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Autokraten stehen sich nahe

Chinas Eiertanz in Sachen „Ukraine“

23.03.2022

| Lesedauer: 5 Minuten
China jongliert, weiß selbst noch nicht so recht, wie es mit diesem Krieg umgehen soll, wartet ab, um sich je nach Lage dann zu positionieren. So entsteht der Eindruck, China wolle sich heraushalten und auf Neutralität machen. Das ist aber nicht der Fall.

Die Bilder von den zivilen Opfern und Schäden, die Putin seit fast drei Wochen in der Ukraine mit wachsender Brutalität anrichten lässt, und die Debatten um die Frage, wie man Putins Feldzug eindämmen oder beenden kann, prägen die öffentliche Debatte. Verdrängt wird dabei, welche Rolle China in diesem Konflikt spielt oder spielen könnte.

Wir haben uns dazu für TE einige Analysen von exil-chinesischen Wissenschaftlern sowie der BBC, der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) angeschaut und geben unseren Eindruck hier wieder.

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Klar ist: China jongliert, weiß selbst noch nicht so recht, wie es mit diesem Krieg umgehen soll, wartet ab, um sich je nach Lage dann zu positionieren. So entsteht der Eindruck, China wolle sich heraushalten und auf Neutralität machen. Offiziell stand das Reich der Mitte für Letzteres, als es sich im UN-Sicherheitsrat bzw. in der UN-Vollversammlung in puncto Ukraine dreimal eines Votums enthielt. Im Großen und Ganzen verläuft die Debatte um die Ukraine in China – soweit man sie verfolgen kann – aber pro-russisch und anti-amerikanisch. Dass sich dabei auch die regierungsamtliche Propaganda niederschlägt, ist klar. Man ist sich offiziell einig, dass der Westen, im besonderen die USA, die Nato und die EU, mitschuldig am Ausbruch des Krieges sind.

Stichwort: Der Westen habe eine aggressive Ost-Erweiterung betrieben und die Sicherheitsinteressen Moskaus gefährdet. Russland sei eben in die Enge getrieben worden und habe keine andere Wahl gehabt, als sich zu wehren. Zudem gibt es in China Sympathien für den Gedanken, dass China ähnliche Taktiken anwendet, um seine Streitereien über Taiwan und das Südchinesische Meer beizulegen bzw. zu seinen Gunsten zu beenden.

Interessante chinesische Begleit- und Zwischentöne

Aber es gibt den einen oder anderen interessanten Begleit- und Zwischenton. So hat KPC-Parteichef Xi Jinping die USA nach einem zweistündigen Gespräch mit US-Präsident Biden aufgerufen, sich mit Peking für Frieden in der Welt einzusetzen. Wörtlich sagte Xi: „Die Krise in der Ukraine ist etwas, das wir nicht sehen wollen.“ Interessant ist auch, was chinesische Botschafter verlautbaren ließen. Am 15. März traf der chinesische Botschafter in Kiew, Fan Xianrong, mit ukrainischen Militärs zusammen. Er würdigte die „strategische Partnerschaft“ zwischen China und der Ukraine und bot wirtschaftliche und humanitäre Hilfe an. Fan sagte auch, dass China „die Souveränität der Ukraine respektieren“ und „die Ukraine niemals angreifen“ werde.

Am 16. März strahlte der Nachrichtensender CCTV wiederholt eine Erklärung des ukrainischen (!) Militärs vom 15. März aus. Es ging darin um die Verluste, welche die russischen Truppen bei ihrem Einmarsch bisher erlitten hatten. Man muss dabei bedenken, dass zuvor das chinesische Propagandaministerium die Medien ausdrücklich aufgefordert hatte, keine „ungünstigen Nachrichten“ über Russland zu verbreiten.

Qin Gang, Chinas Botschafter in den USA, veröffentlichte am 16. März einen Gastkommentar in der „Washington Post“. Darin bestreitet er, dass China im Voraus von Russlands Kriegsplänen gewusst und Putin gebeten habe, diese bis nach den Olympischen Winterspielen zu verschieben. Bezeichnenderweise verwendet er in seinem WP-Artikel sogar das Wort „Krieg“.

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Der chinesische Außenminister Wang Yi sagte gegenüber seinem spanischen Amtskollegen zudem frank und frei: „China ist keine Partei in der Ukrainekrise und möchte nicht, dass die Sanktionen China schaden.“ Mit anderen Worten: Peking tüftelt herum, wie es seine Beziehungen zu Moskau aufrechterhalten kann, ohne seine Beziehungen zu den USA und zur EU zu beschädigen. Und vor allem: um Chinas internationalen Ruf nicht weiter zu beschädigen.

All diese zitierten Äußerungen kommen nicht direkt von Parteichef Xi, aber auch nicht ohne seine Billigung. Es kann deshalb sein, dass Peking wenigstens noch auf eine gewisse Dauer auf zwei Klavieren spielt. Eine Affinität Chinas zu Russland bzw. Putin ist dennoch nicht zu übersehen. Denn Chinas starker Mann Xi und Putin sind sich als Autokraten viel zu ähnlich, sie sind sich in ihrem Anti-Amerikanismus viel zu einig, als dass sie aus dieser Haltung herauskämen. Beide sind Alleinherrscher, beide haben mit Demokratisierungen nichts am Hut. Beide fürchten eine Ukraine, in der sich Demokratie und Westorientierung durchsetzten. Für Xi liegt die Ukraine zwar nicht vor der Haustür, aber vor der Haustür hat Xi die „abtrünnige“ Provinz Taiwan, die er über kurz oder lang schlucken möchte. Spätestens bis zum Jahr 2049, wenn die Volksrepublik ihr hundertjähriges Bestehen feiert. Und beide, Putin (69) und Xi (68), wollen mindestens auf Augenhöhe mit den USA sein. Putin als Befehlshaber über die nach den USA zweitstärkste Militärmacht der Welt; Xi als Lenker einer Volkswirtschaft, die sich anschickt, die USA als Wirtschaftsmacht einzuholen oder gar zu überholen.

Putins Krieg gegen die Ukraine bereitet China jedenfalls heftiges Kopfzerbrechen. So erklären sich Pekings Eiertänze und Drahtseilakte. Der Krieg kommt für die chinesische Führung auch zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Im Oktober findet vor Chinas Haustür, auf Bali, das G20-Treffen statt. Gastgeber Indonesien möchte das Thema „Ukraine“ gerne weg von der Tagesordnung haben. China wohl auch. Russland ohnehin. Der Westen wird das nicht zulassen. Und noch wichtiger: Im November 2022 findet der 20. Parteikongress der KPC statt. Xi will sich dort eine weitere fünfjährige Amtszeit sichern. Da kann Chinas starker Mann – zumal nach fast drei Jahren Corona – nicht auch noch aufgrund von Sekundärsanktionen, die sein Land treffen, einen Rückschlag seiner Volkswirtschaft brauchen. Denn die Wirtschaft samt möglichst viel Wohlstand für Hunderte von Millionen Chinesen ist das Lebenselixier der KPC.

Welche Szenarien treiben Peking um?

Szenario 0 (NULL) ist dahin. Es wäre dies ein Blitzsieg Putins gewesen. Für Peking wären dies eine Bestätigung eines autokratischen Systems, eine Niederschlagung eines Demokratisierungsprozesses und eine Stärkung der anti-amerikanischen Allianz gewesen. Die Kooperation Chinas mit Russland und mit dem Westen wäre bald reibungslos weitergegangen.

Szenario 1 ist ein langer Krieg, der für Russland womöglich endet wie der sowjetische Einsatz in Afghanistan von 1979 bis 1989: in einem Guerillakrieg verlustreich mit einer Niederlage. Eine Autokratie wäre geschwächt, die Reparationskosten wären enorm. China könnte sekundär Leidtragender von andauernden Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden, etwa indem der Westen seinen Technologietransfer nach China einstellt. Keine Option für China.

Szenario 2 ist ein atomar geführter Weltkrieg. Auch er kann keine Option für China sein. Der Ausgang wäre ungewiss. Der Westen – bzw. dessen Reste – wäre noch mehr geeint, China geschwächt, chinesische Exporte wären kaum noch möglich.

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Szenario 3 wäre ein Staatstreich in Moskau – mit einer Beseitigung Putins. China kann das nicht wollen, denn es wäre eine Schwächung eines autokratischen Systems mit weitreichenden Auswirkungen auf die chinesische Gesellschaft und die KPC. Der Westen bliebe als Sieger. Das Verhältnis China – Russland ginge in eine ungewisse Zukunft, weil man nicht wüsste, ob Russland dann ein „GO WEST“ oder ein „GO EAST“ einschlüge. Deshalb wird Peking nach Moskau auch nicht sagen: Genug ist genug! Denn auch das bedeutete Putins baldiges politisches Ende.

Szenario 4 ist ein Ende des Krieges durch Verhandlungen. Das wäre Pekings Lieblingsoption, nachdem Szenario Null rasch hinfällig geworden war. Eine Autokratie wäre zwar geschwächt, Putin bliebe aber dennoch weiter im Amt. Die westliche Allianz wäre geschwächt, Russland bliebe Chinas Partner. Die USA und die EU stünden bald wieder als Wirtschaftspartner zur Verfügung.

Was also macht Peking? Da es drei der vier Szenarien (1, 2 und 3) nicht befördern will, wartet es ab und laviert. Auch die Option 4 (Szenario „Verhandlungsfrieden“) wird nicht unbedingt nach Pekings Geschmack sein. Peking könnte zwar in diesem Sinne erheblichen Druck auf Putin ausüben, aber man wird in der KPC mitbedenken, was ein Eintreten Chinas für Friedenverhandlungen eines Tages für die eigene Absicht bedeuten könnte, Taiwan zu schlucken. China will in dieser Sache keineswegs verhandeln. Wie auch immer: China denkt vom Ende her und stellt sich selbst die Frage: Was nützt, was schadet uns mittel- und langfristig am meisten.

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38 Kommentare

  1. Szenario 5: Abkopplung des globalen Rohstoffhandels vom Petrodollar, die überschuldeten westlichen Staaten gehen Bankrott und die Währungen kollabieren wegen der gallopierenden Inflation. Ukraine kriegt keine Waffen mehr und muss bedingungslos kapitulieren.

  2. Wer zurzeit kritisch die Massenmanipulation, Propaganda und Gehirnwäsche zum Ukraine-Konflikt hinterfragt, vielleicht sogar das Buch von Peter Scholl Latour: „Rußland im Zangengriff“ gelesen hat, erhält möglicherweise auch eine andere Sichtweise zu „Putins Krieg.“

    • Nein, eher nicht. Mit seinem großangelegten Angriffskrieg, ohne Rücksichtnahme auf zivile Ziele, hat Putin jeglichen Kredit verspielt. Über russische Befindlichkeiten brauchen wir uns nicht mehr den Kopf zerbrechen.

    • Vielen Dank für den Hinweis auf Peter Scholl-Latour und den Lesetip.
      Wer weiß heute noch, wie in der Ukraine im Jahr 2004 eine „orangene Revolution“ stattfand?
      Zitat S. 458
      ‚Bei dieser Gelegenheit erfuhr man auch von dem, was der »Spiegel« die »Revolutions-GmbH« nannte – ein Verfügungstrupp internationaler Umstürzler, der den amerikanischen Geheimdiensten zur Beseitigung mißliebiger Regime zur Verfügung steht.‘

  3. Mir kommt es immer ein wenig so vor, als ob in Deutschland die Realitäten schon seit Jahren komplett verkannt würden. Wir hängen immer noch der Legende von den westlichen Werten nach. Dabei gibt es sie nicht, es hat sie im Grunde nie gegeben. Diese Legende kann nämlich praktischerweise innen- und außenpolitisch rasch gegen berechtigte Forderungen verdreht werden. Das sollte eigentlich jetzt durch Corona jedem klargeworden sein. Der westliche Kapitalismus mit seiner Demokratie war so lange gut, wie eine breite Masse daraus Wohlstand gewinnen konnte und damit die Macht und der Reichtum anderer weniger gemehrt wurde. Diese Phase scheint jetzt vorbei zu sein. Sozialismus gibt es auch nur als schöne Theorie. Die Welt ordnet sich beständig neu, jetzt ist es wieder mal soweit. Die Chinesen führen dabei eben diesen Eiertanz auf, weil sie wohl auch noch nicht ganz genau wissen, welches Wetterfähnchen den für sie besten Gewinn verspricht. Es bleibt spannend.

  4. Ich glaube nicht, dass China auf Eiern tanzt. China ist Niemandes Freund und nachdem es so ziemlich alle Technologien abgekupfert und entscheidende Produktionen dem Westen abgenommen hat, ist es, trotz möglicher Exporteinschränkungen und im Gegensatz zu Putin, in der Lage, einen Wirtschaftskrieg gegen USA und EU adäquat zu führen. Und es macht die Situation für den Westen nicht komfortabler wenn Biden vor zwei Tagen von einer „Neuen Weltordnung“ schwafelt, die natürlich von den USA angeführt  werden müsse. Spätestens jetzt weiß China was es zu tun hat. Die Ukraine ist ihr völlig egal. Die Annahme im Westen, dass Chinas wirtschaftliche Interessen eine Konflikteindämmung sichere, ist ein Trugschluss. Einem totalitären Regime ist die eigene Bevölkerung herzlich egal, das „Gemeinwohl“ ist wichtiger als die Individualwünsche der Menschen (was auch uns langsam gelehrt wird). Peking ist jedes Szenario recht, was Russland und den Westen schwächen; selbst Szenario 2. Dieses würde den Westen keineswegs einigen, sondern nur die USA. Möglicherweise wäre es dann auch nur der Rest der vom Westen übrig bleibt. Die USA werden nuklear selbst nicht handeln, Putin handelt als leide er am Marsili-Syndrom, ihm ist alles egal und China kann mit allen Szenarien „glücklich“ werden. Unabhängig davon was China tut, es wird Europa schaden, es ist doch schon jetzt der chinesische Ramschladen.

  5. CH hat wahrscheinlich vor Lachen Bauchschmerzen ob der EU Reaktionen

  6. Es findet gerade im Zeitraffer einer der größten Vermögenstransfers der Geschichte statt und keiner in D merkt es. Und zwar vom gesamten Westen nach Russland und ich meine nicht allein die Preise für Gas und Öl. Alle westlichen Unternehmen, die sich innerhalb von ein paar Tagen völlig uberstürzt aus dem Russland-Geschäft zurückgezogen haben, werden ihre gesamten Hard Assets sowie ihren über 30 Jahre aufgebauten good will auf einen Schlag marktwirtschaftlich für einen Apfel und ein Ei an russische Partner “verlieren” bzw. transferieren. Mangels Markt erfolgt der Transfer faktisch ohne Gegenleistung. Es gibt heute hierzu einen sehr guten Artikel bei Bloomberg, der das für die US-Unternehmen wie McKinsey, Bain aber auch Banken und WPs beleuchtet. Hier übernehmen die lokalen russischen Partner quasi für umsonst alle Anteile. Es ist für diese eine regelrechte Bonanza.

    • Da muss man noch abwarten. Die Filialen von McDonalds und die Schickimickiläden in Moskau spielen dabei keine Rolle. Die „geschenkte“ wertvolle (produzierende) Infrastruktur könnte auch schnell verrotten. Die Russen dürften z. B. nicht in der Lage sein, die Fabrik von Mercedes-Benz in Moscovia zu betreiben. Fachpersonal ist weg, an Schlüsselstellen fehlt Prozesswissen (Software!) und es fehlen Zulieferkomponenten. Automobiltechnisch können die Russen dann wieder Lada und die können sie nicht einmal in Kasachstan verkaufen. Den Westen wird es sehr viel kosten, aber die Russen kann es, je nachdem, alles kosten.

      • 2022 ist nicht 1990 und die Chinesen stehen Gewehr bei Fuß.

  7. Warum sollte China parteiisch werden in diesem Konflikt? Wer sich Chinas agieren in der Vergangenheit auf der Weltbühne anschaut, stellt schnell fest, dass China alles unternommen hat, um seine wirtschaftliche Prosperität zu fördern und auszubauen. Siehe Seidenstraße, siehe entsprechende internationale Vereinbarungen, siehe die Schaffung von Schiffsrouten mit eigenen bzw. übernommenen Häfen weltweit usw.usf. Die chin. Führung handelt pragmatisch und im Sinne des eigenen Landes, was man von hiesigen Politikern schon lange nicht mehr behaupten kann und von einer wieder mal selbstzerstörerisch tätigen USA schon gar nicht.

  8. Ich würde Szenario 3 „Putsch mit Ablösung Putins“ nicht vorschnell aussortieren. Da würde halt der eine Autokrat durch einen neuen Autokraten ersetzt und es ginge ganz normal weiter. Vorausgesetzt, der neue Autokrat unterliegt nicht Putins Wahn, geographisch das Reich der Sowjetunion wieder errichten zu müssen. Der unschöne Krieg in der Ukraine würde beendet, es wäre ein Schuldiger für den Krieg gefunden und in Luxusrente geschickt, mit all seinen schönen Jachten, gegen die der Westen eigentlich garnichts hat.
    Was hatten wir denn bisher ein Problem mit Putin? Gar keines, denn das Geschäft lief. Tschetschenien, Georgien, die Krim wurden weggeblinzelt, da sie unsere Kreise nicht wirklich störten. Erst der Überfall auf die Ukraine hat den „Westen“ wirklich in Wallung gebracht. Aber selbst diese wäre vermutlich schnell wieder abgeklungen, wenn es Putin gelungen wäre innerhalb kürzester Zeit, ohne großes Blutvergiessen, einen Regimewechsel zu erreichen und die Ukraine zu neutralisieren.
    Also veränderte Szenario 3, wenn es schnell passierte, die Welt für China am wenigsten.

  9. Fakt ist doch, je länger der Krieg dauert, umso mehr wird die EU Wirtschaft. die von Russland und der Ukraine geschwächt. Das bedeutet auch, dass es leicht sein wird das Tafelsilber aufzukaufen, weil kaum Mittel vorhanden sind sich dagegen zu wehren. Die Chinesen eiern nicht herum, sondern sie gieren auf die Beute die sie machen können. Ähnlich dürfte das auch bei den Amerikanern sein. Diese beiden Großmächte dürften die eigentlichen Sieger dieses überaus dummen Krieges der Europäer sein. Während wir Europäer uns gegenseitig zerfleischen, dürften woanders bereits Strategien für die Geschäfte danach entwickelt werden.
    Mit dieser Erkenntnis sollten die beteiligten Staaten endlich in die Friedensverhandlungen gehen.

  10. Die europäischen Herrscher müssen auch nur bis zur nächsten Wahl denken. Und dazu haben sie die Medien. Alles andere kann ihnen egal sein.

  11. Ich weiss nicht, warum man hilflose Argumente wie „Aehnlichkeit von Autokraten“ bemuehen muss. Man kann das doch viel fundierter bewerten. Die USA wollen, nachdem sie das – auch nach eigener immer wieder einmal wiederholter glasklarer Aussage – seit 100 Jahren in der Kombination Deutschland-Russland (know-how + Bodenschaetze, Raum und Arbeitskraft) nicht haben wollen, nun nicht als Duo Russland-China fuer sie noch bedrohlicher entstehen sehen. Und um keine Unsicherheiten zu belassen; „Bedrohlich“ nicht als irgendeine moralische Bewertung oder Zuweisung, sondern klar als Einschraenkung ihrer Macht verstanden.
    Russlands Kriegsausloesung hin und her, sind hier starke Stellvertreterkonflikte am Werk. Das Ziel der USA ist China. Und die wissen das genau. Ein – politisch gesehenes – shithole als Werkzeug zu benutzen – das sollte man doch inzwischen gelernt haben, ist ja nun nun ueberhaupt nichts Neues fuer die USA.

  12. Xi muss um keine „Wiederwahl“ buhlen – er wurde 2018 zum Präsidenten auf Lebenszeit gewählt.
    Die hier beschriebenen „Szenarien“ entspringen primär der Phantasie des Autors (auf die gruselige Vorstellung eines „gewinnbaren“ Atomkrieges will ich besser nicht eingehen). Sie sind offensichtlich maßgeblich bestimmt von der westlichen Kriegspropaganda. Interessanterweise fokussiert Josef Kraus allein auf China, dessen Macht er offenbar noch deutlich hinter den USA einordnet. Das mag militärisch – noch – stimmen; wirtschaftlich jedoch schon lange nicht mehr. Die USA sind extrem stark von China abhängig (wogegen Trump ankämpfen wollte). Was die Ukraine anbelangt, haben sich die Pole im System dramatisch verschoben. Aktuell formiert sich ein neuer Block: China, Russland, Indien und – Achtung! – die Golfstaaten inkl. US-Verbündeter Saudi-Arabien (und wohl auch Brasilien).
    Die Maßnahmen im Ukraine-Krieg schaden primär der EU und etwas deutlicher den USA – nicht aber China und dem „neuen Block“. Die USA wollten den Krieg in der Ukraine. Unbedingt! Er sollte dazu dienen, die Beziehungen zwischen und der EU für die nächsten fünfzig Jahre zu vereisen. Jedoch: DER Schuss ist nach hinten losgegangen…

    • Natürlich ist der Atomkrieg „gewinnbar“. Die Gewinner werden sein: China, Afrika, Indien, Australien, Südamerika, Skandinavien, Kanada, Arabien …, weil dort keine einzige Rakete einschlagen wird. Im „Westen“ werden viele Hauptstädte und Regionen zerstört sein, besonders in Europa. Aber der Westen existiert in irgend einer Form weiter, oder ist unter Kontrolle von China. Russland aber wird ausradiert sein. Sie sehen, das mit dem Gewinner ist schon schwierig. Aber der Verlierer ist klar.

  13. Entschuldigen sie, wenn die Biolabor (wie dem UNS s´Sicherheitsrat vorgestellt)“ korrekt ermittelt und nachgegangen wird, bleibt von den „USA“ und deren Werte nichts übrig. Und von der EU noch weniger. Ein Friedensprojekt“ das die Kriege kaum erwarten kann.

  14. China wird jetzt zuerst mal vollständig Hongkong einkassieren. Nachdem viele Bürger Hongkongs das Land verlassen, kommen immer mehr Chinesen nach Hongkong, die stramm KPCh orientiert sind. Die Frage ist, ob China die Ukraine als Sprungbrett in den Westen benutzen kann als Ergänzung der neuen Seidenstraße. Wohl eher nicht. Solange der Krieg läuft, ist der Westen definitiv abgelenkt und das spielt den Chinesen in die Hände.

  15. Die Ideologie Chinas ist bekannt, deshalb rückt China nicht offen sichtbar von RU ab.
    Das wirtschaftliche „Hemd“ ist das, was China ausmacht, die wirtschaftlichen Verbindungen mit dem Westen sind daher für China nicht wegzudenken.
    Daher ist die Taktik Nr.4 die Wahrscheinliche.

  16. Leider haben die Amis mit Ordnung nur so überhaupt garnichts am Hut, ganz im Gegenteil, wo die auftauchen herrscht anschließend Chaos.

  17. „dass zuvor das chinesische Propagandaministerium die Medien ausdrücklich aufgefordert hatte, keine „ungünstigen Nachrichten“ über Russland zu verbreiten.“… und wenn man die objektiv-ausgewogenen Qualitätsmedien in Deutschland verfolgt, könnte man meinen der Russe steht kurz vor der Kapitulation hahaha….
    Achja, die Tage hat Ivan Bilder von den deutschen NVA-Waffenlieferung veröffentlicht, die sich jetzt im Besitz des Russen befinden und wohl demnächst gegen Ukrainer verwendet werden.
    Aber diese erfolgreiche Außenpolitik Deutschlands sind wir ja bereits von den Perschmerga gewohnt, die mit unseren Waffen dann deutsche Panzer zur Strecke gebracht hatten, die der Türke, unser NATO Partner zuvor ebenfalls aus Deutschland bezogen hatte.
    Das Erfolgsmodell Westen 😉

  18. Die Strategie des Westens will mir nicht ansatzweise einleuchten – wo soll das hinführen? China (ein Land, in dem ich definitiv nicht leben möchte) ist dagegen um seine politische Führung zu beneiden. Mir kommt es so vor, als ob wir Zeugen eines großen Poker-Spiels sind. Parallelen zu 1914 drängen sich auf.
    Politik ist die Kunst des Möglichen – dieses Wissen scheint im Westen in Vergessenheit geraten zu sein. Stattdessen geriert man sich als moralisch überlegen – mit welcher Berechtigung eigentlich? Die Propagandamaschinen laufen auf Hochtouren, für Vernunft scheint hier (schon länger) kein Platz mehr zu sein.
    Aktuell sieht vieles danach aus, daß der Westen Krieg gegen sich selbst bzw. die breite Masse seiner Zivilgesellschaften führt – Teil des Great Reset?

  19. Nach meinem Kenntnisstand kommt noch ein wesentlicher Aspekt hinzu: China hat erhebliche Agrarflächen sowohl in der Ukraine als auch in Russland gepachtet/gekauft, die einen unverzichtbaren Beitrag zur chinesischen Lebensmittelversorgung leisten.
    Ausfälle durch Krieg oder russische Sanktionen kann China nicht brauchen, zudem schadet der Krieg dem Ausbau der „Seidenstraße“, gefährdet damit ein zentrales chinesisches Projekt.

  20. Ich persönlich tippe auf Szenario 5 und die Russen werden das Ding genauso wie in Syrien nach Hause holen. Die Ukraine wird es nicht mehr geben. Es dürfte eine Art Rest-Banderistan im äusseren Westen geben. Die zentrale und östliche Ukraine werden zu Neurussland und es kommt zu einer Vereinigung mit Weißrussland und dem großen Russland. Das geflossene Blut russischer Soldaten wird geopolitisch bezahlt werden müssen. TE ist wenn es zum Thema Russland für mich eher so eine Art Kontraindikator. Viel Wunschdenken, wenig Realismus. Das Gleiche wie 2015/2016 mit Syrien. Man lernt nicht zu sehen was wirklich passiert. Kleiner Tipp am Rande: berichten Sie doch einmal über die geopolitische Relevanz des Besuchs von Assad in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Soviel zu lessons learned!

    • Da kann man nur voll und ganz zustimmen. Geopolitische Realitäten werden hier, wenn es um Russland geht, nur allzu gerne ausgeblendet.

      • Aber natürlich! Und 40 Mio Ukrainer mit ihren Kindern stehen mit Blumen und Russlandfähnchen zwischen den Ruinen ihrer Häuser und bejubeln die russischen Befreier und Zerstörer von ihrem Eigentum.

        Wovon haben Sie diese Nacht sonst noch so geträumt? Dass Putin persönlich Bonbons an hungernde afrikanische Kinder verteilt?

    • Vertippen Sie sich mal schön weiter. Ich tippe auch mal: Szenario 6: Putin merkt, dass er sich gerade die Zähne ausbeißt und die ganze Welt sieht, dass die russische Armee bei Weitem nicht so schlagkräftig ist, wie man dachte. Also macht er eine andere Front auf, einen anderen Kriegseinsatz, den er spielend gewinnen kann während er gleichzeitig der Welt erklärt, dass die russische Armee im Krieg gegen die Ukraine alle zuvor gesetzten Ziele erreicht, den Plan erfüllt hat und sich auf die Grenzen 2021 plus 2 km Geländegewinn zurückzieht.

      • Andere Front? Mit welcher Armee denn? Ich denke, dass z. B. Erdogan schon lange begriffen hat, dass er konventionell keine Angst vor Russland haben muss und hat im Geiste die Grenzen seines „Neuosmanischen Reiches“ schon abgesteckt. Da kommt auf Putin vielleicht noch andere Ungemach zu.

    • Ja, Syrien ist ein Nicht-Staat. Es wird besiedelt von Clans, beherrscht von warlords und in Damaskus sitzen die diplomatischen Vertretungen der Welt. So wird es auch in der Ukraine kommen. Russland ist nicht mehr fähig, einen Krieg zu beenden. Aber das scheint da Ziel zu sein, die neue Weltordnung als ein permanenter Krieg. Du wirst nichts mehr besitzen und glücklich sein – weil du noch lebst.

  21. Beide fürchten eine Ukraine, in der sich Demokratie und Westorientierung durchsetzten. „:
    Einmal Westler, immer Westler. China hatte sehr gute Beziehungen zur Ukraine unter dem demokratischen Übergott Selenskyj. Einfach weil es China wirtschaftlich sehr nutzte. Demokrat oder nicht war China sch…egal.
    China und einem (großen?) Teil der Welt geht die ewige westliche Einmischung auf den Geist. Ansonsten sucht jeder seinen Vorteil. Nur weil ein Staat einen Diktator hat und ein andere auch, sagen die nicht: „Ach da regiert auch ein Diktator, mit dem möchte ich verbündet sein.“ Die sagen sich: „Russland kümmert sich um seinen eigenen Sch… . Das ist gut. Mit denen kann ich Geschäfte machen. Die Amerikaner und der Westen laufen immer mit ihrem moralischen Gerede durch die Welt. Die mischen sich dauernd in Dinge ein, die sie nichts angehen.“

  22. “Wir haben uns dazu für TE einige Analysen von exil-chinesischen Wissenschaftlern sowie der BBC, der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) angeschaut und geben unseren Eindruck hier wieder.” Genau das ist das Problem…da lese ich lieber auf indianpunchline vom ehemaligen indischen Top-Diplomaten Badrahkumar um zu verstehen, wie dieser Konflikt historisch, religiös, wirtschaftlich und geopolitisch einzuordnen ist. Eine kluge abwägende Stimme zwischen West und Ost.

    • Genau, wo bekanntermaßen in Indien die Ukraine-Experten und erfolgreichen Top-Diplomaten und Friedenstauben sitzen. Selbstverständlich ist man in Indien völlig unabhängig von Russland und hat einen komplett neutralen Standpunkt. Denn die indische Haltung ist ja ausschließlich von kluger Abwägung bestimmt und nicht militärischer Abhängigkeit, weil man seit Jahrzehnten Grenzstreitigkeiten mit Pakistan und China hat. Alternativ informieren Sie sich sicherlicherlich auch gerne neutral bei russischen Staatsmedien oder Staatsbediensteten. Immerhin geben Sie zu, dass Sie die Quellen im Artikel nicht gelesen haben.

  23. Auf Twitter las ich, dass zwar viele Staaten in der UNO den Einmarsch in die Ukraine verurteilt haben, dass aber im Grunde nur die westliche Staaten sich an den Handelssanktionen gegen Russland beteiligen.
    Ob das stimmt, weiß ich nicht. Sollte es aber stimmen, würde das zeigen, dass es eigentlich nur ein Konflikt des Westens mit Russland ist und nicht ein Konflikt der ganzen Welt mit Russland (wie es manche Westler gerne verkaufen).
    Dann hätte auch ein Bashing gegen China keine Chance, weil z.B. auch Indien weiterhin Handel mit Russland treibt.

  24. Die Chinesen machen alles richtig. Spielen mit allen Seiten, ohne in irgendwelche Dogmas zu verfallen oder sich von falschen Idealen treiben zu lassen. Schaffen dabei immer mehr Wohlstand. Beneidenswert.

    So geht gekonnte Politik und eine China First Politik.

  25. Kein strategisch auch nur Minimalbegabter „denkt vom Ende her“. Ein Satz der in seiner Dämlichkeit kaum zu toppen ist (deswegen passte er auch so gut zu Merkel). Ein Stratege hat Ziele und die versucht er zu erreichen. Und wenn er etwas mehr drauf hat ist auch sein Zielsystem nicht starr, sondern wird dem sich ständig verändernden Umfeld angepasst.
    Und das chinesische Ziel (und zwar nicht nur von Xi, sondern der Mehrheit der 1,4 Milliarden Chinesen) ist die Poolposition im globalen Machtspiel.

    • Der war gut! Ziele formulieren genau was? Einen gewünschten erreichten Endzustand! Also muss ich mir vorstellen, wie dieser aussehen soll, also vom Ende her gedacht, und fragen, was ich tun muss um das Ziel zu erreichen.
      Man kann Ziele, also das Ende eines Prozesses, auch chaotisch umdenken. Wie der Schmied, der sagt „ok, mach ich halt ne Schaufel“, wenn er ein paarmal schräg auf das geplante (Endzustand!) Hufeisen gehauen hat.

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