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Stephans Spitzen:

Wenn Journalisten etwas „mutmaßlich“ erfunden haben

07.03.2023

| Lesedauer: 4 Minuten
TE-Autorin Cora Stephan musste den Bayerischen Rundfunk mit anwaltlicher Hilfe überzeugen, bei der Wahrheit zu bleiben. Es ging um das Wort „Schuldstolz“ und eine Rezension eines Buchs von Patrick Bahners.

Ich habe mich längst daran gewöhnt, als „rechts“ dargestellt zu werden. Das gehört sich ja heute so, wenn man sich weder als links noch als grün bekennt. Doch manchmal ist man die absichtsvollen Denunziationen einfach leid. Gut, wenn man ein paar Anwälte im Rücken hat, auf die man sich verlassen kann…

Mir riss der Geduldsfaden, als ich kürzlich erfuhr, dass ich nicht nur zu den „Türöffnern“ der AfD gehörte, sondern auch das Wort „Schuldstolz“ erfunden hätte. So jedenfalls las man es in der Rezension eines Buchs von Patrick Bahners bei BR Kultur. Jetzt liest man es dort nicht mehr. Und das verdanke ich meinen Anwälten, die den Sender davon überzeugt haben, dass man bei der Wahrheit bleiben sollte – wenn es schon der Buchautor nicht tut.

Nicht der Rede wert, vielleicht? Doch die Geschichte ist mehr als skurril. 

Patrick Bahners, Donaldist und wackerer Kämpfer fürs Gute und Wahre im Feuilleton der FAZ, „erzählt“ in seinem Buch „Die Wiederkehr“ die Geschichte der AfD, als, wie der Titel ja schon andeutet, Geschichte eines „neuen Nationalismus“, mit dem offenbar irgendwie der alte wiederkehrt.

Nun hat ironischerweise die AfD ihre Keimzelle womöglich just in der FAZ: Der Mitbegründer der AfD Konrad Adam ( vor einigen Jahren aus der Partei ausgetreten) arbeitete dort einst und auch Alexander Gauland war „früher ein gern gesehener Gast im Feuilleton“. Schlimm! Hat Bahners das unstillbare Bedürfnis, diese Kontaktschuld zu bekennen? Mit Stolz, womöglich? Weil man damit zu den Guten gehört, zu den Kämpfern gegen Rechts, was ja das Hauptanliegen der jetzigen Regierung ist?

In der ursprünglichen Rezension des Bahnersbuchs beim BR hieß es: Der Dresdner Autor Uwe Tellkamp sei ein „Autor, der so wie auch die Publizistin Cora Stephan, von der mutmaßlich das Wort ‚Schuldstolz‘ stammt, gern das Phantasma von angeblichen Denk- und Redeverboten hierzulande penetriert (sic!).“

Screenshot / BR

Nun gibt es „mutmaßlich“ auch hierzulande eine solide „cancel culture“, die ist kein Phantasma, ganz abgesehen davon, dass es einigermaßen rätselhaft ist, wie man ein solches penetriert. Der Rezensent Knut Cordsen jedenfalls legt sich keinerlei Denk- und Redeverbot auf und scheut vor keiner Behauptung zurück, auch wenn er ein feines „mutmaßlich“ voranstellt.

Habe ich das Wort „Schuldstolz“ erfunden? Ich kann mich dessen durchaus nicht rühmen, bekenne mich allerdings schuldig, dessen Erfindung Martin Walser unterstellt zu haben – der hatte in seiner bekannten Paulskirchenrede im Jahr 1998 allerdings von „Moralkeule“ gesprochen. Mittlerweile bedauert er, dass sich damals die Falschen angesprochen gefühlt hätten. Und doch war er damit prophetisch: Noch nie wurde die Moralkeule so freudig geschwungen wie heutzutage. 

Was hat es nun mit dem „Schuldstolz“ auf sich? Nach allem, was ich weiß, tauchte der Begriff im Jahr 1998 in der ehrwürdigen Zeit auf. Damals sandte er offenbar noch nicht das Warnsignal „Vorsicht, Rechts“! aus. 

STEPHANS SPITZEN:
J’accuse! Ich klage mich selbst als Antifeministin an
Zeit-Redakteur Jörg Lau (seit 1997) setzte sich dort mit dem Hype um das Buch „Bruchstücke“ von Binjamin Wilkomirski auseinander, ein in zwölf Sprachen übersetzter erschütternder Bericht über eine Jugend im KZ Majdanek. Doch dieser Bericht sowie der Name des Autors haben sich als glatt erfunden herausgestellt. Lau kritisierte nun nicht vor allem „Wilkomirski“ für sein Lügenmärchen, sondern mehr noch seine Rezipienten, die das Buch „mehrheitlich mit fast religiöser Ehrfucht“ aufgenommen hätten – vor allem einen „in falscher Pietät erstarrte(n) Kulturbetrieb, der es als Zeichen guten Willens missversteht, bei einem heiklen Thema nicht zu viele Fragen zu stellen“. Laus Conclusio: „Es schmeichelt der moralischen Eitelkeit des Kritikers, einen Text voll derartiger Schrecken mit gleichsam versagender Stimme zu loben. An solchen Auftritten voller Schuldstolz ist etwas faul. (…)  Man sollte sich der Frage aussetzen, ob die reflexhafte Angerührtheit, die Wilkomirski entgegenschlug, nicht eigentlich eine subtile Form der Abwehr ist.“ 

Das ist nun das Gegenteil dessen, was Entlarver wie Patrick Bahners unterstellen. Lau wirft den Ergriffenen vor, dass sie sich vor lauter eingeübter Betroffenheit im Grunde nicht für das interessieren, was damals den Menschen in den Lagern wirklich widerfahren ist. Der allergrößte Schrecken muss erzählt werden, als ob das tatsächlich Erlittene nicht ausreichte. 

Der Suhrkamp Verlag ließ sich zunächst nicht von der Tatsache erschüttern, dass „Wilkomirski“ seinen Bericht von vorn bis hinten erfunden hatte, man nahm das Buch erst über ein Jahr später aus dem Markt. Es dürfte sich bis dahin gut verkauft haben.

Lau ist nicht der einzige. Auch Mathias Brodkorb insistiert im Jahre 2010 darauf, dass die Vokabel Schuldstolz „alles andere als ‚rechts‘ geerdet“ sei, Schuldstolz erweise sich „letzlich als eine andere Art der Instrumentalisierung der Opfer des Holocaust zu egozentrischen Zwecken.“

Diese Instrumentalisierung zu allen möglichen Zwecken scheint mittlerweile üblich geworden zu sein. Ein Außenminister Heiko Maas bekennt, er sei „wegen Auschwitz“ in die Politik gegangen. Ein anderer Außenminister, Joschka Fischer, rief Auschwitz an, um deutsches Engagement im Kosovo zu rechtfertigen. „Instrumentalisierung“ ist ein viel zu schwacher Ausdruck für diese widerwärtige Art der Propaganda.

Immerhin: Damals musste man sich die Mühe noch geben, mit den höchsten Werten zu werben. Unter der jetzigen Außenministerin geht das viel einfacher. 

Was lernen wir nun aus alledem? Dass jedes Mittel recht zu sein scheint, wenn man denunzieren will? Nein. Dass das auch gewaltig nach hinten losgehen kann. Diese Art eines „Kampfs gegen Rechts“ entlarvt sich selbst.

Das neue Buch von Cora Stephan, „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“ ist am 8. Februar bei Kiepenheuer & Witsch erschienen:

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20 Kommentare

  1. Für den „Kampf gegen Rechts“ empfehle ich: Bücher lesen!
    Ludwig von Mises: Allmächtiger Staat
    Friedrich August von Hayek: Der Weg in die Knechtschaft
    => Die Nationalsozialisten waren Sozialisten
    a) von ihrem Namen her
    b) von ihrem Programm her
    Die Ideengeber der Nationalen Sozialisten sind anerkannte Ahnen der Sozialisten (Fichte, Rodberthus, Lassalle) und die Partei der deutschen Sozialisten ist die SPD. Hitler nannte sich einen Proletarier, am Ende seiner Karriere bedauerte er, den entscheidenden Schlag gegen Rechts nicht geführt zu haben. Goebbels sah sich als Linker.
    Außerdem: Strikter Liberalismus (de Jasay) bzw. Libertarismus (Rothbard, Hoppe). Also von Individuum ausgehend, nicht vom Kollektiv. Damit lässt man die Argumente der Sozialisten, die alle Etatisten sind, ins Leere laufen.
    Der Gegensatz zur Gleichheit ist die Freiheit! Links und Rechts hat da keinen Platz.

  2. Der BR ist ein Lügen- und Propaganda Sender zumindest was die Klimakatastrophen Aussagen betrifft: zu trocken, Dürrekatastrophe erwartet usw. – kurzfristige Wetterphänomene in Franken werden verallgemeinert – wobei jeder nur in der Historie nachschlagen muss, das bestimmte Gebiete in Franken erstens viel weniger Regen aufweisen als zum Beispiel der Bayrische Wald und die Geologischen Gegebenheiten so sind das Regenwasser einfach in die Tiefe durchgereicht wird und es auf den Höhen seit dem Mittelalter eben „trocken“ ist – daraus wird dann eine Lügensuppe (heute ständig in BR3) produziert, auch im WDR3 und HR3 wird nach derselben Masche verfahren (Edersee verschwunden – was ne Überraschung, wenn 30Qubikmeter/sec dauerhaft für Weser und Mittellandkanal abgelassen werden – dafür haben unsere Vorfahren den See mal gebaut und wegen Hochwasserschutz – die Eder führt locker mal 750 Qubikmeter/sec bei Schneeschmelze – Grüße an HR3 und Kassel – da wäre jedes Jahr Land unter).
    Zum WDR der Menschen ohne Hochwasserwarnung sterben lässt schreibe ich nichts.

  3. Wie weit ist dieses Land eigentlich von Zuständen entfernt, wie man sie bei der Ausbürgerung von Biermann in der DDR erleben musste?

    • Schon weiter. Denn Biermann ist vor 46 Jahren aus der DDR ausgebürgert worden. Und wir vergleichen den politischen Zustand des Landes heute mit einem, das vor 32 Jahren untergegangen ist. Eigentlich erbärmlich.

  4. Cahpeau Frau Stephan. Viel zu Viele lassen sich viel zu viel gefallen. Der Weg durch die Instanzen ist nicht den GrünInenn und LinkInnen vorbehalten. Es beschreiten leider nur wenige den Klageweg.

  5. Was ist die öffentliche Auseinandersetzung für ein schmutziges Geschäft geworden! Kein Wunder, dass sich vernünftige Leute aus der Politik verabschieden und sie den Rücksichtslosen, Dummen und Gefühllosen überlassen. – Cora Stephan gilt mein Dank und mein Respekt für ihren Einsatz!

  6. „Rechts“ ist inzwischen ein Stigma und keine politisch neutrale Standortbeschreibung mehr. Das ist der“Verdienst“ der linken, also der heutigen politikmedialen Kaste des Mainstreams. Mehr noch: ‚Rechts“ – also das Unsagbare, der Abgrund, soll bereits einen Millimeter neben ihnen beginnen, nach deren eigenem Ansinnen, während sich diese Leute der „Mitte“ zurechnen. Dieses Phänomen hat sich verfestigt, das heisst, die politikmediale Kaste meint es ernst damit und meint, damit langfristig durchzukommen. Das wird aber nicht gelingen. Weil Millionen Rechte in diesem Land sich nicht als Stigma behandelt sehen wollen. Und weil man die politisch andere Meinung nicht dauerhaft ausgrenzen kann. Und weil man es nicht den Linken überlassen kann, zu definieren, was sagbar ist und was nicht.

    • Rechts ist etwas, wo ich heute genau hingucke. Mittlerweile sind ja schon Sarah Wagenknecht und Gregor Gysi rechts.
      Wenn man den Nullpunkt noch ein wenig verschiebt, dann werden auch Marx und Lenin rechts sein.

  7. Der FAZ laufen, wie der Schwurbelsekte© EKD, mutmaßlich die Kunden davon. Beide haben wohl beschlossen, dass dem entgegengewirkt werden kann, indem sie mehr von immergleichen (linken Gefasel) abliefern.

  8. Beim Kampf gegen Rechts brechen bei den Roten wirklich mittlerweile alle Dämme. Sich aber lauthals beschweren wenn man ihnen die Wahrheit und Realität entgegen schmettert. Welch heuchlerische Ideologie dieses Linkssein!

  9. Wie kann man eigentlich ein Trugbild durchdringen? Der verewigte ehemalige Dirigent der Münchener Philharmoniker, Sergiu Celibidache, bemerkte einmal, daß das Schlimmste, was es gibt, Analphabeten seien, die lesen und schreiben können. Dies scheint in erster Linie für eine bestimmte Garnitur von Journalisten zu gelten.

  10. Rechts ist doch was beständiges und angenehmes, wenn man Sozialistenart dagegen stellt, denn auch die Braunen waren Sozialisten wie die Roten und Grünen von heute und ohne Rechts im Sinne von Adenauer, Strauß und Kohl wäre doch diese Republik nur die Hälfte wert und wer diese politische Glaubensrichtung mit den Entarteten von braun und rot verwechselt kann doch nicht mehr alle Latten am Zaun haben oder er legt bewußt ein falsches Zeugnis ab um den Konservativen zu beschmutzen, was bei denen ja reinpassen würde, wenn man ihre Hinterhältigkeit in jeder Hinsicht mit Schmerzen betrachten muß.

  11. Als Wegbereiterin der AfD sehe ich die beste Kanzlerin aller Zeiten. Die Gründung der AfD erfolgte meines Wissens u. a. durch Herrn Lucke wegen der hunderte Milliardenhilfen an Griechenland. Merkel damal : „alternativlos“. 2015 dann, als Merkel die Einladung an die ganze Welt aussprach, ging es mit der AfD richtig durch die Decke. Fazit: Als Geburtshelferin der AfD darf wohl in erster Linie Frau Merkel genannt werden. Und es waren vor allem enttäuschte CDU / CSU – Mitglieder, die zu den Gründern der AfD gehörten. Für diese Analyse muss ich kein Historiker, Meinungsforscher o.ä. sein.

  12. Herzlichen Glückwunsch zum Urteil. Ist heute auch keine Selbstverständlichkeit mehr, da sich unsere RichterInnen ebenfalls im Kampf gegen rääääächts befinden.

  13. Machen wir uns nichts vor, wir befinden uns in einem Kulturkampf in dem die Linke Adjektive wie „rechts“ oder gar „ultrarechts“ oder „erzkonservativ“ als Munition im Meinungskampf verwendet.
    Es wird Zeit das wir mit den gleichen Mitteln zurückschießen. Journalist ist z.B. keine geschützte Berufsbezeichnung, warum nicht den politischen Gegner in den Medien als „selbsternannten“ Journalisten bezeichnen?
    Die Adjektive „umstritten“ und „ultralinks“ sind eigentlich auch immer passend. Wichtig ist auch daran zu erinnern das die Linke für Demokratie und Antifaschismus steht – und zwar die Art von Demokratie und Antifaschismus die 40 Jahre lang in der DDR praktiziert wurde.

  14. Danke für den Abdruck des Pamphlets, das mit „BR24 KULTUR“ übertitelt ist.

  15. „Was lernen wir nun aus alledem? Dass jedes Mittel recht zu sein scheint, wenn man denunzieren will? Nein. Dass das auch gewaltig nach hinten losgehen kann.“
    Was ist gewaltig nach hinten losgegangen? Ich sehe nichts. Der BR hat eine Randbemerkung gelöscht, der Autor wischt sich mit einem schmutzigen Tuch den Geifer von den Lefzen und in der Redaktion bricht schallendes Gelächter aus. Sie haben gewonnen. Egal wie es ausging, sie haben gewonnen. Sie erreichten was sie wollten, jemand ist übers Stöckchen gesprungen, jemand hat sich abgegrenzt. Aber es wird ihnen nie genug sein.

  16. „Demokratie leben“, vorzugsweise ohne Demos (das Volk).
    Stimmt schonl, die Entwicklung das Volk auszubooten und durch „die Zivilgesellschaft“ oder sonstige Pseudo Konstrukte zu ersetzen.begann damals unter DDR Angela.

  17. So muß das!! ? Leider wird so etwas nicht immer publik gemacht oder richtiggestellt. Wenn das Porzellan zerschlagen ist, braucht man viel Kleber – aber der ist bald ausverkauft, dank der wirklich allerletzten Generation!

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