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Gefühlte Gerechtigkeit

Arme SPD: Schmerz über unerfüllte Neidforderungen

13.01.2018

| Lesedauer: 2 Minuten
60 inhaltliche Punkte in den Sondierungen oder 80 Prozent ihrer Forderungen durchgesetzt zu haben, beansprucht die SPD-Führung. Aber es rumort in der Partei, denn was nützen alle sozialen Wohltaten, wenn der Neid unbefriedigt bleibt?

In einer „Erfolgsliste“, die die SPD am Freitag verbreitete, wird unter anderem die Vereinbarung aufgeführt, das Rentenniveau bis 2025 auf 48 Prozent abzusichern (das jedoch bis dahin ohnehin nicht unter diese Grenze gesunken wäre). Als Erfolge verbucht die SPD zudem die steuerfinanzierte Grundrente für langjährig Versicherte, das Recht auf Rückkehr in Vollzeit und die Entlastung von Eltern bei Kita-Beiträgen. Weitere soziale Wohltaten sind der staatliche Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose, ein Sofortprogramm in der Pflege, eine bessere Erwerbsminderungsrente, die Wiederherstellung der Parität bei den Krankenkassenbeiträgen, der Bau von 1,5 Millionen Wohnungen usw.

Neidinstinkt unbefriedigt

Nachdem die Genossen in den vergangenen Jahren ohnehin von der Union fast alles bekommen hatten, was sie wollten (Mietpreisbremse, Mindestlohn, Rente mit 63, Frauenquote in Aufsichtsräten usw.) müssten all diese weiteren sozialen Wohltaten ein Grund zur Freude für die SPD-Klientel sein. Aber wer so denkt, hat das sozialdemokratische Grundgefühl nicht verstanden: Was zählen noch so viele Dinge, die man bekommt, wenn den anderen nichts weggenommen wird?

So klagen die Jusos und die SPD-Linke: Es wurde keine Vermögensteuer beschlossen und der Spitzensteuersatz nicht erhöht. Und es bleibt bei der schreienden Ungerechtigkeit, dass der eine Patient im Wartezimmer nicht so lange warten muss wie der andere, weil die „Bürgerversicherung“ nicht durchgesetzt werden konnte. Warum tut das alles so sehr weh? Weil „soziale Gerechtigkeit“ für die Genossen eben nicht vor allem heißt, selbst mehr zu bekommen, sondern vor allem, den anderen etwas wegzunehmen. Zwar wäre es keinem Arbeiter und keiner allein erziehenden Mutter dadurch besser gegangen, dass man „den Reichen“ durch Erhöhung des Spitzensteuersatzes etwas wegnimmt und sie in die Einheits-Genossenversicherung zwingt. Aber geht es wirklich vor allem darum, selbst mehr zu haben?

Die „symbolische Wirkung“

Dem Neidischen ist das im Grunde zweitrangig. Er möchte zwar auch mehr für sich selbst, aber noch viel befriedigender ist es, dem anderen – in diesem Fall: „den Reichen“ – etwas zu nehmen. Wenn man rechnerisch nachweist, dass eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder eine „Bürgerversicherung“ dem kleinen Mann gar keine Vorteile bringen würde, dann verweisen Jusos und SPD-Linke stets auf die „symbolische Wirkung“, die doch viel wichtiger sei. Gemeint ist damit: „Ja, wir wissen schon, dass uns selbst das nichts bringt, aber es ist doch ein so wichtiges Zeichen von mehr sozialer Gerechtigkeit, wenn die Besserverdiener und die Reichen stärker zur Kasse gebeten werden.“ Und weil dieses Neidgefühl nicht befriedigt wurde, wird es massiven Widerstand gegen die GroKo geben – trotz der weitreichenden Zugeständnisse der Union. Wenn die Funktionäre und Mitglieder der SPD trotzdem für die Groko stimmen sollten, dann ausschließlich aus der Furcht, dass die SPD bei Neuwahlen weit unter die 20 Prozent rutschen und die AfD noch stärker werden könnte. Dennoch halte ich es noch nicht für sicher, dass der Sondierungs-Kompromiss die Hürden bei Mitgliedern und Funktionären der SPD nimmt. Denn das hieße, zu unterschätzen, wie sehr das Gefühl der unbefriedigten Neidinstinkte schmerzt.

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67 Kommentare

  1. Es wird Zeit, dass die Merkel verschwindet, was hat sie denn für das Volk gebracht, die sie gewählt haben, nichts. Kinder-und Rentnerarmut und die Schere zwischen Arm und Reich ist zu überwinden. Probleme nur aussitzen, wie bei Kohl, nur das hat sie von ihm gelernt, nichts weiter. Die will nur weiter Kanzler. Deutschland braucht eine Veränderung in der Politik, denn je, aber für das Volk. Aber nicht wieder den Beitrag löschen, wie gerade zuvor !!!

  2. Sehr geehrter Herr Zitelmann,
    entwerten Sie bitte nicht ihre Artikel durch das verwenden von Kampfbegriffen. Als jemand, der sich nicht gern in ein sozial-liberal-Schema pressen lassen möchte, sondern je nach Argumentation mal die eine, mal die andere Seite für überzeugender hält, stört es mich doch sehr, dass ich nur die Wahl habe von der einen Seite als „neidisch“ betrachtet zu werden oder aber, wenn ich der Argumentation der liberalen Folge, mir von der anderen Seite vorwerfen lassen zu müssen, Leute auszubeuten. Soweit ich das sehe, würde es beiden Seiten sehr gut tun, anzuerkennen, dass es noch eine andere Seite der Medaille gibt. Nicht zuletzt sind gerade die beiden Volksparteien deshalb abgestürzt, weil sie den Blick über den Tellerrand verweigerten.

  3. „Und es bleibt bei der schreienden Ungerechtigkeit, dass der eine Patient im Wartezimmer nicht so lange warten muss wie der andere, weil die „Bürgerversicherung“ nicht durchgesetzt werden konnte.“
    Ich habe gelesen, dass nicht wenige Flüchtlinge aus rechtlichen Gründen in eine private Krankenversicherung eingetragen wurden. Wenn das wahr ist, dann sollte das dringend geändert werden. Es kann nicht angehen, dass Leute, die jeden Monat ihren Beitrag zahlen, schlechtere Leistungen erhalten als Leute, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit illegal im Land aufhalten.

  4. Was bei der ganzen Angelegenheit so ekelhaft ist, dass man mit € 60000, also € 5000 brutto, bereits zu den „Reichen“ gezählt wird! DAS ist die absolute Perversion dessen, was „Gerechtigkeit“ eigentlich meint! Wer, wie z.B. mein Vater, 70-80 Stunden pro Woche arbeitet, um das Haus abzubezahlen und sich einen Familienurlaub leisten kann, der muss zusätzlich zu den gut 22% Abgaben für KV und RV zusätzlich 42% Lohnsteuern bezahlen und von seinem Nettogehalt noch einmal 19% „Märchensteuer“!?
    Gleichzeitig werden UMFs in diesem Land in 190qm Wohnhäusern untergebracht, es entstehen monatliche Kosten von € 5000-6000, aber eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind muss mit € 600 überleben?

    • „Was bei der ganzen Angelegenheit so ekelhaft ist, dass man mit € 60000, also € 5000 brutto, bereits zu den „Reichen“ gezählt wird!“
      Meiner Ansicht nach, wäre es am fairsten, wenn man für Menschen in der Gehaltsklasse Ihres Vaters die Steuern senken würde und bei der Oberschicht in einem vertretbaren Rahmen anheben würde (ich rede hier nicht von vielen Prozenten,aber soweit, dass man die Mittelschicht entlasten kann).

  5. Sollen sie. Ernsthaft. Sollen sie alles durchsetzen, was sie wollen (die linken Ideologen). Am besten sogar noch mehr. Es muss ja ohnehin schon Geld in riesigen Mengen gedruckt oder generiert (wie auch immer genannt) werden. Soll es noch mehr werden.

    Irgendwann ist es das Papier nicht mehr wert, auf dem der Euro gedruckt ist. Irgendwann ist alles kollabiert aufgrund linker Realitätsferne. Je schneller sie ihre „Gerechtigkeitsmodelle alá besserer DDR“ umsetzen, desto schneller verschwindet das linke Übel in den Abflusslöchern der Zeit.

    Linke Ideologie schiebt einen der größten Leichenberge in der Geschichte der Menschheit vor sich her. Sollen sie die, die das alles überlebt haben, ausquetschen bis zum letzten Tropfen. Erst dann, denke ich, ist die ganze Welt bereit für eine heilende Grundreinigung. Dass es linken Ideologien nicht schon längst wie dem Faschismus ergangen ist, nämlich geschmäht zu werden, verstehe ich nicht.

    • „Dass es linken Ideologien nicht schon längst wie dem Faschismus ergangen ist, nämlich geschmäht zu werden, verstehe ich nicht.“
      Ganz einfach, weil manche Menschen trotz Arbeit gerade so über die Runden kommen und noch weniger Geld für diese Menschen keine Alternative ist, wenden sie sich den Linken zu, selbst wenn sie bei Weitem nicht alle deren Ziele teilen.

  6. Oft in letzter Zeit manifestiert sich in mir ein Gefühl: Wir befinden uns bereits in einer Diktatur. Selbst Wahlen nützen nix mehr für die Selbsterkenntnis derjenigen, die abgestraft wurden. So agieren nur Diktatoren.

  7. Selbstverständlich geht es um Neid, und um nichts anderes. Die Produktion geht logisch dem Raub vor. Jeder Mensch muss essen, um zu überleben. Entweder muss er dafür selber etwas produzieren, oder er muss stehlen. Die Sozis nennen das stehlen „Solidarisch“ sein oder „Staat“. Produzieren ist mühselig, Rauben geht schneller. Es geht um das Eigentum von anderen, dass man gerne selber haben möchte. Und welches Wort beschreibt dieses Verlangen besser als „Neid“. (Literaturtip: Helmut Schoeck, Der Neid und die Gesellschaft)

    • Stehlen? Steuern sind kein Diebstahl. Noch nie davon gehört, dass wir in einer sozialen Marktwirtschaft leben? Das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG unterliegt der Schranke des Allgemeinwohls. Ohne die Grundlagen dieser sozialen Marktwirtschaft hätten viele den Sprung nach oben nie geschafft. Der Grund warum es Europa besser geht, als jedem anderen Kontingent, ist dass er jedem Menschen die Möglichkeit gibt, sich zu verwirklichen und etwa aus seinem Leben zu machen. Schauen Sie sich Staaten an, in denen der Staat sich um nichts kümmert. Wollen Sie in so einem Land leben?

  8. Das Thema Innere Sicherheit, dessen bemüht-verkrampfte Ausblendung für Schulz´ Wahldesaster ursächlich war, sucht man auch auf den 29 Seiten Sondierungsgeschwafel vergeblich. Und stolpert dabei über Sätze wie diesen: „Dabei streben wir einen politischen Stil an, der die öffentliche Debatte belebt, Unterschiede sichtbar bleiben lässt und damit die Demokratie stärkt.“

    Mehr Bürgerverarsche geht nun wirklich nicht mehr!

  9. der unzuverlässige Mehrheitsbeschaffer, die SPD, fordert heute schon „Führende Sozialdemokraten fordern Nachbesserungen“ https://www.welt.de/politik/article172449922/SPD-Politiker-Ralf-Stegner-und-Alexander-Schweitzer-wollen-Nachbesserungen.html

    Da wird und wurde immer verkauft: eine Minderheitenregierung würde die Stabilität im Lande gefährden. Mit dieser Mehrheitbeschafferin aber wird die Stabilität ungleich größer gefährded.

  10. Mitleid bekommt man umsonst, Neid muss man sich erarbeiten. Wenn das hier in Deutschland so weitergeht, dann gibt es bald kaum noch jemanden, auf den man neidisch sein könnte, weil alle Leistungsträger abwandern.

    • „dann gibt es bald kaum noch jemanden, auf den man neidisch sein könnte, weil alle Leistungsträger abwandern.“
      Das ist doch Unsinn. Gab es eine Massenabwanderung aus Frankreich oder Griechenland abgewandert, seit die Steuern dort angehoben wurden? Diejenigen, die ihr Geld ins Ausland verlagern können, haben es schon lange getan. Diejenigen zahlen ihr ohnehin keine Steuern. Im Übrigen ist es in erster Linie die Mittelschicht, die von den Steuern belastet wird, die oberen Zehntausend zahlen im direkten Vergleich wenig.

      • naja, in den Großstädten hat die Miitelschicht bereits Probleme, bezahlbaren Wohnraum zu finden, war neulich ein Artikel im Fokus. Ich spreche auch nicht von den zur Zeit 50+jährigen, sondern eher von der heutigen gebildeten Jugend. Die sind jetzt schon international im Netz unterwegs, gehen mal für ein Jahr ins Ausland usw. Glauben Sie im Ernst, dass diese jungen Leute sich das hier noch antun werden ?

  11. Als diplomierter Berlinversteher kann ich nur bestätigen, dass die Motivation der SPD zumindest teilweise auf dem Konzept der Sozialneids beruht. Allerdings sollte man niemals ausser Acht lassen, dass es auch um Politik geht: Chulz will einer schwindenden Parteibasis den Sankt Martin machen, im Tausch gegen die Vizekanzlerschaft.

    • „Als diplomierter Berlinversteher kann ich nur bestätigen, dass die Motivation der SPD zumindest teilweise auf dem Konzept der Sozialneids beruht.“
      Ein Multimillionär wie Schulz ist ganz gewiss nicht neidisch.

  12. Ideologen sind scharfe Denker, die sich durch Tatsachen nicht beirren lassen. Zu dumm nur bei der SPD, dass ihr auch die scharfen Denker abhanden gekommen sind

    • Die scharfen Denker in der SPD gibt es schon noch. Man erkennt sie daran, dass sie immer scharf in die falsche Richtung denken.

  13. Glauben Sie eigentlich selbst was Sie schreiben Herr Zitelmann ?
    Die Bürgerversicherung auf kürzere Wartezeiten beim Arzt zu reduzieren ist ja wohl ein Witz. Eine Bürgerversicherung würde dazu führen, dass auch sämtliche unserer Beamten und Politiker, sich an den Krankenkosten der Flüchtlinge beteiligen dürften. Den Privatarzt und das Ein- Zweibettzimmer können sie doch gerne privat absichern. Mit Neid hat das wahrlich nichts zu tun, sondern mit Gerechtigkeit. Aber das scheint Ihnen kein Begriff zu sein. Aber dieser Begriff ist in unserem Land durch unser Politiker ja eh schon unter die Räder gekommen. Diese Wegelagerer schauen doch nur noch drauf, dass es ihnen selber gut geht. Der Wille des Volkes interessiert diese Herrschaften doch schon lange nicht mehr. Und durch unser „tolles“ Schulsystem ist ja auch nicht viel Gegenwehr vom kleinen Mann zu erwarten., Der Depp steht dabei und klatscht. Es treibt einem Menschen der ein wenig weiter schaut die Tränen in die Augen, wie wir verschaukelt werden.

  14. Ich stimme Ihnen zu, bin mir aber sicher, dass da auch noch mindestens zwei weitere Faktoren eine Rolle spielen. Der eine wäre, dass viele Menschen meinen, sie hätten ein Recht darauf, dass andere die monetären Konsequenzen ihrer persönlichen Entscheidungen zu tragen haben. Der andere ist die alles zersetzende Gier, weil auch hier viele Menschen glauben, dass es eben nicht genug ist, was ihnen „von Rechts wegen“ zugestanden wird. Das vermeintliche Recht auf die Steuergelder anderer wird nicht mehr hinterfragt, nur noch die Höhe des Anteils, der einem zusteht. Bedauerlich, dass die Systemfrage dadurch verhindert wird. Aber genau die soll ja durch Sozialpolitik verhindert werden.

    • „Das vermeintliche Recht auf die Steuergelder anderer wird nicht mehr hinterfragt“
      „Der eine wäre, dass viele Menschen meinen, sie hätten ein Recht darauf, dass andere die monetären Konsequenzen ihrer persönlichen Entscheidungen zu tragen haben.“
      Erst einmal trifft das auf viele Liberale selbst auch zu, wenn der durchschnittliche Steuerzahler Subventionen für Konzerne zahlen soll, wenn große Konzerne alles abschreiben, wenn der Staat die Kosten, die durch Insolvenzen entstehen, tragen soll.
      Davon abgesehen ist die soziale Marktwirtschaft sowohl in Art. 14 GG als auch in Art. 20GG festgeschrieben. Daraus lässt sich ein Recht auf das Existenzminimun ableiten.

      • Ich bin nicht für die Abschaffung des Existenzminimum, sondern eher für ein (fast, weil altersgestaffeltes) bedingungsloses Grundeinkommen, das nicht nur die Existenz, sondern auch die Würde des Menschen sichert. Darüber hinaus gibt es keine „sozialen Wohltaten,“ die von der Politik als Geschenke verteilt werden, aber den Beschenkten zwingen, sich „blank zu ziehen.“ Ich bin für die Abschaffung des Kindergelds, aber für kostenlose Kita und Schule (inkl. Schulmitteln und Mittagstisch). Ich bin gegen die Subventionierung von Löhnen durch Steuermittel. Löhne haben grundsätzlich höher zu sein, als das Grundeinkommen. Ich bin gegen die Berufsausbildung durch Steuergeld. Betriebe haben auszubilden, wenn sie Fachkräfte brauchen. Wenn sie vom Staat ausgebildete Menschen haben wollen, sollen sie die Ausbildungskosten rückerstatten. Subventionen für Firmen nur als Darlehn, können aus den Gewinnen rückerstattet werden. Haftung bei Pleiten für den Firmeneigentümer, wobei eine Übertragung von Vermögen auf Verwandte erst dann zulässig ist, wenn die Haftungssumme erreicht ist. Hätte noch viel mehr Ideen, aber ich wollte nur mal andeuten, was ich mit „Systemfrage“ meinte.

  15. „Schleifung des Sozialstaates“???? Also in den letzten vier Jahren ist genau das Gegenteil passiert. Und die Gehälter der Arbeitnehmer sind kräftig gestiegen. Und was schadet es denen, wenn die Gehälter von Managern vielleicht noch stärker stiegen? Wirtschaft ist kein Nullsummenspiel, wie jene glauben, die vermuten, dass die Welt so funktioniert wie in Brechts Gedicht vom Armen und vom Reichen Mann.

  16. Wie lassen sich der Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit und Neid voneinander trennen?
    Bin ich auf der „besitzenden Seite“ ist es bequemer, Forderungen nach mehr Gerechtigkeit als puren Neid abzutun. Auf der „besitzlosen Seite“ wird sich kaum jemand dieses Motiv zuschreiben. Die gesellschaftliche Debatte sollte schon tiefer gehen, als eine notwendige Diskussion als reine „Neiddebatte“ abzutun.

    • Es ist durch die Forschung erwiesen, dass Neid eine der am meisten verbreiteten Emotionen ist, zu der sich jedoch fast niemand bekennt – im Unterschied zu vielen anderen Emotionen.
      Foster fragt, warum Menschen Gefühle der Schuld, Scham, des Stolzes, der Gier und des Zornes ohne Beeinträchtigung der Selbstachtung anerkennen könnten, nicht jedoch Gefühle des Neids (dies gelte jedenfalls für die amerikanische Gesellschaft). Der Grund sei: „But in recognizing envy in himself, a person is acknowledging inferiority with respect to another; he measures himself against someone else, and finds himself wanting. It is, I think, this implied admission of inferiority, rather than the admission of envy, that is so difficult for us to accept.”

    • Das Grundübel des Mantras von der sozialen Gerechtigkeit besteht darin, dass den Menschen vermittelt wird, Gerechtigkeit bestände ausschließlich in der Gleichheit im Haben (materielle Gleichheit). Der Begriff der Gerechtigkeit stammt aber ursprünglich aus der Rechtslehre und bedeutet nichts anderes als Gleichbehandlung aller Personen vor Gericht, und zwar unabhängig von Stand und Ansehen. Gerechtigkeit vor Gericht heißt aber keineswegs, Ungleiche gleich zu machen, sondern Ungleiche gleich zu behandeln. Wenn aber im sozialistischen Denken/Fordern die Gleichheit der Menschen an Würde, Selbstbestimmung und Rechten allein auf die materielle Gleichheit reduziert wird, macht das die Menschen zum einen tendenziell unglücklich. Denn sie werden sich permanent mit anderen Menschen vergleichen und immer wieder etwas finden, was ein anderer mehr hat. Neid ist also mit der Forderung nach sozialer (materieller) Gerechtigkeit vorprogrammiert. Zum anderen lässt die Forderung nach sozialer (materieller) Gleichheit bewusst die natürliche Ungleichheit der Menschen im Sein (Bildung, körperlichen Kraft und Gesundheit, Motivation, Fleiß, Ehrgeiz, Begabung, Selbstdisziplin, Ehrgeiz, Widerstandsfähigkeit etc.) außer Acht. Mit dieser Ungleichheit im Sein geht aber naturgegeben immer wieder auch eine Ungleichheit im Haben einher, es sei denn, es wird durch Gewalt (Gesetze) verhindert. Sozialdemokraten, Grüne, Linke werden daher stets versuchen, denjenigen, die mehr haben, durch Zwang (Gesetze) immer mehr wegzunehmen, um die Ungleichheit im Haben abzubauen. Allerdings hat das auch einen Nachteil. Denn diejenigen, die durch ihre Leistung, durch ihren Einsatz, durch ihre Einzigartigkeit im Sein mehr haben als andere, werden früher oder später Mittel und Wege finden, um dieses Haben abzusichern. Möglicherweise werden die Leistungsträger dann dieses Land verlassen. Es wird dann aber auf Dauer immer weniger verteilt werden können.

      • Die Forderung nach materieller Gleichheit sehe ich bei der Mehrheit derjenigen, die sich für mehr soziale Gerechtigkeit aussprechen, nicht. Dieses angebliche „Mantra“ ist eine Legende.
        Soziale Gerechtigkeit bedeutet für mich vor allem Chancengleichheit bei identischen individuellen Voraussetzungen (Intelligenz etc.). Wenn Chancen davon abhängen, in welchem Umfeld man geboren ist, dann besteht ein Ungleichgewicht, das für jede Gesellschaft gefährlich ist.
        Ich halte viel von einer Gesellschaftsform, die das Maß an Ungleichheit zulässt, bei dem es den Schwächsten am besten geht. Hierüber halte ich eine Diskussion für sinnvoll.

      • Ein demokratischer Sozialstaat sollte tatsächlich für eine Chancengleichheit seiner Bürger Sorge tragen. Dieses setzt allerdings die Anerkennung der Ungleichheit der Menschen in ihrem Sein voraus. Genau hieran scheitert es bei der SPD, den Linken, und Grünen gegenwärtig, weil sie in ihrem Denken nur die materielle Ungleichheit der Menschen (ungleiches Haben) beachten und durch Umverteilung beheben wollen. Unter der Prämisse der Anerkennung der Ungleichheit der Menschen in ihrem Sein sind durch den Staat die Mittel bereitzustellen sowie Instrumente und Einrichtungen zu schaffen, um den im Sein ungleichen Menschen eine optimale Entwicklung zu ermöglichen. Hierzu gehört bspw. der kostenlose Zugang zu Bildungseinrichtungen, gezielte Förderung des Einzelnen – geistig behinderte anders als hochbegabte Menschen. Chancengleichheit wird aber zum einen nicht durch Gleichmacherei (u. a. Absenkung der Bildungsstandards, schrankenlose Inklusion) geschaffen. Zum anderen muss der Mensch seine Chancen auch wahrnehmen, das heißt selbst aktiv werden.

      • Exzellent ihre Darstellung liebe Anne!!

  17. Wie sagte Gabriel heute so nett: „Bringt es uns irgendetwas, wenn Wir Nein sagen? Dann können wir all die Wohltaten nicht verteilen. Also bringt uns ein Nein nichts.“

    Da bei den Wohltaten so ziemlich für jeden etwas dabei ist, könnte das „Haben wollen“ doch bei der Basis wichtiger sein, als der Neid…

  18. Die Linke propagiert das „Projekt 15 Prozent“- dann wird die Linke bald auf Augenhöhe mit der SPD sein.

    • 2x 15% sind dann doch
      auch nicht nichts, oder?

  19. Danke, Herr Zitelmann. Manche werden lamentieren, Sie unterstellten den Super Parity Demanders (SPD) und ihrem Milieu auf küchenpsychologische Art niedere Beweggründe. Hierzu gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass die Befürwortung von Umverteilung primär durch (a) Neid auf Reiche, (b) Mitleid mit Armen, (c) Eigennutz im Sinne der Hoffnung, von der Umverteilung zu profitieren, getrieben sind. Das Gefühl der Fairness ist sekundär oder irrelevant.

    Siehe dazu zum Beispiel: Sznycer, Daniel, Lopez Seal, Maria Florencia, Sell, Aaron, Lim, Julian, Porat, Roni, Shalvi, Shaul, Halperin, Eran, Cosmides, Leda & Tooby, John (2017). Support for Redistribution is Shaped by Compassion, Envy, and Self-Interest, but not a Taste for Fairness. Proceedings of the National Academy of Science of the United States (PNAS) doi: 10.1073/pnas.1703801114

    • Vielen Dank. SOLCHE Leserzuschriften wünsche ich mir mehr. Ich bin gerade bei einer großen wissenschaftlichen Untersuchung zu diesem Thema, und daher habe ich mir den Aufsatz, den ich noch nicht kannte, sofort bestellt. Ich darf mich revanchieren mit dem Hinweis auf Richard H. Smitz, Envy, Theory and Research (2008). Den Klassiker von Schoeck zum Thema kennen Sie bestimmt, vermute ich. Danke nochmal.

      • Vielen Dank. Es gibt noch weitere neuere Literatur zum Thema, denn das ist in den USA ein aktuelles Forschungsthema. Das Ergebnis ist (naturgemäß) nicht ganz homogen, geht aber i.W. in die beschriebene Richtung. Ich werde Sie dazu informieren und Ihnen Literatur zukommen lassen.
        Sicher gehört zu den Treppenwitzen der Geschichte, dass Ideologien, die am ehesten auf – nun ja – niederen Instinkten beruhen, sich als vergeistigt edel & gut zu deklarieren pflegen. Das belegt die These, dass Menschen ihren Verstand hauptsächlich zur Rationalisierung ihrer Vorurteile und Interessen benutzen, als sozusagen intellektueller Überbau des Phänomens, dass in der Evolution vermutlich die Entwicklung der Intelligenz wesentlich an die Virtuosität der direkten sozialen Interaktion in der Kleingruppe gekoppelt war. Andererseits kommt einem natürlich gleich Nietzsche in den Sinn mit seiner Kritik der Moral der „Zukurzgekommenen“, wie er sie nennt. Als allgemein erhellende Lektüre empfehle ich noch von Arnold Gehlen „Moral und Hypermoral“ von 1969; Sie werden aus dem Staunen nicht herauskommen.

      • „Sicher gehört zu den Treppenwitzen der Geschichte, dass Ideologien, die am ehesten auf – nun ja – niederen Instinkten beruhen, sich als vergeistigt edel & gut zu deklarieren pflegen. “
        Sie haben hier einfach einen Denkfehler. Zwar ist eine rein sozialistische Argumentationsweise aus den von Ihnen genannten Gründen ideologisch, eine Argumentation, die jedoch ins andere Extrem schlägt und die soziale Marktwirtschaft überwinden will, ist aber genauso realitätsfern.

    • Das ist ja schön und gut, aber wenn man eine Studie über die Beweggründe von Liberalen aufstellt, würden die vermutlich nicht besser wegkommen.

      • Können Sie das präzisieren? Können Sie Ergebnisse solcher Studien bei Liberalen nennen? Ändert ein eventuelles Ergebnis bei Liberalen etwas an dem von mir geschilderten Ergebnis, dass die Motivation hinter der hohen Moralität von Gerechtigkeitsaposteln nicht allzu edel zu sein scheint? Darum ging es doch, oder nicht? Oder äußert sich Ihre Expertise hauptsächlich im Ablenken sowie im Abgeben von Negativbewertungen?

  20. Es gibt eine noch stärkere Antriebsfeder für die Sozialisten als Neid, nämlich Machterhalt und Verlust weiterer Mandate bei Neuwahlen. Deswegen wird im Schmierentheater des Intendanten Frank-Walter Steinmeier der Vorhang nicht vorzeitig fallen auf dem SPD-Parteitag. Der vierte Akt des Dramas „Merkel oder wie man eine Nation zerstört“ kann wie geplant weitergehen.

    • „Es gibt eine noch stärkere Antriebsfeder für die Sozialisten als Neid, nämlich Machterhalt und Verlust weiterer Mandate bei Neuwahlen.“
      Das ist die einzige Antriebsfeder in meinen Augen. Niemand macht Politik um jemand anderen zu bereichern oder ihm etwas wegzunehmen. Vornehmlich geht es immer um den eigenen Machterhalt. Für so dumm halte ich die SPD auch wieder nicht, sich rein von Emotionen leiten zu lassen.

  21. das ist es auf den Punkt gebracht: der Sozi ist erst glücklich, wenn dem „Reichen“ etwas weggenommen wird, der Grüne erst dann, wenn er anderen etwas verbieten kann.

    • Das merke ich mir 🙂 Alles in einem Satz gesagt. Und Merkel ist nur glücklich, wenn sie regieren kann, alles andere ist egal.

      • Na solange wie ein afrikanischer Despot wird auch Mutti nicht regieren wollen.

    • “ der Sozi ist erst glücklich, wenn dem „Reichen“ etwas weggenommen wird, der Grüne erst dann, wenn er anderen etwas verbieten kann.“
      Ich bin zwar kein Fan von irgendeiner dieser beiden Parteien. Aber man kann auch nicht immer alle Mitglieder so über einen Kamm scheren. Jede Partei hat ihr Klientel. Da kenne ich keine Ausnahme. Und wenn die SPD-Politik sich tatsächlich gegen Reiche (den Begriff braucht man nicht in Anführungzeichen zu setzen, denn objektiv gibt es nunmal Leute die viel Geld besitzen) richten würde, dann wäre Martin Schulz selbst auch betroffen. Er wird seine Politik schon so ausrichten, dass er selbst nicht zur Kasse gebeten wird. Und die meisten derjenigen, die sich hier beklagen, haben auch nicht mehr Vermögen als Schulz würde ich mal behaupten.

  22. In der politischen Auseinandersetzung immer und immer wieder den angeblichen Neid der Menschen zu thematisieren, erfolgt nach denselben Regeln wie etwa die wohlbekannte Verwendung von Begriffen wie Rechtspopulist oder Rassist. Ziel ist und bleibt stets die unentwegte Konditionierung der Menschen mit Hilfe solcher Totschlagargumente, auf deren Nährboden ausgezeichnet Denkklischees gedeihen.

    Es gibt genügend sachliche Gründe, die gegen eine weitere Erhöhung der Staatsquote sprechen. Aber Ideologisierung – verbunden mit Emotionalisierung und persönlichen Angriffen – verhindert eben in den meisten Fällen eine erkenntnisfördernde Debatte. Dieses emotionale Auf und Ab (mit seiner Skandalisierungswut, seiner Empörungsbereitschaft und seinen Diffamierungskampagnen) geht mir allmählich gewaltig auf die Nerven.

    • Nun der Neid ist kein „angebliches“ Phänomen, sondern eine anthropologische Tatsache. Ich empfehle z.B. das Standardwerk des Soziologen Schoeck, Neid. Eine Theorie der Gesellschaft. Oder diesen Forschungsüberbkick von 2008: Richard Smitz, Envy. Theory and Research. Ansonsten stimme ich Ihrer Kritik an der Debattenkultur übrigens ausdrücklich zu.

      • So richtig Ihre Bemerkung ist, daß der Neid eine anthropologische Tatsache sei, so wenig entkräftet Ihr Hinweis meine Kritik, daß alleine der Neid Ausgangspunkt aller sozialen Bewegungen sei. So schreiben Sie des Weiteren in einem Kommentar: „Es ist durch die Forschung erwiesen, daß Neid eine der am meisten verbreiteten Emotionen ist, zu der sich jedoch fast niemand bekennt – im Unterschied zu vielen anderen Emotionen. Das ist natürlich richtig. Gerade deshalb läßt sich aber diese Tatsache auch so trefflich in ein Totschlagargument umwandeln. Daß Neid durchaus eine herausragende Rolle bei sozialpolitischen Auseinandersetzungen spielen kann, ist und bleibt unbestritten.

        Würde es aber abseits von Neidgefühlen keine rationalen Gründe geben, beispielsweise Leibeigenschaft, Feudalherrschaft, Ständegesellschaft, Kinderarbeit etc. politisch zu bekämpfen, könnte in Anlehnung an einen bekannten Aphorismus der Fürst nach wie vor zum Bischof sagen: „Halte Du sie dumm, ich halte sie arm!“

      • Der Neid hat eine durchaus positive Funktion in einer Gesellschaft, wenn LEISTUNG das anerkannte Mittel ist, das Gefälle, welches Neid auslöst, zu überwinden. Dadurch wird Neid zum Treibstoff der Gesellschaft, des gesellschaftlichen Wohlstands.
        Aber genau daran krankt jegliche linke Ideologie. Leistung (weil sich dahinter Talent und Fähigkeiten verbergen, die dem Gleichheitsdogma der Linken widersprechen) ist verpönt und wird verteufelt, ebenso wie Eigenschaften, die die Leistungsbereitschaft unterfüttern (Zitat Oskar Lafontaine, damals SPD: „Helmut Schmidt spricht weiter von Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit. […] Das sind Sekundärtugenden. Ganz präzis gesagt: Damit kann man auch ein KZ betreiben.“
        Quelle: STERN, 15. Juli 1982, Diskussion um den NATO-Doppelbeschluss.

        Der Mangel an Talent und Fähigkeiten wird dann nicht durch eigene Anstrengung sondern durch Einnehmen einer Opferrolle kompensiert. Das ist einfacher, führt aber unausweichlich zu eben jenen Neidgefühlen, weil man denen, den es aus eigener Leistung besser geht, die Legitimität dieses Wohlstandes absprechen kann.

        Die Grenze, ab wann solche Neidgefühle akzeptabel sind, werden immer enger gezogen. Nun sind schon Leute, die 60.000 Euro brutto im Jahr verdienen, plötzlich „reich“. Indem man die Belastungen immer weiter erhöht und mit dem damit gewonnenen Finanzpotential die wachsende Zahl jener füttert, die nichts oder nur wenig zum Wohlstand unserer Gesellschaft beitragen, bringt man alles in Schieflage. Denn dieses Geld kann dann nicht mehr individuell für wichtige Dinge wie Kinder, deren Ausbildung, Eigenheime, besser ausgestattete Wohnungen, qualitativ bessere Lebensmittel, gesünderen Lebensstil etc. ausgegeben werden.
        Der linke Neid und seine Folgen ist daher schädlich für den Bestand unserer Gesellschaft, das Bildungsniveau und damit auch für unseren Wohlstand

      • „Die Grenze, ab wann solche Neidgefühle akzeptabel sind, werden immer enger gezogen. Nun sind schon Leute, die 60.000 Euro brutto im Jahr verdienen, plötzlich „reich“. “
        Wer ordnet Leute, die 60000€ brutto verdienen als reich ein? Das sind Mittelschichtler. Aber wer nicht 60000€, sondern 600000€ im Jahr verdient, der darf sich nicht beklagen, dass er als reich gilt.

      • Von Schoeck ist auch „Das Recht auf Ungleichheit“. Lesenswert

      • Kann ich auch sehr empfehlen! Schoeck war ein kluger Autor.

      • So richtig Ihre Bemerkung ist, daß der Neid eine anthropologische Tatsache sei, so wenig entkräftet Ihr Hinweis meine Kritik, daß alleine der Neid Ausgangspunkt aller sozialen Bewegungen sei. So schreiben Sie des Weiteren in einem Kommentar: „Es ist durch die Forschung erwiesen, daß Neid eine der am meisten verbreiteten Emotionen ist, zu der sich jedoch fast niemand bekennt – im Unterschied zu vielen anderen Emotionen. Das ist natürlich richtig. Gerade deshalb läßt sich aber diese Tatsache auch so trefflich in ein Totschlagargument umwandeln. Daß Neid durchaus eine herausragende Rolle bei sozialpolitischen Auseinandersetzungen spielen kann, ist und bleibt unbestritten.

        Würde es aber abseits von Neidgefühlen keine rationalen Gründe geben, beispielsweise Leibeigenschaft, Feudalherrschaft, Ständegesellschaft, Kinderarbeit etc. politisch zu bekämpfen, könnte in Anlehnung an einen bekannten Aphorismus der Fürst nach wie vor zum Bischof sagen: „Halte Du sie dumm, ich halte sie arm!“

      • Nun, wir sprechen hier nicht von Kinderarbeit und Leibeigenschaft, sondern davon, dass in einer Zeit, wo die Steuereinnahmen so hoch sind wie niemals zuvor in der deutschen Geschichte von der SPD eine Erhöhung der Einkommensteuer für jene gefordert wurden, die bereits jetzt das Gros dieser Steuer zahlen.

      • Übrigens:
        Die intraspezifische Aggression ist ebenfalls eine anthropologische Tatsache. Bis zu welchem Ausmaß rechtfertigt nun ihre arterhaltende Leistung eine „Ellenbogengesellschaft“?

    • Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu. „Neid“ ist im hier gebrauchten Sinn ein rhetorischer „Kampfbegriff“. Der Hinweis auf eine angebliche „Neiddebatte“ soll die Gegenseite diskreditieren und wird zur Killerphrase. Oder sitze ich da gerade einer „Verschwörungstheorie“ auf? 😉

  23. Sehr schön auf den springenden Punkt gedeutet: Neid. Neid ist das Urgefühl der Sozialdemokratie, die ohne Neid wohl niemals groß geworden wäre. Und ja, es geht darum, anderen etwas wegzunehmen, aber nie so viel, daß der Neid verschwindet; denn die Spaltung der Gesellschaft ist das Grundnahrungsmittel politischer Herrschaft. Divide et impera! Geht das Volk geschlossen dazu über, nicht mehr die Reichen, sondern die Regierenden als ihre ersten Gegner anzuerkennen, ist das Ende der Politik besiegelt und die Freiheit hat gewonnen.

    • „Neid. Neid ist das Urgefühl der Sozialdemokratie, die ohne Neid wohl niemals groß geworden wäre. Und ja, es geht darum, anderen etwas wegzunehmen, aber nie so viel, daß der Neid verschwindet“
      Vielleicht sollten Sie mal über Ihren eigenen Tellerrand schauen und mal tatsächlich mit Leuten reden, die Geldprobleme haben. Sie werden niemanden finden, der sagt „die Reichen haben zuviel“, sondern die Leute machen sich Sorgen um ihre eigene Zukunft.

  24. Das Beste ist das Tielbild.
    Dieser zur Schau gestellte grimmige Blick von Schulz, Nahles und Scholz.
    Da fehlt gegenüber nur noch ein Spiegel.
    Und wenn die „3 von der Tanstelle“ dann in diesen Spiegel schauen, fällt ihnen automatisch der Spruch von Wolfgang Herles ein:
    „Das Netzwerk der Berliner Republik wird von selbstvergessenen, machtbesessenen Schwätzern gestellt, die dem Publikum ihre eigene Beschränktheit als Lösung anpreisen.“

  25. Nein – bei den verbliebenen SPD – Funktionären oder Mitgliedern geht es nicht um Neid. Sind sie doch alle wohl besoldet. Keine Malocher zum Mindestlohn. Nur Ideologen, die sich in ihrem sozialen Gerechtigkeitswahn suhlen.

    • Ja, aber diese Ideologen wissen, wie man wohlfeil niedrige menschliche Attitüde zum Zweck des Machterhalts bedient. Martin Schulz kann sich nach dem Sondierungserfolg als Wahlsieger fühlen. Merkel hat sich die „Macht“ gesichert (ein Pyrrhussieg) und das Land wurde in keiner Weise zukunftsfester gemacht. Aber die politischen Veränderungen um uns herum geben mir Hoffnung, dass auch in unserem Land diese Art von Politikern recht bald im Orkus der Geschichte verschwindet. Wir selbst haben es in der Hand.

    • Aber das Gefolge aka Genossen im Ortsverband,muss den
      Eindruck haben, „wir haben ihnen wieder etwas weggenommen.“
      Klassenkampf hört erst auf , wenn nichts mehr zu erbeuten ist.

    • Verstehe ich nicht: bekanntlich wird Neid nicht durch absolute Niveauwerte, sondern durch relative Beziehungen zu Anderen erzeugt. Also, mal einfach gesprochen: der beim Staat oder der Sozialindustrie beschäftigte Linke mit satten 50.000 € p.a kann doch wohl immer noch kräftig neidisch auf seinen Nachbarn sein, der als IT-Experte in der Wirtschaft 100.000 € p.a verdient, oder?

    • Mal unabhängig von der SPD und unabhängig von dem vermuteten Neid:

      Die arbeitende Mittelschicht hat das Gefühl, sie zahlt überproportional für die Unterschicht (z.B. in der GKV) und erhält trotz hoher Beiträge zu wenig Leistung für sich selbst. Mit starker Tendenz zur Verschlechterung. So.

      Die Mittelschicht hat aber keine Macht und wird nicht gehört, im Gegenteil, es kommen immer neue bedürftige Nichtzahler hinzu. Über diese Zugänge und über die ganze Ausgestaltung entscheiden Personen, die nur von außen auf das System schauen, aber nicht selbst Teilnehmer sind. Daher erleben sie nicht die bürokratische Härte und daher fühlen sie nicht die Demütigung.

      Wenn sie gezwungen wären, sich dem höchst selbst auch auszusetzen, dann erst könnte es zu einer Änderung des Systems kommen, weil nur dann überhaupt „Leute mit Macht“, die gehört werden und vielfältige Kontakte zu anderen „Leuten mit Macht“ haben, ernsthaft zur Tat schreiten würden und eine Verbesserung für alle Einzahlenden bewirken würden. Dass es unaushaltbar ist, merkt man nur, wenn man „drin“ ist.

      Seien wir ehrlich, momentan ist die Oberschicht froh, die Nichtzahler der Mittelschicht aufgedrückt zu haben. Wenn das anders wäre, könnte sich ruckzuck was ändern.

      Das ist die Hoffnung. Ich hab jedenfalls keine Macht, mich hört keiner, wenn ich sage: Die Arbeitsjahre gehören berücksichtigt. Langjährige Arbeitsleistung muss (auch bei späterer Arbeitslosigkeit) zu bevorzugter Berechtigung und erhöhten Leistungen führen. Und damit zu reduzierter Leistung in einem separaten System bei „Beruf Hartz4“ ohne Arbeitsjahre.

      • Sie liegen damit nicht so ganz richtig. Die „Oberschicht“ zahlt bereits einen großen Teil der Steuereinnahmen (wenn ich nicht recht erinnere, zahlen die reichsten 10% der Bevölkerung etwa 50% der Steuern, die unteren 50% in der Einkommensskala nur 10%). Auf der anderen Seite definieren die „Linken“ in der gleichnamigen Partei, aber auch bei SPD und Grünen alle, die mehr als 60.000 Euro pro Jahr verdienen, als „reich“ und muten ihnen den Spitzensteuersatz zu. Konkret bedeutet das einen Monatsverdienst von 5.000 Euro bzw. ca. 4.600 Euro bei einem 13. Monatsgehalt. Das können gut ausgebildete Facharbeiter, Krankenschwestern mit langjähriger Berufserfahrung und Diensten oder selbständige Handwerker durchaus erreichen. Sind das wirklich „Reiche“ oder nicht doch eher die Mittelschicht, die da noch mehr geschröpft werden soll?
        Richtig ist, dass die Leistungsträger in Mittel- und Oberschicht immer mehr wenig bis gar nicht leistungsfähige oder leistungsbereite Menschen alimentieren müssen und diese immer mehr fordern – mit Unterstützung der politischen und medialen „Eliten“. Langfristiges Ergebnis dürfte sein, dass die echten Leistungs-Eliten sich eine alternative Zukunft in Ländern suchen, die Leistung noch zu schätzen wissen. Ich selbst bin leider zu alt dafür, aber meine Kinder (Medizinstudentin und Gymnasiast mit realistischem Studienwunsch Pharmazie) arbeiten bereits daran. Mögen andere für Frau Merkels Gäste zahlen!

      • Die Mittelschicht löst sich auf: ich schätze, 50 bis 70 Prozent Richtung untere Mittelschicht und Unterschicht; der Rest als Wasserträger des Systems nach oben.

        Wenn Familien buchstäblich rund um die Uhr arbeiten müssen, nur um mit Ach und Krach über die Runden zu kommen, hat das nichts mehr mit einer ausgewogenen Gesellschaft zu tun.

        Was hier passiert seit ein paar Jahren, das hat ein historisches Ausmaß und wird sicherlich Einzug in die Geschichtsbücher finden. Schaffen es die Eliten, das weiter auszubauen, als „großartige Zeit der Erneuerung, die jeder zu huldigen gezwungen wird“ oder, wenn es die Menschen noch einmal reißen als die Zeit, als „Meinungsfreiheit und eine ausgewogene freie Gesellschaft gerade nach die Kurve kriegten“.

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