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Hart aber fair-Faktencheck:

Rekord-Steuereinnahmen und marode Infrastruktur

09.10.2018

| Lesedauer: 2 Minuten
Gestern bei hart aber fair: Wie passen Rekord-Steuereinnahmen und eine marode Infrastruktur zusammen? In 75 Minuten ging es gerade einmal 3 Minuten (!) über die Steuerausgaben. Stattdessen wurde beklagt, dass „Besserverdienende“ bei den Bewirtungskosten schummeln und die Blumen für die Frau als Betriebsausgaben absetzen.

Vertreter von SPD und Linkspartei beklagten erwartungsgemäß, dass „die Reichen“ angeblich zu wenig Steuern zahlen (dabei zahlen die 1% der am besten Verdienenden mehr als 20% der Einkommensteuer). Carsten Linnemann von der CDU ging es vor allem um die Abschaffung des Soli. Die Redaktion von HART ABER FAIR brachte Beispiele, die belegen sollen, wie einfach es der Staat den Reichen mache, Steuern zu hinterziehen – indem Selbstständige die Kosten für den Blumenstrauß für die Ehefrau fälschlicherweise als Betriebsausgabe für das Büro absetzen.

Bemerkenswert war jedoch nicht, worüber diskutiert wurde, sondern worüber nicht diskutiert wurde. Die Steuereinnahmen des deutschen Staates sind so hoch wie nie zuvor in der Geschichte. Die Ausgaben des Staates für Zinszahlungen sind aufgrund der Nullzinspolitik der EZB so niedrig wie nie – bei vielen Anleiheemissionen verdient der Staat sogar Geld. Ist es da sinnvoll, darüber zu diskutieren, dass dem Staat GELD FEHLT, weil manche Selbstständige die Kosten für den Blumenstrauß steuerlich geltend machen oder bei den Bewirtungskosten schummeln? Wäre es nicht sinnvoller, zuerst einmal zu fragen, wofür die Rekord-Steuereinnahmen denn ausgegeben werden, wenn das Geld bei der Infrastruktur, der Bildung oder bei der Bundeswehr fehlt?

Beim ARD-„Faktencheck“ wird man nur Dinge finden, über die diskutiert wurde. Ich möchte hier ergänzend einige Fakten benennen, über die nicht diskutiert wurde:

1. Der überbordende Sozialstaat kostet den Steuerzahler allein von 2018 bis 2020 ca. 545.000.000.000 Euro. Der Anteil der Sozialausgaben am Bundeshaushalt in Deutschland liegt inzwischen bei 57 Prozent.

2. Hohe Kosten entstehen vor allem für ideologische Ziele wie die „Klimawende“. Schon vor Jahren hatte der damalige Umweltminister Peter Altmaier die Kosten auf ca. 1 Billion (!) Euro veranschlagt. Das war deutlich zu wenig, wie wir heute wissen. Die ideologisch motivierte „Energiewende“ wird uns bis 2050 nach Schätzungen 2.300.000.000.000 Euro kosten.

3. Die Kosten der Zuwanderung betragen nach offiziellen – zurückhaltenden – Schätzungen bis zum Jahr 2022 mindestens 78.000.000.000 Euro:
Auf etwa 900.000.000.000 Euro schätzt der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen die langfristigen Kosten von Merkels Flüchtlingspolitik.

4. Die Euro-Rettung kostete riesige Beträge und birgt noch viel größere Kostenrisiken in der Zukunft. Größter Einzelzahler von den 273.000.000.000 für die Griechenlandrettung war Deutschland.

Das Geld für die Griechenlandrettung ist weg – im Bundeshaushalt tauchen jedoch nur die Einnahmen aus Zinszahlungen der Griechen auf, so dass es so aussieht, als ob wir an der Griechenlandrettung verdienen (!) würden. Das wäre so, wie wenn ich einem hoffnungslos überschuldeten Menschen, bei dem die Aussichten auf Rückzahlung des „Kredites“ Null sind, 1000 Euro „leihe“ (die er erst in einigen Jahrzehnten – angeblich – zurückzahlen muss) und mich dann reichrechne, indem ich nur die 20 Euro Zinszahlungen bilanziere, die ich jährlich von ihm bekomme.
Hinzu kommt: Der deutsche Target-Saldo beträgt inzwischen mehr als 814.000.000.000 Euro. Das sind potenzielle Kosten, die heute im Bundeshaushalt gar nicht auftauchen, die aber langfristig ein erhebliches Risiko darstellen.

Zur Beantwortung der Leitfrage der Sendung, nämlich warum trotz historisch hoher Steuereinnahmen die Infrastruktur zerfällt, wäre es wichtig gewesen, darüber zu diskutieren, wofür das Geld denn heute ausgegeben wird. Traurig ist die Besprechung der Sendung in der WELT: Der WELT-Redakteur hätte es gerne gehabt, dass noch mehr darüber diskutiert worden wäre, wie man die Steuereinnahmen steigern könnte. Dem WELT-Journalisten fällt kritisch zu der Sendung nur ein, dass zu wenig über die Steuermoral internationaler Großkonzerne gesprochen wurde.

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6 Kommentare

  1. Herr Walter Borjahns lieferte erneut einen Beleg dafür ab, wie unsere Spezialdemokraten ticken. Er präsentierte den Steuerbescheid eines Bekannten, der mit seinem Jahreseinkommen von 70.000 Euro ja bereits zu den oberen 7-8% gehöre. Ja, das kommt dabei raus, wenn man in der Schule in Mathe nicht aufgepasst hat. Es ist nicht zweckdienlich, an nicht lineare Funktionen lineare Bewertungsmaßstäbe anzulegen. Selbst sein Bekannter dürfte zu den weit über 90% der Bürger gehören, die weniger als 100.000 Euro im Jahr verdienen. Er gehört aber mit diesem Gehalt zu der Sorte armer Schlucker, die bis zu zwei Drittel ihres Einkommens wieder in Form von direkten und indirekten Steuern, Sozialabgaben, Umlagen und weiteren Abgaben an den Staat abliefern dürfen.

    Deswegen geht auch der Vergleich der Steuerlast mit der eines um die Inflation bereinigten Einkommens vor 30 Jahren ins Leere. Vor 30 Jahren galt noch ein Mehwertsteuersatz von 14%. Die Sozialabgaben waren niedriger, die Leistungen dafür höher. Früheres Renteneintrittsalter, höheres Rentenniveau, geringere Zuzahlungen bei Medikamenten und medizinischen Leistungen, keine EEG-Umlage, keine Offshore-Haftungsumlage. Niemand musste privat fürs Alter vorsorgen, um seinen Lebensstandard zu halten und eine private Zusatzversicherung für Zahnersatz war auch nicht nötig. Und nach dem Ende der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld rutschte man nicht in Harz4, sondern bekam Arbeitslosenhilfe mit damals deutlich höheren Freibeträgen.

    Es war doch gerade die SPD, welche unter Schröder Konzerne, Kapitaleinkünfte und Spitzenverdiener steuerlich massiv entlastet hat. Um dann die Haushaltslöcher mit steigenden Steuern und Abgaben auf Verbrauch und Kürzungen von Sozialleistungen auf dem Rücken der Normalbürger zu stopfen, welche den größten Teil ihres Einkommens wieder ausgeben.

    Heute blockieren die Spezialdemokraten Steuerentlastungen für Normalbürger und sorgen seit Jahren in der Groko mit steigenden Beitragsbemessungsgrenzen und der kalten Progression dafür, dass Gutverdiener unter den Angestellten immer stärker belastet werden.

  2. Herr Dr. Linnemann erklärt die kalte Progression wie andere Politiker in letzter Zeit auch für beseitigt. Die Fakten sprechen eine andere Sprache:

    In den 13 Jahren der Regierung Merkel haben sich die Eckwerte in der Einkommensteuer wie folgt entwickelt:

    Eckwert – 2005 – 2018 – Delta
    E0: € 7.664,- € 9.000, +17,43%
    E1: € 12.739,- € 13.996,- + 9,87%
    E2: € 52.151,- € 54.949,- + 5,37%

    Es fällt auf, dass die Eckwerte sehr unterschiedlich an die Teuerungsrate angepasst wurden. Entsprechend den langen Reihen des Bundesamts für Statistik liegt die Teuerungsrate im fraglichen Zeitraum aber bei über 20%. Im selben Zeitraum hat die Regierung Merkel die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung sogar um 25% angehoben. Die Anpassung der Eckwerte bleibt dahinter deutlich zurück. Selbst in den letzten zwei Jahren wurde das Progressionsende nur um den halben Faktor gegenüber dem Grundfreibetrag angehoben. Merkwürdig, nicht?

    Dort, wo die Regierung Gutverdiener schröpfen konnte, wurden Beitragsbemessungsgrenzen überproportional angepasst. Um satte 25%.
    Dort, wo es der politische Anstand geboten hätte, die Mittelschicht zu entlasten (bzw. nicht durch eine heimliche Steuererhöhung weiter zu belasten), wird die Anpassung an die Teuerungsrate seit Jahren verweigert. Auch in den letzten zwei Jahren. Das Progressionsende wurde in 13 Jahren gerade einmal um lächerliche 5,37% angehoben.

    Diese unterschiedliche Anpassung der Eckwerte ist nichts anderes als eine heimliche Erhöhung der Steuerlast durch die Hintertüre. Die vor allem Einkommen unter 100.000,- Euro überproportional trifft. Darüber hinaus werden Gutverdiener durch die überproportionale Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen mit einer Art Sondersteuer zur Finanzierung von Mütterrente, Betreuungsgeld und anderer sozialer Wohltaten zusätzlich belastet.

    Wären alle Kennzahlen seit 2005 entsprechend der Teuerungsrate angepasst worden, dann hätten wir 2018 folgende Eckwerte (Faktor 1,2):

    Eckwert – 2005 * 1,2 – (derzeitiger Wert 2018)
    E0: € 9.197,- (9.000,-)
    E1: € 15.287,- (13.996,-)
    E2: € 62.581,- (54.949,-)

    Gibt man diese korrigierten Werte in die entsprechenden Formeln zur Berechnung der Steuerlast ein, dann fehlen am Ende der letzten Progressionszone jährlich ca. 900,- € am Nettoeinkommen. Mit steigenden Einkommen fällt dieser Fehlbetrag immer weniger ins Gewicht. Es bleibt ja, abgesehen von dem Sprung bei der Reichensteuer, bei einem konstanten Fehlbetrag von 900,- €. Die kalte Progression ist daher auch ein eklatanter Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Wie bereits die Konrad Adenauer Stiftung in einer Abhandlung zu diesem Thema festgestellt hat, entfaltet die kalte Progression ihre größte Wirkung am Ende einer Progressionszone. Und die liegt heute weitab von dem, was man als Spitzeneinkommen definieren kann.

    Ein Angestellter mit einem Brutto-Einkommen von 70.000 Euro wird durch die Regierung Merkel alleine durch die kalte Progression um 900,- Euro geprellt. Hinzu kommen weitere 900,- Euro Solidaritätszuschlag, die nach dem Willen der SPD für diese Einkommensgruppe nicht einmal entfallen sollen.

    Von 70.000 Euro bleiben nach Abzug von Steuern und Abgaben übrigens knapp 40.000 Euro netto. Nach Abzug fixer Ausgaben für Wohnen, Mobilität, Nahrung und Bekleidung bleiben am Ende vielleicht 10.000,- bis 20.000,- Euro zur freien Verfügung. Ohne kalte Progression und ohne Soli wären es um die 1.800,- Euro mehr. Dies bedeutet, dass die Regierung Merkel einen gut verdienenden Angestellten durch kalte Progression und Solidaritätszuschlag zwischen 9% und 18% seines frei verfügbaren Einkommens abnimmt.

    Diese Steuerpolitik ist leistungsfeindlich.

    Und falls es bei der Abschaffung der Solidaritätszuschlags nur bis zu Einkommen für unter 60.000 Euro bleiben sollte, dann zahlt die Mittelschicht über die kalte Progression die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Geringverdiener.

  3. die hohen Steuereinnahmen werden für die dicken und fetten Pensionen benötigt. Der Pensionstsunami der auf uns zurollt wird uns noch das Fürchten lehren, trotz hoher Steuereinnahmen. Da drohen uns trotz hoher Steuereinnahmen noch ganz andere, nette Überraschungen wie z.B eine kleine Zwangshypothek auf unsere Immobilien. Zuerst kommen unsere Staatsdiener. Der Bürger darf zahlen und muß sich halt mit warmen Worten zufrieden geben. Politikerpensionen benötigen vom Barwert der Rente eines Normalos den Faktor 4 bis 10.Dazu braucht man dann schon ein bisschen Tiritari. Wenn die Zinsen steigen müssen die 2 Billionen auch noch irgendwie bedient werden. Verträge zu Lasten Dritter sind laut unserem BGB verboten Jeder Neugeborene hat bei Geburt bereits ca. € 25.000,- auf der Uhr. Soviel zum Artikel 5 EMRK. Wen interessieren aber schon Gesetze?

  4. Wenns ernst wird, muß man einfach lügen.

    Die Wahrheit

    1. es gibt keine historisch hohe Steuereinnahmen

    2. die Steuereinnahmen wurden ausgegeben

    3. unordentliche Kaufleute müssen keine Risiken bilanzieren

    4. unordentliche Kaufleute würden dafür ins Gefängnis gesteckt

    5. Politiker sind keine Kaufleute

    6. die Griechen haben aus der Griechenlandrettung keinen Euro bekommen

    7. die schwarze Null ist gar nicht schwarz

    8. Minus ist nicht Null, sondern Minus

    usw.

    Die Steuerzahler sollen gefälligst keine blöden Fragen stellen, sondern brav die Parteien der Groko wählen.

  5. Sehr schöner Text, Herr Zitelmann, was sollte man da auch noch diskutieren? Man ist über soviel vorsätzliche Verblödung eigentlich sprachlos.

  6. Ach, lange geht das eh nicht mehr gut. Kohlekraftwerke ausstellen, Autos auf Strom umstellen und so ganz nebenbei dafür sorgen, dass die Industrie aus Deutschland ausgelagert wird.
    So wie der Strom dann eben nicht aus der Steckdose kommt, so kommen die Steuereinnahmen halt nicht ohne Menschen die Geld verdienen.

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