Die Medien und die Spitzen der linken Parteien beklagen den gestrigen Tag. Der SPD-Politiker Joe Weingarten empörte sich über einen „Tiefpunkt des Parlaments“; weil die AfD das Scheitern der Impfpflicht begrüßt hatte – nicht ohne dabei zu vergessen, sie deswegen als „Faschisten“ zu brandmarken. Der Spiegel titelte: Versagen des gesamten Parlaments. Als „Niederlage im Kampf gegen die Pandemie“, wertete der Deutschlandfunk die Entscheidung und verfiel in infantile Sprachbilder: „Bei den aktuellen Inzidenzen waren heute wohl auch ein paar Coronaviren mit im Bundestag. Sie dürften sich freuen.“
Doch was die Republik gestern erlebt hat, war eine Befreiung der Legislative aus der Todesumschlingung der Exekutive. Dass die CDU/CSU aus machttaktischen Motiven die Impfpflicht verhindert hat, spielt keine Rolle; sie ist Opposition, und es ist nicht Aufgabe der Opposition, eine Mehrheit im Parlament zu beschaffen. Eine Mehrheit im Parlament zu suchen: Das ist die Aufgabe der Regierung, sogar eine grundlegende Definition dessen, was eine Regierung ist. Eine Regierung ohne Mehrheit verliert üblicherweise ihre Macht.
Das freie Mandat ist verfassungsgemäß nicht Ausnahme, sondern Norm
Der Katzenjammer ist auch deswegen so groß, weil die von Medien und Parteien aufgebaute Verfassungswirklichkeit nur noch wenig mit der Verfassungsnorm des Grundgesetzes zu tun hat. Denn die Abstimmung nach freiem Gewissen des Abgeordneten, wie es die Verfassung vorsieht, ist längst einer Melange aus Fraktionsdisziplin und dem Druck der öffentlichen Meinung gewichen. Was am 7. April geschah – ironischerweise am von der WHO ausgegebenen „Weltgesundheitstag“ –, war keine Ausnahme, sondern die Norm, wie sie in einer parlamentarischen Republik sein sollte. Die Parteien sollen an der politischen Willensbildung mitwirken, und nicht diese bestimmen.
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Selten kommt es zu dieser Form freier Abstimmungen. Das letzte Beispiel einer solchen Debatte war die doppelte Widerspruchslösung bei der Organspende am 16. Januar 2020. Initiatoren? Jens Spahn und Karl Lauterbach! Also der ehemalige und der aktuelle Gesundheitsminister. Sie wollten, dass jeder deutsche Bundesbürger de facto als Ersatzteillager fungieren darf, wenn er dem nicht selbst widersprochen hat. Nicht ohne Grund erinnert diese Übergriffigkeit auf den menschlichen Körper von Staatsseiten frappierend an die gestrige Debatte.
Der Fall erinnert an die Organspende: Schon damals scheiterte Lauterbach
Und auch damals passierte etwas Unvorhergesehenes: Weil die Fraktionsdisziplin nicht galt, verbündeten sich die Grüne Annalena Baerbock und Spahns Kollegin Karin Maag mit einer bunt gemischten Truppe, die den Vorschlag zu einer „Stärkung der Entscheidungsbereitschaft“ abschwächte. Das war mit einem Online-Register immer noch mehr, als vorher der Fall war. Aber der Antrag Spahn/Lauterbach, der vorher hoch gehandelt wurde, fiel durch. Weil das Gewissen der Abgeordneten ohne Fraktionszwang unberechenbar ist – vor allem für die Regierung.
Reaktionen auf das Scheitern der Impfpflicht: Wut, Hass, Verzweiflung
In den angelsächsischen Ländern ist der Gedanke, dass das Parlament gegen die Regierung und nicht mit der Regierung arbeitet, deutlich ausgeprägter. Die gestrigen Reaktionen, die sich empört über die mangelnde Kooperationswilligkeit zeigten, werfen ein bezeichnendes Licht auf Politik wie Medien, die anscheinend den Begriff der „Gewaltenteilung“ für eine rein theoretische Einrichtung halten. Die verächtliche Propaganda gegen das Parlament kann damit auch als Zähmung verstanden werden: Wäre ja noch schöner, wenn das Parlament sich wieder als jene Gewalt verstehen würde, die nicht unter, sondern über dem Kanzler steht.
Der Bundestag hat wieder an Einfluss gewonnen, nachdem ihn die Bund-Länder-Konferenzen de facto ersetzt hatten
Denn der gestrige Machtverlust geht tiefer. Es ist nicht nur eine Niederlage der Ampel. Es ist auch ein deutliches Signal, dass der Bundestag, wenn er will und frei ist, wie es das Grundgesetz vorsieht, mit sofortiger Wirkung das ganze Spektakel beenden könnte, das die Bundesregierung seit Beginn der Corona-Krise treibt. Bund-Länder-Konferenzen als Ersatzgremium sowie eine Ex-Bundeskanzlerin, die im kleinen Kreis ihre Pläne schmiedet, sind nur deswegen möglich, weil sich das Parlament freiwillig an die Leine legen lässt. In vielen Fällen agiert der Bundestag aus reinem Automatismus, was die Regierung will, kommt durch. Einer hält vorne die Karte hoch, die anderen heben sie mit – soll das der historische Entwicklungsendpunkt republikanischer Systeme sein?
Mit dem gestrigen Tag hat sich gezeigt, dass die Exekutive an ihre Grenzen stößt, wenn die Opposition bereit ist, ihre Rolle zu spielen und Abgeordnete ihr freies Mandat auch als solches begreifen. Dass Tessa Ganserer im Gegensatz zur grünen Parteilinie gegen die Impfpflicht gestimmt hat, gehört zu den Lebenssignalen eines für tot erklärten Korpus. Auch das ist ein Zeichen, dass der Merkel-Mehltau langsam, aber stetig schwindet. Man könnte dem nachhelfen, wenn nach dem Impfzwang nun auch der Fraktionszwang fiele. Das ist vermutlich utopisch, aber näher an dem, was die Väter und Mütter des Grundgesetzes gewollt hätten: eine echte parlamentarische Republik, die aus der historischen Erfahrung auf der Gewissensfreiheit beruht.
§146 GG und der ganze Spuk ist vorbei. Wir bräuchten nur jemanden, mit ausreichend öffentlicher Wirkung, der den Vorgang einleitet und möglichst große Teile der Bevölkerung motiviert.
Ich befürchte nur, daß das mit dem deutschen Wahlvieh nicht zu machen sein wird.
Ich würde zu keiner Zeit behaupten, dass es sich hier um eine Sternstunde des Parlaments gehandelt hat. Es ist ein Armustzeugnis, dass über solche menschenverachtende Gesetze abgestimmt werden musste und noch dazu Gesetze, die mit Lug und Trug die allgemeine Impfpflicht durch die Hintertür und Umgehung aller demokratischer Mittel und Parlament überhaupt ausgearbeitet wurde. Das ist an Hass und Menschenverachtung nicht mehr zu toppen. Und den Vergleich, der sich mir schon all die Zeit aufdrängt und der immer stärker wird, den verkneife ich mir an dieser Stelle. Wir haben in diesem Land schon lange keine Sternstunden mehr. Politik, Medien, Justiz, alles gleichgeschaltet. Keiner von denen interessiert sich mehr für Recht und Gesetz.
Und die Abstimmungen zur Impfpflicht waren Trotzreaktionen, da der erste Antrag zum Glück abgelehnt wurde. Es herrschte der Ton frei nach dem Kindergarten, wenn ich nicht mit deinem Spielzeug spielen darf, dann bekommst Du auch meins nicht. Genau das ist das Niveau dieses Staates. Es tut mir leid, ich sehe keine Sternstunde.
Eine Sternstunde war es ganz bestimmt nicht. Das Ergebnis ist zwar erfreulich, kam aber nicht durch klar abgegrenzte Positionen zustande.
Es hat nicht das bessere Argument gesiegt.
Die CDU hat ihre Chance genutzt, der Ampel eins auszuwischen. Was aber nur ging, weil von vornherein die Zerstrittenheit der Koalition bekannt war. Trittbrettfahrer…genaugenommen
Ich weiß nicht. Ich habe vielmehr die Befürchtung, dass diejenigen, die dagegen gestimmt haben, jetzt auf einer Liste stehen, die es abzuarbeiten gilt – sprich Entfernung von Nichtgefolgstreuen.
Sie messen diesem Parlament, glaube ich, zu viel Bedeutung zu. Da ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. In den vergangenenJahren konnten wir doch sehen, wie schnell es möglich war, das Parlament zu entmachten.
Das einzig Gute an diesem Regime ist, dass es keine GroKo ist. Sonst wäre das Desaster allumfassend.
zu: Wilfried K. u. a.
Das Prinzip der Gewaltenteilung ist bei uns schon lange verschüttet. Es gehört wiederbelebt. Die Sache mit den Mandaten sehe ich wie Wilfried K., die Bestellung der Verfassungsrichter direkt aus dem BT gehört verboten, laut GG ist ein Abgeordneter nur seinem Gewissen verpflichtet u. v. a. m. Die Parteien haben zu viel Macht, z. B. bei der Aufstellung von Kandidaten.
Man müßte alles durchforsten und nur das Gute behalten.
Ein Abgeordneter sollte einen Beruf erlernt und ausgeübt haben, ehe er seine Lebenserfahrung in die Abstimmungen einbringt.
Es bleibt viiiiel zu tun. Packen wir’s an.
der Fraktionszwang wird nie fallen. Das System ist so eingenordet dass die Lobbyisten nur die jeweiligen Fraktionsführer beackern müssen um ihre Interessen durchzusetzen die qua Fraktionszwang umgesetzt werden. Sollte der Fraktionszwang aufgehoben werden müßten ja alle Abgeordneten beackert werden. das wäre zu viel des Guten. Das Parlament ist so und so nur eine Schwatzbude. Das soll so bleiben. Die Regierung macht was sie will und die Abgeordneten (manchmal ohne große Schulbildung oder berufliche Expertise) sind so und so nur Stimmvieh. Deren einziges Intersse ist ein pekuniäres.
Ich sehe noch 2 Gründe für das „ehrliche“ Abstimmverhalten: zum einen befinden wir uns ja noch am Anfang der Legislaturperiode und der Abgeordnetenposten ist auf absehbare Zeit nicht gefährdet. Und was in 3 Jahren sein wird, weiß man nicht. Zum anderen hat Scholz nicht die Autorität einer Merkel um zumindest die Abweichler in den eigenen Reihen mürbe zu machen.
Einer hält vorne die Karte hoch, die anderen heben sie mit.
Ich selbst habe vor 40 Jahren dieses Orgelpfeifenprinzip in einer Sitzung des Kreistages selbst erlebt. Es durchzieht noch heute die Anstimmung der Gremien und Konferenzen in der Republik.
Die höchste Pfeife, also die Oberpfeife, las gerade Tageszeitung uind hatte übersehen, daß es eine Abstimmung gab. Ein kleiner Rempler von der Seite und die Oberpfeife hob sofort die Hand, im Anschluß sofort die anderen Pfeifen. So geht Abstimmung.
Dieses Prinzip wird nie fallen, ebenso der Fraktionszwang.
„wenn die Opposition bereit ist, ihre Rolle zu spielen und Abgeordnete ihr freies Mandat auch als solches begreifen“.
Das hat die CDU/CSU aber nicht.
Der eingebrachte Entwurf von CDU/CSU währe doch genauso verheerend gewesen.
Ich möchte Ihnen gerne zustimmen, doch ich bin nicht so euphorisch. Denn tatsächlich spricht sehr vieles dafür, dass seit Montag doch wieder ein gewisser Fraktionszwang bei der Abstimmung zur Impfpflicht aufgebaut worden ist. Aufrechte Abgeordnete, die sich in einzelnen Fällen dem Zwang ihrer Fraktion widersetzen, gab es schon immer. Ich würde mich sehr mit Ihnen freuen, wenn die Abgeordneten im Parlament, so wie es vorgesehen ist, nicht nach Partei- und Fraktionsdisziplin, sondern nach ihrem freien Gewissen entscheiden würden. Doch es wird (meistens) nicht so sein und war auch gestern wohl (in der Regel, abgesehen von Ausnahmen) nicht so. Als einen (klaren) Hinweis darauf können Sie sich Friedrich Merz‘ Statement kurz vor der Wahl zur Abstimmungsreihenfolge anhören. Man kann (aus mehreren Gründen) davon ausgehen, dass in den letzten Tagen auf die Parlamentarier auch bei SPD und Grünen sehr gehörig Druck ausgeübt wurde.
Freie und geheime Abstimmungen, das kennzeichnet eine gute Demokratie. Und von der ist unser Parlament weit entfernt. Jeder Abgeordnete sollte nur seinem Gewissen verpflichtet sein und ohne negative Konsequenzen in freier und geheimer Wahl seine Abstimmungen durchführen. Der Hammelsprung ist archaisch. Heute kann man mit modernen Medien ratzfatz abstimmen. Und unsere Gewaltenteilung hat nicht nur hier große Mängel, auch unser Verfassungsgericht wird von der Exekutive besetzt. Damit liegt ein weiterer Verstoß gegen diese Gewaltenteilung vor. Bei eigentlich verfassungswidrigen Gesetzen dauert es zunächst Jahre, bis man ein Urteil bekommt und dann sitzen dort Richter, die von der Regierung bestimmt worden sind. Eine solche Demokratie kann man sich eigentlich schenken es ist eine Scheindemokratie.
Wann gibt es endlich mal einen Verfassungsrechtler, der auf Basis von Artikel 38/Absatz 1/Satz 2 GG, den Fraktionszwang per Bundesverfassungsgericht nicht nur „de jure“, sondern auch „de facto“ unterbindet?
Es kann nicht sein, dass das freie Mandat über den Begriff „Fraktionsdisziplin“, den es im GG nicht gibt, ausgehöhlt wird.
Sich über autokratische oder diktatorische Systeme beschweren, aber dann mit geschönten Begriffen Druck auf Mitglieder des Parlaments auszuüben (Parlament = Kontrolle der Regierung), ist Missbrauch und einer demokratischen Vertretung nicht würdig.
Der neue Versuch wird so sicher wie das Amen in der Kirche kommen und er wird „besser vorbereitet“ sein. Dann bleibt vermutlich nur noch die einzige Oppositionspartei übrig. Systematisch betrachtet hat der Autor natuerlich recht und das Thema „Liste“ waere sofort mitabzuraeumen. Dann waere selbst der Fraktionszwang, der natuerlich gegen das GG verstoesst, aber was soll’s, faktisch bereits nahezu erledigt. Eine rechtliche Verpflichtung des Abgeordneten gegenueber „seiner“( Regierungs) partei bzw Fraktion gibt es nicht, sie ist ein zwangslaeufiges Ergebnis der Weiterentwicklung des Systems zur Parteienherrschaft, die alle! 3 Gewalten vereint und die ebenfalls gegen das GG verstoesst. Bekanntlich ist hier nur von der Teilnahme an der Willensbildung die Rede, um dann allerdings den Weg zur undemokratisch Parteienherrschaft frei zu machen. Die ueberfaellige Verfassung, vermutlich muesste sie wegen der Feindstaatenklausel und dem ewigen Herrschaftsanspruch den „Siegermaechten“ vorgelegt werden, wuerde daran nichts aendern, denn es waere eine Verfassung der Machthaber und ihrer zahlreichen, mehr oder weniger korrumpierten, willigen Helfer. Da muss der Demos schon selbst aktiv werden und die Demokratie wiederherstellen. Und zu aendern waere in dieser Verfassung in einigen Teilen einiges, was aber durchgängig den Machthabern kaum gefallen duerfte. Das Gebilde musste vom Kopf auf die Fuesse gestellt werden und vor allem dort bleiben. Deshalb sollte man mit dem Begriff Repraesentation“ genauso vorsichtig umgehen, wie mit den anderen wohlklingenden Zauberbegriffen und Wieselworten. Vor allem ist der Mensch als solcher systemisch und regelungstechnisch zu kontrollieren und ggf rechtzeitig einzufangen.
Nun gibt es ja offiziell keinen Fraktionszwang (freies Mandat nachArt. 38 GG).Rein rechtlich haben die Abgeordneten nichts zu befürchten.
Aber gerade darum ist er so wirksam. Der Hebel der Parteien heißt Aufstellung der Landeslisten. Wer nicht spurt, kann sich schon mal nach einem anderen Job umsehen.
Und die Parteiangestellten (=Listenmandatsträger) sind inzwischen dank Ausgleichs – und Überhangsmandaten in der absoluten Mehrheit, sie sind nicht in freier und geheimer Wahl direkt gewählt worden, sie sind damit demokratisch nicht legitimiert und eigentlich Scheinselbstständige, aber zu 100 % von ihren Parteien abhängig. Aber was soll’s, die Parteien, alle, werden ihre Beute niemals freiwillig wieder hergeben.
Es gibt viel zu viele, die von der Politik und nicht für sie leben. Solange das so ist, wird sich nichts bessern.
Wir brauchten ein Milizparlament, wie es der Schweizer Nationalrat mal war.
Gilt dort noch immer für die manche Kantons- und Gemeindeparlamente.
Neben seinem Abgeordnetenmandat sollte jeder noch einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Ein grundsätzliches Problem sollte gleich mal angefasst werden.
Wird ein Beamter in das Parlament gewählt, so muss sein Beamtenverhältnis sofort ruhen. Als Beamter ist er immer Mitglied der Exekutive und darf nicht als Mitglied Gesetze beschließen. So weit so gut.
Und was ist mit dem Bundeskanzler und den Ministern/Staatssekretären? Sind die nicht Teil der Exekutive? Da sie das sind müssten sie sofort Ihr Mandat im Parlament entweder ruhen lassen (also weder als Abgeordneter reden bzw. abstimmen), oder gleich das Mandat an einen Nachrücker zurück-/weitergeben. Das fehlt uns noch.
Der Ersatz besteht aus Extremisten Scholz und seinem „fähigen“ Kabinett?
Genau deswegen wären freie Mandatsträger so ungeheuer wichtig. Echte Debatte fehlt in den letzen Jahrzehnten. Diese ganzen, fast planwirtschaftlich, von ein paar Köpfen ausgebrüteten Fehlentscheidungen in Richtung Utopien, die nur noch von der „Volkskammer“ abgenickt werden, führen zu immer skurilleren Entscheidungen und Fehlentwicklungen.
Quasi Fraktionszwang war auch bei der gestrigen Abstimmung zu sehen, da die meisten Fraktionen, wenn ncht alle in ihrer Mehrheit den Vorgaben ihrer jeweilgen Häuptlinge folgten. Die beiden Regierungsfraktionen SPD/Grün hatten insgesamt 15 Abweichler zu verzeichnen. Die andere Regierungsfraktion FDP hat alllerdings mit wenigen Ausnahmen mit nein gestimmt hinsichtlich der Vorlage von SPD/Grün, die zwar keine Regierungsvorlage war, wenn Kanzler, Außenminister, Wirtschaftsminister u.s.w. dahinter standen, allerdings einer Regierungsvorlage nahegekommen ist, welcher Vorgang koalitionstechnisch immerhin nicht ganz ohne Bedeutung ist.
Grundfalsche Analyse. Der Artikel hat es angestreift. Der Grund warum gestern alles gut ausging war auch der Fraktionszwang von Merz. In diesem Fall mal zum Guten. Ohne Fraktionszwang hätten gestern 100-150 Unionsabgeordnete dem Antrag der Rotgrünen zugestimmt laut Einschätzung von Peter Boehringer. Hier ist der unwahrscheinliche Fall eingetreten, dass die Ampel nicht funktionierte dank Kubicki und gleichzeitig die CDU dank Merz mal standhaft geblieben ist und es natürlich die einzige demokratische und verfassungstreue Partei im Bundestag, die AfD, gibt. Der andere Ausgang war eigentlich erwartbarer in der Rückschau.
Grundfalsch würde ich das nun nicht nennen, aber tatsächlich ist es wohl so, daß der AfD die Ehre gebührt, nebst den Aufrechten der anderen Parteien, natürlich.
Sehr bemerkenswert übrigens das Wahlverhalten Herrn Tessa Ganserers. Die Type hat offenkundig anarchisches Potential, dürfte es in Partei fortan nicht ganz leicht haben. So bekloppt ich den/die/das finde, das hat schon was sympathisches.
Im Übrigen gehört jeglicher „Fraktionszwang“ verboten. Abstimmung ist in Ordnung, klar, aber daß es dieser Begriff zur Selbstverständlichkeit gebracht hat, läßt tief blicken zum Zustand dieser Republik.
Ist so ähnlich wie „Vizekanzler“, derlei gibt es auch nicht, aber allerortens plappert man das nach, passiert mir auch.
Das Wahlverhalten dieses Menschen habe ich ebenfalls wohlwollend zu Kenntnis genommen. Integrität sollte belohnt werden. My body my choice wurde von diesem Menschen ernst genommen.
Denken Sie Merz hat die Anweisung aus Rechtsverständnis gegeben oder eher aus Strategie um den Interessen der CDU zu nutzen. Die Anweisung hätte auch andersherum lauten können.
Franktionszwang heißt ein Kopf oder die Parteispitze entscheiden, oftmals eine geistige Monokultur (Merkel), bzw. Parteiinteressen. Das freie Mandat zwingt zur Kenntnissnahme der Vielfalt und zur Berücksichtigung von auch anderen Interessen und Meinungen.
Beim Fraktionszwang kann man sich das Parlament im Grunde sparen und einfach die 5 bis 6 Parteispitzen dort hinsetzen, die entsprechend ihres Wahlergebnisses gewichtete Stimmen haben.
Innerhalb der sich selber als „demokratische Parteien“ bezeichnenden Gruppierungen hat man sich selbsteigen ins Knie geschossen, was ironischerweise die Demokratie in ihrer ursprünglichen Bedeutung gefördert hat nicht aber den Politzirkus „demokratische Parteien“ in ihrer angemaßten Selbstherrlichkeit. Ein bemerkenswerter „kybernetischer“ Vorgang von politischen Rückkoppelungen.
Deswegen muss die Inzidenz runter. Man kann jetzt mit Social Distancing etwas nachhelfen und versuchen Infektionen zu verhindern, aber die Inzidenz hängt größtenteils von der Anzahl der Tests ab. Die Anzahl der Tests muss runter. Arbeitnehmer und Eltern sollten darauf bestehen, dass aufgehört wird am Arbeitsplatz und der Schule zu testen.
Kampf gegen die Pandemie / Kampf gegen Rechts – eine Chimäre gibt der nächsten die Klinke in die Hand!
Bevor nicht diese „Geistesgrößen“ (m/w/d) weg vom Fenster sind, kann es nicht besser werden!
Ganserer hat wahrscheinlich als Markus, und nicht als Tessa abgestimmt, obwohl er ja als Markus überhaupt nicht in den BT gekommen wäre. Diese ausserordentlichen Möglichkeiten hat sonst niemand. Im Ernst hat der Autor völlig recht : gestern war ein Lichtpunkt für das Parlament. Leider aber nicht viel mehr. Die Macht der Parteioligarchie, jede einzelne und alle zusammen, bleibt überwältigend.
In anderen, gewachsenen Demokratien versteht sich das Parlament keineswegs ausschließlich als Erfüllungsgehilfe der Regierung.
Ein gutes Beispiel bieten die USA, wo der Präsident nie sicher sein kann, eine Mehrheit zu finden. Besonders die Senatoren sind äußerst selbstbewußt.
„…Publizistik, die den amerikanischen Präsidenten in vollständiger Verkennung der wirklichen Verhältnisse als den ‚mächtigsten Mann der Welt‘ tituliert. – Eine verfälschendere Darstellung der Charakteristika des präsidentiellen Regierungssystems läßt sich kaum vorstellen.
Gemessen an einem britischen Premierminister, an einem deutschen Bundeskanzler oder an einem französischen Staatspräsidenten ist der US-amerikanische Präsident ein bedauernswerter Halbinvalide.“
(Jürgen Hartmann, Westliche Regierungssysteme – Opladen, 2000)
Ich würde die angelsächsischen Länder nicht als leuchtendes Beispiel eines funktionierenden Parlamentarismus überzeichnen. Denn das dortige System, insbesondere in den USA, wo Regierung (also der Präsident) und der Kongress unabhängig voneinander gewählt werden und agieren, erzwingt je genau dieses stete „Werben der Regierung“ um Zustimmung, die am Ende aber bloß das Aushandeln von Deals, faulen Kompromissen und Verabredungen hinter den Kulissen ist. Das aber ist nicht anders als der vielen US-Bürgern so verhaßte „Swamp“ in Washington, dieses nebelhafte Konglomerat aus Lobbyisten, Parteibonzen und Politikern, das scheinbar losgelöst von der Realität in seiner eigenen Machtblase agiert. Weil aber sonst eben gar nicht regiert werden könnte, hat sich auch in diesem System ein Mechanismus von Abgeordnetendisziplinierung durchgesetzt, nicht umsonst heißen die beiden Fraktionschefs im US-Kongress „Whip“ also auf Deutsch „Peitsche“.
Wenn Regieren, und sei es rein formaljuristisch, daraus besteht, Gesetze im Plenum mit Mehrheit zu beschließen, geht das im Alltag nur mit Fraktionszwang, alles andere ist eine Illusion.
Das Problem entsteht meiner Meinung nach VORHER. Unser politisches System mit den Parteilisten und der exzessiv privilegierten Stellung der Parteien führt zwangsläufig zu einer ochlokratischen Negativauslese, da der politische Betrieb nun einmal Eigenschaften und Fähigkeiten begünstigt oder gar erfordert, die nichts mit dem hergebrachten Leistungsgedanken zu tun haben. Hier hat das US-System sicher gewisse Vorteile. Wir müssen an das Wahlsystem heran, und wie es Fritz Goergen hier nicht müde wird, zu betonen, an das Parteienwesen. Das aber hieße, die ultimative Machtfrage zu stellen. Ich fürchte, das wird niemand wagen.
Sicher wäre ein Parlament nicht handlungsfähig, wenn es nicht eine einheitliche Linie der jeweiligen Fraktionen gäbe.
Das Parteien(un)wesen ist der Kern des Übels. „Der Staat als Beute“
Im übrigen finde ich „deals“ gar nicht so viel schlechter als bedingungslose Gefolgschaft.
Bei aller Liebe, aber auch die Opposition hatte, bis auf auf die AFD, eigene Vorschläge zur Impfpflicht eingebracht, die allesamt zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht getaugt hätten. Mir erschließt sich da nicht der Optimismus. Klar hat die Ampel geschlampt, das ändert aber nichts daran, dass das ganze System völlig korrumpiert ist. Säße die CDU in der Regierung würde genauso gemauschelt und versucht, am Parlament vorbei zu regieren. Diese Kultur hat Mutti doch erst eingeführt.
Ich fürchte, ich kann den Optimismus des Autors nicht ganz teilen, zumindest bei dem Thema, über das gestern abgestimmt wurde. Es bleibt die Sorge, dass auf Betreiben von Herrn Lauterbach und seinen medialen Panik-Hilfstruppen bis zum Herbst ein „Kompromiss“ mit der größten Oppositionspartei gebastelt wird (denn die wollte ja auch einen, wenn auch bedingten, Impfzwang. Und dann wird eine große Mehrheit der Abgeordneten wieder einem anderen Zwang beugen: natürlich dem Franktionszwang, den es doch eigentlich gar nicht gibt.
Die Ampel-Regierung besteht halt aus Parteien, die nicht so treu (-doof)e Parteisoldaten besitzt wie die CDU.
Merkel hat in „Einzelgesprächen“ mit Parlamentariern die Abgeordnete auf Linie gebracht. Was mich an meine Jugend in der DDR und deren diversen Organisationen erinnert hat …