<
>
Wird geladen...
Herles fällt auf

Die Royals und der Präsident

19.05.2018

| Lesedauer: 2 Minuten
Monarchistische Bekenntnisse eines Republikaners: Die Monarchie ist nicht der Staat. Sie steht neben und über ihm. Die Deutschen dagegen verehren den Staat, ihren Leviathan. Er ist die höchste Instanz, der sie sich beugen, bedingungslos.

Heute heiratet die Nummer sechs der englischen Thronfolge eine bürgerliche Amerikanerin. Ein Sack fällt um, wenn auch ein sehr schöner. Weshalb schaut die ganze Welt nach Windsor? Spinnen nicht bloß die Briten?

I.

Staatsakte der britischen Monarchie kennen keine Aufmärsche und Festreden. Ihnen genügen Geburtstage, Hochzeiten, Scheidungen, Beerdigungen. Die Königin hält nicht Moralpredigten, sondern rigoros den Mund, wenn es um Politik geht.
Sie mischt sich nirgends ein. Sie ist bloß da. Das reicht völlig aus.
Transzendiert ins Royalistische wird so das Nationalistische erträglicher. Die Monarchie ist nicht der Staat. Sie steht neben und über ihm. Die Royals sind nichts Abstraktes. Das Land spiegelt sich in einer Familie. Das ist zwar nicht rational, aber menschlich. Die Deutschen dagegen verehren den Staat, ihren Leviathan. Er ist die höchste Instanz, der sie sich beugen. Das ist ein tiefer Unterschied. Und das ganze Elend.

II.

Die Briten sind Untertanen. Sind sie deshalb Demokraten zweiter Klasse? Das Gegenteil ist der Fall. Denn das Unterhaus ist ausschließlich mit direkt gewählten Abgeordneten besetzt. Regierung und Opposition sitzen einander auf Augenhöhe gegenüber. In Deutschland gibt es nicht einmal die Möglichkeit, im Parlament der Kanzlerin direkt und unzensiert Fragen zu stellen. Niemand zwingt den deutschen Regierungschef sich im offenen Schlagabtausch zu bewähren. Es gibt in Großbritannien keinen Kanzler/innenkult wie in Deutschland, wo Macht bewundert und ihr gehuldigt wird. In England ist Theresa May nicht Premierministerin von Queens Gnaden. In Deutschland verdankt die gegenwärtige Kanzlerin einem Präsidenten ihr Amt, den sie sich selbst ausgesucht hat.

III.

Der gegenwärtige Bundespräsident und seine Vorgänger, zwei davon früh verabschiedet, diese demokratischen Ersatzmonarchen auf Zeit, sind amtlich bestellte Klugscheißer. Dabei sind sie noch nicht einmal direkt gewählt. Steinmeier ist de facto Merkels Vizekönig, ein Oberhofschranze mit Amt und Würden.

Ich plädiere für die ersatzlose Streichung dieser Position. Solange er nicht direkt gewählt wird, sollte der Parlamentspräsident Staatsoberhaupt sein, da er doch den Souverän repräsentiert.

IV.

Nein, bitte hier nicht die Hohenzollern ins Spiel bringen! Wilhelm Zwo, der letzte und unerträglichste Kaiser, übrigens ein halber Engländer, war weder repräsentativ noch vorzeigbar. Er war ein psychisch beschädigter Mensch, der die falschen Werte vertrat: Militarismus und Untertanengeist. Aus Hass auf seine englische Mutter trieb er die Deutschen in den ersten Weltkrieg. Die Preußendiktatur war keine repräsentative Monarchie britischer Bauart.

V.

Britanniens Monarchie ist eine verschwenderische Show. Aber sie zahlt sich mehrfach aus. Als internationale Marke. Und mehr noch als Identifikationsmittel der Briten. Mehrere Nationen, ein Königreich. Wie kann eine Extraportion Glamour es zusammenhalten? Eben, weil da keine aufgeblasene Idee ist, sondern pure Emotion. Das Kingdom funktioniert als Soap. Die Royals vermitteln das (trügerische) Gefühl, weil es sie gibt, sei die Welt noch in Ordnung. Obwohl sich die königliche Familie durch keinerlei Verdienste qualifiziert, trifft sie nicht Neid und Missgunst des Volkes, wie sie unsere Präsidenten und Ex-Präsidenten begleiten.

VI.

Nationalismus in England: Ja, und wie! Da ist kaum jemand angekränkelt von den Menschheitsverbrechen der kolonialen Vergangenheit, niemand von Schuldgefühlen zermürbt – die kein Bundespräsident weihevoll schürt. Der Brite singt aus vollem Hals „Rule Britannia!” ohne schlechtes Gewissen. Die Last Night of the Proms ist ein grandioser, nationalistischer Hexensabbat in der Royal Albert Hall. Das Pathos ist gebrochen durch Witz und Selbstironie. Der Union Jack schmückt auch die Narrenkappe. Wir dagegen machen Fahne und Hymne zum Narren.

Unterstuetzen-Formular

WENN IHNEN DIESER ARTIKEL GEFALLEN HAT, UNTERSTÜTZEN SIE TICHYS EINBLICK. SO MACHEN SIE UNABHÄNGIGEN JOURNALISMUS MÖGLICH.

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

35 Kommentare

  1. Wenn die britische Monarchie tatsächlich so positiv ist, dann schlage ich vor, Mutti zur Kaiserin zu machen. Sie verhält sich ohnehin so.

  2. Richtig. – Wie man früher zu sagen pflegte:
    der Wunsch der Deutschen ist, hinter dem Schalter zu sitzen;
    das Schicksal der Deutschen ist, vor dem Schalter zu stehen.

  3. Nicht in allem kann ich Ihnen zustimmen. Aber an einer Stelle ganz gewiß: Das Amt des Bundespräsidenten ist überflüssig. Tatsächlich wäre ein Monarch (bei allen Vorbehalten) insofern ein Vorteil, weil er nicht nach Mehrheiten schielen und sich nicht nach der einen oder anderen Seite anbiedern müßte.
    Was unsere Bundespräsidenten anbetrifft: Vor Gauck hatte ich nach seinem „Dunkeldeutschland“- sowie dem „Die Eliten sind nicht das Problem, sondern die Bevölkerungen“-Ausspruch jeglichen Respekt verloren, und Frank-Walter hat sich in einer früheren Zeit zum Affen gemacht: https://www.youtube.com/watch?v=YXTHgmxft8c.
    Ich nehme an, daß sich die Queen dafür nicht hergegeben hätte.

  4. Wir laufen gerade den South-West-Coastal-Path in Cornwall und ich bin auf der Flucht vor dem Sack Reis. Alle Deutschen sitzen vor dem TV, die Cornies auf der Terrasse schauen Sonnenuntergang. Es lebe die Royal-freie Zone.

  5. >>Das Pathos ist gebrochen durch Witz und Selbstironie.<< Da die Deutschen die beiden letzten Eigenschaften nicht besitzen, kann sich bei uns auch kein gesunder Patriotismus herausbilden. Schonmal gemerkt, wie ein Deutscher reagiert, wenn man ihn nicht ernst nimmt, z. B. auf einen Streit nicht eingeht und das Lachen anfaengt? 😉

  6. Das ist doch eine sehr individuelle Sicht auf den von den Medien aufgepusteten Hype um die Hochzeit in der britischen Monarchie.
    „Die Monarchie ist nicht der Staat.“ Schreiben Sie, Herr Herles. Das trifft für die skandinavischen Monarchien zu – für die in Britannien nicht. Ohne die Monarchie hätte es das Empire nicht gegeben und das perfide Albion wäre schon lange implodiert.
    Dass 2/3 der Briten das Bohei um die Hochzeit komplett ignorieren – sollten Sie auch erwähnen.
    „Die“ Briten gibt es genauso wenig wie „die“ Deutschen. „Die“ und „Wir“ ist Begriffe aus der Propaganda-Sprache. Ich habe Ihren Artikel in die Kategorie „Satire auf TE“ eingeordnet.

  7. Diesem Artikel kann ich an genau einer Stelle zustimmen: Das Amt des Bundespräsidenten gehört abgeschafft, da mehr als amtlich bestellte Klugscheißerei in der Tat nicht statfindet. Die Sichtweise auf das Vereinigte Königreich finde ich dagegen ausgesprochen naiv. Ja, unseren unsäglichen deutschen Kanzler/innenkult haben die nicht (den hatten wir vor Merkel allerdings auch nicht), aber deshalb wird aus England noch kein Staat, in dem alles in Ordnung ist. Rotherham oder auch der bekannte Fall des Bacon Offenders sind lediglich zwei von vielen Beispielen für eine gesellschaftspolitische Schieflage, die Großbritannien vermutlich über kurz oder lang zum Implodieren bringen wird. Und was die Queen auf der einen und Willi Zwo auf der anderen Seite angeht: Letzterer war ein psychisch beschädigter Mensch (was jedoch nicht seine Schuld war, das sollte man nicht vergessen), der zum Teil eine desaströse Politik betrieben hat, das ist richtig. Aber dass er den 1. WK alleine von Zaun gebrochen hat, wird heute nicht mehr einmütig so gesehen, s. z.B. Christopher Clark, „The Sleepwalkers“. Erstere wiederum befindet sich in meinen Augen in einer unmöglichen Situation: Ein Staatsoberhaupt, das sich zu politischen Entwicklungen nicht äußern und nicht mal wählen darf. Das ist eines denkenden Menschen nicht würdig.

  8. Mal davon abgesehen, daß sie die Rolle Wilhelms II. im Kontext 1. WK ein wenig verzerrt darstellen, ist die Bindungsfunktion der Royals wirklich interessant. Die Forderung der Abdankung Wilhelms II. ging ja auch mit dem Glauben an die Bindungskraft der deutschen Monarchie und dem Kalkül daher, nach einer Abdankung werde das Deutsche Reich wieder so auseinanderfallen, wie vor der Reichsgündung und im Sinne des „Divide et impera“ vom Ausland und seinen Interessen gut beherrschbar sein. Das trat nicht ein und es hatten sich zusätzliche Bindungsfaktoren herausgebildet, gerade auch durch das Kriegserlebnis.

    Nur gelingt es Ihnen leider kaum, die Einmaligkeit der schillernden Marke Windsor wirklich herauszuarbeiten. Britannien ist in Teilen in weniger Widersprüche und in anderen Teilen in mehr Widersprüche verwickelt als D. Das betrifft die kulturellen Widersprüche wie auch die regionalen. Der Separatismus ist stärker und virulenter als in D. Da schafft die Krone keine Bindung, die in „Welt der Frau“, Lifestyle-Publikationen und im ausländischen Feuilleton stärker ist als vor Ort. Die Hochzeit ist jedoch als Event in der Dramaturgie ein faszinierndendes Phänomen, an das sich selbst Discounter hängen. Westwing will „das Geheimnis des Stils der Royals “ feiern. Das Spezifische bleibt jedoch im beliebigen Konsummarketing verborgen.

    Britische Freunde sind zudem ganz stolz darauf, mit dem versnobbten Chauffeur der Queen befreundet zu sein, was die Beutung der Krone für den britischen Lifestyle betont, mich aber verwirrt. Aber ohne das Symbol der Krone wäre GB gewiss schon längst derart mental zersetzt wie sich das in D ausbreitet. Diese Mischung zwichen geistiger Lähmung und Union Jack ist kaum wirklich begrifflich erfassbar.

  9. Ich würde es begrüßen, wenn auch wir ein Staatsoberhaupt hätten, das sich „nicht einmischt“ und „nur da ist“. Dann bräuchte ich nicht stundenlang – und erfolglos – über Art. 54 ff. Grundgesetz zu brüten, um herauszufinden, was Herrn Steinmeier befugt haben könnte, Politiker aus Union und SPD zu sich zu zitieren und sie (insbesondere diejenigen aus Steinmeiers Herkunftspartei) unter Druck zu setzen, damit sie wieder eine sogenannte Große Koalition bildeten. Denn für eine solche Einflußnahme auf eine Regierungsbildung durch den Bundespräsidenten gibt das Grundgesetz überhaupt keine Handhabe her. Da ziehe ich doch die Queen, und – sachter Widerspruch, Herr Herles: wir würden ja nicht Wilhelm II. oder seinen Wiedergänger als Kaiser bekommen, weshalb dieses Argument sich als klapperdürres Gespenst erweist – einen modernen, demokratiefesten Vertreter des Hauses Hohenzollern oder Preußen als obersten Repräsentanten unseres Staates vor.

  10. Vielleicht war es dieser ewig sehnsüchtige Blick über den Kanal, der uns sämtliche Miseren eingebrockt hat, und verhinderte, daß man gewisse Realitäten in der Beziehung zum britischen Königreich erkannte und dementsprechend handelte. Mit Wilhelm hat das weniger zu tun, schon eher mit der Lage Deutschlands und seiner wirtschaftlichen Stärke. Man nennt das Geopolitik… Auch mit der Beurteilung Preußens bin ich nicht einverstanden, hierzu gibt es Studien, was den Militarismus betrifft. Da schlugen uns die Briten und vor allem die Franzosen haushoch. Erstes Gebot jedes deutschen Herrschers war immer Rußland im Auge zu behalten, und als man sich von dem abwandte, begann der Weg in den Abgrund. Die drei Bände, gerade den letzten, von Konrad Canis muß man gelesen haben.
    Im Übrigen plädiere ich den Rechtmäßigen: Georg Friedrich von Preußen

  11. Es ist ein bisschen gewagt zu behaupten, der Kaiser Willi Zwo hätte Deutschland aus Hass auf seine englische Mutter in den Krieg getrieben. Der Kaiser schrieb noch kurz vor Kriegsausbruch nach England: Bitte, lass es nicht soweit kommen.
    Schon in jungen Jahren war Willi alles andere als aggressiv. Er löste Bismarcks altes Bündnis mit Russland, das sich in der Folge Frankreich zuwandte, als „unnötig und die anderen europäischen Mächte irritierend“.
    Ja, am Militär und Uniformen und Paraden hatte der Willi mit dem verkrüppelten Ärmchen Spaß. Da hat ihn die englische Propaganda gleich zum Kriegsherren und Tyrannen stilisiert. Muss man nicht nachplappern. Er war kein guter Kaiser, weil er ein schlechter Politiker war. Er war aber nicht „böse“, ganz im Gegenteil, und das war sein Problem.

  12. Ich habe mir das vormittagliche Vergnügen gegeben und kann rufen: Jucheizer, ist das Abendland nicht schön?

  13. „Das Kingdom funktioniert als Soap. Die Royals vermitteln das (trügerische) Gefühl, weil es sie gibt, sei die Welt noch in Ordnung“.
    Erinnert mich, obwohl keinesfalls gleichzusetzen, an die Zeremonien des Vatikans.

    „Die Deutschen dagegen verehren den Staat, ihren Leviathan. Er ist die höchste Instanz, der sie sich beugen. Das ist ein tiefer Unterschied. Und das ganze Elend“.

    Niemals käme ich auf die Idee, unseren Staat zu verehren. Stolz konnte man noch vor einigen Jahren sein, auf unser Staatswesen. Aber seit Demokratur herrscht …. und wir für diese Tragik-Soap auch noch unser letztes Hemd hergeben müssen – sterben selbst die untertänigsten Untertanen aus. Zwangsläufig. Wenn sie mal aufgewacht sind. Gaaanz langsam.
    Nun, werter Herr Herles, freuen wir uns für die Windsors, zumal sie mW überwiegend deutsche Wurzeln haben. So ein Elend aber auch.

  14. Wir sind weit mehr geprägt von dem christlichen Apologeten Hegel, als vom großen Aufklärer Kant. Während Kant das imperium paternale als die größte denkbare Despotie bezeichnet, lieben wir diesen väterlichen Staat. Er sagt uns, dass wir Opfer bringen sollen, aber wir gewinnen dadurch Ruhm und Ehre, wir werden Helden auf der Bühne der Geschichte, wir stehen auf der richtigen Seite. Das ist die zweifelhafte Moral einer Politikoligarchie, in der sich niemand um das Volk kümmert. Während Kant zum sapere aude aufruft, war Hegels Philosopie die Vergötterung des Staates. Er erklärte den preußischen Staat als den „Marsch Gottes durch die Welt.“ Wenn wir sicher sein können, dass die Ersten die Letzten und die Letzten die Ersten sein werden, ist dies die Ersetzung des Gewissens durch die historische Prophezeihung. Diese paternalistische Despotie beruht auf der Ethik der Beherrschung und Unterwerfung. Die britische Gesellschaft besitzt eine völlig andere Prägung.

    • Genau deshalb ist ja der Hegelianer Marx hierzulande auch derart populär…

  15. THE EARLY WARS ARE OVER
    Die Briten haben ihre Anzahl Kriege geführt und zur Zeit des Imperialismus viele territoriale Eroberungen gemacht. Die (großen) Kriege sind vorbei, die ehemaligen Kolonien unabhängig (wobei die Briten dort sehr viel an zivilisatorischen Errungenschaften hinterlassen haben, von denen diese Länder bis heute profitieren). Sie leben ihren Patriotismus immer maßvoll, aber dezidiert aus. Sie sind mit sich im Reinen. Wenn man in GB ist (ich war lange dort, zuerst als Student der Anglistik) dann mag man die Art und Weise wie die Briten ihre Traditionen verehren. Man mag alte Autos (die dort oft keineswegs als Oldtimer [=classic car], sondern als Nutzobjekt gefahren werden, denn was noch funktioniert wirft man nicht weg, ganz gleich wie alt es ist), alte Telefonzellen, alte Taxis, alte Doppeldecker, alte Stadtmauern, historische Gebäude und das ganze royale Brimborium (auch wenn es teuer ist, aber es bringt auch was ein, in Form von Touristen, etc.)

    Anders als hier, wo über siebzig Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs dessen Folgen absurderweise immer schlimmer empfunden werden, je weiter wir uns auf der Zeitachse vom Krieg wegbewegen. Verarbeitung? Fehlanzeige. In Sack und Asche gehen, das eigene Land zerstören, den Ast absägen, auf dem wir sitzen, durch Grenzöffnung unsere Kultur vernichten, das machen die tugendprahlerischen Neurotiker hier. Traditionen? Hier doch nicht! Man kuck sich einen dieser stolpernden Nerds (Böhmer…, etc.) an und man weiß was los ist. Schön ist das alles nicht. Auch nicht erhebend. Schon gar nicht befriedigend. man will einfach nicht mit sich ins Reine kommen.

    Die Briten wurden bei ihren territorialen Eroberungen weiß Gott nicht überall enthusiastisch empfangen. da wurde ziemlich viel Holz gemacht und es gab entsprechend Späne (aber eben auch: s.o.). Gehen sie deshalb in Sack und Asche? Machen sie es mutwillig kaputt? Nein, mit dem Brexit haben sie ihren Freiheits- und Überlebenswillen eindrücklich dokumentiert. Nein, sie sind stolz auf ihr Land und pflegen seine Traditionen.

    Alle Royals müssen beim Militär dienen. Adelstitel wurden früher hauptsächlich für militärische Leistungen vergeben. Und während hier langhaarige Pazifisten/-innen (Hofre…, etc.) das Bild prägen hat man noch in Erinnerung wie Prinz Harry in fescher Uniform gedient hat. Er war Pilot und als solcher auch an Kampfhandlungen beteiligt. Ein Diener seines Landes.

    Man kann sich Vieles bei den Briten abkucken und zum Vorbild nehmen.

  16. Lieber Herr Herles, aber so geht es nun wirklich nicht: „Wilhelm Zwo, der letzte und unerträglichste Kaiser, …… Aus Hass auf seine englische Mutter trieb er die Deutschen in den ersten Weltkrieg.“ Das ist doch Unfug, der 1.WK brach nicht wegen der privaten Probleme von Wilhlem II aus. Kriegsursache war und ist die prosperierende, deutsche Wirtschaft, die die Vorherrschaft der britischen Wirtschaft weltweit herausforderte. Die britische Politik kennzeichnete schon immer sehr geschicktes Ränkespiel. In Deutschland denkt man nicht politisch und ist nach wie vor naiv.

    • Insgesamt stimme ich ihnen zu, Herr Herles (wie meist), aber mit Wilhelm zwo schießen sie über das Ziel hinaus. Damals kam viel zusammen, ihm allein kann man wirklich nicht alles in die Schuhe schieben. Und die Rolle der Briten, naja, sie holten dann ja auch die Freunde aus Übersee.

  17. Danke Herr Herles,

    Ihr Text führt für mich zu folgendem Schluss, die Engländer haben Demokratie und Deutschland?
    Die Deutschen haben nur 298 direkt gewählte Parlamentarier und in der Mehrheit, 411, durch Liste irgendwie ins Parlament gerutschte Parteisoldaten.
    Der Bundespräsident ist durch „SPD-Bäumchen wechsel dich“ Spiel von Gabriel im Amt.

  18. Moin Herr Herles, jetzt haben Sie mich „angestochen“! Wenn Sie sagen, die „Deutschen (dagegen) verehren den Staat, ihren Leviathen!,“ dann bin ich keine Deutsche. Ich verehre David Bowie (auch wenn er leider verstorben ist)! Ich brauche keinen Bundespräsidenten oder Bundestagspräsidenten, brauche auch keinen Monarchen oder sonst irgendeinen Adligen, um eine Identitätsfigur zu haben. Um es frei nach Heidegger zu sagen, ich ward in dieses deutsche Leben geworfen. Habe damit die deutschen Werte, Normen und Gesetze durch Sozialisation größtenteils verinnerlicht/ verinnerlichen müssen. Ich habe kein schlechtes Gewissen wg. der Verbrechen der Nazizeit, sehe nur meine Verantwortung darin, ein Wiederholung eines solchen Verbrechens zu verhindern. Ich identifiziere mich nicht mit einem Stück Stoff oder der Nationalhymne.
    Es gibt, ehrlich gesagt, nicht eine einzige öffentliche Person in Deutschland, die ich verehre, oder mit der ich mich identifizieren will/ kann, brauche das auch nicht! Vor der Verehrung steht für mich der Respekt! Leider fällt es mir zunehmend schwer, noch Respekt vor diesen öffentlichen Personen zu haben, denn diese verehren ein (selbst geschaffenes) System, das mich zwingt, Dinge hinzunehmen, die ich nicht will/ so will! Ich muss erdulden, weil ich leider keine legitime Möglichkeit sehe, mich dagegen zu wehren, also halte ich (erstmal) die Füße still. Aber dieses „Stillhalten“ mit Verehrung zu verwechseln und mit der Eigenverehrung der öffentlichen Personen zu vermischen, ist für mich genauso falsch, wie das politisch gern benutzte „wir.“

  19. Herr Herles, ein sehr guter Artikel. Sie haben meine volle Zustimmung. Zu Herrn Steinmeier sage ich nur: He is not my President!

  20. Kurz und prägnant!

    Ja, die Deutschen lieben es sich unterzuordnen, sie sind es gewohnt, als Masse haben sie die Freiheit nie geliebt, sondern die Regeln bevorzugt. Aber das dürfte auch in ihrer Geschichte begründet sein. War ein Fürst Protestant, so wurden die Bürger eben evangelisch, war er Katholik, so wechselten sie die Religion wie ein Unterhemd. Die, denen das nicht gefiel, gingen. Es wartete Amerika, das Land der Freiheit.
    So verließen damals die, die ihre Freiheit wollten Deutschland, was blieb, war die ordnungsliebende Masse. Revolution ist nicht unsere Sache. Denn Revolution bedeutet Chaos.
    Die letzte „Revolution“ allerdings nicht, sie wurde in Reih und Glied geführt. Die Kerzen standen ordentlich in einer Reihe, und wurden sicherlich hinterher auch ordentlich mit heim genommen. Erst danach, als der Staat fiel gab es ein gewisses Chaos, das aber ganz schnell wieder in Ordnung überführt wurde.

    Tausende von Freiwilligen halfen 2015/2016 mit um die Einwanderung Hunderttausender nicht im Chaos versinken zu lassen.

    Doch nun wird immer deutlicher, dass der Staat selbst im Chaos versinkt. Egal ob BAMPF, Bundeswehr, Schulen, überall scheint das Chaos um sich zu greifen. Lassen wir das Chaos doch ruhig noch etwas um sich greifen, dann irgendwann werden wir Deutsche hingehen und unseren Staat wieder übernehmen, um Ordnung zu schaffen – denn Ordnung ist nun einmal unser oberstes Gebot.

    Das ist auch das einzige das Merkel uns bietet: Ordnung. Sie mag nicht gut angezogen sein, aber ordentlich.

    • Na ja, das Religion wechseln wie das Unterhemd trifft auf die Engländer auch zu.

      • nö, die machten sich einfach ihre eigene Religion, ein Gemisch aus Protestanten und Katholiken. Dahin wurde dann gewechselt und gut wars.

    • Zum Thema: „Die Deutschen lieben es, sich unterzuordnen….“. Moment mal, so einfach ist das nicht. Bitte vergessen Sie nicht, wie viele Deutsche immer wieder das Land verlassen mußten, wenn sie mit den Fürsten und Königen nicht übereinstimmten. Und bitte vergessen Sie nicht, dass die amerikanische Verfassung „We, the people…..“ im Original in deutscher Sprache geschrieben wurde. Die Lage Deutschlands im Herzen Europas war immer eine sehr schwierige. Ich erinnere an den 30 jährige Krieg. Alle Länder waren beteiligt, der verheerende Krieg fand aber in Deutschland statt. Die damalige Einwohnerzahl schrumpfte auf Grund der Verheerungen gewaltig, ich glaube auf 5 Mio. Zurück blieben Menschen, die sich bemühten zu überleben und eben nicht im Chaos versinken wollten. Das ist nur zu erreichen, wenn Menschen sich an feste Regeln halten und eine gewisse Ordnung akzeptieren. – Andere Völker kommen ganz offensichtlich mit weniger „Ordnung“ aus, oder haben eine gewisse Affinität zum Chaos. Jeder, wie er mag oder kann.

      • Schade, dass Sie meinen Kommentar nicht komplett gelesen haben.
        Sonst hätten Sie das mit „gingen“ und „Amerika“ lesen müssen 😉

        Ja, diejenigen, denen es hier nicht gefiel, die wanderten aus. Der Rest ordnete sich unter. Das Gleiche passiert auch heute wieder. Die einen wandern aus, die anderen passen sich an. Nur eine sehr kleine Minderheit ist bereit sich gerade zu machen und für die Freiheit einzustehen. Dafür braucht man Rückgrat – und das haben nun einmal nur sehr wenige.

  21. Chapeau, Herr Herles: Ein ganz ausgezeichneter Text! Mit der Passage zu Willy II tue ich mich allerdings etwas schwer. Auch wenn er nicht die hellste Lampe am Firmament war – der erste Weltkrieg und der Konflikt mit England gehen so nicht allein auf seine Kappe. Vielmehr muss man Russland und Frankreich als das ansprechen, was sie tatsächlich waren: Kriegstreiber. Ersteres aus schierem Expansionsdrang in die damals noch zu Deutschland bzw. Österreich-Ungarn gehörenden ostpreußischen, ukrainischen und weißrussischen Gebiete sowie an den Bosporus. Letztes aus purem Revanchismus für den verlorenen Krieg von 1870/71. Und England? Das konnte sich selbst angesichts des deutschen Einmarschs in Belgien zunächst zu keiner Kriegserklärung an das Kaiserreich durchringen und tätigte diesen Schritt erst nach der politischen „Überzeugungsarbeit“ eines gewissen Winston Churchill und seiner Mitstreiter. Christopher Clark hat all diese Vorgänge ja ganz hervorragend in seinem Buch „Die Schlafwandler“ beschrieben. Bedarf es in Deutschland eigentlich immer erst eines ausländischen Autors, um die eigene Geschichte endlich einmal sachlich korrekt zu begreifen?

    • Herr Herles mag die Preussen nicht aus welchen Gründen auch immer. Wilhelm II war in der Tat nicht das ganz grosse Kirchenlicht. Sein größter Fehler ganz am Anfang seiner Laufbahn war die Entlassung Bismarcks. Die nachfolgenden Kanzler erreichten alle nicht
      dessen Statur und politisch strategischen Weitblick.
      Vor 130 Jahren wurden Weichen gstellt, die bis heute nachwirken.
      Wer war der Weichensteller? Das Nikotin.
      Der Tod von FriedrichIII, Deutscher Kaiser, ein liberaler und politisch intelligenter und intergrer Herrscher, war starker Raucher. Ein Kehlkopfkrebs setzen seinem Leben ein vorzeitiges Ende. Mit Friedrich III wäre es mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht zu Ausbruch WKII gekommen. Im Alter von 82 fängt man keinen Krieg mit ungewissem Ausgang an.
      Die Einmischung eines unreifen Menschen wie Wilhelm II es 1888 und folgende war, führten mit zu den politischen Entwicklungen, die bis heute in Europa noch nachwirken.

      • „Mit Friedrich III wäre es mit einiger Sicherheit nicht zum Ausbruch WKII gekommen“ Das ist ein Tippfehler. Muss natürlich heißen WKI.
        Da ohne WKI und der Beibehaltung der drei Monachien, Deutsches Reich, K& K Monarchie, Zaristisches Russland, (die alte heilige Allianz von 1815), auch kein Aufstieg der NS und WKII stattgfeunden hätte, stimmt der Satz indirekt trotzdem.
        Das Überleben der britischen Monarchie, ist dem Ergebnis von WKI 1918 und WKII 1945 zu verdanken und dem Eintreten der USA in beide Kriege.
        Insofern wäre es angemessen, wenn Herr Trump als derzeitiger Präsident der
        USA Gast der diesjährigen Hochzeit wäre.

    • >>Bedarf es in Deutschland eigentlich immer erst eines ausländischen Autors, um die eigene Geschichte endlich einmal sachlich korrekt zu begreifen?<< Ja, tut es. Neben Clark sind auch Ian Kershaws und Richard Evans' Bio- bzw. Historiographien sehr zu empfehlen.

  22. Und eben genau wegen dieser Unerträglichkeit hierzulande, empfinde ich die royale Begebenheiten dieses Wochenende als eine angenehme Abwechslung. Sehr gerne würde ich auch mal „Rule Britannia“ mitschmettern und die Stimmung der Last Night in mich aufsaugen, aber die Karten für die Royal Albert Hall sind mir schlicht zu teuer und der Hyde Park reizt mich nicht. Und trotzdem bin ich fest davon überzeugt, dass eine ADM auch mit royaler panem et circensis Begleitstruktur nicht auszuhalten wäre. Allen ein schönes Wochenende.

  23. As so often a text worth reading, Mr. Herles…

    Was ich mir während der Lektüre nur die ganze Zeit überlege: Was macht der Steinmeier eigentlich jetzt beruflich???

    • Steile Karriere. Ich erinnere mich, dass er im J.Fischer Visa-Affairen-Ausschuss, ihm, seinem Chef, die Akten „nachgetragen“ hat. Eine bläßliche Erscheinung, ähnlich wie Scholz, der den Ausschuss mE damals leitete.

Einen Kommentar abschicken