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Christian Lindners Versagen

Inflation: Das verlorene Gewinnerthema der FDP, nicht nur in Nordrhein-Westfalen

16.05.2022

| Lesedauer: 3 Minuten
Nichts sorgt die Deutschen derzeit mehr als die Teuerung, also die Aussicht auf Verarmung. Das könnte und müsste eigentlich das große Thema für liberale Politiker sein. Doch Christian Lindners Ampel-FDP hat sich und Deutschland dazu selbst die Möglichkeit verbaut.

Am Tag nach der „desaströsen Niederlage“ (O-Ton Christian Lindner) der FDP liefert eine Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey womöglich eine Erklärung dafür. Sie offenbart nämlich ein Thema allerhöchster Brisanz, mit dem die FDP eigentlich den Wahlkampf hätte dominieren können. 

Demnach machen die rapide steigenden Preise in fast allen Lebensbereichen den Deutschen nämlich mehr Sorgen als alles andere (40 Prozent von 1.000 Befragten), noch vor dem Krieg in der Ukraine (34) und der Coronapandemie (8). Fast jeder Dritte Befragte fürchtet, seinen Lebensstil einschränken zu müssen. Als Kämpferin gegen die Inflation hätte sich die FDP endlich auch einmal als Partei für weniger gut Verdienende präsentieren können, die unter dem Preisanstieg besonders leiden. Aber auch die eigentliche Kernklientel der Liberalen, nämlich Selbständige, spüren die Auswirkungen unmittelbar. Vielleicht kein Zufall, dass die nordrhein-westfälische FDP gerade unter diesen laut Analyse von Infratest-Dimap eine besonders schmerzhafte Wählerabwanderung verkraften muss. Während 2017 noch rund 21 Prozent von ihnen in NRW Lindners Partei wählten, waren es am Sonntag nur noch 11 Prozent. 

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Alleine schon die Thematisierung der Inflation als Folge einer falschen Politik der stetig wachsenden Staatsausgaben und -verschuldung hätte die FDP stärken und die ausgabefreudigen Sozialdemokraten und vor allem Grünen schwächen können. Natürlich sind die faktischen Möglichkeiten einer Landesregierung zur Inflationsbekämpfung sehr beschränkt. Aber alleine die grundlegende Botschaft hätte schon eine meinungsmachende Wirkung erzielt: Nun seht ihr, welche sozialen Verheerungen eine etatistische, den Umverteilungsapparat aufblähende Politik anrichtet!

Damit hätte die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sein können, was Christian Lindner in einem bizarr-wirklichkeitsfernen Tweet am Sonntag behauptete: eine „Richtungswahl“. 

Hätte. Wenn nicht ausgerechnet jener Christian Lindner, der 2017 die FDP aus einem nicht nur nordrhein-westfälischen, sondern gesamtdeutschen Tal der Tränen zuerst in den Düsseldorfer Landtag und kurz darauf auch wieder in den Bundestag geführt und dann mit einem heroischen „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“ so tat, als sei er ein überzeugter Ordoliberaler, vier Jahre später dann doch der Versuchung erlag, noch falscher zu regieren. Natürlich kann ein Bundesfinanzminister, der als erste größere Amtshandlung einen Taschenspielertrick anwendet, um nur ja nicht das zu tun, was er jahrelang versprochen hatte, nämlich auf Staatsschulden zu verzichten, sich und seine Partei nun nicht mehr glaubwürdig als Garant einer Stabilitäts- und Antiinflationspolitik verkaufen. Dass die Umwidmung von Corona-Schulden zu Klima-Schulden außerdem noch eine grundsätzliche Unterwerfungsgeste vor den Grünen war, kommt hinzu. 

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Also setzten Lindner und der NRW-Landeschef Joachim Stamp, statt die große Angst der Bürger vor dem Wohlstandsverlust anzusprechen, auf Phrasen von Fortschritt und Innovation. Die passen schließlich zum utopisch-weltverbesserischen Style der Berliner Ampelkoalition, die auch „mehr Fortschritt wagen“ über ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag schrieb. Wer erwartet hatte, dass die FDP durch ihren Vorsitzenden im Finanzministerium dieser Bundesregierung zumindest stabilitätspolitisch den Kurs vorgibt, wurde jedenfalls nachhaltig eines Schlechteren belehrt. 

Bei der Landtagswahl 2017 war Lindner der eigentliche Sieger. Dank einer starken, scheinbar von grundlegenden liberalen Überzeugungen getragenen FDP konnte im größten Bundesland wieder eine bürgerliche Koalition regieren. Keine fünf Jahre später ist das alles dahin. Ganz offensichtlich war der Verlust an liberalem Rückgrat in der Bundesregierung auch für die Wähler in NRW so dominant, dass die landespolitische Performance von Stamp und Co in Düsseldorf dagegen verblasste – zumal die FDP-Bundespolitiker Lindner und Strack-Zimmermann selbst aus NRW kommen.

Die FDP hat es nach noch nicht einmal einem Jahr in der Bundesregierung erneut – nach 2009-13 – geschafft, die großen Erwartungen ihrer Wähler in eine bürgerlich-liberale Politik in kurzer Zeit zu enttäuschen. Lindner, Buschmann, Wissing und Strack-Zimmermann sorgten in Berlin für mehr Staatsverschuldung und linke Gesellschaftspolitik, ermahnten zum Stromsparen durch Verzicht auf Twittern ihrer Essensfotos und freuten sich auf die Freigabe von Cannabis – während die heraufziehende Inflation die Gefahren linker, staatsausgabenfreudiger Politik so konkret und schmerzhaft offenbart wie seit Jahrzehnten nicht. 

Die Chance wird vielleicht nicht wieder kommen, jedenfalls nicht für Lindner. 

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25 Kommentare

  1. Die FPD macht Business as usual. Was soll die Aufregung? Die Partei der rückgratlosen Steigbügelhalter für andere funktioniert doch wunderbar! Und genau wie seit eh und je….

  2. Was unterscheidet die fdp denn noch von den Bruchpiloten der anderen Altparteien (und dazu zähle ich auch die grünen)?
    Ein Einheitsbrei, der den Glauben an eine ausgewogene Demokratie sterben lässt.

  3. Eine FDP, die alle liberalen Grundsätze aufgegeben hat und unablässig Widersprüche produziert ist unwählbar und überflüssig. Kriegstreiberin Strack-Zimmermann, Lindner als Rot-Grüner Geldbeschaffer und Buschmann, der Stromsparen beim Fotografieren fordert und gleichzeitig die Förderung stromfressender E-PKW verlängern will, sind eine unglaubwürdige Truppe. Die FDP wurde von vielen gewählt, um die Rot-Grüne Transformation unseres Landes zu zügeln. Sie hat sich statt dessen als Brandbeschleuniger erwiesen.

  4. Wenn die Menschen wirklich Angst vor der Preisexplosion und Verarmung hätten, warum wählen sie dann die Verursacher dieser Entwicklung, CDU, SPD und Grüne? Vielleicht wurden aber aus NRW und Schleswig-Holstein keine Menschen diesbezüglich befragt!

  5. Tichys Einblick ist als in Westdeutschland beheimates Medium letztlich auf die Altparteien der Bundesrepublik fixiert. Darum hebt dieser Beitrag auch nur auf die FDP ab. Das ignoriert geflissentlich, daß die FDP zum diesem Thema schon seit 25 Jahren nichts mehr beizutragen hat. Denn sie hat immer und ohne Vorbehalte die Zugehörigkeit Deutschlands zum Euro und das Konzept der Lissabon-EU als Bewegung zu einem Bundesstaat mitgetragen – da war sie sogar stets die Spitze der Bewegung.
    An der EU oder dem Euro ist jedoch nichts liberal. Sie sind Werkzeuge eines autoritären Milliardärssozialismus, der die EU kennzeichnet.
     
    Ich stimme gerne der Einschätzung von TE zu, daß die AfD von heute mit dem Projekt ihrer Gründerväter von Oberursel 2012 nichts mehr zu tun hat, oder nicht mehr viel. Aber diese AfD entstand NUR, weil die FDP KEINE liberale Partei mehr ist und die Union KEINE konservative mehr. Und weil an einem gewissen Punkt klarwurde, daß beide Parteien das auch nie wieder werden würden.
     
    Das Thema Inflation ist daher nicht das verlorene Gewinnerthema der FDP, sondern der AfD. Ein objektiver Beitrag hätte genau das thematisiert (denn die Strafe dafür sind ja die erbärmlichen Ergebnisse der AfD im Westen) und nicht das tote Pferd geritten „warum senkt diese FDP nicht Steuern, sondern erhöht sie mit den Grünen” oder damals „warum Hoteliersteuer anstatt weniger Steuern für alle”? Schon 2009 war diese Frage eine Tautologie. Warum sollte die FDP Steuern senken oder für Zinserhöhungen der EZB sein? Seit wann waren linke Parteien je für so etwas?
     
    Hier liegt für mich das Drama. Die AfD war eine Chance, wieder Liberalismus mit Wirtschaftskompetenz und Patriotismus zu verbinden. Geblieben ist das „nicht mein Problem” von Chrupalla auf die Frage, wie die Ukraine ohne Waffen ihre staatliche Integrität bewahren soll. Das war wie der Hotelsteuermoment der FDP. Westerwelle hatte danach seine letzte Chance, als der Shitstorm wegen der „spätrömischen Dekadenz” losbrach. Anstatt mutig gegenzuhalten, knickte er feige ein, seit ist die FDP eine linke Partei und wird nie wieder was anderes sein. Bisher kmacht die AfD alles so wie die FDP 2009 – nur daß sie nicht einmal mitregiert.
     
    Nun schreiten eben FDP und AfD Seit an Seit dem Vierprozentturm entgegen. Die Katastrophe, die das für dieses Land bedeutet, das hätte TE nun wirklich beleuchten können, anstatt zu glauben, ein paar linke Dandys würden plötzlich liberal, nur weil die einen nostalgisch besetzten Markennamen besetzen.

    • Die AfD hatte doch nie eine Chance. Die FDP sitzt in jeder Talkrunde.
      Die AfD wird totgeschwiegen. FDP und CDU werden den Linken weiter hinterherschwimmen. Es wird auch keine bessere AfD geben. Die würde sofort wieder die Nazikeule kriegen.

  6. Nichts sorgt die Deutschen derzeit mehr als die Teuerung, also die Aussicht auf Verarmung

    Die Leute vom Golfplatz wird das wenig kümmern und jene Wähler , die davon betroffen sind , standen noch nie im Mittelpunkt von FDP Interessen.

  7. Nichts sorgt die Deutschen derzeit mehr als die Teuerung …“

    Sorgt das ALLE Deutschen? Offensichtlich nicht, denn in NRW sorgen die wähler sich wohl mehr darum, dass die Ukraine mehr SCHWERE WAFFEN aus Deutschland bekommt, dass kein Treibhausgas CO2 mehr von deutschem Boden ausgeht und man von Tag zu Tag ein neues Geschlecht wählen kann.

  8. „Nichts sorgt die Deutschen derzeit mehr als die Teuerung, also die Aussicht auf Verarmung“ …und wählen Grün! Finde den Fehler!

    • Man weiss halt nicht ob Wahlberechtigte die Grünen gewählt haben oder das Endergebnis der Wahl der Tagesschau aus dem Laufband vor der Wahl genommen wurde.Trau schau wem !!!!!

  9. In der Aufzählung zum Ende des vorletzten Absatzes fehlt einentscheidender Punkt: Die Teilnahme an dem Umverteilungsprogramm mit grünem Kern, das sog. Entlastungspaket. Darin werden diejenigen, die gewerblich Kraftfahrzeue (überwiegend Diesel) fahren oder betreiben und damit die Wirtschaft am Laufen halten, abgestraft. Deren Entlastung beträgt bei ca. 50 vT. Mehrpreis gerade den Zugewinn des Staates über die Mehrwertsteuer dieses Preisanstieges. Dagegen werden die Fahrer von Benzinern bei einem Mehrpreis unter 30 vT. mit 34 ct. entlastet. Och besser für die Nutzer des ÖPNV, sie bekommen, ohne Mehrkosten zu haben, ein 9 € Monatsticket.
    Das ist grüne Politik pur, die Lindner mit zu verantworten hat.

  10. Eine Definition von Wahnsinn ist, immer wieder FDP zu wählen und liberale Politik zu erwarten.

  11. Man könnte jetzt mutmaßen wer und was schuld daran war…..die Grünen als hardcore Krieger oder diese Frau…. welche aussieht wie Draculas Oma….von der FDP

  12. Die FDP, schon immer eine Wendehalspartei, hat das Wahlkampfthema Corona verschenkt und bei ihrem Stammthema Finanzen ist es nicht besser. Lindner ist nur der Schuldenmacher, rote-Linie-Olaf nur eine Marionette, kommt mir vor wie Biden, regieren tun allein die Grünen. Wähler, insbesondere Deutsche, brauchen und sehnen sich nach Führung und Mutter- resp. Vaterfiguren. Das kann ihnen niemand geben, ausser den Grünen. Auch wenn sie dem blöden Michel das Fell komplett über die Ohren ziehen, brechen sie nicht ein.

  13. Lindner ist doch ein toller Schuldenmacher, der jede Bürgschaft unterschreibt. Vielleicht schicken wir ihn im nächsten Jahr zum ESC nach Kiew, um den Klimawandel zu besingen. Wenn dann die gleiche Platzierung wie in diesem Jahr dabei herausspringt, hat er einen weiteren Absturz verhindert.

  14. Keine Partei hat so viel an die Grünen verloren wie die FDP hahaha… nicht mal die SED u. SPD hahaha… wie lautete noch die Oberphrase vor der Bundestagswahl 2017… „Wer kopiert stärkt nur das Original“ :-p
    Etwas positives kann man den letzten Wahlen jedenfalls abgewinnen, die SED ist im Westen bald komplett verschwunden, und im Osten auch nur noch maginalisiert existent 🙂

  15. Herr Knauss,
    Würde es nicht so negativ sehen: Aus Sicht der FDP-Granden ist doch alles paletti. Man kann wichtigtuerisch vor Kameras stehen, komplett belanglose Allgemeinplätze absondern und kassiert dafür grandiose Fremdalimente vom dummen Steuerzahler.

  16. Welcher Großkonzern würde Herrn Lindner als Chef für Finanzen einstellen? Zwei Jahre hat er in der Freien Wirtschaft gearbeitet und dann? Dann war das Start-Up pleite. Aber Finanzminister, das soll er können? Wie denn?

  17. Nichts sorgt die Deutschen derzeit mehr als die Teuerung, also die Aussicht auf Verarmung. Das könnte und müsste eigentlich das große Thema für liberale Politiker sein.

    Das Thema hat doch schon die AfD besetzt, wie alle anderen liberalen Themen auch. Die liberale Partei ist die AfD, z.B. Peter Boehringer.
    Die FDP hat das Label „Liberal“ nicht gepachtet, sondern an die AfD weiter gegeben. Die FDP nennen sich jetzt „Freie Demokraten“.

    • Da immer mehr die grüne Weltrettungsklimasekte wählen, kanns vielen offensichtlich noch nicht teuer genug sein.

      • In Schmelz und Lebach gabs halt keine Antifantenstrukturen, anders als in Dortmund, Köln, Münster usw.
        Was ebenfalls auffällt, je größer der Unmut in der Bevölkerung desto größer der Briefwähleranteil. Und vor jeder Wahl lesen wir nun, REKORDBRIEFWÄHLERANTEIL… da kann sich jeder seinen Teil zu denken. Warum ist die noch mal in Frankreich verboten?
        Achja, wegen der Betrugsanfälligkeit.

    • Ja – „Freie Demokraten“ – vor allem „frei“ von Vernunft.

  18. Beim Bild Lindners fällt mir der alte Goethe ein: „Jetzt steht ich hier, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor“. Ganz ehrlich, wie machtversessen doof muss man sein zu glauben, dass das FDP-Klientel das Grüne sei. Wenn man sich selbst vergisst, vergisst man auch seine Wähler. Der Niedergang der FDP ist ein solcher mit Ansage. Lindner ging es diesmal nur um eines: Lindner. Nun kann er seinen Enkeln später erzählen, dass er mal Finanzminister war.

    • FDP… lieber schlecht regieren als auf der Ersatzbank zu versauern.

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