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Schein statt Sein

Deutschland Zombieland

von Gastautor

10.03.2018

| Lesedauer: 7 Minuten
Die Eurozone wurde Zombiezone, die scheinbar über jeden Zweifel erhabene deutsche Wirtschaft steckt mittendrin. Staatliche Nachfrage- und Stabilisierungspolitik sowie die EZB-Niedrigzinspolitik vereiteln die notwendige Restrukturierung der Wirtschaft.

Es mehren sich die Stimmen derer, die vor der Gefahr einer entstehenden Zombieökonomie in Europa warnen. Tatsächlich ist die Eurozone längst zu einer Zombiezone mutiert und die scheinbar über jeden Zweifel erhabene deutsche Wirtschaft steckt mittendrin. Staatliche Nachfrage- und Stabilisierungspolitik sowie die EZB-Niedrigzinspolitik vereiteln schon lange die notwendige Restrukturierung der Wirtschaft. Die so über Wasser gehaltenen Zombies, schwächen auch die produktiveren und profitableren Unternehmen. Die Investitionen leiden, die Produktivität stagniert und das ganze Gefüge wird nicht etwa unabhängiger, sondern zunehmend abhängiger von Stimulanzien wie den niedrigen Zinsen. Da die europäische Politik das resultierende Problem des stagnierenden Wohlstands ignoriert, wird weitergewurstelt. Die geldpolitische Wende der EZB wird daher noch auf sich warten lassen. Wenn sie kommt, wird sie sehr moderat ausfallen, denn die fundamentalen wirtschaftlichen Probleme der Eurozone sind alles andere als gelöst. Ganz im Gegenteil hat die europäische Stabilisierungspolitik die Probleme nur in die Zukunft verschoben und dabei noch größere Hürden für deren Bewältigung aufgetürmt.

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Wie groß diese Hürden sind, lässt sich daran erkennen, dass steigende Zinsen ein bedeutendes Risiko für die Stabilität der Eurozone darstellen. Die Staaten der Eurozone sind inzwischen mit durchschnittlich neunzig Prozent des Bruttoninlandsprodukts (BIP) hochverschuldet. Ein nur moderater Zinsanstieg könnte bei dieser hohen Schuldenlast, wie bereits im Zuge der Eurokrise, bei einigen Ländern die langfristige Schuldentragfähigkeit in Frage stellen. Wie real diese Bedrohung ist, zeigen die völlig aus dem Ruder gelaufenen Haushalte der Euroländer. Obwohl sie mit Zinseinsparungen von mehr als einer Billion Euro zwar erheblich von der Niedrigzinspolitik profitiert haben, sind deren Staatsschulden seit der Finanzkrise von 6 auf inzwischen 10 Billionen Euro in die Höhe geschossen. Deutschland alleine hat in der Zeit von 2009 bis 2016 beeindruckende 240 Mrd. Euro an Zinsen eingespart und so die schwarze Null gehalten. Der realen Gefahr einer daraus resultierenden Belastungsprobe für den Euro möchte die deutsche Politik nun zügig vorbeugen. In den Sondierungsgesprächen und im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD wurde der Ausbau der gemeinsamen Haftung über einen europäischen Währungsfonds bereits vereinbart. „Wir müssen die Eurozone mit einer Banken- und Kapitalmarktunion ergänzen und uns auf künftige Krisen vorbereiten“ begründete Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die eingeschlagene Richtung. Damit bekräftigte sie die Absicht einer Kriseneskalation aufgrund steigender Zinsen die Grundlage zu entziehen.

Für die Wirtschaft der Eurozone stellen steigende Zinsen eine wohl noch erheblichere Belastung dar als für die Staaten, denn unter Mithilfe der EZB hat sie sich schleichend in eine Zombieökonomie verwandelt. Trotz des wirtschaftlichen Einbruchs, den die Finanzkrise ausgelöst hatte, wurde kaum eine wirtschaftliche Bereinigung zugelassen. Strauchelnde Banken wurden mit hunderten Milliarden gestützt und die Unternehmen anschließend mit niedrigen Zinsen aufgepäppelt. Die sinkenden Zinsen und der politische Druck zur Ausweitung der Kredite halten immer mehr unprofitable Unternehmen über Wasser. Diese Zombieunternehmen können oft nicht mehr die Finanzkraft aufbringen, um sich durch Investitionen aus dieser betriebswirtschaftlich ausweglosen Lage zu befreien. Dadurch werden sie immer abhängiger von Krücken wie den niedrigen Zinsen, um den Kollaps zu vermeiden. Hilfreich sind dabei sogar die vielen, mit faulen Krediten vollgesogenen und ebenfalls zombiefizierten Banken. Sie müssen unbedingt vermeiden weitere Kredite als ausfallgefährdet einzustufen. Daher sind sie bei vom Untergang bedrohten Unternehmenskunden eher geneigt, dringend benötigte Kreditlinien zu erweitern. So lässt sich die Insolvenz des kreditabhängigen Unternehmens und vielleicht auch der eigene Bankrott zumindest vorläufig vermeiden. Von dieser Problematik sind vor allem die südeuropäischen Länder stark betroffen, denn hier schlummern die meisten der in den letzten zehn Jahren aufgelaufenen faulen Kredite von etwa einer Billion Euro.

Zombiefiziert trotz Boom

Für Deutschland hat die Bundesbank kürzlich Entwarnung gegeben. Zwar gebe es auch in Deutschland Zombieunternehmen, doch deren Bedeutung sei hinsichtlich Anzahl, Umsatz und Sachanlagen gering. Zudem habe „ihr Gewicht im Niedrigzinsumfeld nicht zugenommen.“ Dieser positive Befund, so die Bundesbank stehe auch in Einklang damit, dass sich die Unternehmen in Deutschland „seit mehreren Jahren in überwiegend guter Verfassung“ befinden. Hierzulande sei also nicht eingetreten, was neuste empirische Forschungen nahelegen. Diese weisen darauf hin, wie die Bundesbank selbst bemerkt, dass das „in einigen entwickelten Volkswirtschaften rückläufige Produktivitätswachstum der vergangenen Dekaden mit dem Anstieg der Zahl von Zombie-Unternehmen zusammenhängt.“

Die Bundesbank stützt ihre Einschätzung, dass die deutsche Wirtschaft nicht zombiefiziert sei, auf die relative geringe Anzahl der so klassifizierenden Unternehmen. Lediglich 2,2 bis 4,7 Prozent der untersuchten nichtfinanziellen Unternehmen fielen 2015 in dieses Raster. In Anlehnung an die Vorgehensweise in der wissenschaftlichen Literatur wurden dabei solche Unternehmen als Zombie eingestuft, die drei Jahre in Folge die Zinsaufwendungen nicht durch das Betriebs- und Beteiligungsergebnis decken konnten. Der Bodensatz an Unternehmen, die trotz der extrem förderlichen Bedingungen, die die niedrigen Zinsen geschaffen haben, um das Überleben kämpfen, ist jedoch möglicherweise wesentlich größer. Eine Untersuchung der Wirtschaftsauskunftei Creditreform kam zu dem Ergebnis, dass sogar 15,4 Prozent der deutschen Unternehmen in diese Zombiekategorie fallen könnten.

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Die Bewertung der Bundesbank ist unausgewogen und wirkt widersprüchlich. Aus der geringen Anzahl der als Zombies klassifizierten Unternehmen, schließt sie auf deren unbedeutende gesamtwirtschaftliche Wirkung. Daher, so die Bundesbank „dürften von Zombieunternehmen aktuell keine spürbar dämpfenden Effekte auf das Produktivitäts- und Wirtschaftswachstum in Deutschland ausgehen.“ Dabei übersehen die Notenbanker aber, dass auch die deutsche Wirtschaft die typischen Merkmale einer Zombieökonomie aufweist. So ist seit Jahrzehnten rückläufiges Wirtschafts- und Produktivitätswachstum ein Wesensmerkmal der deutschen Wirtschaft. Von durchschnittlich über 8 Prozent in den 50er Jahren ist das jährliche Wirtschaftswachstum kontinuierlich auf weniger als 1,5 Prozent in diesem Jahrhundert zurückgegangen. Spiegelbildlich hat sich die Steigerung der Arbeitsproduktivität je Beschäftigtenstunde entwickelt. Von über 5 Prozent noch Anfang der 70er Jahre ist sie zunächst auf 1,9 Prozent zwischen 1995 und 2005 abgesackt. In den darauffolgenden zehn Jahren ist sie sogar auf nur 0,8 Prozent gesunken, um sich von 2015 bis 2017 auf ein Prozent jährlich leicht zu erholen.

Diese wirtschaftlichen Phänomene, die mit einer Zombiefizierung der Wirtschaft einhergehen, stehen jedoch nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass die Unternehmen in Deutschland in überwiegend guter Verfassung sind. Die Zombiefizierung wird durch mächtige Hebel vorangetrieben, die darauf ausgerichtet sind, sogar die schwächsten und unprofitabelsten Unternehmen vor dem Untergang zu retten. Dies schwächt die profitableren Unternehmen zwar langfristig, kann ihnen aber dennoch ein sogar exzellentes Geschäftsumfeld bieten, von dem sie weit besser als die vom Untergang bedrohten Unternehmen profitieren können. Zombiefizierung und sprudelnde Unternehmensgewinne schließen sich daher nicht grundsätzlich gegeneinander aus, sondern bilden in Deutschland die zwei Seiten der Zombiefizierung.

Stimulanzien verschärfen die Stagnation

Die im Durchschnitt sehr gute wirtschaftliche Lage der deutschen Unternehmen resultiert zu einem erheblichen Maß aus der Niedrigzinspolitik der EZB, die die deutsche Wirtschaft in besonderer Weise begünstigt. Die Unternehmen profitieren über die verbesserten Finanzierungsbedingungen und den nachfragetreibenden Verschuldungsanstieg hinaus von einer zusätzlichen Stimulierung der Nachfrage vom niedrigen Eurokurs, der noch zusätzlich durch die wirtschaftliche Krise vieler Euroländer geschwächt wurde. Seit seinem Höchststand Anfang 2008 hat der Euro erst langsam, ab Anfang 2015 dann beschleunigt bis Mitte 2017 einen sehr deutlichen Wertverlust von etwa 30 Prozent gegenüber dem US-Dollar erlitten. Diese Abwertung beflügelt die von einem traditionell hohen Exportanteil geprägte deutsche Wirtschaft, die noch dazu zwei Drittel des Gesamtvolumens in Länder außerhalb der Eurozone exportiert. Deutschland hat damit innerhalb der Eurozone eine Ausnahmestellung, denn die meisten anderen Euroländer exportieren vergleichsweise wenig in Länder außerhalb der Eurozone. Typisch hierfür ist Frankreich, das nur etwa ein Drittel seine Exporte außerhalb der Eurozone verkauft. So bestreitet die deutsche Wirtschaft alleine inzwischen 44 Prozent des gesamten Warenexports der Eurozone.

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Ein weiterer mächtiger Hebel, der die Nachfrage stimuliert und dadurch eine fundamentale wirtschaftliche Schwäche kompensiert, ist der enorme deutsche Kapitalexport. Kapital im Umfang von bald einem Zehntel des deutschen BIP, immerhin also etwa 250 Mrd. Euro jährlich, findet hierzulande keine attraktive Anlage- oder Investitionsmöglichkeit und fließt in die internationalen Kapitalmärkte. Für die Eurozone hat dieser Kapitalexport wie auch das auf inzwischen 900 Mrd. Euro gestiegene Target2 Saldo Deutschlands einen enormen Stabilisierungseffekt. Durch dieses gepumpte Geld, bleibt das Leistungsbilanzdefizit, das die anderen Euroländer aufgrund der negativen Handelsbilanz gegenüber Deutschland einfahren, dauerhaft finanzierbar. Die Eurozone bleibt so aufnahmefähig für die deutschen Warenexporte und die deutsche Wirtschaft erhält einen weiteren kräftigen Stimulus.

Die von der Zinspolitik und den Kapitalmärkten ausgehende künstliche Stimulierung hat die deutsche Wirtschaft in den inzwischen am längsten anhaltenden Aufschwung seit dem Wirtschaftswunder geführt. Der wichtige Ifo-Geschäftsklimaindex erklimmt fast monatlich neue historische Höchstwerte und vor allem die Industrie berichtet über eine bessere Geschäftslage als jemals zuvor. Die Gewinne der DAX-Unternehmen explodieren seit Jahren. Dies treibt die Dividendenausschüttungen von einem Rekord zu nächsten. Obendrein haben vor allem die mittelständischen Unternehmen ihre Abhängigkeit vom Kapitalmarkt deutlich reduziert und die Eigenkapitalquoten stark verbessert.

Trotz dieser glänzenden Entwicklung hat sich aus dem wirtschaftlichen Aufschwung auch in Deutschland noch keine selbsttragende Dynamik entfaltet. Obwohl die Produktionskapazitäten schon seit längerer Zeit sehr gut ausgelastet sind, haben die Ausrüstungs- und Gebäudeinvestitionen der Wirtschaft erst im letzten Jahr erstmals seit der Finanzkrise einen spürbaren Wachstumsbeitrag geleistet. So wächst die Wirtschaft relativ kraftlos, denn es gelingt kaum die Investitionen zu stemmen, die notwendig wären um die auch in Deutschland insgesamt schwache Produktivitätsentwicklung zu überwinden. Die hohen Gewinne sehr vieler deutscher Unternehmen erklären sich teilweise sogar aus deren mageren Investitionen. Die staatlich angetriebene wirtschaftliche Stimulierung über die Finanzmärkte sorgt so in der gewerblichen Wirtschaft und in der Industrie in Deutschland für sprudelnde Gewinne, die kerngesunde Unternehmen suggerieren. Der finanzwirtschaftliche Stimulus erzeugt jedoch keine investitionsgetriebene Eigendynamik und schwächt die produktive Basis immer mehr.

Konservierender Staat

In der Eurozone wie auch in Deutschland hat die Zombiefizierung ein Marktumfeld geschaffen, das es produktiveren und profitablen Unternehmen sehr schwer macht, sich durch die mit hohen Risiken verbundenen Investitionen gegenüber den schwächeren Unternehmen durchzusetzen. Weder gelingt es den dynamischeren Unternehmen oder Start-Ups die Wettbewerber durch die Einführung bahnbrechender innovativer Prozesse und Produkte ins wirtschaftliche Abseits zu drängen, noch lassen die Staaten die Bereinigung durch wirtschaftliche Krisen zu. Dies zeigt sich bereits seit dem Finanzmarkt-Crash 1987 an der Geldpolitik der Zentralbanken, die aufkommende Krisen recht erfolgreich sofort mit billigem Geld ersticken. So „wurden die erforderlichen volkswirtschaftlichen Anpassungen durch immer niedrigere Zinsen, mehr Liquidität und immer höhere öffentliche Schulden verhindert“, schreiben der Ökonom Joachim Starbatty und der ehemalige Chefvolkswirt der EZB Jürgen Stark. Zudem neigen alle europäischen Regierungen stark dazu, strauchelnde Unternehmen sowie ganze Branchen zu retten und Markbereinigungen aufzuhalten.

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Wie der britische Ökonom und Publizist Phil Mullan in seinem Buch „Creative Destruction“ erklärt, hat sich in den entwickelten Volkswirtschaften ein „konservierender Staat“ herausgebildet, der wirtschaftliche Krisen zu vermeiden sucht, indem er immer neue Strategien des wirtschaftlichen Durchwurstelns entwickelt, dabei aber den Bereinigungseffekt von Wirtschaftskrisen aushebelt. Der Effekt dieser staatlichen Agenda zeigt die von Creditreform seit 1999 für Deutschland geführte Insolvenzstatistik. Seit dem Abklingen der „Dotcom“-Krise 2003/2004 geht die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen kontinuierlich zurück. Selbst die Finanzkrise 2009 hat nur einen vergleichsweise unbedeutenden Anstieg der Insolvenzen bewirkt. Die mitgeschleppten Zombieunternehmen stehen aufgrund ihrer fehlenden Wirtschaftlichkeit mit dem Rücken an der Wand und sind typischerweise harte Wettbewerber für die profitableren Unternehmen. Der Wettbewerbsvorteil, der besser aufgestellten und in der Regel produktiveren Unternehmen reicht jedoch oft nicht aus, um diese Unternehmen vollständig aus dem Markt zu drängen. Das hohe Risiko mit oft massiven Investitionen in neue Technologien den notwendigen Wettbewerbsvorteil zu generieren, um die schwächeren Unternehmen in die Knie zu zwingen scheuen viele Unternehmen, denn auch so lässt sich gegenwärtig schließlich gutes Geld verdienen.

Eine zügige Zinswende der EZB würde der entstandenen Zombieökonomie ein wichtiges Standbein entziehen und könnte eine dringend notwendige Marktbereinigung auslösen. Da dies nicht nur bei den Unternehmen, sondern auch in der Politik und in den Staaten viele Verlierer produzieren würde, ist kaum mit einer grundlegenden Änderung der geld- und wirtschaftspolitischen Richtung des Durchwurstelns zu rechnen. Desto länger aber die notwendige Bereinigung der unproduktiven Strukturen aufgeschoben wird, umso länger werden Produktivitätssteigerungen und Wohlstandswachstum aufgehalten und umso schwieriger wird es sein, eine immer weiter aufgeschobene Bereinigung zu kontrollieren.


Alexander Horn lebt und arbeitet als selbstständiger Unternehmensberater in Frankfurt. Er ist Geschäftsführer des Novo Argumente Verlags und Novo-Redakteur mit dem Fokus auf wirtschaftspolitischen Fragen.

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22 Kommentare

  1. ich verstehe nicht, wie der Autor die Export-Erfolge als Stabilitätsfaktor bezeichnen kann und zusätzlich den Targerahmen dazukommt. Immerhin handelt es sich um ABFLÜSSE, die nie wiedereinbringbar sind, weil das Ausland, das sich mit deutschen Waren vollpumpt zufällig die Länder sind, die ersten sein schwache Währung haben und zweitens starke Importländer sind. D finanziert deren Wachstum über unseren Export.

  2. Inzwischen kennt doch jedes Muttchen vom Dorf den Zyklus:

    1. Bankenkrise
    2. Bankenrettung und Staatsschluldenkrise
    3. Inflation und Währungskrise
    4. Irgendein Mix aus Inflation/Krieg/Revulotion/Währungsreform/Depression/

    Erstaunlicherweise bleiben die Banken , das Bankensystem und die Bänker immer ungeschoren bei dem Spiel.

    Sind wir vielleicht alle nur Marionetten in einem Spiel, dass die Banken mit uns spielen?
    Politik, Staat, Krieg, Frieden, Wohlstand, Verarmung … also nur als Folge der Machenschaften der (Groß)Banken, die ausschließlich den Interessen weniger superreicher und supermächtiger Kapitalisten dienen?

    Die Kriege und die Millionen Toten aus Punkt 4 haben eben doch oft viel mit Punkt 1 zu tun, und man fragt sich warum den Bankern nicht das Handwerk gelegt wird, bzw das ganze korrupte Bankensystem in seiner heutigen Form zerstört wird?

  3. Welchen Vorteil hat es eigentlich, ein wirtschaftlich starkes Exportland bzw. Bürger eines solchen Landes zu sein? Meine gedankliche Wirkungskette ist folgende: Die deutsche Wirtschaft boomt —> Nachfrage nach Arbeitskräften steigt —> Spanier et al. kommen nach ?? —> Wohnraum wird teurer —> Steuereinnahmen steigen —> Staatsausgaben steigen (bestenfalls) im selben Maß, um den Spaniern et al. Staatsleistungen (Kita-Plätze) zu finanzieren —> dennoch wird es eng in deutschen Städten —> Angebot & Nachfrage nach Arbeit bleiben jedenfalls im Gleichgewicht (bestenfalls) —> Lohnsteigerungen für Deutsche finden nicht statt —> ?? et al. verlieren an Produktivität —> Transferzahlungen von ?? nach ?? werden notwendig —> ?? zahlt —> ?? schwimmt im ? & kommt auf dumme Gedanken (Massenmigration aus der 3. ?) —> wachsende Bevölkerung bei Mietpreisbremse macht Investitionen in Mietobjekte überflüssig (Ruinen schaffen ohne Waffen) —> ÖPNV wird zu einem klaustrophobischen Erlebnis —> etc. etc.
    Mein Punkt ist: von der wirtschaftlichen Stärke profitiert der deutsche Durchschnittsbürger Null. Nur Nachteile: höhere Miete, schlechtere Luft (wg. mehr Menschen), Parkplatzmangel, höhere Preise im Restaurant (wg. höherer Nachfrage)…
    Würde es im Gleichgewicht zwischen den ??-Ländern nicht viel besser für ALLE (auch ??!) ausschauen?

    • Richtig, deshalb: Stabilitätsgesetz, Punkt 4 unten: Außenwirtschaftliches Gleichgewicht.
      Das Ganze wäre sonst eben nicht „stabil“.
      (Mich jedenfalls haut es seit längerem immer wieder auffa Schnauze – wg. der Plauze).

  4. Sehr geehrter Herr Alexander Horn,

    eine Zombieökonomie bzw. Zombieumternehmen stellen aber lediglich die Folge dar, jedoch nicht welche Ursachen dafür verantwortlich sind. Dabei sollte diese gerade wegen der Stagnation eigentlich Offensichtlich sein, nämlich eine Unterkonsumption wegen fehlender Konsumkaufkraft.

    In der Europäischen Währungsunion wurde mit der Eurorettungspolitik (ESM, Fiskalpakt, Schuldenbremse) auf den Rezessionszyklus seit 2007/08 unter deutscher Federführung, defacto mit einer Prozyklischen „Restriktiven Fiskalpolitik“ reagiert, nach Vorbild des seit 2001 wirtschaftlich steigenden Exportüberschüssen gesegneten erfolgreichen Deutschland. Ob man die deutsche Wirtschaftspolitik jetzt als Deflationspolitik nach Heinrich Brünings wirtschaftspolitik 1930-32, als Konkurrenzparadoxon nach dem deutschen Ökonomen Wolfgang Stützel, ala Beggar-thy-neighbor-Politik (englisch: „seinen Nachbarn zum Bettler zu machen“; wörtlich: ruiniere deinen Nachbarn) nach Adams Smiths „Wealth of Nations“ oder als Post-merkantilismus bzw. -tische Strategie (Neo-Merkantilismus war Bismarcks wirtsaftspolitik ab 1873, wobei die ur-deutsche Variante des Kultureuropäischen Merkantilismus als Kameralismus bezeichnet wird) bezeichnet, an dem Nullsummenspiel worin die deutsche Politikökonomie in jedem der min. 4 letzten Jahrhunderte Wirtschaftsweltmeister war und den systematisch vorprogrammierten Folgen, hat sich zumindest Ökonomisch rein garnichts geändert. Dieses wirtschaftspolitische Nullsummenspiel wurde zuletzt von dem deutschen Nationalökonom Wilhelm Lauterbach in den 1930er Jahren einleuchtend beschrieben:

    „Alle Länder wollen…mehr exportieren als importieren. Es ist wieder von vornherein klar, daß sie nicht zum Ziel kommen werden. Grundsätzlich theoretisch gibt es hier zwei Möglichkeiten. Entweder betreiben alle Staaten aktive Exportförderung und lassen die Importe frei: In einem Taumel internationaler Austauschlust wird das Gesamtexportvolumen steigen, ohne daß in summa irgend jemand mehr exportiert als importiert hätte. Oder aber – UND DAS IST DAS WAHRSCHEINLICHERE UND LEIDER IMMER WIEDER HISTORISCH GEGEBENE: Man wird zur Gewinnung eines aktiven Leistungsbilanzsaldos die Importe zu beschränken suchen. Damit kann auch kein Land mehr seinen Export steigern. Im Gegenteil. Das allgemeine Streben nach einer Differenz zwischen Export und Import wird das Gesamtaustauschvolumen kumulativ zurückgehen lassen. Das Ergebnis ist Kampf um Absatzmärkte, internationaler Konkurrenzneid, Krieg zunächst aller gegen alle und schließlich vielleicht «Imperialismus als höchstes Stadium des [Staats-]Kapitalismus».“

    Dem „Internationalen Konkurenzneid“ ist man in der EU aktuell ja wohl ziemlich hysterisch verfallen. Dabei ist es Defacto nicht einmal 100 Jahre her, wo Heinrich Brüning 1930-32 mit der a posteriori selben wirtschaftspolitischen Deflationspolitik (Geldmehrwertpolitik), die deutsche Volkswirtschaft mit „gesunden sparen“ (kompetitiven „realen Inneren“ Abwertung) vor die Wand gefahren hat. 
    https://de.wikipedia.org/wiki/Deflationspolitik

    Deswegen greift auch das einzige Instrument der EZB zur wahrung der Preisstabilität nicht. Auch diese volkswirtschaftliche Situation wurde von John Maynard Keynes mit direkten bezug zur wirtschaftspolitischen Fiskalpolitik als „Liquiditätsfalle“ beschrieben. Kurzdefinition: Als Liquiditätsfalle bezeichnet man die Situation einer Volkswirtschaft, in der die offiziellen Zinssätze so weit gegen null gefallen sind, dass die herkömmliche Geldpolitik versagt. Das wirtschaftliche Phänomen, dass Geld bei sinkenden Zinssätzen nicht mehr für Investitionen angeboten und somit dem Wirtschaftskreislauf tendenziell entzogen wird. 
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liquidit%C3%A4tsfalle

    „Die Wirtschaftsliberale vielleicht wichtigste Einsicht ist, dass der Kapitalismus nur als Fordismus funktionieren kann. Er benötigt wachsende Massenkaufkraft, um eine, seiner steigenden Produktivität entsprechende, Nachfrage zu schaffen. Dazu müssen die Löhne mit der Produktivität wachsen. Da der Kapitalismus nur überleben kann, wenn er von einer starken Arbeiterklasse zur Abgabe von Massenkaufkraft gezwungen ist, hängen sowohl seine Entstehung wie auch sein Fortbestand von den entsprechenden gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen ab. Daher gibt es auch keinen automatischen Übergang zum Kapitalismus, nur weil der Produktivitätsfortschritt (zunächst in der Landwirtschaft, später in der Industrie) ein gesellschaftliches Mehrprodukt ermöglicht. Dieses kann nämlich auch von einer Elite angeeignet werden, die es ausgibt für Luxus, einen starken Staat, der sie beschützt, und für die Patronage ihr auch deshalb treuer Klientelgruppen. Auch die Modernisierungsversuche der Staatsklassen, die in vielen Ländern der Dritten Welt nach der Unabhängigkeit an die Macht kamen, scheitern meist daran, dass der Tugendkreis von Massenkaufkraft, Profitwachstum und Aufbau eines Investitionsgütersektors nicht in Gang kommt. […] Der globalisierte Kapitalismus ist durch ähnliche Mechanismen vom Niedergang bedroht. Die Kapitalisten können dank der weltweiten Lohnkonkurrenz verhindern, dass die Arbeitnehmer voll am Produktivitätsfortschritt partizipieren. Die Nachfrageausfälle führen zu Arbeitslosigkeit, die die gesellschaftliche Macht weiter zugunsten der Unternehmer verschiebt. Es droht eine Dauerkrise der Unterkonsumption und Wachstumsschwäche.“ –Michael Dauderstädt

    Laut der Unterkonsumtheorie kann ein Land mit großen Exportüberschüssen volkswirtschaftlich auch eine hohe Überakkumulation/Unterkonsumption aufweisen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Unterkonsumtionstheorie

    Also die wirtschaftliche Restrukturierung wird garantiert mit einem großen Krach eingeleitet, denn die deutsche Volkswirtschaft mit der größten kompetitiven realen inneren Abwertung in der EU dürfte sich schon in einer (min. seit ende Geschäftsjahr 2016 durch Hr. Schäubles 10mrd. Bilanzverkürzung durch Tilgung) Deflationsspirale „Race to the Bottom“ befinden und das lässt sich mit der Neoklassischen Theorie als Analyseinstrument nunmal nicht theoretisch im voraus berechnen.

    mfg

    • Stimme voll zu, A. B.
      Erinnere noch mal an das Stabilitätsgesetz von Plisch und Plum (erste GroKo in den Sechzigern).
      1. Geldwertstabilität
      2. angemessenes Wachstum
      3. Vollbeschäftigung
      4. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht

      Heute noch geltendes Recht – aber wen kümmert das.

      Wären die Zinsen hoch, so wäre das schuld, sind sie niedrig – auch nicht recht.
      J. Maynard Keynes: In the long run we are all dead.

      Wer sogar Mindestlöhner noch Abgaben (Steuern/Sozial…) abknöpft, soll sich doch nicht wundern, dass Nachfrage lau ist.
      Sind wir noch in einer Zwei-Drittel- oder schon in einer Drei-Fünftel-Gesellschaft?

      Förderung von Wohneigentum würde auch sehr helfen: Stichworte Disagio, §§ 7b, später 10e EkStG, Zuschüsse etc. Gab’s alles schon mal. Passt allerdings nicht in den vorherrschenden Staatssadismus: Die Leute sollen doch nicht unabhängig sein durch Eigentum, wo kämen wir denn dahin! Kannse ja nicht mehr so gut schurigeln. Bei Fremdvermietung geht was steuerlich, merkt man was?

    • Vielen Dank für diese wunderbare Zusammenfassung der Misere! Sowas würde man sich ja auch mal als Hauptartikel wünschen …
      Sehr treffend in diesem Zusammenhang übrigens auch die Analyse in Heiner Flassbecks neuem Buch „Das Euro-Desaster: Wie deutsche Wirtschaftspolitik die Eurozone in den Abgrund treibt“. Das Ergebnis wird vielen hier vermutlich leider gar nicht in den Kram/die Ideologie passen.

  5. An vier künstlischen und schweren, folgenreichen Problemen plagt sich dieses Land ab.

    a. Sehr teure und völlig sinnlose, ehemals freie Menschen versklavende Energiewende, inklusive heidnische Klimaanbetung, die diesem Land über Kalifornien und die UN ins Land heineingetragen wurde, ohne nennenswerten geistigen Widerstand. Deutschland soll mal eine der besten und sichersten Energieversorgungen weltweit besessen haben. Das ist vorbei. Geldverschwendung ohne Ende.

    b. Verantwortungslose Verschuldung. Man versucht es dem schlimmsten US-amerikanischen Präsidenten aller Zeiten, Obama, nachzumachen. Die Toren sind hierin sehr fleißig.

    c. Illegale, feindselige, gewaltaffine Migration von Menschen, denen es in keinster Weise schlecht geht, in unsere sozialen Systeme mit dem Ziel diese völlig ausbluten zu lassen. Wenn der Nebel erst einmal verzogen, und die linke Euphorie, die Party vorbei, wird sich die Realität in ihrem schönsten Kleid zeigen.

    d. Kriminelle, Straftäter, Menschen, die Gesetze mit Absicht mißachten werden nicht bestraft und landen nicht im ungemütlichen Gefängnis. Selbst viele Richter gehörten hinter Gitter.

    Der kulturelle Niedergang ist offensichtlich. Man muß kein Prophet sein. Die Barbaren sind bereits da und wetzen die Messer.

  6. Sehr geehrter Herr Horn, Ihren Ausführungen zur Wirkung der Zinsabschaffung durch die Notenbanken möchte ich einen weiteren Aspekt hinzufügen: Die Demographie. Europas Völker überaltern. Deutschland ganz besonders, doch gibt es derzeit kein Land auf dem Kontinent mit einer wenigstens ausgeglichenen Geburtenrate. Es ist schon länger unbestritten, daß die Vergreisung Europas einer der größten Wachstums- und Wohlstandsbremsen geworden ist – und sie ist, weil so resilient, kaum mehr reversibel.
    Deutschland hat seit ca. 50 Jahren im Westen und seit 1990 im Osten eine stark negative Geburtenrate, die zudem nicht linear ist, der Gebärverzicht ist in der staatstragenden Mittelschicht, besonders stark. Hier haben nur 40 % der Frauen mehr als ein Kind, mehr als ein Drittel bleibt dauerhaft kinderlos. Die Folge ist eine rasch zunehmende Vergreisung des Volkes, die sich mit jeder Generation exponentiell verstärkt. Auch die Einwanderung von über 15 Millionen Ausländern hat diese Effekte nicht aufgehoben, da die Einwanderer den deutschen Gebärverzicht mangels Geburten (nur in der Höhe der eigenen Reproduktion) nicht wettgemacht und zudem nur die Unterschicht verstärkt haben. Durch Nichtgeburt sozusagen verschwindende deutsche Mittelschichtkinder werden so nicht ersetzt.

    Die Diskussion dieses Themas, das weiß ich aus eigenen Erfahrung hier in der Frankfurter Finanzszene, ist stark mit Tabus beladen, weil hier sehr schnell gängige Lebensentwürfe, die im Bankensektor oder bei Juristen besonders häufig anzutreffen sind, infrage gestellt oder gar dekonstruiert werden, was durchweg als persönlicher Angriff empfunden wird – allgemein wird davon ausgegangen, daß es ein Recht auf insbesondere folgenlose Kinderlosigkeit gibt, insbesondere weil die Kinderzahl auf die Höhe der Altersbezüge bislang nur marginalen Einfluß hat und Kinderlose aufgrund des Systems der Rentenberechnung derzeit nahezu immer mehr Rentenansprüche erwerben können als vergleichbare Eltern. So hat sich in den letzten vier, fünf deutschen Generationen der Eindruck verfestigt, daß der Verzicht auf Kinder nicht nur eine lohnende Option ist, sondern eine rein private Angelegenheit ohne Konsequenzen für die restliche Gesellschaft sei. Bestätigt wird dieser Eindruck noch, wenn man die Leserzuschriften unter Pressebeiträgen liest, die die niedrige deutsche Geburtenrate problematisieren – durchweg findet man ein nonchalantes bis aggressives Beharren auf einem Recht auf Kinderlosigkeit, verbunden mit hohen Ansprüchen an die Altersversorgung oder ein Blame-Game, wo man die Schuld an sinkenden Renten der massiven Einwanderung von Armen gibt. Auch wenn diese die Sozialsystem massiv belasten, würde die Rentenproblematik auch ohne jede Zuwanderung bestehen. Ähnlich wie bei der Essener Tafel bricht hier durch, daß Zuwanderung in der Masse und Art, wie wir sie haben, die Konkurrenz um die Ressiurcen des Sozialstaates zwar signifikant verschärft – aber die bestand schon vorher und der Sozialstaat reicht, wenn es ihn gibt, wie man weiß, nie.
    Das will ich hier nicht weiter vertiefen, sondern nur darauf hinweisen, daß das vergreisende Deutschland selbst bei einer echten Wende in der Steuer- und Währungspolitik gar nicht auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückkehren KANN.

    Jeder, der versucht, für einen 70jährigen ein passendes Geburtstags-oder Weihnachtsgeschenk zu finden, macht immer wieder die gleiche Erfahrung: Der Senior hat „schon alles“, braucht eigentlich nichts. Konsumgüter über den Tagesbedarf wie Essen und Trinken hinaus braucht er nicht, nicht mehr, besitzt sie im Zweifelsfall bereits gleich mehrfach. Selbst Reisen werden ab einem gewissen Alter unmöglich oder man war schon überall, wo man hinwollte. Der Effekt der Übersättigung oder des „Aussteigens“ tritt ja manchmal schon bei 40jährigen auf, insbesondere wenn sie ein gutes Einkommen haben. Die häufig behauptete Immunität der Alten gegen Werbung oder die Abneigung gegen Neuerungen ab einem gewissen Alter sind zwar keine Erfindung, für den Konsumverzicht vieler Alter aber nicht konstitutiv. Auch die ständig steigende Lebenserwartung gleicht das nicht aus: Zwar werden wir immer älter, damit steigt jedoch nicht die Fähigkeit des Menschen, länger jung zu bleiben. Immer mehr hochbetagte Menschen müssen kostenaufwendig gepflegt werden. Nur im hohen Alter auftretende Erkrankungen wie Demenz erfordern eine immer kostenintensivere Pflegeindustrie. Die Aufwendungen dafür müssen aus der Kaufkraft der produktiven Alterskohorten bezahlt werden und entfallen dort als Konsum. Dies ist für sich kein Problem, weil niemals anders handhabbar. Das Problem ist die sich ständig verschlechternde Relation der Jungen gegenüber den Alten. Ab einem bestimmten Punkt wird die menschenwürdige Versorgung von Senioren unbezahlbar, zumindest für eine Mehrheit. Und es fehlen dann schlicht junge Menschen. Auf andere Effekte der Vergreisung wie die zunehmende Ängstlichkeit, Sozialkonservativität oder Wehrlosigkeit will ich hier nicht eingehen.

    Wir versuchen derzeit, diese Effekte durch revolvierend eine Absenkung der Konsumtransfers an die Alten (vor 2013) oder aber seit 2013 wieder durch eine Erhöhung der Belastung der Jungen auszugleichen, wobei beides am Grundproblem der umgekippten Alterspyramide nichts ändern kann. Die von Ihnen beschriebenen Effekte sind nur zwei Seiten der gleichen Medaille: Wir leben auf Kosten der kommenden Generation.
    Aus meiner Sicht ist das System nicht remedierbar. Die Grundüberzeugung ist weiterhin, daß einen selbst die Effekte und Konsequenzen schon nicht betreffen werden, selbst wenn man zur Gruppe der Kinderlosen – oder in Ihrer Thematik – der Staaten mit besonderer Überschuldung und Zombifizierung der Wirtschaft gehört. Das liegt gewiß auch daran, daß diese Effekte eher schleichend kommen und – das wird häufig unterschätzt – es im kollektiven Gedächtnis der Völker dafür keine Erfahrungswerte gibt. Die Deutschen haben zum Beispiel eine solche Überlieferung in Bezug auf Geldentwertung (die Hyperinflation 1923, der Totalverlust von 1945), die für die Deutschen Inflation besonders inakzeptabel hat werden lassen, weit mehr als sonst in der Welt. Unser Hang zum Pazifismus, zum Appeasement gründet auch auf den Erfahrungen der Weltkriege, möglicherweise schon aus dem 30jährigen Krieg.
    Es gibt aber keine historische Erfahrung mit der Selbstreduzierung bis zur Selbstabschaffung durch Kinderlosigkeit. Derartiges hat es in den letzten 1500 Jahren in Deutschland und Europa nicht gegeben. Gerade die erste Generation (die sog. „Generation Golf“) die sich als spürbar in der Minderheit gegenüber ihren Elternjahrgängen sieht, ist in ihre fertile Phase getreten. Man kann beobachten, daß sie das Reproduktionsverhalten ihrer Eltern fortführt, da die Triggerfaktoren für Kinderverzicht fortbestehen. Interessant dürfte es in ca. 20 bis 30 Jahren werden, wenn die dann Jungen, Fertilen zahlenmäßig nochmals gegenüber heute halbiert sein werden. Die Einflüsse der Masseneinwanderung, die dann dazukommen, sind bis heute kaum abschätzbar. Alles vom Bürgerkrieg bis zum territorialen Zerfall Deutschlands ist möglich. Allenfalls der Niedergang antiker Kulturen wie des Römischen Reiches oder Alt-Ägypten, insbesondere hier das späte Reich unter Ramses III. bieten historische Referenzen, und sie machen keinen Mut.

    Einstweilen geht es noch immer so weiter. Aber fraglich ist, ob wir den Point of no Return nicht schon längst überschritten haben. Eines ist gewiß: Er ist niemals im Moment des Überschreitens sichtbar, sondern nur der Retrospektive. Früher haben die Alten immer bedauert, nicht mehr jung zu sein. Bald schon werden die Jungen bedauern, nicht schon alt zu sein.

    • +

      spitzenmäßiger Beitrag! große Hochachtung @Hellerberger

      wenn erlauben, eine persönliche Note:

      >> man hat es wissen können, spätestens schon in den 80ern. …meine Umgebung ist heute im Schnitt 27 Jahre alt – nahe der Hälfte zur BRD – …ich wollt´ nämlich unter Alten nie alt werden!

      +++

  7. Moin moin Captain Notaras,
    Da fällt mir ein Beispiel aus der neueren Geschichte der Nautik ein. Commandante
    Schettino (Merkel) von der „Costa Concordia“ („Deutschland“) will seiner Süßen imponieren ( Analogie:“gefallsüchtiger Humanitätsweltmeister“), setzt seinen Kahn auf den Felsen, rettet sich als Erster (Analogie: „Ausweg UNO-Generalsekretärin“) mit seiner Süßen an Land, und lässt den ihm anvertrauten Passagieren verkünden, in die Kabinen zurückzukehren.
    Da denke ich spontan an Dr. Angela: Indem wir unserem Leben und unserer Arbeit nachgehen … . Fehlt noch der Zusatz: Bitte verschließen sie das Bullauge ihrer Kabine, das folgende Manöver ist im Fahrpreis inbegriffen, „wir“ gehen demnächst auf Sehrohrtiefe und genießen sie den Ausblick.

  8. Ich will es mal so sagen..in einer Grün-Linken Gesinnungspolitik die der Gesellschaft die Kernenergie und das CO2 VERBIETET…in so einer Gesellschaft wird es weder Fortschritt noch eine Wissenschaften und Marktwirtschaft zum Erhalt des geschaffenen marktwirtschaftlichen Wohlstand geben. Eine Kernenergie- und CO2 freie Gesellschaft ist eine Gesellschaft des Mangel und der Armut….an Wissenschaften, Fortschritt und Wohlstand/freie Marktwirtschaft von Angebot, Nachfrage, Wettbewerb und Insolvenz.

  9. Air Berlin war wohl so ein Zombie. Allerdings bin ich mit denen immer gern geflogen. Den Service, den es dort gab, den gibt es heute nur noch bei Germania, und alle anderen geben den billigen Jakob. Oder sind Sie schon mal mit einem Uber-Taxi gefahren? Da sind ganz üble Kutschen dabei. Aus Mensch und Material wird die letzte Substanz gequetscht, was ein echt schäbiger Wettbewerb zum regulären Taxibetrieb ist. Das ist Zombieökonomie, an denen sich eben auch Start Up´s beteiligen, die zu Lasten der Mitarbeiter gehen, den Wohlstand nicht steigern, und äußerst unfair ist.

    Oder nennen wir es doch gleich ganz Zombiedenken. Die Null-Zins-Politik ist schon ein echter Beschiss des Sparers, der seiner Bank das Geld gibt, und dafür nichts mehr bekommt. Im Grunde muss es soviel Zins geben, dass die Inflation (statistisch 2%/ real 4%) ausgeglichen wird, hinzu kommt ein Risikoaufschlag von wenigstens 2%, und damit es profitabel wird kommen weitere +2% hinzu. Macht dann wenigstens 6 – 8% p.a.! Da der Zombiestaat dann auch wieder mit von der Partie ist, und seine Finger nicht aus des Bürgers Taschen lassen kann, müsste man zu den 6 – 8% wenigsten noch 2 – 3% draufschlagen, um einen fairen Zins für sein Erspartes zu erzielen. Aber davon kann man nur träumen, oder besser zu seiner Bank gehen, um die Kohle abzuholen. Auf dem Konto lässt man nur soviel, dass die laufenden Verbindlichkeiten gedeckt sind, und kümmert sich dann lieber selbst um eine profitable Verwendung des für die Bank sonst zinsfreien Geldes.

  10. Meine volle Zustimmung zur Diagnose!

    Deutschland sieht sich Herausforderungen gegenueber, die hohe zusaetzliche Kosten verursachen (Arbeitslosigkeit, Sicherheit) und die wegen abnehmender Attraktivitaet des Standorts Deutschland zu sinkenden Steuereinnahmen fuehren werden. Von zu erwartenden Vermoegensverlusten (Targetsaldo, gegebene Garantien) will ich gar nicht reden. Die Situation ist laengst hoffnungslos. Das hindert die erneuerte Koalition nicht daran, weiter ins Verderben zu steuern.

    In der Geschichte kuendigte sich der Zusammenbruch meistens durch ein Verschwinden der Eliten an. In Deutschland haben diejeningen, die imstande sind, die Situation zu analysieren und zu interpraetieren schon lange keine Stimme mehr. Eliten verschwinden nicht durch Auswandern (nach Konstantrinopel ☺), sondern dadurch, dass sie von drittklassigen Protagonisten verdraengt werden.

    • „Eliten verschwinden nicht durch Auswandern (nach Konstantrinopel ☺), sondern dadurch, dass sie von drittklassigen Protagonisten verdraengt werden.“
      Interessanter Gedanke.

    • Ich würde auch nicht mehr von Eliten sprechen, das Wort beschreibt überdurchnittlich gegabte und fähige Personen, die eigentlich ein Gemeinwesen führen sollten. In Führungspositionen sehe ich bei und schon lange keine “ Eliten “ mehr, sondern nur noch “ Verantwortliche „, die meist verantwortungslos handeln.

  11. Moin moin,
    Zitat: „In Anlehnung an die Vorgehensweise in der wissenschaftlichen Literatur wurden dabei solche Unternehmen als Zombie eingestuft, die drei Jahre in Folge die Zinsaufwendungen nicht durch das Betriebs- und Beteiligungsergebnis decken konnten.“
    Das abgekartete Spiel funktioniert doch so: Ein Private-Equity-Fonds borgt sich die Milliarden für den Kauf eines profitablen Unternehmens, packt den Zinsdienst der Belegschaft auf den Rücken, entlässt ein Drittel und die restlichen 2 Drittel müssen nun noch mehr knechten und den Zinsdienst erbringen. Wenn dann das Steuersparmodell am Auslaufen ist, Gewinne wieder versteuert werden müssten, werden die „Filetstücke“ an den nächsten Private-Equity verscherbelt und das Spiel kann von Vorne beginnen.
    Als „Hermesbürge“ ist der „konservierende Staat“ immer gern gesehen.
    Was ist wenn gesättigte Märkte und damit einhergehende Deflation die „Produktivitätssteigerung und das Wohlstandswachstum aufhalten? Der „Schrei nach Subventionen“?
    für E-Mobilität, Schimmelpilz-Totaldämmung,Windrad-Wahnsinn, Diesel-Deindustrialisierung 4.8 und Teslafizierung? Gewinne privatisieren, zur Not durch staatliche Teslafizierung – 1 Mio E-Mobile bis 2020, und kein Mensch will die Ladenhüter -, und Verluste sozialisieren (Ab wann zahlt VW nach der 26 MRD-„Schummelsoftware“-Strafe wieder Steuern?)

  12. Der Autor beschreibt nur, dass die in der Hochfinanz zu findenden Verursacher und Profiteure des Fiat-Money, es mit Unterstützung vieler ahnungslosen Politiker geschafft haben ihr verbrecherisches System dadurch zu retten, in dem sie es durch die Übernahme der Schäden zu einer Staatsschuldenkrise umwandelten und in der Folge auch die reale Wirtschaft ruinierten.
    Jetzt geht alles den Bach runter wenn die eigentliche Ursache bereinigt wird. Alle sind in Geiselhaft.
    Das perfekte Verbrechen.
    Es gab schon mal die nötige Medizin.
    Stichwort: Glass Steagall Act-Trennbankensystem
    http://www.geldsystem-verstehen.de/glass-streagall-act-trennbankensystem/

  13. Das lustige ist, daß die Zombies in Deutschland, um Deutschland und um Deutschland herum (außer Bösegard) sagen: „Alles toll! Der Daueraufschwung ist da!“. Zombieschland rauscht gegen die Wand.

  14. Interessanter Artikel, der aber nur das bestätigt, was jeder halbwegs Gebildete schon im Grundsatz vorher wusste.
    Niemals kann man mit ständigen Krediten eine gesunde Wirtschaft haben, Exportweltmeister kann man mit Krediten werden…aber den Preis wird Deutschland irgendwann dafür zahlen müssen. Zinsen beschreiben den Wert des Geldes…
    Was glauben die Menschen, was unser Geld noch wert ist?

    • Moin moin Hartwin Brückner,
      „Unser Geld“, die ehemalige „die Mark ist hart“, wurde der Wiedervereinigung geopfert, zur Einbindung der BRD in die EU. Was der Euro noch wert ist, weiß vermutlich nicht einmal mehr Bazouka-Mario mit seinem QE-Programm von 60 Mrd, die er monatlich seit Jahren in die Märkte pumpt, daneben laufen noch die Anfa-Programme der Nationalbanken. Die entscheidendere Frage ist, wie lange es „für den Euro“ etwas zu kaufen gibt und irgendjemand noch die Regale füllt. Der „Petro-Dollar“ hat sich etabliert, aber der
      Euro steht für was? Als „Auto-Euro“ für deutsche Automobil-Exporte? Als „Humanitäts-Euro“ für Refugees all over the world from Afrika to Bangalore-Süd?
      Als Sargnagel zur Abschaffung der europäischen Nationalstaaten und ihren Sozialsystemen? Ist das Endziel der ausserhalb parlamentarischer Kontrolle stehende europäische Währungsfond?

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