Bei der Frage, welcher Politiker der Republik in den letzten Jahrzehnten seinen Stempel aufgedrückt hat, fällt sein Name vielleicht nicht als erstes: Klaus Töpfer. Dabei hat der gebürtige Schlesier eine deutliche Handschrift im Geschichtsbuch der Bundesrepublik hinterlassen. Töpfer war ein Schwarzer mit grüner Seele, der wichtige Weichenstellungen bei der Kreation jenes Staates vornahm, wie wir ihn heute kennen. Hilfreich war dabei sein freundliches Wesen. Er galt als umgänglich und offen. Das machte ihn zu einem einflussreichen Kommunikator.
Töpfer wurde am 23. Mai 1985 zum Minister für Umwelt und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz in der von Ministerpräsident Bernhard Vogel geleiteten Landesregierung ernannt. Ein Posten, der niemanden interessierte. Umweltpolitik spielte eine untergeordnete Rolle. Noch. Als Töpfer zwei Jahre später Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wird, weiß der sympathische Netzwerker, wie er diesen Posten nutzt.
Im Mai 1988 sprang er in einer medienwirksamen Aktion im Neoprenanzug in den Rhein; vorher hatte der Schweizer Sandozkonzern durch Einlauf von Schadstoffen ein massives Fischsterben im Rhein verursacht. Damit sorgte er für internationale Aufmerksamkeit. Auslöser: eine verlorene Wette.
Doch nicht nur damit richtete Töpfer das Scheinwerferlicht auf die eigene Person. Kurz nach Amtsantritt forderte er „eine Zukunft ohne Kernenergie, aber auch mit immer weniger fossilen Brennstoffen“. Vorgänger Fritz Zimmermann, hauptberuflich Innen-, im Nebenamt Umweltminister, löffelte noch Milchpulver, das in langen Waggons entsorgt werden sollte – wegen radioaktiver Strahlung in Folge des Reaktorunglücks von Tschernobyl. Töpfer profilierte sich dagegen als Mahner und Warner vor der Atomgefahr.
Bundeskanzler Helmut Kohl misstraute Töpfer offenbar. Er berief ihn 1994 zum Bundesbauminister und damit zum Organisator des Umzugs von Bonn nach Berlin. In Berlin war er dafür zuständig, dass die Behörden untereinander fußläufig zu erreichen waren – etwas, das in Bonn nie der Fall gewesen war. Die Bundesregierung wurde auf kleinem Raum verdichtet.
Seine Nachfolgerin wurde Angela Merkel. Beide unterhielten bis zum Schluss ein gutes Verhältnis zueinander – nicht nur in der Umweltpolitik, sondern auch der Flüchtlingspolitik sah Töpfer später Parallelen. In einer Laudatio auf ihren Vorgänger hebt sie später hervor, dass es Töpfer war, der maßgeblich daran mitgewirkt hatte, Umweltschutz als Staatsziel zu formulieren.
Klaus Töpfer war einer der großen Vorbilder der Seitenwechsler zwischen Politik und NGOs. 1998 schied er aus der aktiven Politik aus und wurde Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi. Töpfer galt von da als einer der einflussreichsten deutschen Nichtpolitiker. Bis 2006 war Töpfer außerdem Unter-Generalsekretär der Vereinten Nationen. Er galt damit als weltweit ranghöchster Umweltschützer – und als der Deutsche, der im Apparat der Vereinten Nationen am höchsten stand.
Doch trotz der globalen Perspektive verlor Töpfer Deutschland nicht aus dem Blick. Nachdem die rot-grüne Koalition den Atomausstieg beschlossen hatte, und Gas zur „Brücke“ werden sollte, solange die „Erneuerbaren“ nicht lieferten, wurde Töpfer Schirmherr der Lobbyorganisation Deutsch-russisches Rohstoff-Forum. Ein Verein, der bis 2015 vom russischen Energiekonzern Gazprom über Töchterfirmen finanziert wurde.
Als Angela Merkel nach Fukushima den Ausstieg aus der Kernenergie neuerlich anordnete, entsann sie sich ihrer alten Verbindungen zu Töpfer, der als Advokat der „Erneuerbaren“ aufgetreten und ein Gegner der Kernkraft war. Er erhielt den Vorsitz in der „Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung“, die über das Schicksal der Atomkraft in Deutschland beriet.
2013 berief ihn Rainer Baake, der Pate der Energiewende, zum Vorsitzenden des Rats der Agora Energiewende. „Der Vorsitz des Rates der Agora bietet die hervorragende Möglichkeit, die an der Umsetzung der Energiewende orientierte Arbeit der Agora und unsere energiepolitischen Aktivitäten mit der Plattform Energiewende am IASS noch enger zu verbinden und somit zum Gelingen der Energiewende beizutragen“, erklärte Töpfer.
Er blieb bis 2018 in dieser Position und schied anschließend aus „privaten Gründen“ aus. „Wir danken Klaus Töpfer für sein überaus großes Engagement im Rat der Agora. Es ist ihm in unvergleichlicher Weise gelungen, eine Diskussionsatmosphäre zu schaffen, in der die Mitglieder des Rates der Agora ihre unterschiedlichen Interessenslagen überbrücken können und dadurch Wege finden, die Energiewende wirklich voranzubringen“, erklärte der damalige Direktor der Denkfabrik, Patrick Graichen.
Nicht nur die Agora, sondern auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erkannten Töpfers Gefühl für PR an. 2013 verlieh ihm die DUH deswegen den UmweltMedienpreis für sein Lebenswerk. Zusammen mit dem heutigen Präsidenten des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner, leitete er ab 2014 den deutschen Teil des UN-Netzwerks Sustainable Development Solutions Network.
Töpfer starb am Dienstag nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 85 Jahren.
Prof. Dr. Klaus Töpfer hat aufgrund seiner Verdienste und seiner Lebensleistung eine differenziertere, ausführlichere Würdigung verdient als in diesem Beitrag (oder gar in der ein oder anderen Kommentierung) – die bei TE-Lesern eher negativ konnotierten Aussagen zum Zeitraum ab 2010 und Grün-Links-Erfahrungen (CO2, Klima, Migration) sollten durch einige Aussagen zur Person und Persönlichkeit, zum beruflichen Werdegang ergänzt werden. Hier nur in Kürze: politische Aktivitäten, Erfolge und Mißerfolge sind im jeweiligen Kontext des Zeitgeistes und der damaligen politischen Situation zu begreifen.
Zunächst ist der berufliche Werdegang und seine Qualifikation als studierter Volkswirt, Wissenschaftler, als Raum- und Umweltplaner hervorzuheben. Ihm folgten im Amt des Bundesumweltministers nur noch peinliche Zwerge und intellektuell unterbelichtete, stammelnde Minderleister wie Merkel, Trittin, Röttgen, Hendricks, Schulze… Kompetenz, Rhetorik, jovialer Umgang, schnelle Auffassungsgabe, jedoch auch begründete Überzeugungen, seine Überzeugungskraft und Berechenbarkeit machten ihn zu einem allseits geachteten, geschätzten, aber von Konkurrenten mißtrauisch beäugten Politiker.
Mit 18 Jahren, als im Naturschutz Engagierter und Landschaftsbau-Lehrling, traf ich zum ersten Mal Prof. Töpfer an seinem zweiten Arbeitstag nach der Ernennung zum rheinland-pfälzischen Umwelt-Staatssekretär in einem durchaus heiklen Außentermin zur Frage der Entwässerung eines Naturschutzgebietes. Damals noch mit dem Rad angereist nahm er mich kurzerhand in seinem dicken Dienstwagen mit zur privaten Unterredung in seinen noch kahlen Diensträumen; ein zur Dekoration geschenktes kunstvolles Beutelmeisennest aus meiner ornithologischen Tätigkeit hat er an seinen anderen Wirkungsstätten wohl jahrzehntelang in Ehren gehalten. Bezeichnend war sein Interesse an der umgehenden Kontaktaufnahme mit ca. 30 Personen, die wir gemeinsam auf einer Liste verfassten. In seiner Zeit auch als späterer Umweltminister hat er in Rheinland-Pfalz viele Fortschritte erzielt – als einer der wenigen Politiker, denen der Naturschutz, der Arten- und Biotopschutz sowie die Kulturlandschaften ein echtes Anliegen waren. Vom eigenhändigen Fang von Würfelnattern bis zur Förderung von naturkundlichen Publikationen ist sein Wirken bis heute unvergessen.
Kennzeichnend war sein außerordentliches Talent, an den wechselnden Wirkungsstätten (lokal, national bis global in Nairobi) stets ein enges Netzwerk zu knüpfen, dieses (zumindest bei mir, auch wenn ich 1998 nicht mit nach Kenia kommen wollte) über Jahrzehnte zu pflegen und auf tatsächlich kompetente, zuverlässige Mitarbeiter zurückgreifen bzw. diese fördern zu können.
Sein politischer Erfolg mußte durch die Degradierung (Kontroversen mit Kanzler Helmut Kohl) zum Berlin-Umzugsminister und aktiv verhinderter Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten vereitelt werden. Dafür gelang es ihm, aus dem abwicklungsreifen UNEP bis heute nachwirkende Entwicklungen zu initiieren.
Wir haben einen respektablen, allseits anerkannten Umweltpolitiker, eine heute dringend vermisste Persönlichkeit verloren.
Herr Töpfer hat doch den Grundstein für die Klimawahnsinnigen gelegt.
Ihm haben wir zu verdanken, dass wir heute CO2-Steuer zahlen dürfen.
Gut, dass er das Scheitern der Energiewende und den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niedergang Deutschlands nicht mehr erleben musste. Möge er in Frieden ruhen.
Das erste grüne U-Boot in der Union, ich verstehe nicht was es da an Verdiensten zu feiern gibt? Solche Leute waren die Wegbereiter einer A. Merkel die aus einer Zentrumspartei eine in weiten Bereichen grüne Sekte machte. Möge er in Frieden ruhen, aber verdient gemacht um Deutschland hat er sich nicht.
Töpfer war derjenige der den Atomausstieg eingeläutet hat…bei der CDU….insofern sieht man, was verfehlte Ideologie über die Jahrzehnte anrichten kann…mir ist nicht ganz klar wo hier der „Verdienst“ liegen soll.
Über Tote soll man nicht schlecht reden. Das haben Sie elegant gelöst. Einfach nur seinen Werdegang geschildert, Fakt für Fakt. Herausgekommen ist der Lebenslauf eines der größten Verräter Deutschlands, der wesentlich mitverantwortlich war für den Austausch von Staatssekretären in NGO-Idioten im Wirtschaftsministerium.
Ich weiß von Töpfer nur, dass er mal in Schutzkleidung in den Rhein sprang. Die Schutzkleidung trug er wohl, damit er sich nicht veräzt. Ich wohnte derzeit direkt an der Saar und darin war alles tot.
Umweltschutz zu betreiben ist erst einmal positiv. Insofern sollte man das Engagement von Töpfer durchaus würdigen. Das hat erst einmal nichts damit zu tun, dass heute Umweltschutz für andere Ziele missbraucht wird. R.I.P.
Töpfer gehört zu der Generation, die von Wind und Sonne keine Rechnung geschickt bekamen, was ja auch stimmte, denn zu seiner Amtszeit war man noch sehr weit vom heutigen Wahnsinn entfernt. Dieser Sonderweg findet im Ausland keinerlei Nachahmer und die Kernkraft feiert in der Welt ein riesiges Comeback, was leider von der aktuellen Regierung nicht erkannt und zusätzlich verteufelt wird. Wie es aussieht, haben 85 % der Politiker den Beruf verfehlt.
Welche anderen Länder werden in Zukunft einen steigenden Anteil an Kernkraftstrom haben? Welches Projekt der letzten Jahre wurde nicht mit massiven (mehrfachen) Kostensteigerungen gebaut? Das genau Gegenteil, Kernkraft verliert weltweit massiv an Bedeutung, nur woanders ist es kein Politikum.
> Als Wegbereiter von Energiewende, Atomausstieg und der Zusammenarbeit von NGOs und Exekutive
Das würde ich nicht als besondere Verdienste betrachten…. Vor Jahrzehnten in der JU, habe ich ihn einmal sogar live erlebt, doch heute ist die Einstellung eine ganz andere.
Leider war er auch ein Vorbereiter der ideologischen Übernahme des Umweltschutzes und dessen Umwandlung in einen imaginären Klimaschutz durch die Grünen und ihre NGOs.
Durch seine strikte Ablehnung der Kernenergie und dadurch deren Weiterentwicklung verhinderte er die einzig sinnvolle und erfolgsversprechende Methode für eine saubere Energieerzeugung.
Und durch seinen Einfluss über die UN auch weltweit.
Sein Eintreten für den Umweltschutz war OK, sein Weg dorthin führte leider zu der fatalen Lage, in der wir uns jetzt befinden.
Bleibt bitte auf dem Teppich.
Er war eher eine der bedeutenderen Gestalten als eine der bedeutendsten Gestalten.
Für „Atomangst“ gibt es nun mal keine Pluspunkte.
Nach meiner Erinnerung konnte man Herrn Töpfer immer als honorigen Mann sehen. Er hat geglaubt was er vertreten hat, weil ihm niemand von Bedeutung auch nur partiell davon überzeugt hat, dass Vieles an Umweltschutz, Resourcenschonung und Nachhaltigkeit gut begründet ist, dass es aber immer auch technologiegetrieben und wirtschaftlich tragfähig sein muß. Es scheint, dass bürgerliche Grüne nie bemerkt haben, dass Umwelt- und Klimaidelogen aus der Partei der Grünen, Fischer, Trittin, Agora usw. immer auch in der Wolle gefärbte staatswirtschaftliche Sozialisten waren und sind, die immer eine andere Republik ohne ordo-liberale Marktwirtschaft haben wollten. Dass sie seit 25 Jahren die subtilsten Feinde der FDGO sind, und den Nachkriegsstalinisten nicht unähnlich, die repräsentative, parlamentarische Demokratie nur als Simulation verstehen, damit sie alles demokratisch aussieht, sie aber die Kontrolle behalten, um ihre ideologischen Ziele durchzusetzen.
Töpfer war ein Volkswirt und leider kein Elektroingenieur. Er hat den Sinn des Umweltschutzes zwar erkannt, aber nie begriffen, dass man Strom speichern können muss, wenn man seine Erzeugung dem Zufall von Wind und Sonne unterwirft. Er war leider einer der geistigen Wegbereiter der verkorksten Energiewende, obwohl er es gut gemeint hat. Aber Sachkompetenz und Popularität sind nicht dasselbe. Ein guter Mann, aber der Alptraum jedes Netzplaners.
…und heute sind die Berufe der maßgeblichen Politiker eher so, dass sie keine Berufe sind. Und trotzdem lässt man sie schalten und walten und die Grundlagen des Staates vernichten.