Das mit der Demokratie ist so eine Sache. Einst bei den antiken Griechen als Herrschaft derjenigen gedacht, die ihr Staat als Staatsvolk etwas anging und die sich mit Tat und Geld an seinem Wohlergehen beteiligten, setzte sich im 19. Jahrhundert die Vorstellung durch, dass ein jeder Staatsbürger – unabhängig davon, ob er das Wohl des Staates mehrt oder dieses mindert – das Recht haben müsse, darüber zu entscheiden, wohin die Reise geht. Auch die Frauen, zuvor über Jahrtausende als Mündel ihrer Gatten behandelt, durften seit dem frühen 20. Jahrhundert mit darüber entscheiden, welche Politik gemacht werden sollte.
Die Idee der Gewaltenteilung
Für die zumeist jungen Demokratien des westlichen Europas galt eine 1748 erstmals in Genf veröffentlichte Idee als maßgeblich. Ihr Vordenker, der Baron de Montesquieu, schrieb sie in seinem Buch „Vom Geist der Gesetze“ nieder und nannte sie Gewaltenteilung. Dieses klassische Konzept der europäischen Aufklärung sollte sicherstellen, dass in einem modernen Staat nicht einzelne Personen oder Personengruppen ohne Legitimation und ohne Kontrolle die anderen beherrschen konnten. Deshalb teilte Montesquieu die vom Staat ausgehende Macht – hier noch als „Gewalt“ bezeichnet – in drei verschiedene Segmente, welche jeweils unabhängig voneinander agieren sollten.
Die eine dieser Gewalten war die Exekutive. Sie war es, die als ausführende Gewalt der Organisation des Staates zuvor gleichsam allmächtig gewesen war. Optimal vertreten durch einen Herrscher von Gottesgnaden konnte sie Gesetze erlassen, die Staatsgeschäfte steuern, sogenanntes Recht über jene sprechen, die missfielen. Diese Allmacht war es, die Montesquieu mit seinen Überlegungen zu Fall bringen wollte.
Um dieses zu bewerkstelligen, dachte er sich neben der Exekutive zwei weitere Gewalten: Die Legislative und die Judikative.
Die Legislative hatte die ausschließliche Aufgabe der Gesetzgebung. Sie sollte im Namen der Bürger Gesetze entwickeln, die dem Gemeinwohl und dem zivilisierten Zusammenleben der Menschen innerhalb eines Staates dienen sollten. Für die Durchführung und notfalls auch Durchsetzung dieser Gesetze allerdings war die Legislative nicht zuständig. Diese Aufgaben lagen bei den anderen Gewalten.
Hier wiederum bekam die Judikative ihre entscheidende Aufgabe. Ihr oblag es, die in den Gesetzen gewollten Ziele unabhängig von fremden Interessen durchzusetzen. Richter sollten deshalb in jeder Hinsicht unabhängig von den beiden anderen Gewalten sein – sie sollten objektiv ausschließlich nach dem Inhalt des Gesetzes ihre Urteile sprechen.
Die Unvereinbarkeit gleichzeitiger Doppelangehörigkeiten
Um das Zusammenspiel dieser drei Gewalten und darüber die Funktionsfähigkeit des darauf basierenden Systems dauerhaft zu sichern, galt als unveräußerliche Regel: Wer der einen Gewalt angehört, darf nicht gleichzeitig Mitglied einer anderen sein. Denn wäre er dieses, so bestünde seine Unabhängigkeit von der jeweils anderen Gewalt nicht mehr: Der Legislativvertreter würde sich von Verwaltungszielen leiten lassen, der Richter von denen der Gesetzgebung, der Regierungschef als Legislativvertreter sich Gesetze nach seinen Wünschen schaffen.
Diese gewünschte Unabhängigkeit der Gewalten voneinander bedingte die Unabhängigkeit ihrer Akteure. Die Legislative sollte von Personen vertreten werden, die im modernen Massenstaat die Bürger repräsentierten und nur diesen gegenüber unmittelbar verantwortlich waren. Hierzu entwickelte sich die Parlamentarische Demokratie – ein Modell, welches mangels der Unmöglichkeit, jedes komplizierte Gesetz von jedem Bürger abstimmen zu lassen, unabhängige Bürgervertreter durch freie, gleiche und geheime Wahlen in die Legislative entsandte.
Etwas schwieriger schon wurde es bei der Exekutive. Würde deren Zusammensetzung von den Legislativvertretern bestimmt, so gäbe es hier ungewünschte Abhängigkeiten – und es bestünde die Gefahr, dass der Exekutivvertreter nicht nach der in seinem Amt gebotenen Vernunft agiert, sondern sich als verlängerter Arm legislativer Teilinteressen verstünde. Deshalb wählte beispielsweise die Verfassung der ersten deutschen Demokratie von 1871 das Modell, den obersten Regierungsvertreter – also den Kopf der Exekutive – durch das Staatsoberhaupt bestimmen zu lassen. Die Zusammensetzung der Ministerriege wiederum oblag dann dem Kanzler als Premierminister. Kanzler wie Minister waren nun wiederum der Legislative rechenschaftspflichtig – und konnten letztlich sogar von dieser gestürzt werden.
Schwächen der Besetzung
Nachdem dieses Modell seine Schwächen offenbart hatte, indem ein Kanzler unter Zuhilfenahme basisdemokratischer Abstimmungsmöglichkeiten an der Legislative vorbei sein Amt mit dem des Staatsoberhauptes vereinte und so eine Diktatur schuf, verlagerte man die Besetzungsaufgabe für das Kanzleramt faktisch auf die Legislative. Die dahinter stehende Erwartung: Ein von der Legislative abhängiger Chef der Exekutive würde nicht mehr, wie der letzte Kanzler des 1945 von den Siegermächten zu Grabe getragenen Deutschen Reichs, über diese hinweg die drei Gewalten auf seine Person konzentrieren können.
Damit soll nun das Problem der Besetzung der Judikative angesprochen werden. Denn mehr noch als bei den beiden anderen Gewalten ist hier die absolute Unabhängigkeit der Agierenden zu gewährleisten, steht ihnen doch im Ernstfall sogar die Aufgabe zu, Recht über Verantwortliche der beiden anderen Gewalten zu sprechen. Wie aber dieses sicherstellen?
Ein scheinbarer Königsweg wäre es, dass die Richterschaft selbst und ausschließlich darüber zu bestimmen hat, wer in die Judikative aufsteigt. Allerdings wäre dieses dann eine Gewalt, die nur durch sich selbst kontrolliert würde. Die Kenntnis des menschlichen Charakters ließ also davon abraten, hier gleichsam eine Juristenkaste zu kreieren, die ungehindert ihre individuellen Vorstellungen den beiden anderen Gewalten – und damit dem Volk – aufzwingen können würde.
So kam man dort, wo Vertreter der Judikative gleichsam Schlüsselfunktionen für den Staat zu übernehmen haben, zu der Überlegung, es mit Richterwahlausschüssen zu versuchen. Diese zumeist von Vertretern aus Legislative und Exekutive besetzten Institutionen sollten in sich selbst die Kontrolle organisieren, welche die Unabhängigkeit der Judikativvertreter zu gewährleisten hatte. Tatsächlich jedoch hat sich auch dieses Modell nur als begrenzt zweckmäßig erwiesen, da ebenso politische Koalitionenbildung wie Proporzgedanken nunmehr dafür sorgten, selbst höchste Richterämter mit Juristen aus Legislative oder Exekutive zu besetzen – womit die Unabhängigkeit durchaus zu hinterfragen wäre. Gleichwohl ist dieses Verfahren immer noch besser, als die Besetzung ausschließlich der Exekutive zu überlassen – wobei auch das noch zu vertreten wäre, erfolgte sie nicht quasi auf Lebenszeit zumindest bis zur Pensionierung, womit die Kontrolle eines Richters durch die anderen Gewalten faktisch mit dessen Bestellung erledigt ist, sondern befristet auf festgeschriebene Zeitfenster.
Macht durch Gewaltenteilung zügeln
Bei der klassischen Gewaltenteilung ging es also darum, ein Staatswesen unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls durch verschiedene Institutionen führen zu lassen, die durch ihre Möglichkeiten der gegenseitigen Kontrolle das Staatsschiff auf geradem, freiheitlichen und am Bürgerwollen orientierten Kurs zu halten.
Tatsächlich ist es nun so, dass Macht nicht selten wie eine Droge wirkt. Derjenige, der von ihr gekostet hat, kann nicht von ihr lassen und verlangt beständig nach mehr. So ist es nachvollziehbar, dass auch unter den nun geteilten Gewalten ein beständiger Kampf um Macht und Einfluss herrscht: Wer bestimmt tatsächlich, wohin das Staatschiff steuert? Wer steht am Ruder, wer sitzt im Ruderraum der Staatsgaleere? Wer dröhnt die Kesselpauke, damit die Rudersklaven nicht aus dem Takt kommen?
Das Grundgesetz als Versuch der Optimierung
In der 1949 auf dem Boden des alliierten Protektorats Deutschland gegründeten Bundesrepublik glaubte man das Galeerenmodell bereits überwunden. Selbstverständlich: Am Steuer stand auch hier der Chef der Exekutive, genannt Bundeskanzler. Doch die früheren Galeerensklaven waren zu Mitreisenden aufgestiegen, die in regelmäßigen Abständen ihre Decksmannschaft in den Parlamenten bestimmen durften, welche wiederum den Mann am Steuer über im Parlament beschlossene Gesetze wissen ließ, wohin die Reise zu gehen hatte. Und aus dem Kesselpauker waren jene führenden Richter geworden, die nur noch dann auf die Pauke zu schlagen hatten, wenn Decksmannschaft oder SteuerCrew einen falschen Weg einzuschlagen schienen.
Doch so gut es auch gedacht war: Die als Grundgesetz bezeichnete, vorläufige und bis heute wirksame Verfassung hatte in ihrem Versuch, als Fehler empfundene Regelungen früherer Verfassungen nicht zu wiederholen, nun ihrerseits Mängel installiert, deren Konsequenzen seinerzeit nicht absehbar waren. Der entscheidende Mangel war es, neben den klassischen drei Gewalten unbemerkt eine vierte geschaffen zu haben. Nein, nicht die sich selbst gern der Hybris als „Vierte Gewalt“ hingebenden Medien sind gemeint – es ist die Rede von den Parteien.
Die Institutionalisierung von Staatsparteien
Rückblickend auf scheinbare Mängel der Weimarer Phase des Deutschen Reichs, sollten nun die Parteien unabhängig werden von unkontrollierbaren Finanzströmen aus unbekannten Quellen – und um das infolgedessen zu erwartende, finanzielle Defizit der Parteien auszugleichen, erfand die Legislative nach der bereits erfolgten Umwandlung des ehrenamtlichen Parlamentsamtes in eine bezahlte Tätigkeit die Idee der staatlichen Parteifinanzierung. Das ist insofern bereits im Ansatz problematisch, da bereits seinerzeit feststand, dass die Positionen in der Legislative maßgeblich von eben jenen Parteien bestückt würden, welche über Höhe und Bestand der staatlichen Parteifinanzierung bestimmten. Somit waren die Grundprinzipien der Unabhängigkeit als auch der Kontrolle faktisch ausgehebelt.
Ein weiteres zur Verlagerung der Macht vom Volk auf die Institution Partei tat das Wahlrecht, welches ursprünglich nur die Entscheidung über die nun bedeutsame Listenplatzierung in die Parteivorstände verlagerte. Durch die real in die Tat umgesetzte Koppelung von Listenplatz an Wahlkreisnominierung lag nun die Entscheidung über den Einzug in das Repräsentativorgan der Legislative maßgeblich bei den durch den Staat institutionalisierten Parteien. Deren vorrangiges Ziel lag nicht mehr darin lag, über das Parlament die Arbeit der Exekutive zu steuern, sondern selbst die Exekutive zu führen, zur Exekutive zu werden. Damit entfiel weitgehend die ursprünglich vorgesehene Kontrollfunktion der Legislative über die Exekutive, da die jeweiligen Mehrheitsfraktionen an einer solchen Kontrolle kein Interesse hatten und zum Ausführungsorgan der Exekutive bei der Durchsetzung von dort entwickelten Gesetzesvorhaben wurden. Die sogenannten Oppositionsfraktionen gaben ihre kontrollierende Funktion ebenfalls zunehmend ab, was einerseits in der Wirkungslosigkeit möglicher Opposition seine Ursache hatte, gleichermaßen aber auch dadurch bestimmt wurde, dass die Opposition als institutionalisierter Teil der Machtausübung selbst beständig zur Teilhabe an der Exekutive strebte und damit auf grundlegende Kritik und klassische Fundamentalopposition verzichtete.
Die demokratische Metamorphose
Der Wandel von der Parlamentarischen Demokratie zur Parteiendemokratie ist jedoch nur der erste Schritt auf dem Weg der demokratischen Metamorphose. Dadurch, dass das Parlament als Legislative seine Macht- und Kontrollfunktion innerhalb der Gewaltenteilung einbüßte, schuf es nunmehr ein Machtvakuum, welches zu füllen war. Hier gilt in staatlichen Systemen dieselbe Grundregel wie in der Biologie: Wird ein Biotop freigegeben, finden sich andere, die ihn für sich nutzen.
Im Falle der ausgehenden Parlamentarischen Demokratie ging der Weg über sogenannte Bürgerbeteiligung mit angeblich basisdemokratischen Elementen direkter Demokratie. Bürgerinitiativen und Volksabstimmungen wurden zu einer Konkurrenz der zurückweichenden Parlamente mit zumeist deutlich geringeren Mehrheitsquotenanforderungen als beim parlamentarisch-repräsentativen Prozess – vor allem aber mit der Freiheit, in personeller Zusammensetzung, inhaltlicher Zielsetzung und eingesetzter Kampagne gänzlich von den Grundregeln demokratischer Meinungsfindung und Mehrheitsbildung befreit zu sein. Der sogenannte Volksentscheid brachte es mit sich, dass nicht das Sachargument oder die fachliche Debatte über das Ergebnis entschied, sondern die Fähigkeit zur Popularisierung des jeweiligen Zieles Erfolg oder Misserfolg verantwortete. In einer Gesellschaft, die über ihre Proletarisierung auch die Wissenschaft vorrangig durch Randgruppenspezifika in den Sozialwissenschaften emotionalisierte, wurden die klassischen Gemeinwohlinteressen durch emotiven Populismus substituiert. Bundeskanzler Angela Merkel brachte dieses – vielleicht ungewollt – auf den Punkt, als sie das „postfaktische Zeitalter“ ausrief.
Die NGO als APO
Die Möglichkeit, politische Ziele ohne demokratische Legitimation seitens der Bevölkerung über die mediale Popularisierung entsprechender Themen zu erreichen, schuf etwas, das die Außerparlamentarische Opposition (APO) der Phase der Studentenproteste ersetzte und neudeutsch als „Non-gouvernmental Organisation“ (NGO) oder Nichtregierungsorganisation bezeichnet wird: Zusammenschlüsse von Vertretern singulärer oder komplexer Ziele, in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts insofern noch als „single/multiple issue groups“ bezeichnet.
Diese ursprünglich systemkritischen NGO wurden in den ersten beiden Dekaden des 21. Jahrhunderts zunehmend über staatliche Subventionierung selbst zu Institutionen der Gewaltenteilung, die mit der Legitimation durch staatliche Finanzierung einen den Parteien vergleichbaren Status erhielten, ohne wie diese an innerdemokratische Regeln gebunden zu sein. Als solche institutionalisierten undemokratischen Organisationen wirken sie heute unmittelbar und deutlich nachhaltiger und effektiver als die entmachteten Parlamente. Über den von ihnen organisierten Grad der Emotionalisierung der Bevölkerung wirken sie unmittelbar in das Exekutivhandeln hinein.
NGO propagieren ihre Ziele medial im außerparlamentarischen Raum in enger Kooperation mit in den Medien platzierten Verbündeten. Anders als klassische pressure-groups des parlamentarischen Lobbyismus agieren sie öffentlich, da hinter ihrem politischen Druck vorgeblich kein wirtschaftliches Interesse und damit keine Wirtschaftskraft steht. Vielmehr wirken sie in der Nachfolge jener früher den Kirchen und Religionen zugeordneten Jenseitigkeit, indem die von ihnen definierten, metaphysischen Wesensaspekte ihrer Ziele nicht minder „höhere“ Ideale verkörpern, deren Durchsetzung gegen tatsächliche oder aus marketingtechnischen Gründen erfundene Widerstände zum vorgeblich vorhandenen Willen einer breiten Bevölkerung stilisiert wird.
Somit wird das undemokratisch entwickelte „Issue“ von gut organisierten Minderheiten zum gesamtgesellschaftlichen, politischen Ziel gewandelt, welches angesichts der vorgeblich breiten Unterstützung wiederum unmittelbar in das Exekutivhandeln einfließt. Beispielhaft hierfür stehen der Atomausstieg und die sogenannte „Flüchtlingspolitik“, welche sämtlich ohne vorangegangene, gesellschaftlich-wissenschaftliche Debatte und ohne parlamentarische Beschlussfindung auf Basis temporär erzeugter Emotion exekutiert wurden. Aktuell findet sich dieses Vorgehen unter anderem bei den Themen Kohleausstieg und Verbot des Verbrennungsmotors, aber auch beim Dogma des sozialen Wohnungsbaus und der rechtsfern angewandten Asylpolitik als Instrument der Masseneinwanderung.
NGO sind die wahren Populisten
Das Geschäft der NGO ist unmittelbar gekoppelt an die öffentliche Popularisierung ihrer Machtziele, die nicht selten über die Skandalisierung vorgeblicher Missstände oder befürchteter Fehlentwicklungen geschieht. NGO sind die eigentlichen Meister des Populismus. Sie nutzen bei der Durchsetzung ihrer Ziele in konsequenter Fortsetzung der in der Phase „direkter Demokratie“ gewonnenen Erfahrungen jenen Emotionsaspekt, der zwecks Manifestation als Bürgerwille gern durch nicht selten pseudowissenschaftliche „Erkenntnisse“ unterlegt wird. Jene „Erkenntnisse“ werden in der Tradition marxistischer Dialektik als unanfechtbar behauptet, woraus die Unabwendbarkeit des deklarierten Zieles herzuleiten sei. Eine sachorientierte Diskussion ist somit nicht nur unerwünscht – sie wird vielmehr emotiv als moralisch unzulässig abgewertet und auf diesem Wege verhindert, da sie zur Voraussetzung hätte, die (pseudo)wissenschaftlichen Erkenntnisse auf ihren tatsächlichen Sachhintergrund hinterfragen zu müssen.
Insofern bedarf die Vorgehensweise der NGO auch nicht des Arguments – sie ersetzt dieses durch emotional gesteuerte Behauptung des Guten. Damit findet sie den Schulterschluss mit dem entsprechenden, menschlichen Bedürfnis, „Gutes“ zu tun, also das eigene Gewissen dadurch zu beruhigen, einer vorgeblich höheren, über die eigene Bedeutung hinausgehenden Aufgabe zu dienen.
Das wiederum erklärt, weshalb NGO ein ausschließlich in Wohlstandsgesellschaften anzutreffendes Phänomen sind: Die unbewusste Erkenntnis, dass es dem Menschen in der Wohlstandsgesellschaft vorgeblich unverdient besser geht als jenem, der in den Slums Asiens oder Afrikas aufwächst, sucht nach emotionalem Ausgleich (klassisch als Gewissensberuhigung bezeichnet), ohne dabei den eigenen Wohlstand grundsätzlich in Frage stellen zu müssen.
NGO und die mit ihnen verbündeten Medien bedienen diese individuelle Suche nach emotionalem Ausgleich über das Definieren von gesellschaftlichen Auffassungen (neudeutsch: „Framing“) und das Schaffen von Begriffsstereotypen („Branding“), welche gemeinsam als „Haltung“ positioniert werden. „Haltung“ definiert dabei einen durch die Institutionen kollektiv behaupteten gesellschaftlichen Konsens, welcher sich dadurch auszeichnet, die emotionalisierten Ziele jenseits parlamentarisch-demokratischer Entscheidungsfindungsprozesse absolut zu setzen. NGO leben insofern von der psychologisch als Ersatzhandlungen zu verstehenden Unterstützung jener, denen die Konsequenz einer im Sinne ihrer Emotionen notwendigen, radikalen Abkehr von ihrer Lebenswirklichkeit unzumutbar erscheint. Die Bereitschaft der Bürger wird hierbei durch flankierende Erzählungen („Narrative“) ergänzt, welche Framing und Branding in einen scheinkomplexen Zusammenhang des Unvermeidbaren betten. So wird erreicht, dass das NGO-Issue den Absolutheitscharakter des Unwidersprechbaren erhält: Die Alternativlosigkeit des zu früheren Zeiten und in entsprechend ausgerichteten Gesellschaften bis heute als gottgewollt-unvermeidbar deklarierten Anspruch der Ewigkeit.
Die Spaltung der Gesellschaft
Absolutheitsanspruch funktioniert ausschließlich auf der Grundlage von Ausgrenzung: Das „Wir“ als die absolut Guten gegen das „die anderen“ als die absolut Schlechten.
In der aktuellen Situation der Bundesrepublik der ausgehenden zweiten Dekade des 21. Jahrhundert definiert das institutionelle Framing jenes Schlechte mit der Inflationierung des Begriffs „rechts“. „Rechts“ steht nunmehr nicht wie ursprünglich für eine inhaltliche Positionierung auf dem liberalkonservativen bis reaktionären Flügel des Parlaments, sondern bezeichnet alles, was sich außerhalb des als „Haltung“ definierten Rahmens, welcher sich selbst wiederum als „links“ versteht, verortet wird.
Da das institutionalisierte Framing ständig neue und weitere Lebensbereiche erfasst, wird notwendig die Zahl jener, die sich zumindest partiell außerhalb des als „Haltung“ bezeichneten Rahmens bewegen, kontinuierlich größer. Das organisiert angesichts der vorsätzlichen Sprachlosigkeit zwischen jenen, die als Vertreter der Institutionellen Demokratie innerhalb des Systems “Haltung beweisen“, und jenen, denen als außerhalb des Systems agierend „Haltung“ abgesprochen wird, die Spaltung der Gesellschaft in Haltungs-Konformisten und Non-Konformisten – eine Spaltung, die, sollte sie nicht überwunden werden können, sich in bürgerkriegsähnlichen Aktionen Ventile schaffen kann.
Die Rolle der Judikative als Legislativorgan
Nicht unbeachtet bleiben darf bei der Metamorphose der auf dem Repräsentationsgedanken basierenden Parlamentarischen Demokratie zur Institutionellen Demokratie die Rolle der ursprünglich dritten Gewalt als Judikative. Hier ist nicht nur, aber insbesondere auf der Ebene der Verfassungsgerichtsbarkeit festzustellen, dass zunehmend mehr Richter über eigene legislative, mehr noch aber exekutive Karrieren verfügen. Auf die Rolle der Wahlausschüsse bei dieser Entwicklung wurde bereits hingewiesen.
Die Folge dieser über die Personen organisierten Exekutivbindung ist der Verlust der ursprünglichen Neutralität im Sinne absoluter Unabhängigkeit von den anderen institutionalisierten Gewalten. Deutlich erkennbar wird die Aneignung ursprünglich ausschließlich legislativer Privilegien durch die Gerichte immer dann, wenn deren Urteile sich nicht auf die Begründung der Zustimmung oder Ablehnung zu einem Antrag beschränken, sondern – mittlerweile die Regel – politische „Handlungsempfehlungen“ geben, welche vom Gesetzgeber zu berücksichtigen seien, wolle man eine künftige Überprüfung durch das Gericht positiv bestehen.
Die Judikative schlüpft folglich mittelbar in die Rolle des Gesetzgebers – eine Aufgabe, die ihr als unabhängiges Kontrollorgan keinesfalls zusteht. Die Möglichkeit, dieses zu tun, basiert ähnlich dem Erstarken der NGO zu staatlich-institutionellen Mitspielern auf dem Machtvakuum, welches die Parlamente als heute weitgehend aus der Exekutive gesteuerte Legislative zugelassen haben.
Insbesondere das höchste deutsche Gericht beteiligt sich maßgeblich an der Definition von „Haltung“ ebenso wie an der Umwandlung der Repräsentativen in eine Institutionelle Demokratie. Beispielhaft sei hierfür jenes Urteil benannt, welches das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der NPD sprach. Statt, wie es seine Aufgabe gewesen wäre, anhand einer vorliegenden Beweislage über das Verbot dieser Partei zu entscheiden – was unumgänglich wäre, so die Verfassungsfeindlichkeit festzustellen wäre – verlagerte das Gericht seine Verantwortung als Auftrag auf jenes zunehmend weniger eigeninitiativ agierende Parlament, welches aufgefordert wurde, durch Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung an die Stelle des Parteienverbots zu treten.
Das Parlament entsprach der Aufforderung und dokumentierte damit gleichzeitig eine weitere Phase in der Metamorphose der Demokratie. Denn es traf nunmehr die definitive Unterscheidung in Parteien mit institutionellem Status – jene, die sich selbst über die Parteienfinanzierung dazu machen – und jene ohne einen solchen Status, weil sie von der staatlichen Subventionierung abgekoppelt werden. Künftig haben daher Parteien nur noch die Wahl, sich entweder als systemkonform im Sinne der „Haltung“ zu präsentieren – oder auf die institutionalisierende Parteienfinanzierung zu verzichten.
Die Weiterentwicklung zur Rechtsdiktatur
Wie sehr die Metamorphose zur Institutionellen Demokratie bereits fortgeschritten ist, in welchem Umfange die Institutionen ihren ihnen ursprünglich zugewiesenen Handlungsrahmen verlassen haben – und wohin sie in der Endstufe führen wird – zeigen einige aktuelle Geschehnisse.
So meldete die Süddeutsche Zeitung am 27. August 2018, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erwäge, „Erzwingungshaft“ gegen Politiker zu verhängen, sollten diese nicht bestimmte Ziele aus dem NGO-Sektor in die Tat umsetzen. Damit verlässt die Judikative definitiv ihre auf Kontrolle der beiden anderen Gewalten beschränkte Funktion und geht dazu über, nicht nur in die Legislative gesetzgeberisch hinein zu wirken, sondern auch noch die Funktion der Exekutive zu übernehmen.
Ähnliche Konstrukte sind international gegenwärtig beispielweise aus dem Iran bekannt, in dem ein als „Wächterrat“ deklariertes, institutionalisiertes Gremium gleichzeitig als Legislative, Judikative und Exekutive agiert. Somit wird nun auch in der Bundesrepublik Deutschland der Rechtsstaat durch das Rechtsdiktat ersetzt, indem die Judikative gezielt Aufgaben der Legislative und der Exekutive an sich zieht oder diese nach dem politischen Willen der Judikativvertreter instrumentalisiert.
Die Metamorphose von der Repräsentativen, Parlamentarischen Demokratie über die Institutionelle Demokratie hin zur Rechtsdiktatur scheint sich dabei nicht nur der aktiven Flankierung durch Vertreter des linken politischen Spektrums zu erfreuen, welche insbesondere als „grüne“ Partei beständig Verbotskonzepte zur unmittelbaren Verhaltensbeeinflussung der Bevölkerung generieren – auch Angela Merkel hat in ihrem Sommerinterview mit einem bemerkenswerten Satz ihr rudimentierendes Demokratieverständnis dargelegt.
Sie befand: „Wenn diese Unabhängigkeit der Institutionen im Lande nicht mehr gewahrt wird, dann wäre die Demokratie nicht mehr vollständig. Deshalb muss da aufgepasst werden. Wir haben Gerichtsentscheidungen zu respektieren. Hier darf nichts ins Rutschen kommen.“
Des Weiteren müsse, so die Frau Bundeskanzler, „in der Sprache sehr darauf geachtet“ werden, dass die Institutionen und ihre Unabhängigkeit geachtet würden. Demokratie sei mehr, als dass nur irgendwie jemand eine Mehrheit bekomme. Explizit nannte Merkel dann den Schutz von Minderheiten, die Pressefreiheit, unabhängige Gerichte sowie „Demonstrationsmöglichkeiten“ – wobei sie zwischen „Demonstration“ und „Möglichkeiten“ spürbar zögerte. Letzteres ist insbesondere deshalb bemerkenswert, weil das Grundgesetz ausdrücklich von „Demonstrationsrecht“ als Bürgeranspruch spricht – nicht von „Demonstrationsmöglichkeit“ als einem nach Ermessen der Obrigkeit zu erteilenden Gnadenakt.
Von der „vollständigen“ zur unvollständigen Demokratie
In diesem Zusammenhang erklärt sich dann auch jene interessante Formulierung von der Demokratie, die nicht mehr „vollständig“ sei, sollte die „Unabhängigkeit der Institutionen“ nicht gewahrt werden. Jenseits dessen, dass diese „Unabhängigkeit“ im Sinne des Montesquieu längst nicht mehr vorhanden ist, impliziert Merkels Formulierung, dass für sie Demokratie selbst dann immer noch ist, wenn sie nicht mehr ist. Denn mit der Demokratie verhält es sich wie mit der Schwangerschaft: Ein bisschen geht nicht. Entweder ganz – oder gar nicht.
Wovon Merkel spricht, wenn sie die Vorstellung einer unvollständigen Demokratie als Möglichkeit in den Raum stellt, deutet sie an. Es geht um die Unabhängigkeit „dieser“ Institutionen, an denen mit deutlichen Worten Kritik zu üben nicht kommod ist – also um jene staatlich geschaffenen und geförderten Instrumente der Machtausübuung, welche im Sinne der „Haltung“ staatskonform agieren. Nicht mehr die Freiheit und Unabhängigkeit des Bürgers bestimmt das geltende Demokratieverständnis im Bundeskanzleramt, sondern die „Unabhängigkeit“ der Institutionen. Doch unabhängig wovon, wenn die Gewaltenteilung ohnehin überwunden ist?
Das wiederum macht der konkrete Anlass der Merkel‘schen Formulierung und der Hinweis auf die Unzulässigkeit von Kritik deutlich: Diesen konkreten Anlass gibt das jedwedem Bürgerverständnis Hohn sprechende, gleichwohl im Sinne geltenden Rechts zulässige Urteil des Münsteraner Oberverwaltungsgerichts zur Causa „Sami A.“.
Der Institutionenstaat
Das bundesrepublikanische Regierungssystem ist im Verständnis seiner führenden Vertreter heute nicht mehr eines, welches über den Weg der Repräsentation auf Volkswillen basiert, sondern eines, welches sich über die Ziele, Handlungen und Interpretationen seiner Institutionen definiert. Der politische Wille des einzelnen Bürgers findet seinen Weg in das Exekutivhandeln nur noch über den Weg durch die staatssichernden Institutionen – als Parteien, NGO, Gerichte. Als Lobbygroup wiederum dürfen nur Gruppen agieren, welche als NGO über die staatliche (Ko)Finanzierung entweder unmittelbar subventioniert oder durch finanzierende Auftragserteilung institutionalisiert werden – beispielhaft seien hier jene im Zuge des staatlichen Internet-Spitzelsystems institutionalisierte Amadeu-Antonio-Stiftung, die Vereinigung von Medienaktivisten mit nicht-deutschen Wurzeln namens „Neue Deutsche Medienmacher“, aber auch jene „Bertelsmann-Stiftung“ genannt, welch letztere maßgeblich die Ausrichtung der Migrationspolitik zu verantworten hat.
Dieses System funktioniert nur, wenn die staatlich zu autorisierenden Institutionen über eine jeweils kollektive Identität mit entsprechendem Selbstverständnis und scheinbar klar erkennbaren Durchsetzungszielen verfügen, die ihnen die Institutionalisierung als Gruppenvertretung zwecks Beinflussung bis Mitwirkung bei Regierungsentscheidungen und in die Bevölkerung hinein ermöglicht und sie als Institutionen den Anspruch erwerben lässt, innerhalb der Institutionellen Demokratie mitwirkungsberechtigt zu sein. Individualinteressen sind grundsätzlich durch das Kollektiv der Institution zu filtern und, so die Institution deren Berechtigung anerkennt, zu vertreten – andernfalls sind sie irrelevant und mangels Lobbygroup jenseits der Wahrnehmungsschwelle.
Über der Identität der institutionalisierten Kollektive schwebt die „Haltung“ als gemeinsame Suprakollektividentität, welcher sich alle staatlich anerkannten NGO und Gremien als Institutionen zu unterwerfen haben. Die Institutionen dürfen an der Definition der staatlichen Ziele mitwirken – allerdings nur insoweit, als sie die Idee der gemeinsamen, übergeordneten Identität der Institutionen innerhalb der Institutionalisierten Demokratie nicht in Frage stellen, also „Haltung bewahren“ bzw. systemkonform handeln. Hierbei wird die Konformität inhaltlich derzeit noch durch die beiden verbliebenen, um die finale Deutungshoheit ringenden traditionellen Gewalten Exekutive und Judikative definiert, wobei deren Ablösung durch das vordemokratische Diktat der NGO bereits auf den Weg gebracht ist.
Die NGO als Räte
Tatsächlich handelt es sich bei dieser Entwicklung weder um eine bundesdeutsche Singularität noch um ein politiktheoretisches Novum.
Der Blick auf die Organisation der Europäischen Union zeigt, dass dort die Kernelemente der Institutionellen Demokratie von vornherein installiert wurden. Das Europäische Parlament ist in vielerlei Hinsicht nur ein Ablenkungsmanöver, während die eigentlichen Entscheidungen in den Kommissionen und auf Exekutivebene ohne demokratische Kontrolle fallen. Die Bundesregierung passt insofern das System der Bundesrepublik lediglich dem EU-Modell an.
Auch die Ablösung der unmittelbaren Bürgermitwirkung, gleich ob ursprünglich über Repräsentation bei der Wahl von unabhängigen Wahlkreisabgeordneten oder durch Elemente „direkter“ Demokratie gewährleistet, über das Etablieren einer Filterinstanz ist kein unbekanntes Kriterium. Allerdings hießen die analog den NGO zu verstehenden Institutionen in den entsprechenden Regierungssystemen seinerzeit „Rat“ – und organisierten in ähnlicher Weise zum einen die Platzierung der „Frames“ im Volk, wie sie andererseits individuelle, nicht der Haltung entsprechende Bürgerwünsche herausfiltern und in die Irrelevanz verbannten.
Vorwärts in die Vergangenheit
Was wir gegenwärtig in der Bundesrepublik erleben, ist eine moderne – weil unblutige – Form der Umwandlung einer repräsentativen Demokratie in eine Räterepublik, in der die Funktion der Räte durch die NGO wahrgenommen wird.
Hinsichtlich der in einem solchen System unverzichtbaren „Haltung“ streiten die Institutionen derzeit noch um ihre jeweilige Deutungsrelevanz. Nachdem die Parlamente sich bereits aus diesem Prozess verabschiedet haben, stoßen NGO und Gerichte in das entstandene Vakuum als zur Exekutive konkurrierende Gewalten. Dabei deutet sich zumindest in einigen der aktuellen Fälle eine enge inhaltliche Übereinstimmung der Zielkoordinaten beider Institutionen an – weshalb am Ende des Prozesses durchaus eine durch emotive Zielperspektiven gesteuerte Rechtsdiktatur stehen kann.
Neu wäre ein solches Gesellschafts- und Regierungssystem tatsächlich nicht. Es wurde in vielfältiger Form durchgetestet – bis im Europa der frühen Neuzeit Denker wie Montesquieu neue Wege der Überwindung des unwissenschaftlichen Meinungsdiktats aufzeigten. Wege, deren Protagonisten jedoch irgendwann die Kraft fehlte, für diese zu kämpfen, und die so den Weg frei machten für jenen derzeit ablaufenden Prozess eines überzeugten „Vorwärts in die Vergangenheit“!
Lieber Herr Spahn, liebe Redaktion,
erst heute gelesen – danke für diese analytische Erhellung und die gedankliche Tiefenarbeit, die Sie, Herr Spahn hier leisten – muss ich speichern und ausdrucken. Einfach nur WOW!
Eine geradezu erschütternde und schonungslose Analyse der untergehenden Bundesrepublik. Für mich eines der besten deutschen Presse-Artikel des laufenden Jahre 2018. Schade, dass dieser Artikel selbst hier nicht die Aufmerksamkeit bekommen hat, die er Verdient gehabt hätte.
Wer ein vorhandenes System verändern oder gar zerstören will, muss es bis ins kleinste Detail verstanden haben. Dieser Artikel bietet die hervorragende Grundlage dazu. Ich hoffe inständig, dass dieser Artikel noch in anderen Medien erscheint.
Absolut brillant seziert, Herr Spahn!
Ein Artikel, der in seiner schonungslosen Konsequenz erst mal verdaut werden muss. Denn er offenbart, wie und warum die Demokratie in Europa zur Demokratiesimulation verkommen, die Gewaltenteilung de facto ausgehebelt worden ist und wieviel Arbeit man letztlich leisten muss, um dieses fatale Konstrukt zu entwirren.
Das es in Europa längst nicht mehr um den individuellen politischen Einfluss eines jeden Bürgers geht, ist offensichtlich. Die richtige „Haltung“ ist, wie Sie korrekt beschreiben, der Schlüssel, um überhaupt erst zur „demokratischen“ Mitbestimmung zugelassen zu werden. Und diese Haltung wird dann auch noch über nicht demokratisch legitimierte NGOs medial ins Volk implantiert.
Was kommt dabei heraus? Der selbstverantwortliche und selbst denkende Bürger als wertvolles Mitglied eines Systems gegenseitiger geistiger Befruchtung, um den optimalen Konsenz zu finden?
Nein, im Gegenteil: Dieses System fordert und fördert Mitläufertum.
Für die Meinung von Mitläufern interessiert sich jedoch außerhalb der obersten Führungsriege kein Mensch, was wiederum unzweifelhaft den Weg in die Diktatur ebnet.
Ich werde ihren Artikel abspeichern und mir Gedanken dazu machen.
Ich hoffe inständig, ich bin nicht der Einzige…
Nein, Sie sind nicht der Einzige. Das ist der zweite Artikel, den ich mir runtergeladen habe (bisher „Staatsverwahrlung“ von Herrn Goergen), weil er soviel „Wucht“ hat. Verteilen Sie ihn doch auch per Mail! Vielleicht regt es andere auch zum Nachdenken an! Und vielleicht wählen dann ein paar mehr Menschen bei der EU- Parlamentswahl Parteien, die die Nationen, und nicht den EU- Kraken, stärken. Grüße
@Jasmin
Sehr gut. Sehe ich auch so. Mich beschleicht die Befürchtung, dass das derzeitige System, sofern es denn plötzlich zusammenbrechen sollte (was nicht unwahrscheinlich ist, da der Machtwechsel rabiat verhindert werden soll), nicht in der Lage sein wird, sich selbst zu stabilisieren,
Ein Machtwechsel ist gewünscht, der Zusammenbruch des gesamten Apparates wäre aber fatal. Darum braucht es schnell einen Notfallplan und genug schlaue Köpfe, die daran mitarbeiten.
Hochinteressanter Artikel, lieber Herr Spahn! Über den Parteienstaat wären wir demnach schon hinaus, abgelöst von der Institutionellen Demokratie auf dem Weg zur Räterepublik …
Das erklärt die Ohnmachtsgefühle vieler Bürger, die wählen können, was sie wollen, ohne dass sich was ändert … die Vernachlässigung von Sachargumenten zugunsten „guter“ Gefühle … die moralische Überlegenheit der Wortführer mit der Jagd auf alle Andersdenkenden … die Reformunfähigkeit und Erstarrung des ganzen Systems … Da kann einem wirklich angst und bange werden. Wo bleibt nur Herr Goergens Lawine?
Vielen Dank, lieber Herr Spahn, für diese aufschlussreiche und genaue „Umwandlungsgeschichte“. Was man als politisch interessierter Bürger seit längerem – nicht zuletzt wegen der Lektüre von TE, Ach gut. u.a. – als dumpfe Ahnung wahrnimmt, artikulieren Sie mehr als deutlich und macht die leise Hoffnung auf ein kleines Wunder zunichte. Es steht zu befürchten, dass sich die verhängnisvolle Entwicklung eigentlich gar nicht mehr aufhalten lässt und in einer Katastrophe enden wird. Leider interessiert das einen großen Teil derer, die hier schon länger leben überhaupt nicht, und das macht zusätzlich mutlos.
Es haben über Jahrtausende einzelne Clanchefs, Fürsten etc. über die Menschen bestimmt und die Menschen haben sich dabei doch beständig weiter entwickelt. Jeder „Chef“ oder Fürst hatte ein Interesse daran, dass Existirende zu erhalten und zu mehren. Wer zu seinem „Volk“ sehr schlecht oder ungerecht war, erhielt keine Loyalität der Untertanen und wurde dann häufig überfallen und umgebracht/abgesetzt.
Wohin nun hat uns das Diktat der Untertnen gebracht? Es wird nichts mehr erhalten, das Volk erhält „Glasperlen“ (Mütterrente etc.) und verhält sich wie die „Wilden“ – es hält loyal zu den Glasperlenspendern.
Ganz ehrlich? Da wären mir viele Fürsten bedeutend lieber als diese „demokratische“ Regierung.
Früher wurde man auch nur Ketzer genannt, wenn man der Gesinnungsdiktatur Rationalität entgegensetzte. Heute ist man Nazi.
Zur Zeit der Aufklärung war es bei weitem nicht mehr so gefährlich, ein Ketzer zu sein, wie ehedem. Die Macht der Kirchen (und der Einfluss der Religion) war bereits ohne staatsphilosophische Untermauerung stark geschrumpft. Der Geist der Rationalität hatte sich sogar innerhalb der Kirchen verbreitet, wo er ja mit der Scholastik auch wiedergeboren worden war. Lange nachdem die frühe Kirche ihn ursprünglich ausradiert hatte, versteht sich.
Heute befinden wir uns wieder in der frühen Phase des Glaubensstaates bzw. der Glaubenszivilisation. Ich fürchte, nun wird es mit dem Glaubens/Gesinnungsstaat erstmal so richtig losgehen. Wann die Rationalisten wieder damit beginnen können, ihr Stimmchen zu erheben, kann niemand absehen.
Wer meint, eine Theokratie (oder ein Glaubensstaat im weiteren Sinne, z.B. ökoreligiös, antifaschistisch), wäre in einer hochtechnologischen Zivilisation nicht möglich, liest eindeutig zu wenig Science Fiction. Das geht. Vielleicht bringt uns die grüne Rassenideologie nun jene Jahrhunderte oder Jahrtausende der abergläubischen Finsternis, gegen deren braune und rote Protagonisten sich die Rationalität noch verteidigen konnte.
Es geht um weit mehr als die Frage, ob Deutschland endgültig ein totalitärer Staat wird oder eine Demokratie bleibt. Dies ist ein Glaubens- und Kulturkampf, der im gesamtem Westen tobt. Es geht nicht um die Staatsform einzelner Staaten, es geht um die Paradigmen des kommenden Zeitalters.
Die Aushebelung der Gewaltenteilung durch die institutionelle Verzahnung wurde schlüssig dargestellt, danke. Ebenso die Übermacht der Parteien im politischen Betrieb.
Elemente der direkten Demokratie auf Bundesebene (Referenden) wie in der Schweiz wären ein sinnvolles Korrektiv. Das politische System der Schweiz mit seiner starken Betonung von Kollegialität und Subsidiarität erscheint nachahmenswert.
Der starke Einfluss von NGOs auf die Politik sollte transparent gemacht und teilweise eingeschränkt werden. Gegen karitative Stiftungen ist nichts einzuwenden. Gefährlich wird es, wenn private Stiftungen mit viel Geld die öffentliche Meinungsbildung beeinflussen. Überwiegend abzulehnen ist die finanzielle Förderung von willfährigen NGOs durch die öffentliche Hand. Dies führt zum Nepotismus. Im Extremfall werden Steuergelder für Propagandazwecke missbraucht.
Mit einer Räterepublik sind die genannten Missstände aber nicht zu vergleichen. Die Räte wurden immerhin direkt gewählt und sollten die einfachen Leute vertreten. Solch ein System wäre heutzutage in einer komplexen, arbeitsteiligen Gesellschaft schlichtweg nicht praktikabel. Deshalb ist es im Dunkel der Geschichte verschwunden.
Lieber Herr Spahn, ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen für die schwer verdauliche Kost danken kann. Ihre sehr ausführlichen Ausführungen füllen 12 A4-Seiten. Es sind aber nicht die 12 Seiten, die Wirkung zeigen, es ist der Inhalt.
Sie zeichnen sehr detailliert auf, wie das Land Schritt für Schritt an einen wohl eher steilen Abgrund geführt wurde und die große Mehrheit in dem Glauben ließ, dass alles gut ist, sogar noch besser. Kein weißer Ritter bringt Hilfe. Ein Entrinnen von dem eingeschlagenen Weg scheint nur gewaltsam möglich. Doch Parlament und wählende Bevölkerung sind quasi aus dem Rennen. Wahlen bewahren nur noch den Anschein einer Repräsentativen Demokratie. Wer also soll das Unabwendbare aufhalten? Muss Deutschland wieder wie vor über 70 Jahren von externen Kräften gerettet werden? Die einzigen, die das könnten, werden sicherlich nicht zum 3. Male ihre Jugendlichen dafür opfern. Sie werden zu Recht sagen: genug ist genug!
Und der Ausblick auf eine Rechtsdiktatur ist aus meiner Sicht nicht besonders wünschenswert. Dagegen schützt nur hohes Alter…
Sorry für die 12 Seiten – aber manche Dinge sind leider zu komplex, um sie auf 2 oder 4 Seiten einzudampfen. Und als Serie hätte es hier auch nicht funktioniert, weil die Verknüpfungen zu unmittelbar sind.
Insofern Dank dafür, dass Sie sich die Zeit genommen haben, den Text trotz seiner Länge zu lesen. Auch wenn ich Sie mit dem „Verdauen“ allein lassen muss.
Ich als Mensch mit „hohem Alter“ fürchte da schon eher eine Linksdiktatur.
Sie kennen vielleicht auch die Vorhersage, von wem weiß ich nicht genau, „der neue Faschismus wird nicht sagen, ich bin der Faschismus, sondern ich bin der Antifaschismus.“
Eine wirklich hervorragende Analyse, vielen Dank dafür!
Leider bestätigt sie mich in einem Gefühl, das ich schon seit längerem habe: dieses Land ist nicht mehr durch ein paar Korrekturen oder eine Ablösung der Kanzlerin zu reformieren bzw. noch nicht einmal mehr auf den Boden der geltenden Gesetze und des Grundgesetzes zurückzuführen.
Und das spüren, wenn auch eher unbestimt und nicht so grandios herausgearbeitet wie in Herr Spahns Text, immer mehr Deutsche. Dieses Gefühl, als angeblich „höchster Souverän“ Entwicklungen ausgesetzt zu werden, die man nicht beeinflussen kann, sorgt inzwischen dafür, dass es im Kessel immer stärker brodelt.
Die „höchsten Souveräne“ dieses Staates sind nämlich inzwischen Gruppen wie die Deutsche Umwelthilfe, Pro Asyl, die Anti-Atomkraft-Bewegung, die Kirchen und Gewerkschaften sowie die – im Artikel deutlich zu kurz gekommene – Bertelsmann-Stiftung, die in den vergangenen 15 – 20 Jahren bei den Parteien mehrere Gesetze zum Schaden der Allgemeinheit, dafür aber zur Gewinnmaximierung ihrer diversen Arvato-Tochterfirmen, bestellt hat und von der Legislative auch wunschgemäß geliefert bekam.
Und weil es sowieso kein entrinnen gibt….
Die Institutionen finden es ja toll, wie gut sie zusammenarbeiten. Sie sind stolz auf sich, dass sie in „so schwierigen Zeiten zusammenstehen“.
Und jeder, der auch nur ein klein wenig abweicht, sei es Herr Seehofer oder aktuell Herr Maaßen wird medial fertig gemacht, so dass er einen Rückzieher machen muss oder aus dem Amt entfernt wird oder von den Medien dauerhaft lächerlich gemacht wird.
Der Beitrag arbeitet konsequent die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit
im politschen Geschehen unseres Landes heraus .
Er zeigt mit welch zerstörerischer Energie versucht wird das Bestimmende des Rechts
und das Überschaubare der wirklichen Demokratie durch die Beliebigkeit einer Art Pseudomoral zu ersetzen . Dank an Herrn Spahn .
Ich teile Ihre Einschätzung nicht ganz, denn wenn NGOen die Funktion von Räten einnehmen würden, so müßten die NGOen representativ sein. Aber nur ein ganz kleiner Teil der NGOen haben den Einfluß von Räten.
Ich erkenne eher eine Umwandlung in eine Theokratie.
Die NGOen mit Einfluß sowie Teile der Medien als auch Parteien etc., die mitspielen dürfe, eint eine durch moralische Werte geprägte Ideologie deren Werte religionsgleich mit einem Absolutheitsanspruch ausgestattet sind.
Das zentrale Element ist somit der „richtige Glaube“!
Man kann es daran erkennen, dass Gegenansichten ein einem Maße verfolgt werden, wie es Religionen mit Kätzern zu tun pflegten. Eine inhlatliche Diskussion der zu Grunde liegnde Werte findet deshalb auch nicht statt. Die Realität wird zugunsten einer eigenene „Wahrheit“ umgedeutet. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden auch dahingehend „gefiltert“, als dass diese nur als ein Pseudobeleg für die Richtigkeit der religösen Werte herangezogen werden.
Die an vielen Stellen geforderte Neutralität und Reflexiertheit werden durch religöse Haltungen ersetzt. Wissenschaftliche Erkenntnisse werde nur im Rahmen der Religion zugelassen und wahrgenommen.
Wir kannten das schonmal vor dem 30 Jährigen Krieg, als die Katholische Kirche die Meinungshoheit hatte, was „wahr“ ist und welche Überlegungen überhaupt erlaubt sind.
Das gälte nur, wenn Räte repräsentativ wären. Das sind sie aber zumeist nicht bzw. nur bezogen auf kleine Einheiten. Die haben wir im Übrigen auch schon längst: Finden sich häufig auf Kommunaler Ebene und setzten sich ihrerseits aus einer Mischung gewählter Politiker und nicht gewählter, von irgendwelchen Vereinen oder Organisationen entsandten Vertretern zusammen. Eigentlich sollten sie die Politik nur beraten – agieren aber häufig gänzlich losgelöst selbst als Beschlussorgane ohne jegliche demokratische Legitimation.
Es passiert einfach so. Natürlich gibt es Menschen, die von solchen Entwicklungen profitieren, und die dann dafür sorgen dafür, dass es weiter in diese (falsche) Richtung geht.
Aber langfristig betrachtet passiert es so, wie ein Ökosystem sich in längeren Zeiträumen verändert (ecological succession) oder wie Evolution geschieht: es passiert einfach. Man ist versucht, dem eine Absicht zu unterstellen („Gottes Wille“), aber den Akteur („Gott“) und seinen Willen gibt es nicht.
Es passiert, weil Macht die stärkste Droge ist!
Dass die Politikverweigerung auf höchster Ebene des Staates irgendwann teuer bezahlt werden muss, war schon immer klar. Bloß weil unsere Amtsverweser und Verwalter des politischen Konkurses nur noch zwischen Gerichten, NGOs und Lobbygruppen moderieren, bleibt die Welt ja nicht stehen. „Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder den Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk,“ schrieb Carl Schmitt 1927 zum „Begriff des Politischen“.
Die gesamte BRD ist eine NGO (s.a. Gabriel). Das GG eine Farce (https://dejure.org/gesetze/GG/139.html). Wann und wo hat es schon einmal „Volksabstimmungen“ (auf Bundesebene) in der BRD gegeben?! Wüsste auf Anhieb keine zu nennen. Es wäre wahrscheinlich sogar ein Verstoß geg. den Rechtsstatus der BRD-Regierung.
Herr Spahn, excellenter Artikel. Eine perfide Machtübernahme einer sich selbst bedienenden Clique. Manipulation und Betrug als Kernpolitik.
„Ähnliche Konstrukte sind international gegenwärtig beispielweise aus dem Iran bekannt, in dem ein als „Wächterrat“ deklariertes, institutionalisiertes Gremium gleichzeitig als Legislative, Judikative und Exekutive agiert.“
Haben wir auch. Nennt sich Merkel und „Gutmenschen“.
„Was wir gegenwärtig in der Bundesrepublik erleben, ist eine moderne – weil unblutige – Form der Umwandlung einer repräsentativen Demokratie in eine Räterepublik, in der die Funktion der Räte durch die NGO wahrgenommen wird.“
Quietschrote, unterdrückerische „Räte“. Es läuft auf eine neue Sowjet Hölle, wahrscheinlich „Öko“, hinaus.
Nicht umsonst hat Putin die NGOs in seinem Land zurückgedrängt und Trump ist aus etlichen UNO Vereinigungen ausgetreten.
Danke für die Lektion. Das sogenannte EU-Parlament ist vielleicht nicht als Ablenkungsmanöver konzipiert worden. Damals hatte man noch mehr als heute einen EU-Bundesstaat im Sinn, der zwar schon damals illusorisch war, für den man aber eine gemeinsame Gesetzgebungsinstitution einrichten wollte. Die Franzosen wollten eigentlich nicht, deshalb Strasburg. Sehr schnell war dann dieses sogenannte Parlament, das nie eines war, als wunderbare Pfründe für die Parteien erkannt und mit Bezahlung, Versorgung und Amtsausstattung ausgestattet. 751 MEPs ohne konkrete Arbeitsverpflichtung und ohne Verantwortung für irgendetwas, ausser im Sinne ihrer persönlichen Sponsoren aufzutreten.
Uff, Herr Spahn, schwerverdaulicher Stoff, den sie da abliefern. Die Tendenzen, die sie hier beschreiben, sind unverkennbar. Die deutsche Nachkriegsdemokratie, wie sie im Grundgesetz formuliert und erdacht wurde, ist bereits nach einer kurzen Blüte einer Bonner Republik gescheitert. Wie sehr das System bereits korrumpiert ist und in welche Richtung es sich aktuell entwickelt, haben Sie hier eindrucksvoll dargelegt. Meiner Meinung nach, sind es momentan ausschließlich die als rechte Populisten verschmähten Kräfte, die eine wirkmächtige Opposition gegen das korrupte System bilden können. Die Schwäche des Parteienstaates bzw. der sich daraus entwickelnden „Räterepublik“ liegt, wie bei in allen solchen Ansätzen, in der Annahme, man könne die Realität auf Dauer verdrängen und den gemeinen Lümmel, das Volk, dauerhaft für dumm verkaufen, wenn man die Propagandamaschinerie nur konsequent und in Dauerschleife laufen lässt. Tatsächlich lässt sich jedoch die Realität nicht aussperren und diese bestimmt auf Dauer das Bewusstsein der Beherrschten stärker, als es jede Propaganda vermag. Deren Abnutzungserscheinungen werden immer offensichlicher und tatsächlich ergreift die Gegenbewegung in immer mehr europäischen Ländern bereits nach der Macht. Diese populistische „Revolte“ wird vom Unmut der Bevölkerung gespeist, der sich wiederum aus der unweigerlich zunehmenden Diskrepanz zwischen von den Eliten behaupteter und tatsächlicher Realität ergibt. Wohin die populistische Revolte letztendlich führen wird, ob die Macht der Institutionen und „Räte“ gebrochen und sich die freiheitliche Demokratie wieder aufrichten kann – wir wissen es nicht. Alles was wir wissen ist, dass der gegenwärtige Weg nicht im Sinne eines freien und souveränen Volkes sein kann.
Ein sehr langer, aber auch sehr lesenswerter Artikel – danke
“ Der sogenannte Volksentscheid brachte es mit sich, dass nicht das Sachargument oder die fachliche Debatte über das Ergebnis entschied, sondern die Fähigkeit zur Popularisierung des jeweiligen Zieles Erfolg oder Misserfolg verantwortete. In einer Gesellschaft, die über ihre Proletarisierung auch die Wissenschaft vorrangig durch Randgruppenspezifika in den Sozialwissenschaften emotionalisierte, wurden die klassischen Gemeinwohlinteressen durch emotiven Populismus substituiert. Bundeskanzler Angela Merkel brachte dieses – vielleicht ungewollt – auf den Punkt, als sie das „postfaktische Zeitalter“ ausrief.“
Das kann man so einfach nicht stehen lassen, noch dazu mit einer, wenn auch ungewollten, „Kronzeugin“, die man hier als argumentative Stütze bemüht. Das ist unerträglich und muss zum Widerspruch herausfordern. Was bedeutet das, wenn man leichthin von einem „emotiven Populismus“ spricht, der irgendwas „substituieren“ soll ? Was betreibt diese „Kronzeugin“ denn eigentlich selbst ? Nichts anderes als genau diesen emotiven Populismus, dem neue, besonnene staatspolitische Denker etwas Konstruktives entgegenzusetzen haben. Und genau diese Rückkehr zum Sachargument erzeugt den Argwohn der Entlarvten, die argumentativ unüberwindliche Kriktik ihrerseits als üblen Populismus brandmarken. So wird ein Schuh draus, wenn man sich nun schon einmal die (durchaus ehrenwerte) Mühe macht, die Entwicklung der Gewaltenteilung unter die Lupe zu nehmen.
Ansonsten guter, hochdifferenzierter Artikel, der seinen richtigen Zeitpunkt erst noch finden muss. Das Bewusstsein ist leider noch lange nicht soweit. Und die sehr gut gewählte Metapher der Räterepublik muss auch erst einmal verstanden werden, das setzt historische Kenntnis und Bewusstsein voraus. Ohne revolutionäre Eruptionen wird eine breite Diskussion darüber nicht stattfinden. Was uns in naher Zukunft erwartet, wird ein Schlagabtausch durch Fakten sein, weil die Chance auf ein friedliches Aushandeln neuer Interessen längst vertan ist, der lange funktionierende gesellschaftliche Konsens alter bundesrepublikanischer Gemütlichkeit wurde aufgekündigt. Aber immerhin, ein Anfang ist gemacht.
Des langen Textes (kurzer) Sinn: Eine repräsentative, bürgerlich-liberale Demokratie kann nur funktionieren, wenn die Repräsentanten ( = Abgeordneten) UNABHÄNGIG entscheiden können. Alles andere mutiert zu Exekutiv-Ausschüssen aka „Räte“. Die Unabhängigkeit setzt wiederum voraus, dass die Abgeordneten nicht einer Ideologie unterworfen sind. Insofern haben wir uns in Deutschland schon sehr weit von einer Demokratie entfernt. Das Grundgesetz schützt uns leider nicht vor einer neuen Diktatur. Auch die Gewaltenteilung nicht, wieder wegen der nicht mehr vorhandenen Unabhängigeit (die Gerichte schalten sich derzeit den NGO gleich, „Selbstgleichschaltung“) . Da haben die Merkel-Spekulationen über eine “ unvollständige Demokratie“ einen gewissen Unterhaltungswert. „Nicht vollständig“ bezieht sich darauf, dass noch nicht „alle mitmachen“, also noch nicht alle kollektiv gleichgeschaltet agieren.
Eine hervorragende Zusammenfassung! Platon hat in Nomoi mehrere Voraussetzungen für ein funktionierendes Staatswesen genannt, u.a. „Es muss nämlich, wie ich meine, in einem Staate, welcher von der größten aller Krankheiten frei bleiben soll, welche man Aufruhr oder noch richtiger Spaltung nennt, weder der eine Teil der Bürger in drückender Armut, noch der andere in Reichtum leben, da jedes davon beides erzeugt, und so muss denn der Gesetzgeber nunmehr jedem von beiden eine Grenze setzen.“ Nun, wir beachten dies nicht -insbesondere bei der Globalisierung- und trotz „one men, one vote“ haben die heimatlosen Plutokraten dieser Welt viel zu viel Einfluss auf die Politik, gerne durch die von ihnen gesponserten NGO’s, die gesponserte Forschung, die Medien (siehe die Filter des Propagandamodells von Noam Chomsky), SuperPAC’s (USA) und die uns mundgerecht untergeschobenen play-for-pay „Kandidaten“, die besten, die im Rennen jeweils gefunden werden können, alles im Interesse der RoI der Geldgeber. Souveränität? Mitnichten, eher Feudalismus.
Platon als Kronzeuge anrufen! Da rate ich zur Vorsicht.
Den idealen Staat sieht Platon in der Herrschaft der Besten, synonym der Weisesten.
Mit Demokratie hat das nichts mehr zu tun.
Wobei wir darüber hinaus wieder bei einem elementaren Problem wären. Wer wählt aus? Wer legt fest?
In meiner unfassbaren Naivität ging ich über die Jahrzehnte davon aus, dass wir mit der Freien-Demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik eine Staatsordnung etabliert hätten, die über die bloße Demokratie, die, so sahen es die alten Griechen, immer in der Gefahr steht, zur Ochlokratie zu degenerieren, hinausreicht.
Freie-Demokratische Grundordnung bedeutete für mich eine Selbstbeschränkung der staatlichen Gewalt. Aber diese Selbstbeschränkung ist wohl jedem Menschen, insbesondere und um so viel mehr dem mächtigen Menschen, fremd. Zuviel verlangt. Wider die Natur.
Wir erleben in der freiesten Gesellschaft, die Deutschland je hatte, fortschreitend und immer schneller eine Überdehnung des staatlichen Gestaltungsanspruches und seiner Gestaltungsmacht.
Freieste Gesellschaft, so sagte man einmal.
Nun, nobody’s perfect, auch Platon nicht. Hier, und da hatte er wohl Recht, ging es mir um die aktuelle pekuniäre Manipulation (NGO’s, Forschung, Medien, Moden) gesellschaftlicher Wirklichkeit, durch big-money von Mitspielern, die nicht wirklich Teil der manipulierten Polis sind, die „ausgelagerten“ Plutokraten (Personen und Konzerne), die global player. Viele -auch wirklich- große Kulturen kamen und gingen, bei manchen ahnen oder wissen wir gar die Gründe. Wer das weiß, kann für die Begeisterung für die Kakophonie der Verfassungen nur ein müdes Lächeln haben, gerne wohlwollend. Einen zivilisatorischen (bitte nicht mit dem technischen verwechseln) Fortschritt kann es nur geben, wenn wir die Vergangenheit nicht verleugnen und nicht verleumden -das tut aber sowohl der Islam wie die Aufklärung-, sondern daraus lernen und darauf aufbauen: Stein auf Stein, so wird es was. Wer ist weise? Wer nicht aufhört zu lernen. Benedikt XVI hielt am 22.9.2011 eine kurze Rede vor dem Deutschen Bundestag, die ich für wesentlich halte. Einige rotgrüne Enkel der braunen Opas wollten sie sich nicht anhören, sie wissen es ja immer besser …
Herzlichen Dank für dieses Basisseminar. Man muss die Funktionsweise eines gesellschaftlichen Systems erkennen, um daraus eine adäquate Vorgehensweise abzuleiten. Meines Erachtens befindet sich Deutschland in einer veritablen Regierungskrise. Speziell der deutsche Aktienmarkt scheint dies einmal mehr zu antizipieren und preist eine mit Händen zu greifende Unsicherheit in die Kurse ein. Es erscheint wie eine Pointe der Geschichte, dass Chemnitz in all seinen Facetten der das Fass zum Überlaufen bringende Tropfen ist.
Ein schöner Beitrag.
Von den Grundlagen der Demokratie, über die Historie der demokratischen Ordnung in Deutschland, zu den NGOs.
In dieser Form „Demokratie“ zu vermitteln, „Demokratie stärken“, fände ich durchaus einige Millionen Euro wert und „gut angelegt“.
kleine Änderung: Alle Macht geht dem Volk aus.
Seit 2015 ist erkennbar, das GG ist gescheitert, die Funktionärskaste der Systemparteien ist der wahre Souverän und hat sich darüberhinaus zu Hofschranzen reduziert. Das Volk, das dunkeldeutsche Pack der schon länger hier lebenden Köterrasse, ist nur noch Staffage, unter dem Trommelfeuer der gleichgerichteten Systemmedien zu einer Herde von Duckmäusern reduziert. Wer da aus der Reihe tanzt wird sozial, wirtschaftlich, als Mensch liquidiert. Eine „Revolution“ wird es nicht geben, folglich taumeln wir der totalen Systemagonie entgegen. Der nächste wirtschafltiche Einbruch beendet das Einlullen der importieren Massen mit Geld, der blutige Krieg um die Reste ist zu erwarten.
Eine sher durchdachte und umfangreiche Ausarbeitung zu einem wichtigen Thema. Ich würde das Ganze noch weiter verschärfen.
Die Trennung von Legislative und Judikative ist in der Gesetzhebung heute weitestgehend aufgehoben. Wird ein neues Gesetz erlassen, dann heißt es; „da wird man sehen müssen wie die Gerichte entscheiden“. Der Gesetzgeber erläßt also nicht ein Gesetz um etwas zu regeln sondern er erläßt ein Gesetz, dass dann die Gerichte regeln sollen. Damit wird auch die repräsentative Demokratie geschwächt, weil der Bürger und seine Repräsentanten als Legislative ausgebootet werden und die Entscheidungsgewalt „alternativlos“ an die Judikative übertragen wird.
Noch schlimmer ist es, wenn Gesetze von Lobbyisten geschrieben werden, weil der Staat keine Fach- und Sachkompetenz auf dem entsprechenden Gebiet hat. Sprich, hier wird der Bock zum Gärtner gemacht.
Die „Strasse“ hat mittlerweile das Recht einzelne Personen ohne ein geregeltes Verfahren und ohne grundlegende Beweise zu ruinieren. Dazu genügt es einen hashtag ins Leben zu rufen. Auch wenn man hier glaubt besonders basisdemokraitsch zu sein, ist es eigentlich Lynchjustiz. Sicher gibt es Beispiele wo erst eine entsprechende öffentliche Entrüstung zur
Lösung eines Problems geführt hat, aber es bedarf immer eines geregelten Verfahrens.
Ansonsten ist der hashtag nichts anderes als eine mediale Hetzjagd, die aber den Anschein der besondern Demokratie trägt.
Zum einen ist das natürliche die Folge der vorhandenen Medien und dem Willen der Bürgerbewegungen, der NGOs mehr Einfluss zu haben, andererseits ist es aber auch das Ergebnis des Regelungs- und Regierungsunwillen der gewählten Repräsentanten.
Dank dem Autor Spahn für diese ausführliche Analyse, der ich, so weit ich es beurteilen kann, zustimme.
Echte WOT (wall of text), aber gut durchleuchtet, warum alles gefühlt so „falsch“ abläuft.
Aber anscheinend muß das System wirklich erst krachend scheitern, reformationsfähig scheint es nicht zu sein.
In Übrigen bin ich der Meinung, dass nicht nur Merkel weg muss.
Der verkündete Wahrheitsanspruch als metaphysische Größe (Zitat „emotional gesteuerte Behauptung des Guten“) rückt alles in die Nähe des Religiösen. „Wahrheit“ und „Güte“ müssen in dieser Optik gar nicht erst demokratisch legitmiert werden. So als habe Demokratie prinzipiell eine historische Zielrichtung, nämlich Wahrheit und Güte zu erlangen (seit wann?). Hier kommt bei den heutigen Akteuren die marxistische Sicht auf Geschichtsabläufe durch die Hintertür wieder herein.
Ungläubige werden einer Hexenverfolgung ausgesetzt, die sich notfalls eigener „Vollzugsorgane“ bedient, nämlich der Antifa. Noch ist die Schamgrenze gewahrt, so dass direkte Verbindungen oder gar Aufträge seitens anderer Gewalten nicht nachweisbar sind. Noch…
Kurzum: ein bizzarrer Religionskrieg inmitten einer subventionierten Landnahme durch den Islam. Naiv, wer glaubt, das bliebe für lange Zeit friedlich…
Der „Wahrheitsanspruch“ mag wohl beide begeistern:
Die „heutigen“ Akteure der marxistischen Sicht und die religösen Führer.
D‘accord, wobei diese sehr sanft verlaufende Entwicklung zurück nur dann so funktioniert, wenn die psychische und politische Verfassung des Souveräns dazu förmlich einlädt, wie es aus den bekannten Gründen in Deutschland und ansatzweise auch in anderen westlichen Ländern ( vorzugsweise aber nicht nur bei ausgeprägter protestantisch/ feministischer Ausrichtung ) der Fall ist. Dazu kommt in einigen Ländern, „ vorbildlich“ in Deutschland, eine Art Matriarchat, die in Verbindung mit den Projektionen auf die Matriarchin eine totale Entsachlichung oder Affektorientierung ohne emotionale Abwehrreflexe ( wie bei einem Mann ) ermöglicht und damit Alle an die Macht bringt, die antifaktisch agieren. Natürlich wäre unter diesen Umständen jeder Volksentscheid mehr als problematisch, unter anderen – nicht gewollten – Umständen aber -richtig ausgestaltet-demokratisch ebenso „alternativlos“ wie die Abschaffung der Listenwahl und die Rückführung der Parteien auf ihre zugewiesene Aufgabe. Zu spät. Der weitere Gang in die Räterepublik ist vorgezeichnet, offen sind nur noch mehr oder weniger wichtige Detailfragen ( wie weit gehen die Bevormundung, die Eingriffe in das Private und die Neukonstruktion, wie international wird es, wer konkret hat am Ende die totale Macht ? ), wobei die Rolle des ( betreuten )Untertanen klar ist.
Ein Großteil der Bundesbürger eignet sich optimal für die Umwandlung in eine Räterepublik. Die Helden können nicht einmal Zivilprozesse und Strafverfahren auseinander halten. Und so mancher Bundesbürger hält Rechtsanwälte in Strafverfahren für überflüssig, weil ihm unbekannt ist, das das Grundgesetz einem Beschuldigten einen Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt. Allgemein bekannt ist nur, das der Ober den Unter sticht. Ganz egal ob er Recht hat oder nicht. Deshalb stört sich auch kaum einer an der massiv beschädigten Gewaltenteilung. Denken ist nämlich vielen Bundesbürgern viel zu anstrengend. Für die besteht die Demokratie darin, alle vier Jahre ein Kreuzchen machen zu dürfen, was man in der DDR übrigens auch durfte. Es muss halt nur demokratisch aussehen.
Könnte zum Teil an der politischen Bildung in den Schulen liegen – auch sie unterliegt Institutionen und die haben kein Interesse daran, Wut- oder Mutbürger heranzuziehen.
Deutschland ist ein Fake-Staat.
– Es beachtet sein Grundgesetz nicht. Seine höchsten Richter fällen Urteile obwohl sie im Interessenkonflikt stehen.
– Es bewacht seine Grenzen nicht. Jeder darf sich auf seinem Territorium niederlassen.
– Es schützt seine Bürger nicht. Vielmehr findet hier der Rest der Welt einen Schutz.
– Es beraubt seine Bürger durch immer größere Abgaben und Steuern. Es gönnt ihnen nicht mal eine brauchbare Rente.
– Es klerikalisiert sich rapide. Zivilgesetze werden im Lichte der Kirchenregeln ausgelegt.
– Es betreibt eine Außenpolitik, die nichts mit den reellen Staatsinteressen zu tun hat. Die meisten offiziellen „Verbündeten“ sind es nur, solange das Geld aus Deutschland für undefinierte und nicht überprüfbare Zwecke fließt.
– Es duldet seine hohen Vertreter, die ihren Hass auf seine Kultur zum Ausdruck bringen und trotzdem nur weiter befördert werden.
– Es versemmelt das mühsam Erarbeitete für ideologische und imagepolitische Zwecke.
– Es versucht jede anderslautende Meinung, die laut genug wird, zu unterdrücken.
– Es polarisiert. Es spaltet. Es bevormundet.
Viele haben diesen Fake enttarnt. Sie wissen, wie das Original war. Sie wollen es zurück.
das schreit nach einer gemeinsamen
Bestandsaufnahme mit Herrn Goergen zum
Thema Parteteienstaat und zu seinem
Rückbau im ursprünglichen Sinn.
Herr Goergen stellt sich aber etwas anderes vor.