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EU IMPORTIERT REKORDMENGEN AN LNG

Russland liefert so viel Flüssigerdgas nach Europa wie noch nie

von Redaktion

02.09.2023

| Lesedauer: 3 Minuten
Laut einem Bericht sind die Importe von LNG aus Russland auf ein Rekordniveau angestiegen. Im laufenden Jahr werden EU-Länder voraussichtlich Flüssiggas in Höhe von rund 5,3 Milliarden Euro importieren.

Die EU wird in diesem Jahr Rekordmengen an Flüssigerdgas aus Russland importieren. Zwar strebt sie an, bis 2027 gar kein russisches Gas mehr zu importieren, weder per LNG-Tanker noch via Pipeline. Doch derzeit ist Russland der zweitgrößte Exporteur von LNG in die EU – nach Nigeria, Katar und Algerien.

Nach China waren die EU-Staaten Belgien und Spanien in den ersten sieben Monaten dieses Jahres die zweit- und drittgrößten Importeure von russischem LNG, wie die Financial Times (FT) berichtet. Herausgefunden hat dies offenbar eine Organisation namens Global Witness, die entsprechende Branchendaten analysierte.

Zwischen Januar und Juli 2023 stiegen demnach die EU-Importe von Flüssigerdgas um 40 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2021, und zwar insgesamt auf 22 Millionen Kubikmeter Gas. Allerdings erhöhte sich der Import von verflüssigtem Erdgas im Jahr 2022 in ähnlicher Größenordnung, nämlich um 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Wir müssen Russlands Einnahmen kürzen, mit denen Putin seinen grausamen Krieg in der Ukraine finanziert‘, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im September 2022 laut Politico. Das klingt nach EU-Rhetorik zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Nach Projektionen von Global Witness werden EU-Länder im laufenden Jahr voraussichtlich Flüssiggas in Höhe von rund 5,3 Milliarden Euro importieren. Offenbar basieren die genannten Zahlen auf Preisinformationen des finnischen Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA). Es handele sich um Rekordmengen.

„Es ist schockierend zu sehen, dass sich viele EU-Länder von russischem Gas via Pipelines unabhängig gemacht haben, nur um es dann durch LNG per Tankschiff zu ersetzen“, sagte Jonathan Noronha-Gant, leitender Aktivist für fossile Brennstoffe bei Global Witness. „Es spielt keine Rolle, ob es aus einer Pipeline oder einem Boot kommt – es bedeutet immer noch, dass europäische Unternehmen Milliarden in Putins Kriegskasse schicken.“

Alex Froley, leitender LNG-Analyst bei der Beratungsfirma ICIS, ein Preis-Informationsdienst für den Handel mit chemischen Produkten und Energie, betonte laut der Financial Times, dass „langfristige Käufer in Europa sagen, dass sie weiterhin vertraglich vereinbarte Mengen annehmen werden, es sei denn, es wird von der Politik verboten“. Ein EU-Importverbot würde zu einigen Störungen im Schiffsverkehr führen, da die globalen Handelsstrukturen neu geordnet werden müssten, „aber letztendlich könnte Europa andere Lieferanten und Russland andere Käufer finden“.

Spanien, Belgien und Frankreich importieren am meisten

Die größten Importeure von russischem Gas innerhalb der EU sind nach dem Bericht in der FT Spanien, das von Januar bis Juli 7,5 Millionen Kubikmeter LNG aus Russland gekauft hat. Das sind 18 Prozent der gesamten russischen LNG-Ausfuhren. Nach Daten des Fernleitungsnetzbetreibers Enagas machten russische Mengen 27 Prozent des spanischen Gasmixes aus. Nur China hat in dem Zeitraum mehr, nämlich 20 Prozent der Ausfuhren gekauft.

Auch Belgien, mit 7,1 Millionen Kubikmetern und Frankreich mit 4,5 Millionen Kubikmetern LNG sind Großabnehmer in der EU. Belgien verfügt mit dem LNG-Terminal in Zeebrügge über einen der wenigen Häfen, der Tanker der Eis-Klasse abfertigen kann, die im hohen Norden eingesetzt werden. Auch die Niederlande, Griechenland, Portugal und Finnland beziehen russisches LNG.

Doch wer verkauft den Europäern das LNG? „Der größte Teil davon stammt offenbar vom zweitgrößten russischen Erdgasförderer Nowatek (Novatek). Der Konzern mit Sitz in Westsibirien und in Moskau ist, anders als der Staatskonzern Gazprom, ein privates börsennotiertes Unternehmen. Er betreibt das LNG-Terminal Jamal im Nordwesten Sibiriens, an dem neben dem französischen Minderheitsaktionär Total Energies auch chinesische Investoren zu 30 Prozent beteiligt sind. Das Terminal ist mit dem Gasfeld Süd-Tambejsk verbunden und liefert LNG nicht nur verstärkt an China, sondern offensichtlich auch in die EU.“

Während Russland die Pipeline-Lieferungen nach Deutschland via Nord Stream 1 Anfang September 2022 komplett stoppte, bleibt beispielsweise Österreich bis 2040 abhängig von russischem Gas.

„Österreich sei etwas gelungen, was niemand gedacht hätte. ‚Wir haben die Abhängigkeit von russischem Gas von 80 Prozent zu Beginn des Kriegs der russischen Föderation gegen die Ukraine auf 20 Prozent reduziert‘, sagte Nehammer im vergangenen Jahr kurz vor Weihnachten. Falsch war das nicht, doch der Rückgang ging auf einen Erpressungsversuch Putins zurück. Er hatte den Gashahn vorübergehend zugedreht, wodurch die 20 Prozent zu erklären sind. Zuletzt lag der Anteil wieder bei 60 Prozent.“ Österreich bezieht das Erdgas über die Transgas-Pipeline.

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20 Kommentare

  1. „Russland liefert so viel Flüssi-Gerd-Gas nach Europa wie noch nie“ – hab ich gerade gelesen und dachte, nochmals tausend dank, lieber Gerd! Ich will mehr Gerd-Gas!

  2. „Es ist ein Paradoxon des Krieges:
    Die Panzer aus der Ukraine fahren zunehmend mit Öl, dass aus Russland stammt.
    Die Ukraine importiert nach Angaben der ukrainischen Zollbehörde immer mehr Diesel aus Ungarn und der Türkei – beide Länder verarbeiten in ihren Raffinerien in hohem Maße Öl aus Russland.“ (Quelle: Handelsblatt vom 25.07.2023)

  3. Um unsere allseits geschätzte Außenministerin Annalena Baerbock sinngemäß zu zitieren: Da kann man sehen, wie gut unsere Sanktionen wirken.

  4. Die Meldungen bestätigen wesentlich zwei Sachverhalte. Einmal, dass die Energiesanktionen wie sie von der EU-Kommission verkündet wurden, weder in der Sache effektiv, noch rechtlich relevant sind. Bei dringendem Bedarf, der gegeben ist, lassen sich auch Kernländer der EU, wie Frankreich und Belgien, nicht vorschreiben was sie tun oder unterlassen müssen. Des weiteren wird offensichtlich, dass die Energiesanktion, so wie sie umgesetzt werden sollten, nicht ausreichend differenziert waren und sind. Ungarn hat von Anfang an darauf gepfiffen. Österreich war leiser – Wiener-Schlawiner – macht aber auch was es will. Es scheint mittlerweile unübersehbar, dass die Energiesanktionen uns mehr kosten als sie den Russen schaden, und, dass unsere direkten Kosten der Ukraine nicht helfen. Waffen und Munition auch nur ein paar Monate schneller hätte den Ukrainern mehr genützt. Die Kosten der Energiesanktionen überschreiten wahrscheinlich die direkten miltärischen und finanziellen Hilfen für die Ukraine. Die USA, die mit nutzlosen Sanktionen gegen Nordkorea und Kuba seit 60-70 Jahren, die Erfinder von Sanktionen in unserer Zeit sind, haben Düngemittel, die sie dringend für ihre Landwirtschaft brauchen, von Anfang an von den Russland-Sanktionen ausgenommen – und sollen auch beliefert worden sein. Im übrigen sind die amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen mit Russland nicht mit denen von D und EU vergleichbar.

  5. Natürlich beziehen wir weiterhin russisches Erdöl und Erdgas, nur eben nicht direkt aus Russland, sondern über Zwischenhändler. Das erhöht den Preis, aber den Abgeordneten mit ihren steuerfreien Diäten ist das natürlich egal. Und die Firmen?
    Die gehen nicht pleite, sondern hören nur auf zu arbeiten…

  6. Ich empfehle den nochmaligen Besuch der Grundschule. Da kann man zählen lernen:
    „Doch derzeit ist Russland der zweitgrößte Exporteur von LNG in die EU – nach Nigeria, Katar und Algerien.“

  7. „Während Russland die Pipeline-Lieferungen nach Deutschland via Nord Stream 1 Anfang September 2022 komplett stoppte,…“

    Ich erkläre es gerne immer wieder: Ohne Verdichter kein Gastransport. Nur, weil Scholz einen Verdichter gestreichelt hat, kann der noch lange nicht eingebaut werden.

    Der war und ist nämlich trotzdem mit Sanktionen belegt. Wie auch alle anderen.

    Wer gegenteiliger Meinung ist, möge die rechtswirksamen Beschlüsse der EU, von GB und Kanada nennen, welche die Sanktionen aufgehoben haben.

  8. Russland liefert so viel Flüssigerdgas nach Europa wie noch nie“

    Habeck & Konsorten freuen sich über solche Artikel.

    Ist dies doch eine Aufforderung an sie endlich dafür zu sorgen, dass diese Lieferungen aus dem bösen Russland beendet werden.

  9. Wie schon unsere Urgroßväter und Großväter müssen auch wir schmerzhaft lernen, dass Russland gar nicht so einfach in die Knie zu zwingen ist.

  10. Da ist die Forderung der AfD nach russischen Gaslieferungen wohl doch nicht aus der Luft gegriffen, sondern weiterhin Realität.
    D unter der jetzigen Regierung meint mal wieder den Musterknaben, wieder zum Nachteil des Landes, spielen zu müssen. Die anderen EU-Länder kaufen munter weiter das von der EU-Administration angeblich sanktionierte RU-Gas. Das ist Linke-Rechte-Tasche-Politik zum Nachteil des belächelten Michels.

  11. Die EU-Länder, ausser Deutschland. Das will unbedingt zum dreifachen Preis LNG-Gas aus den USA beziehen und zerstört dafür seine wenigen Naturschutzgebiete, um LNG-Terminals zu bauen.

  12. Russisches Gas steht den Bürgern in der EU nach wie vor reichlich zur Verfügung. Aber dank Flinten-Uschi, Scholz, Habeck und Baerbock erheblich teurer als vorher. Das gleiche gilt für russisches Öl aus Indien und aus China.

    • Nur dass das indische und chinesische Gas, mit unseren Entwicklungshilfe-Milliarden in Russland eingekauft wurde und wir praktisch zweimal zahlen.

  13. Ich kann dazu nur zitieren: „Nein? Doch! Ohhhhh.“

  14. Während Russland die Pipeline-Lieferungen nach Deutschland via Nord Stream 1 Anfang September 2022 komplett stoppte, bleibt beispielsweise Österreich bis 2040 abhängig von russischem Gas!!!
    Also ehrlich TE, ihr wollt das doch nicht ersthaft so stehen lassen? Russland hat mit der Sabotage der NS2 die Gaslieferungen eingestellt? NS1 ist nicht betriebsbereit, weil das Aggregat, vor dem sich Scholz fotograpieren lies, nicht an Russland geliefert werden darf wegen den Sanktionen deren Auswirkungen sie jetzt Russland in die Schuhe schieben will? Was ist das für ein Journalismus!
    Wenn gewünscht könnte ich diese ganze Geschichte der NS1 und NS2 hier detailiert beschreiben. Ich habe alle Artikel alle Fotos gesammelt, das unsagbar infantile Gestammel unserer Politiker und das Jubelgeschrei der Linksgrünrotverwirrten. Die Sabotage an NS2 die mit Tump begann dann das hinhalten der Genehmigungsbehörden bis zur ausdrücklichen Drohung Bidens die Lieferungen unmöglich zu machen. Crasch, Bumm, Bang!!! Die Amis haben, ohne es zu wissen sich selber ins Knie geschossen und weil wir EU Vasallen dem nicht nach stehe wollen verpassen wir uns einen Kopfschuß!!

  15. Da haben sie es den Russen aber gegeben mit ihren Sanktionen! Die EU stürzt immer weiter ab, während die BRICS-Staaten wachsen. Auf die EU sind die Russen nicht angewiesen, im Jahr 2027. Eher umgekehrt, die Arroganz der Westmächte bekommt grad ihre Flügel gestutzt. Und durch solchen Wahnsinn, wie den „Green Deal“ schwächen sie sich selbst immer mehr, während die Gegner das nicht mitmachen und stärker werden. Die Schere öffnet sich reziprok.

    • Sollten Chinesen und Russen ihre ethnischen Aversionen überwinden, wäre das Tandem unschlagbar mit unbegrenzt billiger russischer Energie, chinesischer Intelligenz, Organisationsgeschick und Fleiß. Dagegen steht nur noch der allerdings biologisch hart verdrahtete Rassismus oder im Sprech der Verhaltensforscher „in-group-versus-out-group-preference“.

  16. Die Russen haben sehr erfolgreich in Deutschland eine Propaganda gemacht, welche heimische Energiequellen verteufelten.

    Uran ,Fracking, Kohle – alles superpöse wenn man Michel fragt.

    • Für alles superpöse in Deutschland sind aus meiner Sicht die Blockflötenparteien zuständig. Die Russen haben damit nichts zu tun. Auch dann nicht, wenn der Putin im Wertewesten für ein verstopftes Kanalrohr in Sibirien verantwortlich gemacht wird.

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