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Geliefert wie bestellt

Claas Relotius ist ein mutiger und werteorientierter Journalist

28.12.2018

| Lesedauer: 3 Minuten
Schimpft nicht auf Claas Relotius. Er hat den Stoff geliefert, die Dealer in den Leitmedien waren zufrieden damit und die Kunden auch: Eigentlich hat er sogar den Karl-May-Preis verdient.

Claas Relotius war fest angestellter Redakteur beim Spiegel. Mehrfach wurde er schon ausgezeichnet. Er bekam unter anderem den Peter-Scholl-Latour-Preis, mehrfach den Reporterpreis, den Katholischen Medienpreises und den Konrad-Duden-Journalistenpreis. Er schrieb freiberuflich unter anderem für den Cicero, die NZZ am Sonntag, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die Financial Times Deutschland, die taz, die Welt, das SZ-Magazin und die Weltwoche.

Am 19. Dezember 2018 gab der Spiegel bekannt, dass Claas Relotius „in großem Umfang eigene Geschichten manipuliert“ habe. Der Peter-Scholl-Latour-Preis wurde ihm im Zuge des Skandals aberkannt. Die anderen Preise hat er zurückgegeben.

Relotius’ Arbeiten reichen von der Erfindung von Figuren, Szenen und Zitaten bis hin zu komplett erfundenen Geschichten. Am 18. Februar 2017 erschien im Spiegel sein Artikel „Löwenjungen“, für den er lange Gespräche mit einem Jungen in einem kurdischen Hochsicherheitsgefängnis erfand. Für seinen Artikel „In einer kleinen Stadt“ erfand er im März 2017 ein Schild am Ortseingang der amerikanische Kleinstadt Fergus Falls, auf der gestanden haben soll: „Mexicans Keep Out“. Er erfand zudem die Geschichte, Schulkinder würden Donald Trump als Vorbild malen. In der Geschichte „Die letzte Zeugin“ erzählte er von einer Frau auf der Reise als Zeugin zu einer Hinrichtung.

Mit ein wenig Glück wird der Name Claas Relotius bald in einem Atemzug mit Karl May genannt. Die Titel „Löwenjungen“, „In einer kleinen Stadt“ und „Die letzte Zeugin“ klingen jedenfalls schon so wie grandiose Romantitel.

Wir könnten bei all den Geschichten nun von Lügen sprechen, aber Georg Restle hat mir gezeigt, dass man es auch besser formulieren kann. Ich schlage daher folgende Sprachregelung vor:

„Claas Relotius hat sich dem Neutralitätswahn im Journalismus verweigert. Er hat mutig aufgehört, nur abzubilden, was ist. Er hat stattdessen einen werteorientierten Journalismus gepflegt.“

Das ist eine Formulierung der Causa Relotius, mit der ich bei den öffentlich-rechtlichen Wertepflegern bestimmt sehr weit kommen würde. Diese Worte sind nämlich nur eine geringfügige Änderung einer Aussage, die Georg Restle so tatsächlich lange vor dem Bekanntwerden der Erfindungen durch Claas Relotius auf Twitter geschrieben hat.

Ist es verwunderlich, dass Claas Relotius gehandelt hat, wie er gehandelt hat?

In einer Gesellschaft, in der „werteorientierter Journalismus“ von öffentlich-rechtlicher Hand gefördert und gefordert wird, wo sogar Berichte über Judenhass verheimlicht und durch Mitarbeiter des WDR öffentlich diffamiert werden, wenn sie den eigenen Werten nicht entsprechen, (siehe: „Ein beispielloser Skandal“), können uns solche Phänomene wie Claas Relotius nicht verwundern. Er hat lediglich eine Nachfrage bedient.

Viele Journalistinnen und Journalisten stehen unter einem immensen Druck, korrekt orientierten Wertejournalismus zu produzieren, wenn sie im Haifischbecken jenseits der Neutralität überleben wollen. Dieser Druck hat seinen Preis und die Wahrheit stirbt bekanntlich zuerst.

In der Laudatio von Patricia Riekel, ehemalige Chefredakteurin der Bunte, für Claas Relotius anlässlich der Verleihung des Katholischen Medienpreises 2017 durch die Deutsche Bischofskonferenz am 16. Oktober 2017 in Bonn heißt es:

„Manchmal wird man ja gefragt, was man als Erstes tun würde, wenn man Deutschland für einen Tag regieren würde. Ich würde ein Gesetz erlassen, dass die Reportage „Königskinder“ zur Pflichtlektüre für alle Politiker wird. Vielleicht hat sich dann das in meinen Augen beschämende Gerangel um die Obergrenze erledigt.“

Darum geht es. Der Journalismus von heute soll Debatten erledigen, nicht fördern.

Claas Relotius wilderte in diesem Umfeld und er ist gewiss nicht der einzige Jäger mit wildem Jägerlatein.


Dieser Beitrag ist zuerst bei Tapfer im Nirgendwo erschienen. 

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35 Kommentare

  1. „Viele Journalistinnen und Journalisten …“ Da fällt es schon schwer, weiter zu lesen. Da fehlen nur noch die anderen 53 Geschlechter (oder mehr?) im Plural.

  2. Nein, es ist kein einzelner Karl May.
    Es sind riesige Karl May Festspiele.

  3. Na ja, „Der Stürmer“ hat auch „werteorientierten“ Journalismus betrieben, oder etwa nicht? Es kommt immer darauf an, welche „Werte“ gemeint sind!
    Wirkliche Werte sind auch tatsächlich existent und widersprechen übrigens nicht der Wirklichkeit!

  4. Wenn man eine Nachricht liest erwartet man in dieser Information, Wahrheit und Fakten und keine Erzählungen und Haltungen! Wenn Berichtige und Reportagen zur reinen Propaganda verkommen, dann lese ich lieber ein Buch, ist unterhaltsamer und man kommt sich nicht so verar*cht vor!

  5. „Claas Relotius hat sich dem Neutralitätswahn im Journalismus verweigert. Er hat mutig aufgehört, nur abzubilden, was ist. Er hat stattdessen einen werteorientierten Journalismus gepflegt.“ …da sollte man sich beim Restle für diese geniale Steilvorlage eigentlich bedanken 😉

  6. Unter den Artikeln von Relotius fehlte nur ein klitzekleines Wort und ein kleiner Zusatz: „Roman.“
    „Mit freundlicher Empfehlung der Bundesregierung“.

  7. Wir müssten eigentlich dem Herrn Claas Relotius dankbar sein, so wie er doch, den „werteorientierten Journalismus“ – hier den „Spiegel“, der sich daraufhin auch noch selbst zum Opfer stilisiert hat (Herr Wallasch schrieb darüber), am Nasenring vorgeführt hat! Manchmal denke ich, wir werden noch von Herrn Relotius hören, vielleicht ist das noch nicht das Ende seiner Geschichte? Was hat ihn, den Phantasten getrieben, die Sache dermaßen an die Spitzte zu treiben? Hat ihn möglicherweise geradezu DAS gereizt? Wollte er prüfen, wie weit er all die anderen zum Narren halten könne? Wann würden sie endlich dahinter kommen? Es heißt doch, man hätte das Gefühl, er wolle entdeckt zu werden. Vielleicht wird er sich irgendwann mal dazu äußern. Mir schwirren auch noch andere Gedanken im Kopf herum: Er könnte vielleicht ja sogar ein Maulwurf, ein Saboteur sein? So unfassbar ist mir diese Geschichte, dass ich einfach noch andere Geschichte, hinter der Geschichte glauben möchte. Würde sich ein guter Autor finden, der sich dieser psychologischen Aspekte der Geschichte annähme, könnte die Hochstapelei des Herrn Relotius oder was auch immer das war, sogar als Vorlage für einen spannenden Film dienen.

  8. Der Gulag/KZ Wärter liefert auch wie bestellt, steht unter enormen existenziellem Druck (Befehlsverweigerung/Desertation nicht nur potenziell tödlich), und agiert in einem ideologisch verseuchten Umfeld das seine Schandtaten eher goutiert als verurteilt.

    Würden Claas Relotius und Konsorten ihn deshalb von individueller Schuld Freisprechen.

  9. Auch für die SZ ist relotieren noch immer völlig in Ordnung.
    Eine Journalistin bei der Süddeutschen Zeitung findet es nicht problematisch, in diesem Metier (politische Reportagen) jetzt glaubwürdig zu arbeiten.
    Denn:
    „Es gibt Leute, die haben es gern, wenn ihnen von Kindern in einem Slum mit großen traurigen Augen erzählt wird, und es gibt andere Leser, die möchten gerne wissen, was los ist.“
    und im Spiegel dürfen Geschichten, die keinen besonderen Erkenntnisgehalt haben, gerne hübsch-gefaked werden:
    „…in Wahrheit hat das auch keinen besonderen Erkenntnisgehalt, … Vertrauen wegen seiner vielen Preise, … Glaubwürdigkeit wegen seines Ansehens, … eine Redaktion kann und darf kein totalitäres System sein, … man könnte daraus den Schluss ziehen, dass das Magazin sich vielleicht auf seine Kernkompetenz ein bisschen mehr besinnen sollte, mehr Geschichten bringen sollte, die von der Dokumentation auch überprüft werden können, mit wirklichen Daten und nicht mit Gefühlen, und dass solche Geschichten dann möglichst hübsch geschrieben sein dürfen, das versteht sich.“
    https://www.deutschlandfunk.de/gefaelschte-spiegel-reportagen-eine-redaktion-darf-kein.694.de.html?dram:article_id=436801
    Nur, wie unterscheidet man bei politischen Reportagen („Deutschlands größter Nachrichtenseite“) zwischen „mit und ohne Erkenntnisgehalt“?

  10. Nein Herr Buurmann, dieses „Verständnis“ für die Story Claas Relotius bringe ich beim besten Willen nicht auf.

    Für mich stellt sich immer wieder die entscheidende Frage, wie so ein Mensch mit gutem und reinem Gewissen morgens vor den Spiegel treten kann? Ich könnte es nicht, könnten Sie das Herr Buurmann?

    • Reines Gewissen ist kein Erfolgskriterium.
      Oder wieviele Medienpreise haben Sie bisher erhalten?

  11. „werteorientierter Journalismus“. Ach Gott! Als alter Mensch und ehemaliger DDR-Bürger, der seinen Marxismus-Leninismus in der Jugendzeit mit der Muttermilch eingeflößt bekam, kann ich nur müde lächeln. Das Ding heißt Parteilichkeit! Man analysiert Realität, die um einen herum ist, stellt fest, dass sie so, wie sie ist, niemals dem gesellschaftlichen Fortschritt dienlich sein kann, im schlimmsten Fall sogar dem Klassengegner Recht gibt, und konstruiert eine Realität, die mit der reinen Lehre konform geht. Das hat den großen Vorteil. dass man mit denen, die die reine Lehre Par Ordre Du Mufti vertreten, nicht im Widerspruch gerät und im günstigten Falle sogar deren Lied singt und deren Brot mit essen darf. Dieser Relotius ist lediglich ein Abklatsch unzähliger Journalisten, die unter Goebbels oder Ulbricht/Honecker ihre Silberlinge verdienten.

  12. In der DDR nannte man diesen „wertorientierten Journalismaus“ ganz einfach „Agitation und Propaganda“. Jeder wußte, dass er von den „Jounalisten“ nach Strich und Faden im Sinne der SED belogen wurde. Nun ist es eben wieder so. Was ist daran so sensationell ?
    Ich frage mich nur, warum sich manche über den Begriff „Lügenpresse“ echauffieren.

    • Die ( die „Guten“) konnten doch nicht ahnen, dass ihnen ihr Schreiberling Relotius dermaßen niederträchtig in die Genit… tritt, und selber Fake News produziert. Wo bleibt der journalistische Sittenwächter H. Maass?

  13. Patricia Riekel sagte seinerzeit in ihrer Laudatio anlässlich einer Preisverleihung für Relotius:
    Relotius Reportage „Königskinder“ sollte Pflichtlektüre für alle Politiker werden..

    Fazit:viele Politiker der Altparteien haben Patricia Riekel wohl zu Herzen genommen.

    Diese Politiker täuschen doch die Bürger hier im Lande genauso,wie der Spiegel seine Leser..
    Relotius ist doch kein Einzelfall..In fast allen Leitmedien bekommt man nur noch Haltungsjournalismus vorgesetzt

    • Propaganda und Agitation eben.

      Noch, noch darf man sich nicht so offensichtlich erwischen lassen.

      Noch ein paar Jahre, und der Claas hätte seinen investigativen Spiegel Kollegen durch die Staatsmacht verschwinden lassen können.

      Schlechtes Timing.

  14. Jetzt will man Claas noch den Baron Münchhausen Gedächnispreis für die beste Lügengeschichte verleihen.
    Es ist eine Kanonenkugel am Band. Die wiegt aber so schwer um den Hals, das Lügefix nur noch gebückt gehen kann. Das hat aber den Vorteil das seine Pressekollegen, die ihn nach wie vor für seine Haltung loben, achtern besser rein kriechen können.
    Somit kommen nachher die braunen Gesellen zu Tage die seinerzeit auch ein Regime mit ihrer Tinte hochgejubbelt haben.
    Die wahren Demokraten haben heute die Grundfarbe Blau in ihrem Logo.

  15. Was mir spontan einfällt, ist Heinrich Heines „Deutschland, ein Wintermärchen“. Der zeitgenössische Erzähler heißt Claas Relotius.

  16. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand mit einer bestimmten Psychopathie in einer Nische sehr erfolgreich wird. Im Big Business sind es die Soziopathen, im Journalismus die Pseudologen. Käme der Wind aus einer anderen politischen Richtung hätte Relotius eben Artikel erfunden die dort gewollt werden.

  17. Nahrung für den Körper und den Geist.
    In der Realschule sprach unser Klassenlehrer gelegentlich von geistiger Nahrung. Er legte Wert auf die Erklärung, dass jeder selbst für den Inhalt seines Kopfes verantwortlich wäre. Das ist schon einige Zeit her, am Grundsatz hat sich aber nichts geändert.
    Wenn wir jetzt zur Ernährung des Körpers gehen, werden wir durch eine Unzahl von Koch-Sendungen unterrichtet. Das zu viel Zucker schädlich ist, kann jeder wissen, der es wissen will. Wer sich nur von Zucker ernährt, wird bald unter der Erde sein. Also ist die Schädlichkeit des Zuckers mengenabhängig. Fehlen wichtige Nähstoffe, wie z.B. Vitamine oder Aminosäuren wird der Körper krank.
    Ich vergleiche jetzt den Zucker mit dem Informations-Mainstream.
    Nimmt mein Denken oder Gehirn oder Geist nur Maistream auf, ist der Kopf mangelernährt.
    Gut, eine Talkshow, ein Krimi oder eine Comedy wird mich nicht dahinraffen. Aber ehrliche Hintergrundbücher, redliche Internetseiten bleiben essentielle, also unverzichtbare Nahrungsergänzungen für die geistige Gesundheit. TE ist da so eine Mischung von Vitaminen und Spurenelementen. Dazu gehören auch die Kommentatoren als Gewürzmischung.
    In diesem Sinne ein gutes neues Jahr und gute mentale Nahrungsmittel allezeit.

  18. Wenn ich der gute Claas wäre, würde ich jetzt sagen:
    „Liebe Leser meiner Artikel, entschuldigt bitte. Es musste einfach sein, um die Verlogenheit der heutigen Medien aufzudecken. Ich habe nie gedacht, dass ich es soweit treiben muss, bis es auffliegt.“
    Wir verleihen ihm dann „Des Kaisers neue Kleider Preis“.

  19. Mit Preisverleihungen ist das in Deutschland so eine Sache. Den Bambi gibt es für Bushido, Farid Bang & Kollegah bekommen den Echo, Macron den Karlspreis, und Claas Relotius den Peter Scholl-Latour Preis. Das sind doch alles sehr fragwürdige Persönlichkeiten, die mich den Geisteszustand der Verleiher infrage stellen lassen.

    • Vergessen Sie nicht den Friedensnobelpreis für Obama und den Preis für Zivilcourge (!!) für den Politmafiosi B. Vogel, CDU!

    • @BK Genau: Die geschlossene Gesellschaft des Selbstbeweihräucherungsclub beehrt sich mit inflationär gewordenen Preisen.

  20. „Claas Relotius wilderte in diesem Umfeld“

    Nein, er „wilderte“ nicht, sondern er lieferte und… „erledigte“.

    “ Der Journalismus von heute soll Debatten erledigen, nicht fördern.“

    –> Eben – das ‚Werteorientierte‘ ist eben nicht, dass ein Journalist versucht möglichst umfassend eine Grundlage für seine Leser bzgl. einer Debatte zu liefern – also Pro- & Contra-Argumente (wobei es ihm selbstverständlich unbenommen ist dabei deutlich zu machen, wo seine eigene Position liegt).
    Journalisten liefern heutzutage meist einfach nur das ab, was von den Redaktionen gewünscht wird – und die wünschen sich letztlich ihre eigene Meinung nur – was wiederum Sinn macht, weil ein bestimmtes politisch-gesinnungsmäßiges Klientel die jeweiligen Zeitung kauft.
    Wird dabei das ganze politische Spektrum abgebildet, ist alles gut.

    Das Problem ist, dass dies eigentlich nicht mehr der Fall ist – es gibt politischen Einheitsbrei. Und damit auch kein interne Korrektive gegen eben einem zu wild ausschlagenden ‚Gesinnungs- & Belehrungsjournalismus‘.

    Bevor man auf Journalisten schimpft, sollte man bedenken: redaktionen wählen unter eingereichten texten diejenigen aus, die ihnen am besten passen.
    Relotius lieferte das, was passte – das, was das gute Gefühl es schon immer gewusst, geahnt zu haben, bestätigte.

  21. Wer die res publica gegen den Despotismus der paternalistische Regierung eintauscht, schafft eben genau das Umfeld, in welchem sich selbst-vergötternde journalistische Propheten austoben können. Es tummeln sich derartig Allwissende zahlreich in diesem Land.

  22. Es gibt keinen „werteorientierten Journalismus“. Wer „Werteorientierung“ sucht, sollte besser Theologie, Pädagogik o.ä. studieren, aber nicht Journalismus.

    Für Relotius wäre dagegen ein Baron-Münchhausen-Gedächtnispreis für die längste Nase und die kürzesten Beine, die lt. Volksmund Lügen mit sich bringen sollen, angemessen gewesen.

  23. Recht haben Sie! Anpassung sichert ja frei nach Darwin das Überleben, und so ernten die Gesellschaftssysteme, was sie säen, hegen und pflegen. Nicht nur scheinbar angepasste Heuchler, sondern auch tiefüberzeugte Gesinnungstäter. Wobei wir nicht aufatmen sollen, weil`s hier nur um Worte geht – Gedanken werden zu Worten und die zu Taten, immer für einen guten Zweck. Seit der Rede von John Swinton 1883 im Twilight Club ist der Journalismus nicht anders geworden, Ausnahmen bestätigen die Regel.

    • John Swinton habe ich mir kürzlich per Uni-Fernleihe besorgt. Unfassbar, dass sich so wenig wirklich geändert hat. Walter Lippmann und Bernhard Bernays haben ihre Klassiker auch schon vor ca 90 Jahren geschrieben.. Guten Rutsch.

  24. Stimmt schon. Relotius kann man nur vorwerfen, besonders willfährig gewesen zu sein. Zumindest wenn nicht in nächster Zeit noch krassere Fälle publik werden.
    Die Speerspitze des Trends der Mainstream-Medien bildete sicherlich „Chemnitz“. Die einzige Hetzjagd dort war eine mediale gegen die Bevölkerung von Chemnitz. Die meisten Medien haben damals einfach blind voneinander abgeschrieben, weil es halt gepasst hat. Das ist eigentlich mindestens genauso schlimm wie das Erfinden von Geschichten. Und was Georg Restle von sich gegeben hat, muß man eigentlich als „Journalistenverhetzung“ bezeichnen.

  25. Wie nennt man eigentlich den Vorgang, auf einen längstfahrenden Themenzug noch schnell aufzuspringen?
    Missglücktes buurmannieren!

    • Der Artikel ist vom 20. Dezember, werter Hans.

    • @ An die „Schlaff runterhängenden Daumen Verteiler“
      Ist Ihnen der noch schnell vom Trittbrett aufgepappte Flyer nicht aufgefallen?
      Der Autor des Artikel setzt die Programmverantwortlichen für das nicht gesendete Machwerk in eine Ecke mit Claas Relotius.
      Das ist schon außergewöhlich dreist.
      Wo doch den Machern des Berichts das relotionieren verwehrt wurde.
      Das nenne ich missglücktes buurmannieren.

    • @Redaktio
      Die Ergänzung mit dem Hinweis auf den vom Trittbrett aufgepappten Flyer verstößt gegen welche Kommentarregel? Ein bisschen aufsteigende Dramaturgie würde den ewigen Empörungsbrei ein wenig aufpeppen.
      Aber da das hier sowieso keinem auffällt, ist es ein besonders missglücktes buurmannieren.
      Nicht der Schreibe wert.

  26. Man sollte in der Tat jetzt ziemlich schnell einen „Karl May Preis für phantasievollen und unterhaltsamen Journalismus“ ins Leben rufen, erster Preisträger wäre der Herr mit dem wunderbaren Namen Claas Relotius (klingt irgendwie lateinisiert, ist der echt?).
    Diesen Preis müsste Relotius auch nicht zurückgeben, sondern kann ihn behalten und sich in seiner Villa Bärenfett an die Wand hängen.

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