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Europas Friedensplan für die Ukraine

08.06.2023

| Lesedauer: 2 Minuten
Es gibt ihn nicht. Aber die Weigerung in der EU, sich eigene Gedanken zu machen über eine potentielle Beendigung des Krieges, ist eine Fahrkarte in die globale politische Belanglosigkeit.

Indonesien hat einen Friedensplan für die Ukraine. Die Türkei hat Ideen. China auch. Der Papst will vermitteln. Israel stünde auch bereit. In den USA vertritt die Regierung zwar einen kompromisslosen Kurs, der darin besteht, die Ukraine „bis zum Ende” zu unterstützen und dafür „alles zu geben, was es braucht”. Aber immerhin gibt es dort eine starke Opposition, die Republikaner, in deren Reihen es Unterstützung gibt für eine rasche diplomatische Beendigung des Konflikts. Und in Ungarn hat das Institut, an dem ich arbeite (Mathias Corvinus Collegium, MCC) am 6. und 7. Juni ein internationales Friedensforum organisiert.

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Dort stellte Michael von der Schulenburg, ein früherer Generalsekretär der Vereinten Nationen, die berechtigte Frage: „Wo ist ein Friedensplan der EU für die Ukraine?” Er wunderte sich, dass überall auf der Welt Stimmen zu vernehmen seien für eine möglichst rasche Beendigung des Krieges, nur in Europa nicht. Dabei sei es die EU, die – abgesehen von den direkten Kriegsparteien Russland und Ukraine – an den negativen Folgen des Krieges am meisten leide.

Tatsächlich: Seit Jahren kommen aus Paris, Brüssel und Berlin Sprechblasen bezüglich einer „strategischen Autonomie” der EU gegenüber den USA. Der Ukrainekrieg scheint solchen Visionen jedoch ein Ende bereitet zu haben. Es gibt nicht die geringste Spur unabhängigen, realistischen Denkens oder gar Handelns in der EU zu dieser Frage. Ungarn ist die Ausnahme, wird dafür aber auch streng als „Putin-Freund” gebrandmarkt.

Gleich zwei amerikanische Teilnehmer der Konferenz empfahlen den Europäern dringend, stärker und selbstbewusster ihre eigenen Interessen zu vertreten. George Beebe, früher Russland-Direktor beim CIA und gegenwärtig Strategie-Direktor beim Think Tank Quincy Institute, sagte diesem Autor im privaten Gespräch, die Europäer könnten den USA sogar damit helfen, wenn sie unabhängigere Positionen und Optionen zur Lösung des Konflikts entwickelten. William P. Ruger, Präsident des American Institute for Economic Research, sagte in einer Podiumsdebatte: „Natürlich sollten die Europäer ihre eigenen nationalen Interessen bis zum Anschlag („to the hilt”) vertreten.” Er war im übrigen der Meinung, dass eine Fortsetzung des Krieges nicht im nationalen Interesse der USA sei, da Russland die relative Hegemonie Amerikas nicht wirklich bedrohen könne und der Krieg sehr teuer sei für amerikanische Steuerzahler. „Dieses Geld würde ich lieber an anderer Stelle investieren”, sagte Ruger. Militärische Ausgaben, jenseits dessen was nötig ist für die Sicherheit Amerikas, seien nicht produktiv und brächten die Wirtschaft nicht voran.

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Ob es überhaupt eine baldige diplomatische Lösung geben kann, sei dahingestellt, aber auf ein Nachdenken und eine Debatte darüber von vornherein zu verzichten, mutet etwas merkwürdig an. Es ist nicht nur ein europäisches Versagen. Mehrere Teilnehmer merkten an, dass die internationalen Foren und Organisationen, die eigentlich dafür da sind, über Konflikte und deren Lösung zu debattieren, diese Funktion schlichtweg nicht mehr erfüllen – jedenfalls nicht in dieser Frage. UN, OSZE, EU – nirgends regt sich etwas. Insofern forderten mehrere Teilnehmer der Konferenz „neue Initiativen”, um über den Ukrainekonflikt zu sprechen. Länder, denen an einem raschen Ende des Krieges gelegen sei, sollten sich zusammentun und eine Debatte anstossen.

Warum passiert dies nicht in der doch so negativ vom Krieg betroffenen EU? Vielleicht ist die Erklärung ganz einfach. Die EU versucht die Krise, wie jede Krise, dafür zu nutzen, um noch zentralere, noch „integriertere” bürokratische Strukturen zu schaffen. Solidarität! Wir müssen alle zusammenhalten! Wir müssen noch mehr gemeinsame Schulden aufnehmen! Eine gemeinsame Rüstungsindustrie aufbauen!” Der Krieg mag schlecht sein für die europäischen Bürger und Volkswirtschaften, aber er ist gut für die Konsolidierung einer noch tieferen europäischen „Integration”.

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10 Kommentare

  1. Er war im übrigen der Meinung, dass eine Fortsetzung des Krieges nicht im nationalen Interesse der USA sei…“:
    Die USA wollen nicht ihr Gesicht verlieren. Deshalb führt man 20 Jahre lang einen sehr teuren und sinnlosen Einsatz in einem absolut unwichtigen Land wie Afghanistan. Die Kernfrage ist: Ob die USA irgendwann ihre Kräfte überdehnen. D.h. dass ihre Wirtschaft nicht mehr ausreicht, ihre ganzen militärischen Ambitionen zu finanzieren. Das übliche Problem von Imperien.

  2. Diplomatie bezeichnet die Kunst und Praxis, in internationalen Beziehungen und zwischenstaatlichen Angelegenheiten durch Verhandlung und Kommunikation politische Lösungen zu finden und Interessen zu vertreten, ohne dabei auf Gewalt oder Drohungen zurückzugreifen.
    Multilaterale Diplomatie: Die Diplomatie zwischen mehreren Staaten findet statt, um gemeinsames Handeln in regionalen oder globalen Fragen zu erreichen.
    Charta der Vereinten Nationen (1945): Die Charta gibt den Rahmen für das internationale Zusammenleben von Staaten vor und legt unter anderem in Artikel 2(4) das Verbot der Androhung oder Anwendung von Gewalt, und in Artikel 33 die Pflicht zur friedlichen Streitbeilegung fest.
    Wer in der EU ist fachlich und persönlich in der Lage, diese Anforderungen nur im Satz zu erfüllen oder erfüllen zu wollen.

  3. Schön wäre es, die Verluste waren deutlich höher. Die letzten beiden Tage waren es auch jeweils 2 SU-25.
    Also ohne F-16 können die Ukrainer bald kapitulieren. Mit F-16 ein paar Monate.
    So wie es sich vom Kreml anhört, ist mittlerweile der Dnipro als die „natürliche Grenze“ im Gespräch.

  4. Haben denn USA und ihr SelensKie ein Interesse an Frieden? Ein Tag vor dem Staudamm hat die Ukraine die Ammoniak Pipeline von RUS nach Odessa gesprengt … Eskalation, die im Westen verschwiegen wird.

  5. Kann jemand wirklich so dumm sein zu glauben, daß der ukrainische Teil der Roten Armee wirklich besser ist, als der russische? Dafür gibt es ja wahrlich keinen Grund. Ich kann mir auch nicht verstellen, daß sich ernsthafte Unterschiede beim Wodkakonsum zeigen. Wie soll da die Ukraine die Oberhand gewinnen.
    Aber ein paar westliche Oligarchen werden das Morden noch lange am Leben halten. Am Krieg wird immer gut verdient.

    • Zumal der professionelle Teil der AFU längst tot oder verwundet ist. Außer ausländischen Söldnern sind da nicht mehr viele echte Soldaten dabei, das meiste sind zwangsrekrutierte Wehrpflichtige, die sich am liebsten direkt ergeben würden. Entsprechend werden auch viele Fahrzeuge sofort zurückgelassen.
      Die armen Schweine, die in die Todeszone gezwungen werden, fallen in der Regel bereits durch Feuer der russischen Artillerie und kommen gar nicht erst in den direkten Feindkontakt.
      Leider informieren sich die verantwortlichen Politiker im Westen offensichtlich nur über die Leitmedien, in denen nur die Propaganda der NATO steht. Wie es wirklich an der Front aussieht, wissen die gar nicht und die wenigen im Verteidigungsministerium, die wirklich im Bilde sind, halten nach der Demontage hochrangiger Offiziere lieber den Mund, um die eigene Karriere nicht zu gefährden. Die Politik will es ja ohnehin nicht wissen.

  6. Nö, die EU hat kein Interesse an diplomatischen Vorschlägen, solange die Chance besteht, die EU auf das gesamte Gebiet der Ukraine auszudehnen. Der Zuwachs an Fläche, Bevölkerung, Rohstoffen, Arbeitskräften, Subventionsaufgaben, Militär sowie das Umzingeln anderer Staaten wie Serbien oder Belarus würde riesige Fortschritte für Brüssel bedeuten. Ausserdem lenkt der Krieg prima von der europäischen Energie- und Migrationspolitik ab. Daher hat die EU ganz viel Geduld und freut sich über die Militärhilfen der USA.

  7. Meine Antwort auf den letzten, sehr zutreffenden Absatz:
    Selbstreferentialität incl. Machtstreben.
    Oma würde etwa formulieren:
    Dummheit und Stolz wachsen am selben Holz.

  8. Michael von der Schulenburg war natürlich nie Generalsekretär der UN, aber hochrangiger Karrierebeamter derselben. Seine Frage ist berechtigt, obwohl er wahrscheinlich besser weiß als ich, dass alle Europäer zusammen die Ukraine deutlich weniger unterstützen als die USA und damit Juniorpartner sind. Er hat auch recht zu sagen, dass wir, Europa, unter dem Krieg und all seinen Auswirkungen mehr leiden als die USA. Das begründet aber keine strategische Stärke. In den letzten Tagen konnte man lesen, dass Moskau einen Emissär aus dem Vatikan nicht empfangen will. Auch alle anderen “ Friedenpläne “ sind keine. Putin wird nur mit Biden reden. Biden wird erst mit Putin reden, wenn er mit Selenskyj geklärt hat, dass der Krieg zu Ende gebracht werden muß, und, wie man Putin, auch nach eigener Einschätzung der USA, dazu bewegen könnte aufzugeben, weil sie nichts mehr zu gewinnen haben. Niemand in Europa hätte ein vergleichbares Gewicht.

  9. Die Debatte der Länder, denen an einem raschen Ende des Krieges gelegen ist, kann man sich sparen. Die Nato braucht nur, wie Russland von Genscher und Baker versprochen, hinter der Elbe bleiben. Dann haben wie sofortigen und dauerhaften Frieden.

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