Wir wissen nicht, ob Nancy Pelosi, als Mitglied der Biden-Partei Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, ursprünglich tatsächlich geplant hatte, die demokratische Republik China auf der Insel Taiwan zu besuchen. Auf ihren veröffentlichten Reiseplanungen war Taipeh nicht vermerkt. Spätestens jedoch, als die rotchinesische Regierung in Peking einen möglichen Pelosi-Besuch auf der Insel zum Kernthema der US-China-Beziehungen machte und den USA mit Höllenstrafen drohte, konnte die Politikerin nicht mehr anders. Denn nun ging es um das, was in Fernost fast noch wichtiger ist als alles andere: um die Frage des Gesichtsverlusts.
Pelosi musste Taiwan besuchen – und Peking wusste es, weil es diesen Besuch selbst gezielt provoziert hatte. Und so liefen die Vorbereitungen auf das, was nach dem Besuch geschehen sollte, in der Volksrepublik (VRC) lange schon auf Hochtouren, noch bevor Pelosi überhaupt die USA verlassen hatte. Weshalb auch in den USA die Verantwortlichen längst die Konzepte für die Nach-Besuchs-Ära auf dem Tisch liegen hatten und deshalb gelassen reagieren konnten, als Maos Volksunterdrückungsarmee ihr militärisches Großfeuerwerk über die Insel hinweg startete.
Die Ein-China-Doktrin
Offizieller Hintergrund des Säbelziehens ist der nationalchauvinistische Anspruch der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), die vorgelagerte Insel Taiwan, die faktisch so gut wie nie Teil des großchinesischen Reichs gewesen ist, als eigenes Territorium zu beanspruchen. Die roten Mandarine bezeichnen ihren Alleinherrschaftsanspruch als „Ein-China-Politik“ – es darf nur einen Staat geben, in dem die Han-Chinesen das Sagen haben. Das gilt auch für jene annektierten Regionen, in denen ursprünglich Nicht-Chinesen die Bevölkerungsmehrheit gestellt hatten, wie es in Tibet (1951 von Maos Volksunterdrückungsarmee zwangseingemeindet) und in Ostturkestan (1949 als Xinjiang annektiert) der Fall ist.
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Sachlich betrachtet erscheint dieser Konflikt an den Haaren herbeigezogen, denn mit dem Status quo, der eine zunehmende wirtschaftliche Nähe zwischen Insel und Festland schuf, hätten beide Großmächte leben können, wenn nicht – ja, wenn nicht was?
Chinas maritimer Imperialismus
Die VRC entwickelt unter Xi zunehmend imperiale Ambitionen, die deutlich über das eigentliche Mutterland hinausgehen. Die Besetzung von Korallenatollen im Südchinesischen Meer, die als chinesisches Hoheitsgebiet beansprucht und zu Militärstützpunkten ausgebaut werden, führte bereits zu erheblichen Diskrepanzen mit den kleineren Nachbarn in Vietnam, Malaysia, Indonesien und den Philippinen. Nutzungsverträge mit der Errichtung chinesischer Stützpunkte, die offiziell als Fischereihäfen ausgegeben werden und beispielsweise mit Papua-Neuguinea und den pazifischen Salomonen abgeschlossen wurden, werden von Australien als unmittelbare Bedrohung aufgefasst.
Dessen Beitritt zum US-geführten AUKUS-Militärbund wiederum wird von der VRC nicht zu Unrecht als gegen die Interessen Pekings gerichteter Akt betrachtet. Xis maritimer Imperialismus, der unter dem Deckmantel der Neuen Seidenstraße zudem noch rotchinesische Enklaven beispielsweise in Pakistan geschaffen hat, führt unmittelbar zur Konfrontation mit den pazifischen Ambitionen der USA und deren demokratischen Verbündeten nicht nur in Japan und Südkorea.
Chinas Angst vor der Demokratie und Negativwachstum
Fast noch bedeutsamer jedoch ist die kommunistische Angst vor der politischen Selbstbestimmung des Volkes. Seit die Republik China auf Taiwan sich zu einer Musterdemokratie entwickelt hat, fürchtet Peking dessen Einfluss nicht nur auf die Exil-Chinesen, sondern auch auf die zunehmend selbstbewusster werdende Mittelschicht im eigenen Land.
Es ist das klassische Muster der Despoten. Ob Putins Überfall auf die sich Richtung Demokratie bewegende Ukraine, ob im Nahen Osten der klerikal-islamische Hass auf Israel – die Angst davor, dass Selbstbestimmungsansprüche des Volkes die Alleinherrschaft und damit die Kleptokratie der Eliten beenden könnten, ist die eigentliche Handlungsmotivation hinter allem Imperialismus- und Militärgeklingel. Der sich zunehmend an der Diktatur Maos orientierende Xi fürchtet, dass sich Taiwans Demokratie zum heimlichen Vorbild der neuen Mittelschicht auf dem Festland entwickeln könnte. Wer im Inland seine Macht gefährdet sieht, braucht einen außenpolitischen Konflikt, um die Reihen hinter sich zu schließen.
Rotchina gegen das freie Taiwan
In dieser hausgemachten Situation steht Xi im Herbst vor der Situation, sich ein drittes Mal quasi zum Alleinherrscher über die Volksrepublik ernennen lassen zu wollen. Dabei wirken auf ihn einerseits die zunehmend an Bedeutung verlierenden Wirtschaftsliberalen, andererseits die radikalen Nationalisten, die den Lohn des massiven Ausbaus des chinesischen Militärapparats einfahren wollen.
Anti-Amerikanismus als Ventil
Nur so erklärt sich nun die mangelnde Souveränität des Xi im Umgang mit dem Pelosi-Besuch. Ein selbstbewusster Führer in Peking hätte nicht mit den Säbeln rasseln müssen, sondern die Chance genutzt, seine Freude über den Besuch in der chinesischen Stadt Taipeh zum Ausdruck zu bringen, und dieses mit der Einladung verbunden, Pelosi möge doch nun in der Hauptstadt des besuchten Landes Station machen. Mit einem solchen Vorgehen hätte Xi nicht nur den Ein-China-Anspruch souverän unterstrichen, sondern der US-Demokratin auch jeglichen Wind aus den Segeln genommen und zudem die angespannte Situation elegant und ohne jeden Gesichtsverlust entschärfen können. Stattdessen aber geht Xi auf Konfrontation und erzwingt den Pelosi-Besuch auf der Insel gezielt.
Die Welt ist abhängig von den Chipherstellern in Taiwan
Gleichzeitig jedoch scheint Xi die finale Konsequenz derzeit noch zu scheuen. Taiwan wird belagert und mit Raketenfeuerwerk beleuchtet. Die Beziehungen zu den USA werden in vielerlei Hinsicht eingefroren – so beispielsweise in der Klimafrage, womit nun die deutschen Neubauers und Reemtsmas abschließend zu Lachfiguren werden. Zudem wird – Sippenhaft ist in der VRC schon immer kulturelles Nationalgut – Pelosis Familie sanktioniert, was dieser vermutlich jedoch eher weniger Sorgen bereiten wird. Zudem rückt die Volksrepublik deutlich intensiver an die Despoten Russlands heran, deren Propaganda beispielsweise in Sachen Ukraine wortgetreu übernommen und verbreitet wird.
Wohlstand wird zum Luxusgut
Für den weiteren Verlauf des 21. Jahrhunderts verheißt diese Entwicklung wenig Gutes. Das, was in Ländern wie der Bundesrepublik noch an Demokratie übrig ist, seitdem die Verfassung als Schutzinstrument des Bürgers vor einem übergriffigen Staat zu einem exekutiven Katalog der Staatsziel- und -aufgabenbeschreibung mit obrigkeitsgefälligem Volk umgeformt wird, gerät zunehmend ins Hintertreffen gegenüber dem weltweiten Schulterschluss der Despoten. Der Besuch des Immer-Noch-Nato-Mitglieds Erdogan bei Freund Putin in Sotschi dokumentiert zudem, wie tief der Stachel bereits im Fleisch der westlichen Staaten sitzt.
Die idealistischen Vorstellungen einer globalen Welt im friedlichen und konstruktiven Handel gehören ohnehin schon der Vergangenheit an. Die Illusion, vor allem die großen Verursacher von CO2 würden gedeihlich an einem Strang ziehen, platzt gegenwärtig wie eine Seifenblase. Der sozialistische UN-Vortänzer, dem in der globalen Crisis nichts Besseres einfällt, als „Übergewinnsteuern“ zu fordern, wird immer offensichtlicher zur Witzfigur.
Für jene, die ihres Wohlstands überdrüssig sind und sich in welthumanistische Idealvorstellungen verlaufen haben, wird es ungemütlich. Und das nicht erst im Herbst, wenn der Gasmangel Energie und Wärme zum absoluten Luxusgut machen wird.
Die Großen tun einander nichts. Sie teilen die Welt unter sich auf.
Einen Fehler hat der Artikel. Vor Xi Jinping war Jiang Zemin der Machthaber in China,und um seine Macht zu stützen, hob er das nach innen gerichtete Büro 610 aus der Taufe, und als „Daseinsberechtigung“, verfolgten diese die Uiguren.
Danach kam Xi n die Reihe, und weil er ebenfalls eine Hausmacht brauchte, stärkte er die Armee für seinen aussenpolitischen Expansionskurs, zB Taiwan.
Die Niederschlagung der Hongkonger Freiheit ist also eher der Jiang Zemin- Fraktion bzw dem Büro 610 anzulasten.
„Wer im Inland seine Macht gefährdet sieht, braucht einen außenpolitischen Konflikt, um die Reihen hinter sich zu schließen.“
Trifft das nicht auch exakt auf die Biden-Regierun zu?
Warum musste Pelosi unbedingt jetzt nach Taiwan reisen?
Um die Demokratie zu verteidigen?
Welche?
Gibt es die überhaupt noch im eigentlichen Sinne und nicht nur als leere Worthülse?
Ich glaube das alles nicht. Biden hat mit Xi telefoniert und alles sauber verabredet. Gute show. Die Familie Biden ist bekanntlich geschäftlich genau so in China investiert, wie die Familie Schwab. Woran scheinbar großes Interesse besteht auf allen Seiten, sind langjährig kokelnde Konflikte zum Ankurbeln der Waffenindustrie. Noch nicht bemerkt? Einer wird immer am Laufen gehalten. Das wollen alle und das ganze Strategie-Gedöns ist Unterhaltung.
Die Chinesen haben sicher beobachtet, welche Auswirkungen von US Politikern jeweils haben kann. Siehe Umstürze oder Versuche in Ägypten, Syrien, Ukraine, Vietnam, Irak, Venezuela etc.. Sobald die USA die Finger im Spiel haben ist der Gewinner die Rüstungsindustrie der USA und ja, ich finde es schlecht was in der Ukraine und in China abgeht. Noch schlechter ist das Zündeln det USA.
Zitat 1: „Der sich zunehmend an der Diktatur Maos orientierende Xi fürchtet, dass sich Taiwans Demokratie zum heimlichen Vorbild der neuen Mittelschicht auf dem Festland entwickeln könnte.“
> Um hierfür eine beweisenden Bestätigung zu sehen, reicht doch schon nur der Blick auf das kleine Hongkong und wie dort von Undemokraten Xi gegen die vertraglich festgehaltenen demokratischen Strukturen vorgegangen und diese immer mehr untergraben und verhindert werden.
Hier sieht dann der Undemokrat Xi in dem viel größeren Taiwan naturlich erst recht eine Gefahr für sich und seine Herrschaft.
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Zitat 2: „Es ist das klassische Muster der Despoten. (………….) – die Angst davor, dass Selbstbestimmungsansprüche des Volkes die Alleinherrschaft und damit die Kleptokratie der Eliten beenden könnten, ist die eigentliche Handlungsmotivation hinter allem Imperialismus- und Militärgeklingel.
> Was z.Bsp. auch mit Blick auf viele afrikanische Länder genau ein Grund dafür sein sollte, dass man deren Regierungen keinen Cent mehr gibt. Denn vielen afrikanischen Regierungen geht es auch nur um deren Macht und Wohl und unten beim Volk kommt nicht ein einziger Heller an.
Was sagen eigentlich die Vereinten Nationen (UN) zu dem Konflikt? Der Autor macht sich in seinem Beitrag zu 100 Prozent die – heutige – Sichtweise der USA zu eigen. Es wäre aber mE sinnvoll, die völkerrechtlichen Aspekte zu betrachten.
Leider werden „das Völkerrecht“ und die UN stets nur dann erwähnt, wenn es dem Westen gerade opportun erscheint.
Nach dem Ende des chinesischen Bürgerkriegs hatte 1949 Chiang Kai-shek auf Taiwan eine Regierung etabliert, die das ganze China repräsentieren sollte; auf Festlandchina hatten die KP unter Mao die Macht übernommen. Seither unterstützten die USA die Regierung Taiwan mit dem Alleinvertretungsanspruch für China, auch repräsentierte dessen Regierung ganz China bei der UN.
Das änderte die UN-Vollversammlung am 25.10.1971, die Pekinger Regierung wurde als alleiniger Vertreter des ganzen Chinas anerkannt, und die Taiwan-Regierung wurde praktisch herausgeworfen. Schon am 15. 07. 1971 war Kisinger im Auftrag von Präsident Nixon nach Peking geflogen, um eine US-Kehrtwende einzuleiten, die mit dem eine Woche langen Nixon-Besuch (21. bis 28.02.1972 einschl. Treffen mit bei Mao ihren Höhepunkt hat.
China hat damals die Pekinger KP-Regierung als alleiniger Vertreter eines ganzen China anerkannt. Das Ein-China-Prinzip stand niemals in Frage, auch nicht während der Vertretung durch die Taiwmaner Regierung vor 1971. Dann gab es ausführliche Verhandlungen bis zur offiziellen Aufnahme diplomatischer Beziehungen 1977. China sicherte zu, die Einheit nicht mit Gewalt zu vollziehen, die USA sicherten zu, die militärische Unterstützung Taiwans nicht zu erhöhen, sondern schrittweise zu reduzieren.
Der US-Kongress beschloss 1979 den „US-China Relation Act“, der die Fortführung wirtschaftlicher und kultureller Beziehungen mit Taiwan erlaubte, „The act requires Washington to provide Taipei with defensive arms, but does not officially violate the U.S.’s One China policy.“
Das ist in groben Zügen die Vorgeschichte der gegenwärtigen Situation. Wer die vertraglichen Vereinbarungen nicht eingehalten hat, dürfte mE klar sein: die USA. Sie haben ihre politischen Zile geändert; die VRChina ist nicht mehr geschätzter Handelspartner, sondern soll als Konkurrent bekämpft werden.
Den Anfang einer Wende taiwanesischer Politik kann man 1996 in der Wahl von Lee Teng-hui zum Präsidenten sehen; er hatte als Erster eine „Unabhängigkeit“ Taiwans als Ziel genannt. Bereits ein Jahr vorher durfte er als erster taiwanesischer Politiker US-Präsident Clinton besuchen, sozusagen auf Augenhöhe, Peking protestierte scharf gegen diese Aufwertung.
Dann gab es Streit 1999 die versehentliche (?) NATO-Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad, danach wieder verbessete Beziehungen, als die USA den Beitritt Chinas zur WTO erlaubte. Ab 2001 kann man bei den USA unter Bush/Cheney im Grunde eine geopolitische Kehrwende in der Bewertung Chinas feststellen. Sicherlich trugen dazu bei, dass China die Atomwaffen-Ambitionen von Nord-Korea nicht bremste und die VR von da an die Rüstungsinvestitionen steigerte. Ab 2009 ist China der grösste Darlehens-Gläubiger der USA (- vorher Japan).
Seit 2011 hat das Team Obama / Hillary Clinton die Anti-China-Politik in Ostasien intensiviert, man hat sicher auch die finanzielle und die wirtschaftliche Abhängigkeit der USA von China als gefährlich erkannt.
Taiwan ist für die USA jetzt ein wichtiger Stützpunkt im Kampf gegen die VR China, wie die Ukraine im Kampf gegen Russland. Es geht darum, die alleinige Nr. 1 zu sein.
Interessant dabei ist auch dass Taiwan sich Republic of China nennt. Das hat selbst in Taiwan Konflikte ausgelöst weil, der General Chiang Kai-shek und seine Armee haben die Insel besetzt genau wie China das jetzt machen will. Das ist jetzt lange Zeit her, nun die Insel nennt sich immer noch Republik China was zwangsläufig zu dem Konflikt mit der anderen Republik China führt.
Wenn man schon darüber schreibt, sollte man es vlt erwähnen, weil es etwas zu verstehen des Konflikts bringt.
Während Nancy Pelosi in Fernost fast den Weltkrieg III auslöste, rammte in Napa County, California, ihr 82jähriges Ehegesponst Paul – aka Paulie – unter Alkoholeinfluß mit seinem Porsche einen SUV. Der Unfallbericht verschweigt, daß Paulie eine Beifahrerin hatte, eine Nutte. Paulies Blutalkoholgehalt wurde nicht am Unfallort, sondern manipuliert Stunden später im Hospital festgestellt. — Hätte die Volksrepublik China während Nancys Anwesenheit auf Taiwan eine militärische Invasion vom Stapel gelassen, wäre das Territorium gemäß dem 1979 vom US-Kongress ratifizierten Taiwan Relations Act ohne Schutz gewesen, da weder das Abkommen noch ein Memorandum of Understanding, außer der Lieferung von Militärmaterial, keinerlei Beistandshilfe vorsieht, kappten doch die USA 1979 ihre diplomatischen Beziehungen unter dem Motto: Nur E I N China – die Volksrepublik. Die USA wären dann nichts als der Papiertiger !
China geht den langen Weg, aber das Ziel war schon seit der Kaiserzeit ein ganz klares. China will nicht nur witschaftlich, sondern auch militärisch eine Weltmacht werden. Russland will den alten Glanz aus vergangenen Tagen wieder erreichen. Der Westen und besonders die Amis haben den Osten komplett unterschätzt und tatsächlich an den Selbstläufer „Handel schaft Wandel“ geklaubt. China hat das Westgeld für den Aufbau seines Militärs genutzt und Russland weiß, dass es Rohstoffe hat, nach dem der Westen dürstet. Beide haben doch in Wirklichkeit den Westen schon im Griff. Das mekrt man besonders hier in Deutschland schon, wo eine Frau Baerbock sich nicht entblödet auch noch nach Sanktionen gegen China zu rufen. Deutschland wäre gut beraten sich auf seine, auch egoistischen Interessen zu besinnen.
Auch Taiwan beansprucht, zumindest offiziell, weiterhin, das „wahre“ China zu sein, und für ganz China zu stehen, solange, wie das Mutterland von den Kommunisten beherrscht wird.
De facto war das immer und ist das Unsinn, doch so ganz lassen die Taiwanesen davon nicht. Sie verwenden weiterhin die traditionelle (schwierigere) Zeichenschrift und lehnen die vereinfachte der Volksrepublik ab – denn die traditionelle galt noch in China, als Tschiang Kai-Scheck nach Taiwan floh. Das Land nennt sich offiziell auch weiterhin „China“ (und nicht etwa Republik Taiwan) und alle Festlands-Chinesen können problemlos einen taiwanesischen Pass bekommen.
Es gibt verschiedenen Gründe, warum das so ist. Tatsache aber ist, dass sich Taiwan selbst keineswegs für „unabhängig“ erklärt und sich damit quasi entsinoisierte, sondern sich selbst als „China“ und damit als ein mit dem Festland zusammengehörenden Objekt definiert. Das hat keineswegs in erster Linie damit zu tun, das Peking auf so eine Unabhängigkeitserklärung mit einer Invasion reagierte. Seit Peking Hongkong langsam aber sicher einkassiert, hat es einen Präzedenzfall für „heim ins Reich“, eine Invasion wäre das letzte Szenario, das Peking anstrebt. Das ganze hat eher innenpolitische Gründe, denn lange stellte die vom Festland vor den Mao-Kommunisten geflohene Schicht die politische Eliten und den harten Kern der taiwanesischen Gesellschaft, der selbst eine eiserne „Ein-China-Politik“ verfolgte. Diese Kreise waren hart antikommunistisch, konservativ und westorientiert – aber eben auch Groß-China-nationalistisch. Daneben entwickelte sich eine Art „Linksliberale“, die ihre Identität auf Taiwan ausrichtet und sich sehr viel stärker an Südkorea und Japan orientiert, eher panasiatisch denn westlich denkt und bereit ist, sich in Maßen mit Peking zu arrangieren. Die meisten Unternehmer gehören dieser Schicht an. Dieser innenpolitische Konflikt ist keineswegs entschieden.
Taiwanesen haben mir erzählt, dass die nach 1950 geborenen Taiwanesen sich inzwischen mehrheitlich als solche und nicht als „Chinesen“ sehen. Ohnehin wird der Fukien-Dialekt, der Umgangs- und letztlich Staatssprache auf der Insel ist, nur in der angrenzenden Küstenregion des Festlandes verstanden, nicht aber in Chinas Metropolregionen, wie Peking, Shanghai, Canton oder Wuhan. Taiwanesische Geschäftsfreunde, mit denen ich in einem China-Restaurant in Amsterdam essen war, mussten dort auf Englisch bestellen, denn der in China als Quasi-Staatssprache verwendete Dialekt von Peking wird in Taiwan weder gelehrt noch im den Medien verwendet.
Es ist eben nicht alles so klar, wie es scheint. Dazu gehört auch als Wahrheit, das Taipehs Banken Milliarden an Jüan von Festlands-Kapitalisten verwahren, die es dort vor den gierigen Fingern der KPCh in Sicherheit bringen, seit Hongkong nicht mehr sicher ist. Ein Krieg ist dort immer möglich. Aber es gibt zahllose überlappende Interessen – und am Ende will ihn keiner.
Da die marxistische Ideologie beim Volk nicht (mehr) zieht und der Wohlstand Chinas gefährdet ist, bleibt für Xi Jinping nur die Berufung auf den Nationalismus. Kevin Rudd, australischer Ex-Premierminister und China-Experte in seinem neuesten Buch: “Chinese nationalism, therefore, looms as a new and potentially dangerous wild card for the wider management of the US-China relationship during the 2020s.”
China hat wirtschaftlich und demografisch seinen Höhepunkt überschritten. Und Chinas Gegner im Pazifik formieren sich (USA, Japan, Indien, Australien, Vietnam etc.). Wenn China seine globale Hegemonie durchsetzen will, bleibt Xi nicht mehr viel Zeit, um zusammen mit seinem Quasi-Vasallen Putin einen Weltkrieg anzuzetteln.
„Es ist das klassische Muster der Despoten. Ob Putins Überfall auf die sich Richtung Demokratie bewegende Ukraine, ob im Nahen Osten der klerikal-islamische Hass auf Israel …“:
Ich weiß nicht, ob das alles stimmt. Aber es ist im Grunde wie mit dem Gendern. Wenn einer so eine „Sprache“ einführt, schalte ich ab: Ein Westler, der denkt, er lebt noch zu Zeiten von Reagan.
Das ist genau die gleiche Art von Worthülsen wie das grüne gendern.
Meine Ansicht: China kann Taiwan niemals „gehen lassen“ (aus Sicht von China ist Taiwan Teil von China). Weil sich sonst andere Landesteile Chinas auch abspalten würden.
Das gleiche Prinzip wie bei Tschetschenien: Russland muss die Region halten, sonst zerfällt irgendwann das ganze Land.
„Angst vor der Demokratie“ halte ich für Trash. Sonst müsste China auch Südkorea oder Japan zusammenbomben.
Die europäische Wirtschaftslage scheint dazu zu führen, dass Europa in den nächsten 1-3 Jahren deutlich weniger in China kaufen kann als die Chinesen produzieren können. Ob die USA eine Rezession tatsächlich vermeiden können steht in den Sternen. In der Summe könnte all dies einen massiven Dämpfer für die chinesische Wirtschaft bedeuten. Dann würden die Chinesen auch weniger bei uns kaufen. Hinter den Kulissen in Beijing käme es zu einem Hauen und Stechen. Dies sind keine guten Aussichten für eine rationale Friedfertigkeit der Chinesen gegen Taiwan und Umgebung.
Realistisch betrachtet:
Es wäre nicht schlecht, wenn sich die deutsche Wirtschaft etwas mehr diversifizieren könnte. Aber man kann sich nicht immer aussuchen, wo man etwas am billigsten bekommt und wer der größte Kunde ist. Die Konkurrenz schläft nicht. Und man kann auch Pleite gehen. Also es wäre wünschenswert, ob es möglich ist, weiß ich nicht.
Ansonsten haben wir keine eigene Ambitionen irgendwelcher Art in Ostasien oder Asien allgemein. Das machen die unter sich aus. Wir sind maximal das Anhängsel der USA. Und wie in Afghanistan werden wir mitgehen müssen, wenn die USA das wollen. Aber eigene Akzente setzen, halte ich für sinnlosen Schwachsinn.
„Die idealistischen Vorstellungen einer globalen Welt im friedlichen und konstruktiven Handel gehören ohnehin schon der Vergangenheit an.“
Das dem so ist, wenn es das überhaupt jemals gegeben haben sollte, aber möglicherweise weiß der Autor dazu mehr, daran sind nun wahrlich nicht allein Rußland und China schuld. Mir fällt spontan eine Weltmacht und selbsternannter Weltpolizist ein, der alles, aber auch alles nebst milt. Gewalt getan hat und tut, um für sich global Profit und Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Überhaupt sind an jedem polit. Konflikt immer mehrere Parteien schuld, mindestens zwei. Das müßte auf jeden Fall derjenige/diejenige/divers wissen, der/die/das aus dem Völkerrecht kommt. 😉
Schön, daß Sie diesmal nicht das Völkerrecht in den Mittelpunkt stellen, sondern ganz realistisch Machtoptionen und – vor allem – das Scheitern des universalistischen („welthumanistischen“ ) Weltbildes.
Wir erleben ja überall das Vordringen eines Partikularismus, den manche Träumer schon überwunden glaubten.
„…die kommunistische Angst vor der Selbstbestimmung des Volkes….“ ein schöner Satz, der mich zum Grübeln bringt, wenn ich das Politbüro in Berlin betrachte.