbst die eigene Legitimität bestätigten. Hiergegen ist in der Tat das Bundesverfassungsgericht eingeschritten, weil ohne die Möglichkeit einer Überprüfung durch ein unabhängiges Gericht selbst minimale rechtsstaatliche Standards verfehlt wurden. Heute gibt es aber in allen Bundesländern – wie eben auch in Berlin – die Wahlprüfung durch das Landesverfassungsgericht, damit hat es sich dann aber auch.

Beharrlicher, ehrlicher Journalismus führte zur Wiederholung der Berlin-Wahl

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Zum anderen stünde einem Mitglied des Abgeordnetenhauses, das gegen die Wiederholungswahl das Bundesverfassungsgericht anrufen will, dazu einzig und allein die Verfassungsbeschwerde zur Verfügung. Die Verfassungsbeschwerde dient aber dem Schutz persönlicher, individueller Grundrechte; das mögliche „Recht“ eines Abgeordneten, sein Mandat nicht vorzeitig wieder zu verlieren, ist aber von Anfang an kein „Grundrecht“ (das dann ja jeder Mensch haben müsste), sondern es betrifft die organschaftliche Stellung des Abgeordneten in seiner Eigenschaft als Teil der Legislative. 2010 hatte ein schleswig-holsteinischer Landtagsabgeordneter gegen die durch das Landesverfassungsgericht angeordnete vorgezogene Neuwahl des Landtages Verfassungsbeschwerde eingelegt; diese wurde aber durch das Bundesverfassungsgericht als offensichtlich unzulässig nicht zur Entscheidung angenommen. Ähnlich würde es möglichen Verfassungsbeschwerden von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses ergehen.

Übrigens: Die Regierende Oberbürgermeisterin Giffey hat ja alsbald nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs namens des Senats geäußert, dieser werde keine „Beschwerde“ einlegen, sondern den Richterspruch akzeptieren. Das ist nobel und demokratisch gedacht – indessen hat der Senat von vornherein keine Möglichkeit der „Beschwerde“ gegen Urteile des Berliner Verfassungsgerichtshofs – bei wem wollte er sich auch „beschweren“? Einen „Oberverfassungsgerichtshof“ gibt es eben nicht.

Zweitens: Über den Umfang der Wiederholungswahl zum Bundestag entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

Das Berliner System, nach dem die Wahlüberprüfung gleich und von Anfang an Aufgabe des Landesverfassungsgerichts ist, ist eine Ausnahme. In allen anderen Bundesländern wie auch im Bund ist die Wahlprüfung hingegen zweistufig angelegt: Zuerst entscheidet das betroffene Parlament selbst auf Vorschlag seines Wahlprüfungsausschusses, und gegen dessen Entscheidung kann dann das Verfassungsgericht angerufen werden. Das zweistufige System entspricht einer langen Tradition, ist aber völlig sinnlos. Denn ein frisch gewähltes Parlament, das also in eigener Sache entscheidet, wird sich selbst nie die Legitimation absprechen. Nicht von ungefähr wird also heute erwogen, das einstufige Berliner System auch im Bund einzuführen (wofür Artikel 41 des Grundgesetzes geändert werden müsste). Man sollte es nicht für möglich halten, aber: Das Entwicklungs-Bundesland Berlin, diese Exklave der Dritten Welt auf deutschem Boden, hat das beste und fortschrittlichste Wahlprüfungsrecht in Deutschland!

Gegen die Bundestagswahl 2021 sind insgesamt 2.121 Wahleinsprüche beim Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages eingegangen, zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik hat auch der Bundeswahlleiter Einspruch eingelegt. Die meisten dieser Einsprüche thematisieren das Berliner Wahlchaos; andere wurden aber auch aus ganz anderen Gründen, zum Beispiel dem enorm hohen Briefwähleranteil, erhoben. Über diejenigen Wahleinsprüche, die sich auf das Berliner Wahlchaos beziehen, hat der Deutsche Bundestag auf entsprechende Empfehlung des Wahlausschusses am 10. November 2022 nun beschlossen, dass eine Wahlwiederholung zwar mit beiden Stimmen, aber nur in 431 Wahllokalen, stattfinden soll. Da jeder Einspruchsführer gegen diesen Beschluss binnen zweier Monate, also bis zum 10. Januar 2022, Wahlprüfungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben kann, steht es außer Frage, dass über den Umfang der Wiederholung auch der Bundestagswahl in Berlin nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird. Die Wiederholung der Bundestagswahl – ganz oder teilweise – wird mithin zu einem viel späteren Zeitpunkt als die Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus bereits im Februar 2023 stattfinden.

Wie das Bundesverfassungsgericht in der Sache entscheiden wird, ist völlig offen. Vorgänge wie das Berliner Wahlchaos – die nach einer Äußerung des Bundesverfassungsrichters Peter Müller an die Zustände in diktatorischen Entwicklungsländern denken lassen – hat es bisher noch nicht gegeben, weswegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlprüfungsrecht unter Umständen nicht ohne weiteres auf diesen Fall übertragen werden kann. 

Ob der Verfassungsgerichtshof Berlin mit seiner Entscheidung juristisches Neuland betreten hat oder nicht, ist strittig geblieben. Der Verfassungsgerichthof geht davon aus, (1) dass die zahlreichen bekanntgewordenen Wahlfehler vermutlich nur die „Spitze eines Eisberges“  seien, und (2) dass Ungewissheiten und die nachträgliche Unaufklärbarkeit tatsächlicher Umstände gegen die Gültigkeit der Wahl sprechen und nicht etwa dafür. Die Senatsverwaltung für Inneres hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof durch eine bekannte Bonner Rechtsanwaltskanzlei vehement vortragen lassen, diese Herangehensweise widerspreche der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Wahlprüfungsfragen. Der Verfassungsgerichtshof weist dies in seiner Entscheidung explizit zurück.

Nebenher bemerkt: Wie kann es eigentlich sein, dass die Senatsverwaltung für Inneres, für die Dutzende von Volljuristen mit Schwerpunktsetzung im öffentlichen Recht tätig sind, die einst nach dem im Beamtenrecht zwingenden Grundsatz der „Bestenauslese“ eingestellt worden sind, sich vor dem Verfassungsgerichtshof der Hilfe zweier Anwälte einer Boutique für öffentliches Recht bedienen muss, die – jedenfalls der Größenordnung nach – vermutlich rund 500 Euro pro Anwalt und Stunde berechnet?

Übrigens: Weiter ließ die Senatskanzlei für Inneres vortragen, der Verfassungsgerichtshof solle den Fall nicht selber entscheiden, sondern dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Eine solche rechtliche Möglichkeit bestand aber gar nicht. Man könnte an zwei Arten der Vorlage eines Rechtsfalles durch ein Landesverfassungsgericht beim Bundesverfassungsgericht denken: einmal die konkrete Normenkontrolle (Artikel 100 Absatz 1 GG). Diese ist einschlägig, wenn ein Gericht ein Gesetz anwenden müsste, das es für verfassungswidrig hält. Oder auch die Divergenzvorlage (Artikel 100 Absatz 3 GG). Diese kommt zum Zug, wenn ein Landesverfassungsgericht das Grundgesetz (aber auch nur dies!) anders auslegen möchte als ein anderes Landesverfassungsgericht zuvor. Aber weder die eine noch die andere Variante war hier gegeben; es geht um die Anwendung Berliner Landesrechts, das als solches niemand für verfassungswidrig hält.

Die Bundestagswahl in Berlin muss wiederholt werden – Klage vor Bundesverfassungsgericht

Wahlbetrug in Berlin

Die Bundestagswahl in Berlin muss wiederholt werden – Klage vor Bundesverfassungsgericht


In eigener Sache: Tichys Einblick will die Verfassungsmäßigkeit auch der Bundestagswahlen in Berlin nun durch das Bundesverfassungsgericht prüfen lassen; wir halten dafür, dass auch nach den Wahlprüfungsgrundsätzen im Bund eine komplette Wiederholung auch der Bundestagswahl im Bundesland Berlin erforderlich ist, da insofern keine anderen Maßstäbe gelten können als für die Wahl zum Abgeordnetenhaus. Denn beide Wahlen fanden gleichzeitig, in denselben Wahllokalen, in denselben Wahlkabinen statt – wenn sie denn überhaupt stattfanden und die Wähler nicht zum Beispiel wegen der langen Schlangen wieder nach Hause gegangen waren.

Deshalb hat Roland Tichy, Herausgeber von TE, entschieden, eine Initiative zu gründen, die die Wiederholung der Bundestagswahl in allen Berliner Bezirken einklagen wird. Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wird von dem namhaften Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau in Karlsruhe im Namen von zwei Tichys-Einblick-Lesern geführt. Unsere Leser haben bereits mit einer Formulierungshilfe von TE Antrag auf Wahlwiederholung gestellt und sind damit klageberechtigt. Die Klagefrist läuft am 10. Januar 2023 ab. Die Finanzierung hat „Atlas – Initiative für Recht und Freiheit“ übernommen.

Unterstützen Sie bitte die Öffentlichkeitsarbeit dieses Vorhabens.

Für Spenden haben wir bei der Commerzbank Köln das Konto mit der IBAN DE14 3704 0044 0543 2000 02 eingerichtet (Empfänger: TE Sonderkonto Rechtsstreitigkeiten). 

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22 Kommentare

  1. Danke Herr Vosgerau für diesen sehr fundierten Beitrag.
    Bzgl. der Prüfung der Einsprüche zur Gültigkeit der Bundestagswahl bzw. der Entscheidung des Wahlprüfungsausschusses des Bundestags (BT) durch das BVerfG gebe ich noch folgendes zu bedenken:
    Das BVerfG hat im Rahmen seiner Entscheidung zum sog. „negativen Stimmgewicht“ geurteilt, dass eine Wahl solange verfassungsgemäß zu Stande gekommen ist, wie der „Fehler“ nicht mehr als 1/2 Fraktionsstärke (15 Abgeordnete) ausmacht. Bedeutet jedoch auch im Umkehrschluss, dass Wahlfehler, die zu mehr als 15 falsch zugeteilten Mandaten führen, die Wahl in Gänze verfassungswidrig machen bzw. gemacht haben. Dies ist bei der letzten BT-Wahl aus Sept. 2021 eindeutig der Fall.
    Die Linke ist nur aufgrund zweier in Berlin errungener Direktmandate in Fraktionsstärke im BT vertreten (39 Sitze, davon 35 nicht aus Berlin), da die 5-Hürde verfehlt wurde. Diese zwei entscheidenden Direktmandate sind wg. der massiven (strukturellen) Wahlfehler (s. Urteil des Berliner Verfassungsgerichts) unrechtmäßig zu Stande gekommen. Damit sind 38 von 39 Linken-Abgeordnete zu Unrecht im BT (ein Linken-Direktmandat aus Leipzig bleibt unberührt). 38 zu unrecht zugeteilte Sitze übertreffen die vom BVerfG selbst festgelegte (tolerierbare) Hürde der Verfassungsmäßigkeit um mehr als das Doppelte, damit ist der Bundestag in Gänze nicht verfassungskonform zu Stande gekommen. Die BT-Wahl ist somit zu annullieren und komplett zu wiederholen. Das durch strukturelle Versäumnisse der Berliner Landesverwaltung ausgelöste Berliner Wahlchaos hat somit die BT-Wahl in ihrer Gesamtheit infiziert.
    Dieser Tatsache ist nur durch eine baldmöglichste komplette Neuwahl des gesamten Bundestages abzuhelfen. Eine „nur“ Nachwahl in Berlin reicht nicht, weil dadurch der Grundsatz der Wahlgleichheit verletzt würde, denn die Berliner Wähler hätten ja aufgrund ihres Wissensvorsprungs die Möglichkeit, durch entsprechendes Wahlverhalten die Stimmen für die Linke aus dem übrigen Bundesgebiet mandatsrelevant zu machen oder eben auch nicht. Dieser Wissenvorsprung der „Berliner Wähler“ macht deren Stimmen ungleich gewichtiger als die Stimmen der übrigen Bundesbürger und verletzt so den Grundsatz der Wahlgleichheit, der für alle Wähler im Wahlgebiet (= Bundesrepublik Deutschland) gleichermaßen gelten muss, eklatant, folglich reicht eine „nur“ Neuwahl in Berlin nicht aus.
    Ich denke die Parteien sollten sich so langsam auf einen Bundestagswahlkampf 2023 einrichten.

  2. Das Bundesverfassungsgericht hat zwo Möglichkeiten. Erstens, es entscheidet, dass mit der Wahl alles in bester Ordnung war. Zweitens, es erklärt die Wahl für ungültig – wenn die Wahlperiode längst vorbei ist und bereits wieder eine Bundestagswahl stattgefunden hat. Tja, hätte eigentlich wiederholt werden müssen, Pech gehabt, schade aber auch.
    Das weiß Herr Vosgerau auch. Er ist ein namhafter Staatsrechtler, was bedeuted, er ist Akademiker mit einem Hobby und viel Tagesfreizeit. Staatsrecht ist reine Theorie, man kann darüber bei einem Glas Rotwein diskutieren wie über Wittgenstein. In der Praxis gilt: Macht schafft Recht. Jeder Verfassungsrichter besitzt ein Parteibuch, und das ist kein Zufall.

  3. Leider ist das Bundesverfassungsgericht nur noch eine Stabstelle der Regierung. Die Verfassung ist zur Farce verkommen. Was nicht passt, wird von der politischen Justiz passend gemacht. Merkel hat ganze Arbeit geleistet.

  4. Hallo, ich glaube ich kenne schon wieder das Ergebnis der Entscheidung.
    „Wahl wird nur in einigen wenigen Bezirken wiederholt.“ Mal schauen, ob ich schon wieder richtig liege?

    • Ich tippe, das BVerfG wird korrekt entscheiden. Irgendwann, wenn ein oder zwo Wahlperioden ins Land gegangen sind.

  5. Vom Grundsatz her müsste die Bundestagswahl, einschl, Landstagswahl in Berlin, komplett wiederholt werden respl eine Neuwahl angesetzt werden Wobei dies natürlich vom Ergebnis her nichts bringt, denn einmal wählen die Deutschen immer das gleiche und zum anderen würde auch bei der Auszählung dieser Wahl, wenn nicht schon vorher offen und massiv manipuliert wird, das Ergebnis passend gemacht.

    • Die Deutschen wählen nicht immer das gleiche. Es wird nur immer das gleiche ausgezählt. Jetzt noch zuverlässiger, als bisher. Kritik oder Auffälligkeiten wird es ab sofort per Dekret nicht mehr geben.

  6. Wer sich die Rechtsprechung des BVerfG der letzten Zeit ansieht, kann kaum davon ausgehen, dass dieses Gericht etwas entscheidet, was den tonangebenden Herrschaften im Bundestag nicht passt. Das BVerfG als unabhängige und glaubwürdige Überprüfungsinstanz von Legislative und Exekutive ist meines Erachtens Vergangenheit. Die werden die Entscheidung des für die Wahlprüfung zuständigen Bundestagsausschusses voll umfänglich bestätigen. Alles andere wäre eine riesige Überraschung.

  7. Ein Verfassungsgericht, das es mit dem Begriff der Freiwilligkeit für vereinbar hält, seine berufliche Existenz zu verlieren (vgl. Urteil zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht) sollte man eigentlich GAR NICHTS mehr fragen.

  8. Vielen Dank für diese Ausführungen Herr Vosgerau allerdings legen sie nur die katastrophalen Schwächen des jetzigen Systems dar.
    Wie kann es eigentlich sein, dass es keine Fristen gibt?! Auch ist mir unerklärlich wie es sein kann, dass die jetzige Regierung vollumfänglich im Amt sein kann! (Sie sagen, dass die Mehrheit der Berliner problemfrei gewählt hat, dies ist leider nur eine Behauptung die man angesichts der eklatanten Fehler und Manipulation leicht anzweifeln könnte!) Die jetzige Regierung dürfte unter einem guten System, nur pro forma regieren und nur einen Bruchteil der Gesetze erlassen! Nur so stünde sie unter dem Druck schnell für Neuwahlen zu sorgen.
    Mit dem jetzigen System können die Abgeordneten alles bis zum St. Nimmerleinstag aufschieben und sie werden sehen, sie werden es auch tun! Das mag unter ihren Gesichtspunkten rechtens sein, allerdings führt es somit Wahlen ad absurdum!

  9. Ich finde es gut, dass sich TE hier engagiert und deshalb unterstütze ich auch gerne. Ich möchte die langen Gesichter von den Bundestagsabgeordneten der Partei Die Linke sehen, wenn sie aufgrund der fehlenden Direktmandate (akt. 3) mit ihren 39 Mandatsträgern aus dem Plenum ausziehen müssen. Nur ein Direktmandat weniger und der linke Spuk ist vorbei. Bundestagswahl- Wiederholung in Berlin – ich bin dafür!

  10. Aus meiner Sicht ist das vorliegende Urteil des Berliner Verfassungsgerichtes weder ein „Sieg“ noch „heilt“ es die durch Pannen und Fälschungsversuche als ungültig angesehene Wahl vom September 2021.
    Entweder ist ein Parlament rechtsgültig im Amt – dann gibt es keinen Grund für eine allgemeine „Wiederholungswahl“ – oder die Wahl war ungültig, sie wird annulliert und somit rückwirkend ungültig. Der amtierende Senat müßte nicht einmal zurücktreten – seine Wahl wäre ebenso nichtig wie die im November 2021 erfolgte Konstituierung des 19. Berliner Abgeordnetenhauses und aller Bezirksverordnetenversammlungen. Einschließlich aller seitdem erlassenen neuen Gesetze sowie des Haushaltes für 2022.
    Es ist offensichtlich, warum das Berliner Verfassungsgericht dies nicht angeordnet hat. Alle Verfassungsrichter im Gericht sind dort auf einem Ticket der fünf Parteien Grüne, SPD, Linke, CDU oder FDP. Sie sollen sich dementsprechend verhalten und taten und tun dies auch – sie sind weder unabhängig noch wollen sie es sein. Keine dieser Parteien hatte ein Interesse an Neuwahlen. Zwar deuten die Umfragen an, daß CDU und Grüne ihre Ergebnisse derzeit verbessern könnten, die SPD und Linke leicht verlören, aber insgesamt desavouierte ein solches Urteil einer Annullierung die Wahlprozesse allgemein in Berlin. Ein Präzedenzfall wäre konstruiert, der jedwede kreative Ergebniskorrekturen fürderhin fast unmöglich machte – nicht nur für linke Parteien, wie ich hier aus Hessen zu berichten weiß. Die CDU mischte hier auch fröhlich mit.
    Dazu geht es darum, RRG zu retten, insbesondere die SPD nicht aus dem Bündnis zu drängen. Genau darum bleiben auch die Grünen, sie sich umfragemäßig nicht vor Neuwahlen fürchten müßten – sie haben ihre 20 Prozent als Stammwähler nahezu sicher – merkwürdig still.
     
    Das Verfassungsgericht, das dieses Urteil und diese Ermittlungen nie gewollt hat, konnte am Ende nicht anders, als die Wahlen quasi zu annullieren, wollte es sich juristisch nicht vollkommen lächerlich machen. Aber eben nur quasi.
    Mit dem heiklen Konstrukt der „Wiederholungswahl“ wird die Unrechtmäßigkeit der Wahlen vom 26. September 2021 nicht remediert. Die Tatsache, dass die Wahlen unrechtmäßig waren, führt konkludent dazu, daß es in der Folge weder im November 2021 zur Konstituierung des 19. Hauses noch aller weiteren Maßnahmen und Regierungshandlungen hätte kommen dürfen. Wie Marcel Luthe hier auf TE mehrfach ausgeführt hat, wäre konkludent noch das 2016 gewählte 18. Abgeordnetenhaus geschäftsführend im Amt, sowie der seinerzeit bis zur Wahl amtierende Senat. Das 19. Haus müßte umgehend aufgelöst werden, bis es in gültigen Wahlen neu bestimmt wird.
    Allgemein werden praktische Gründe geltend gemacht, warum das nicht ginge, zu meinem Erstaunen auch auf einem Diskussionspanel von Tichys Ausblick. Nicht alle Abgeordneten des 18. Hauses seien mehr greifbar oder in der Lage, ihr Mandat erneut auszuüben, einige inzwischen verstorben, dazu der erhebliche Aufwand. Das können keine Vorwände sein, da es hier um elementare Grundsätze der Demokratie geht.
     
    Bleibt es bei der bestehenden Anordnung, so kann man feststellen: Berlin hatte über 16 Monate ein Landesparlament und über 14 Monate eine Regierung, die illegal auf der Basis einer teils unakzeptabel fehlerhaften, teils gefälschten Wahl amtierten. Trotzdem wird dieses Treiben, von ihnen erlassene Gesetze und Anordnungen sowie alle Pensionsansprüche nachträglich als rechtmäßig gestellt, obwohl sie de jure nichtig sind, mithin also strafbewehrtes Verhalten aus politischer Opportunität legalisiert.
    Darüber hinaus werden dem am 5. Februar 2023 neu gewählten Abgeordnetenhaus und dem daraus hervorgehende Senat 16 bzw. 14 Monaten Regierungszeit gestohlen, die der illegalen Regierung vom Dezember 2021 zugeschlagen werden. Auch so sollen die Folgen einer möglichen Abwahl von RRG minimiert werden. Verliert RRG seine Mehrheit am 5.2.2023, so dauerten dann mögliche Koalitionsverhandlungen, zum Beispiel für eine Ampel oder Schwarz-grün-rot, viele Wochen, mit einer erneuten Senatswahl wäre nicht vor dem Mai oder Juni zu rechnen. Unterstellt man, daß dieser Senat dann nur bis zur Sommerpause 2026 regieren könnte, so wäre seine faktische Regierungsdauer – mithin also die legale des 19. Berliner Abgeordnetenhauses, von 60 auf ca. 36 Monate verkürzt, also nahezu halbiert. Bis sich überhaupt Änderungen der Politik in Berlin bemerkbar machten, weil möglicherweise die CDU oder FDP mit dabei wäre, unabhängig davon, daß die sowieso alles grünlinke durchwinken würden, um an der Macht beteiligt zu werden, so wäre die Amtszeit dieses Senats schon wieder herum, bevor er überhaupt ins Rollen käme. Eine in den endlosen Jahren linker Herrschaft strikt auf links getrimmte Verwaltung würden jedweden Wechsel hintertreiben – es bräuchte mehr als eine Legislaturperiode, um diese kafkaeske Verwaltung neu zu ordnen und personell umzubauen.
     
    Genau das soll verhindert werden. Um jeden Preis. Und die Medien spielen mit. Leider hat sich auch TE damit zufriedengegeben, daß die Wahl „wiederholt“ wird, im Triumph, die Justiz zum Laufen gebracht zu haben. Aber das wird sie nicht. Es handelt sich lediglich um Nachwahlen, nur halt für alle Abgeordneten statt nur ein paar. Die Illegalität, das Kriminelle der Vorgänge vom 26.9.2021 wird überhaupt nicht tangiert, nichts wird strafrechtlich untersucht oder geahndet. Alle machen einfach weiter.
     
    In diesem Zusammenhang spielen die hanebüchenen Vorgänge um die Wiederholung der letzten Bundestagswahl in Berlin nur eine untergeordnete Rolle, letztlich folgen sie dem gleichen Schema wie auf Landesebene, nur etwas dreister, mit noch größerer Arroganz der Macht. Ob nun die linke Vorherrschaft über Berlin oder Deutschland geschützt werden soll, macht keinen Unterschied. Das System, die Parteien Union, Grüne, SPD, FDP und Linke sind viel zu verrottet, als daß sie dieses System angehen würden. Sie sind die Linken, die sich selbst schützen. Die Böcke bleiben die Gärtner.
     
    Aber immerhin – die AfD wurde weiter außen vor gehalten. Ist das denn nichts? So kann man es auch sehen. Das Grundgesetz steht, wie eine eins. Sogar auf Tichys Diskussionsrunde haben das alle gesagt.
     
    Na dann.

    • Sehr gut zusammengefasst. Und leider das Elend vollumfänglich beschrieben, das auch zu anderen unverschiebbaren Alternativlosigkeiten in diesem Bundeseintopf führt. Dazu kommt vielleicht noch, dass man Wahlen insgesamt gerne durch KI plus Meinungsumfragen ersetzen möchte. Ganz offen wird spekuliert, dass die KI die Wünsche des Wahlvolkes besser oder mindestens genau so gut kennt, wie dieses selbst. Bedenkt man das Wahlverhalten, könnte das sogar stimmen. Jüngste Beschlüsse nach Vorlagen aus dem Justiz- und Innenministerium stützen diese Beobachtungen: man definiert offenbar ‚Rechtsstaatlichkeit‘ ganz allgemein Untertan-mäßig neu (alt) (#Beweislastumkehr).
      Ceterum censeo: Michael Ballweg, der meines Erachtens eigentliche Oppositionsführer, sitzt seit dem 29. Juni dieses Jahres in U-Haft in Stuttgart Stammheim – mit einer (meiner Ansicht nach) so absurden Begründung (er soll sich quasi selbst bestohlen haben), dass von Rechtmäßigkeit solcher Haft – wie ich es empfinde – nicht die Rede sein kann. Da er aber als Bürger nicht politisch gestalten kann, solange er sitzt, wird die gesamte Entwicklung der politischen Landschaft durch die Justiz bestimmt.

  11. Ich habe vertreten, daß die Wiederholung (nur) der Bundestagswahl (nur) in Berlin unter Beibehalting der Wahlergebnisse in den anderen Ländern nicht möglich ist. Die Wiederholer in Berlin kennen das Ergebnis der Bundestagswahl in den anderen Ländern. Wenn dies Schule macht, braucht es keinen gemeinsamen Wahltag in den Ländern. Dann wählen die einen am Sonntag, die anderen am Montag usw. Die am Montag wählen kennen dann das Ergebnis der Wahl vom Sonntag usw.
    Richtig wäre m.E. die Wiederholung der Bundestagswahl in allen Ländern.

  12. Das Problem in Deutschland ist, dass die Ehrfurcht höher als die Intelligenz ist.
    Es wird bedingungslos geglaubt, dass was für Recht steht, also Juristen oder Richter, ganz einfach Recht ist. Der Glaube dazu ist alternativlos. Und man kann bekanntlich das Wort „alternativlos“ ohne Widerspruch allen verkaufen – es wird geglaubt.
    Dieser bedingungslose Glaube wird Rechtspositivismus genannt. Das Schönste an allem: Man schaue sich einmal einen Deutschen Krimi an. Sie sind immer gleich aufgebaut. Selbst die Täter werden durch diese Ehrfurcht überführt.
    Ehre ist ok und Furcht ist ok – aber Ehrfurcht ist Religion. Das nutzen jene aus, die sich gleich kleiden wie jene der Katholischen Kirche. Dies Jahrhunderte nach Luther.

    • Vom Grunde her funktioniert der Rechtsstaat so! Ein Gericht hat das letzte Wort. Das macht einen Rechtsstaat u.a. aus. Keine Ahnung was Sie dagegen setzen wollen. Sind Ihnen „Grüne“ Willkürentscheidungen lieber?
      Gerichtsentscheidungen sind erst dann in Frage zu stellen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die Gewaltenteilung nicht mehr gegeben ist. Und da sind wir noch lange nicht, sonst würde in Berlin nicht neu gewählt.

  13. Die Erläuterungen von Herrn Vosgerau sind immer lesenswert und gut verständlich. Allerdings gibt es keine „Regierende Oberbürgermeisterin“, sondern eine „Regierende Bürgermeisterin“.

  14. Harbarth und CO wissen, das sie ihre Berufung ihrer Parteiangehörigkeit und nicht ihren richterlichen und rechtswissenschaftlichen zu verdanken haben. Ebenso wissen sie, wer sie in die Ämter berufen hat. Die Urteile der letzten Zeit haben das eindrücklich bestätigt. Das BVG wird mindestens das wie auch immer ausfallende Urteil zeitlich weit nach hinten schieben.

  15. Das würde dieser Bananenrepulik noch das Sahnehäubchen aufsetzen, sollte die Wiederholung der Bundestagswahl anders beurteilt werden als die Abgeordnetenwahl. Aber in diesem Irrenhaus ist ja inzwischen nichts mehr unmöglich.

  16. Als juristischer Laie erscheint es mir als vollkommen logisch, dass, nachdem die Landeswahl als für ungültig erklärt worden ist, natürlich auch die Bundestagswahl in allen Wahlkreisen vollständig wiederholt werden muss. Desweitern muss man auch die ausufernde Briefwahl angehen. Meines Wissens hat das Bundesverfassungsgericht selbst für einer Bergrenzung auf ein Viertel der Stimmen votiert.

  17. Nach einem Abendessen mit Frau Merkel und / oder Herrn Scholz wird das Bundesverfassungsgericht ganz neutral und im Sinne der Gesetze entscheiden ….

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