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Präsidentschaftswahlen

„Wir sind das Volk!“ – Lehren aus den Frankreich-Wahlen

23.04.2017

| Lesedauer: 5 Minuten
Auch ohne Terror sind die Franzosen zutiefst verunsichert und verstehen die Welt nicht mehr. Daher ihr widersprüchliches Wahlverhalten. Frankreich muss erst zu einer offenen Gesellschaft werden. Das geht nur über Strukturreformen vom politischen System an.

Die feinen Damen von Château-Chinon gehen wieder im Nerzmantel in die Sonntagsmesse. Die Mäntel sind sichtlich schon Jahrzehnte in den Schränken abgehangen und etwas angefressen. Aber es ist eine Demonstration. Ein Signal der Anhänger des konservativen Lagers in der Provinz für François Fillon, den katholischen, ebenso konservativen wie wirtschaftlich neoliberalen Kandidaten, dem in Paris ständig neue Skandalmäntel umgehängt werden. Und das in Château-Chinon, dessen Bürgermeister einmal François Mitterrand hieß, mitten in einer Region (Burgund), die seitdem als eine Hochburg der Sozialisten gilt? Das erzkatholische Frankreich regte sich gegen den linken Filz, die Ausgegrenzten zeigen ihren Frust. Denn ausgegrenzt sind nicht die Jugendlichen mit nordafrikanischen Wurzeln in den Banlieus um Paris, die sich in ihren Parallelgesellschaften gut eingerichtet haben und von Sozialarbeitern betreut werden. Ausgegrenzt ist das konservative, weiße Frankreich auf dem Land mit katholischer Bindung.

Die Trennung von Staat und Kirche im Jahr 1905, das laizistische Leitbild, das nach 1968 in eine Auflösung der Wertehierarchie mündete und heute einen pragmatischen Umgang mit dem Islam und dem Extremismus so schwer macht, sie haben Frankreich zutiefst geprägt und gespalten.

Das Denken in universellen Kategorien wie Gleichheit oder Freiheit und der entsprechende öffentliche Diskurs haben den Werten ihr Leben genommen. Werte sind heute nichts als leere Worthülsen. Wer in der Öffentlichkeit von Werten spricht, macht sich lächerlich. Auf den Höhepunkt hat dies die gesamte Linke getrieben. Sie hat die Menschenrechtserklärung aus dem Jahr 1789 für sich gepachtet. Solidarität, Gerechtigkeit, Republik, das gesamte Wortgeklingel für den eigenen Vorteil ausgebeutet.

Die Wirklichkeit sieht anders aus: soziale Ausgrenzung, Ohnmacht des Bürgers gegenüber der Staatsgewalt und der allgegenwärtigen Zentralverwaltung, Misstrauen den Mitmenschen gegenüber und nicht zuletzt der Obrigkeit.

Das treibt die Bürger zum Protest und erklärt die Vielzahl der Präsidentschaftskandidaten, die sich „gegen das System“ aufstellen. Sie prangern den „amerikanischen Imperialismus“ an, die „Okkupation durch die Finanzwelt“ oder die Vormacht Europas. Das Spektrum reicht von Trotzkismus bis „Rechtsextremismus“. Symbolfiguren hierfür sind Marine Le Pen und Jean-Luc Mélenchon. Was sie so beliebt bei den Wählern macht: Sie gaukeln eine heile Welt vor. Und erheben die Stimme zu dem Ruf: „Wir sind das Volk“. Marine Le Pen sogar explizit in ihrer Parole „Au nom du peuple“: im Namen des Volkes.

In Deutschland ist „im Namen des Volkes“ für die „Rechten“ reserviert; die Kanzlerin spricht von „denen, die schon länger hier sind“. Doch  dieser Begriff bedeutet in Frankreich etwas anderes, nämlich: Alle Staatsgewalt geht von der Regierung und der ihr unterstellten Zentralverwaltung aus. Die Bürger sind in den politischen Entscheidungsprozess nicht eingebunden, da die Gesellschaft nicht organisiert ist, gibt es keine mit den deutschen vergleichbaren Interessenverbände. Die Direktwahl des Präsidenten bedeutet nur, dass die Bürger eine Person an die Spitze des Landes setzen. Ein Recht auf Information über das Handeln der Politiker (und das sonstige Geschehen) sieht die französische Verfassung nicht vor. Deshalb wird das Recht auf freie Meinungsäußerung in Frankreich großgeschrieben. Deshalb traten zur Präsidentenwahl gleich 11 Kandidaten an. Bis auf wenige Ausnahmen (Fillon, Macron) sind es Protestler vom linken oder rechten Rand.

Paris und Provinz

Ein medienwirksames Bild: Ein Staatskonvoi mit Motorradbegleitung rast mit Blaulicht durch den Pariser Stau und alles muss anhalten, um die Elite der Elite durchzulassen. Aber es schürt Frust und Neid. Denn diese politische „Elite“, allesamt Abgänger der Kaderschmiede Ecole Nationale d’Administration (ENA), genauso wie die Wirtschaftselite, die zwangsläufig an der Ecole Polytechnique oder ähnlichen Einrichtungen studiert hat, lebt in einer anderen ganz Welt als die Wähler. Zentralismus und Machtballung in der Hauptstadt haben Paris zu einer Art „Wandlitz“ gemacht, einer abgeschotteten Bonzen-Enklave. Dort wird „richtig großes Geld“ verdient, denn dort konzentrieren sich alle großen Namen des CAC 40, an deren Spitze auch Politiker drängen, was die Bande zwischen Politik und Großunternehmen noch enger schnürt, als es die colbertistische Wirtschaftspolitik vermuten ließe. Die „Berliner Republik“ mutet dagegen wie ein Provinznest an und ist doch dabei, flott aufzuholen in seiner Selbstbezüglichkeit und Abschottung. Frankreich ist schon am traurigen Ende dieses Weges angekommen.

Bezeichnend ist die Art, wie die Pariser Medien das Land außerhalb der Hauptsstadt nennen: „en région“, in den Regionen. Ein vielsagendes Beispiel für Political Correctness. Das Wort „Provinz“ ließe die Geringschätzung gegenüber dem französischen Volk allzu deutlich werden. Aber diese Verachtung schwingt trotzdem mit.

Diese Provinz, in der immerhin 80 % der Bevölkerung leben, lehnt sich jetzt gegen diese Ausgrenzung auf. Alle Wege führen nach Paris – vom Verkehrsnetz bis zum Studium oder beruflichen Werdegang. Ein Blick auf eine Karte des Autobahnnetzes oder die des Hochgeschwindigkeitszuges TGV spricht Bände: Querverbindungen gibt es kaum. Wer nicht an einem der wenigen Knotenpunkte lebt, dem ist die Teilhabe am modernen Frankreich verwehrt.

Das „tiefe Frankreich“ (la France profonde), das ein deutscher Urlauber als Paradies empfindet, weil er dort naturnahe Erholung findet, gestaltet sich für denjenigen ganz anders, der dort lebt. Arbeit ist rar, Industrie kann sich nicht niederlassen, weil die Infrastruktur fehlt, das Handynetz, falls vorhanden, bricht oft zusammen, selbst die Stromversorgung schwankt zuweilen, medizinische Versorgung ist auf ein Mindestmaß reduziert, und alle Wege sind beschwerlich, weil sie über marode Landstraßen führen.

Keine Infrastruktur

Auch der Zugang zu Informationsmedien ist begrenzt: „nationale“ Zeitungen (alle führenden Printmedien erscheinen in Paris) gibt es nur in Städten zu kaufen, die Regionalzeitung bringt fast nur eine Mischung aus Wettervorhersagen und Todesanzeigen oder berichtet über den Tanzabend im Altersheim. Wer sich über das nationale Geschehen informieren will, muss Radio oder Fernseher einschalten. Unabhängige Berichterstattung ist jedoch im Staatsfernsehen oder in den privaten Sendern, die wiederum sämtliche staatsnahen Industriekonzernen gehören, selten. Dazu braucht es heute kaum Anweisungen „von oben“, vorauseilender Gehorsam und vor allem mangelhafte Journalistenausbildung genügen.

Das nährt tiefes Misstrauen Journalisten und generell den klassischen Informationsmedien gegenüber und treibt die Nachrichtenhungrigen ins Internet. Entweder zu den Online-Zeitungen, die fast alle im „linksextremen“ Meinungsspektrum angesiedelt sind, oder zu den sozialen Netzwerken, Hauptinformationsquelle gerade für die Jüngeren.

Das Wahlverhalten der Franzosen ist komplex. Sie spüren, dass vieles im Lande nicht stimmt. Angefangen bei der hohen Arbeitslosigkeit (offiziell über 11 %), insbesondere bei ihren Kindern (25 %), die sich oft bis zum 30. Lebensjahr von Praktikum zu Praktikum durch hangeln müssen, bevor sie als arbeitsfähig betrachtet werden können. Denn ein Berufsbildungssystem wie in Deutschland gibt es nicht. Und auch die Schule verbaut die Aufstiegschancen, da die Grundkenntnisse fehlen. Die Universität, die mittlerweile fast alle Schulabgänger besuchen, droht auf Hauptschulniveau abzusinkern. Das System bildet am Arbeitsmarkt vorbei aus. Daher steht seine Reform ganz oben im Wahlprogramm eines Emmanuel Macron.

Die Bürger verstehen, dass zu hohe Sozialabgaben Einstellungs-hemmend wirken und dass die Renten nicht mehr sicher sind. Wenn aber Vorschläge zur Reform der Sozialversicherung konkret werden, dann wehren sie sich und fordern ihre Besitzstände ein – nicht anders als die Deutschen bei der Umsetzung der Agenda 2010. Mit einem Unterschied: Den Franzosen sind die Zusammenhänge nicht eindeutig klar, denn keiner kämpft für Reformen. Der Schulunterricht ist marxistisch geprägt, die Gewerkschaften verstehen sich als politische Mini-Parteien und die Journalisten sehen sich als Opferverteidiger.

Fluchtpunkt Grande Nation

Dass Frankreich überschuldet ist, verstehen die Franzosen ebenfalls, was das für einen Privathaushalt bedeutet, wissen nur zu viele. Allein François Fillon aber sprach das deutlich aus. Aber wie Haushaltssanierung und Gerechtigkeit und Wachstum und Arbeit in Einklang bringen? Emmanuel Macron spricht diesen Begriff zwar nicht aus, sein Programm aber versucht gerade Wirtschaft und Soziales miteinander in Einklang zu bringen; es klingt wie eine linksrheinische Fassung von Ludwig Erhard. Das ist eine Kulturrevolution in einem Land, wo Wirtschaft als „Rechts“ gilt und Soziales per Definitionem als „Links“.

Das war überhaupt das Entscheidende in diesem Wahlkampf: Die klassische Trennlinie zwischen „Links“ und „Rechts“ ist verschwommen. Es geht heute um Insider und Outsider, um ein weltoffenes Frankreich, das nach Modernisierung strebt und um ein verängstigtes, ausgegrenztes, weil abseits des Geschehens gehaltenes Volk. Kosmopolitische Nomenklatura versus nostalgische Anhänger der Illusion einer Grande Nation, weil ihnen Zukunftsperspektiven verwehrt sind.

Für keine der beiden Gruppen sind Europa und EU wirklich von Belang. Und wenn, dann mit Nachteilen verbunden, wobei Globalisierung und Europäisierung verwechselt werden. „Links“ hat man immer noch nicht überwunden, dass das „Non“ 2005 beim Referendum zum Verfassungsvertrag durch den Lissabon-Vertrag 2009 ausgehebelt wurde. „Rechts“ stößt man sich spätestens seit der deutschen Einheit an dem Gedanken, dass die „Grande Nation“ nun keine Supermacht mehr und seit den Maastrichter Verträgen einem Großteil ihrer Souveränität beraubt worden sei. Eine Ausnahme bildet der EU-Europäer Macron.

Auch ohne Terrorismus – die Franzosen sind zutiefst verunsichert und verstehen die Welt nicht mehr. Daher auch ihr widersprüchliches Wahlverhalten. Frankreich muss jetzt erst lernen, sich zu einer offenen Gesellschaft zu entwickeln. Das geht nur über Strukturreformen, angefangen beim politischen System selbst.


Isabelle Bourgeois studierte an der Ecole Normale supérieure (Fontenay-aux-Roses) und an der Université Paris IV-Sorbonne. Seit 1988 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Centre d’Information et de recherche sur l’Allemagne contemporaine (CIRAC). Dort seit 2000 Chefredakteurin der wiss. Zeitschrift „Regards sur l’économie allemande – Bulletin économique du CIRAC“. 

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54 Kommentare

  1. Die Lunte brennt….?? Nicht nur in Frankreich. Ich bin erde in Kroatien…an den Grenzen strenge Kontrollen. Astwirkungen des islamischen Terrors, und die islamische Einwanderungspolitik ala Merkel.

  2. Egal wer in Frankreich gewinnt. Die Franzosen werden Deutschland zur Kasse bitten. Da gehe ich jede Wette ein.

  3. Gut, wenn man schon länger hier ist und die Anfänge der BRD miterlebt hat, dann weiß man es. Professor Sinn hat es bei der Griechenland frage gut erklärt.
    Man kann nicht einfach alle Löhne kürzen ohne Bürgerkrieg zu bekommen, aber mit der eigenen Währung wertet man ab, wie früher.
    Das ist im Ergebnis ähnlich, nur wird es anders wahr genommen und die Auswirkungen sind nicht so extrem.
    Da ich hier keinen Lehrgang in Ökonomie halten will, einfach mal nach Professor Sinn googeln, und seinen Ausführungen dazu lauschen…was auch das Problem des Euros betrifft.

  4. „… laizistische Leitbild, das nach 1968 in eine Auflösung der Wertehierarchie mündete und heute einen pragmatischen Umgang mit dem Islam und dem Extremismus so schwer macht, sie haben Frankreich zutiefst geprägt und gespalten.

    Das Denken in universellen Kategorien wie Gleichheit oder Freiheit und der entsprechende öffentliche Diskurs haben den Werten ihr Leben genommen. “

    Das ist eben das, was auch in Deutschland die Politik öffentlich nicht kapieren will, was sich jedoch allgemein unter der Erkenntnis „links reden, rechts leben“ zeitigt, wenn man sich die Netzwerke Derer ansieht, die regelmäßig eben nicht durchs soziale, bzw. Bildungssieb fallen: die Grundlage der so freien Wertvorstellungen bildet eine Generation, die eben in den wichtigen Dingen konservativ ist; das Eine funktioniert nicht ohne Rückgriff auf das Andere, das Moderne bedarf immer der Wurzel des Traditionellen, das Neue kann nicht ohne das Denken des Alten implementiert werden. Das wollen die Idioten und Ideologen des universell Neuen immer ausblenden.

    Daß das nicht funktioniert, zeigt die Popkultur immer wieder: bei Fast & Furious sind die coolsten Karren aus den 70ern und der Held ein reiner Macho. Von wegen Elektro-Auto Sharing und Weltfrieden, damit krieg mal Leute ins Kino, lol.

    Eine Kultur, die nicht zu ihren Wurzeln und Werten steht, trägt das ‚Opfer‘ Schild auf der Stirn. Klar machen sich Globalismus und Islam da breit, wie der Bully auf dem Schulhof. Und DIE stehen zu ihren Werten, wie ne Eins, man sehe sich die Allahu Akbars und die selbstgerechten Globalisten nach Gutsherrenart doch mal an…

    Dann diskutiert mal schön weiter, von Gerede werden die sich bestimmt(!) aufhalten lassen…

    Ohne WERTE und GRENZEN, und die eindeutige Verteidigung derselben funktioniert keine offene Gesellschaft, sie wird überrannt. q.e.d.
    Ich rate zum gesellschaftlichen Selbstverteidigungskurs, einfach mal die Machos und Bullies fragen, könnte helfen!

    https://uploads.disquscdn.com/images/231bfc76f3196ad56a3a94a49ea119679e898b35a7628fabf01e166e3ebfa87e.jpg

  5. Multi-Kulti verlangt „offene Gesellschaft“, diese setzt dann den Hausherren vor die Tür und der Gast wird frech, um sich daraufhin nicht mehr heimisch (= vom Hausherren bedient) zu fühlen. Mithin: keiner hat die Verantwortung und alles fliegt auseinander.

  6. Wenn unsere elitären Hochverräter glauben, dass sie bei wachsendem Einfluss des Islams ihre Macht ausweiten können, dann irren sie! Sie werden die ersten sein, die als nützliche Idioten an den Baukränen hängen!

  7. Ich möchte der Autorin gerne helfen. Ursache für die Lage in Frankreich ist die Wirtschaft. Entweder man macht dort H 4 Reformen oder es geht nur weiter abwärts. Deutschland hat im Lohndumping die Führungsrolle eingenommen…aber in Frankreich geht so etwas nicht.
    So ist das Land nur mit einer eigenen Währung wieder konkurrenzfähig zu machen, wie Marie le Pen im Programm hat.
    Macron müsste von Deutschland finanziert werden…was das heißt, das kann sich jeder ausrechnen.
    Liebe Isabelle, jetzt kann Frankreich sich entscheiden, für die Realität oder einen Schaumschläger wie Macron. Hatten wir hier auch, den Taxifahrer Fischer.

  8. „Mir wurde dieses Konzept noch nie vorgestellt, schon gar nicht von Merkel. Wer kann mir weiterhelfen?“

    Das weiß sie definitiv selber nicht. Es ist eine ihrer Totschlagvokabeln deren Bedeutung unwichtig ist. Hauptsache es hört sich intellektuell an. Verstehen tut es niemand, daher traut sich auch keiner der Erste zu sein der es zugibt.

  9. Stimmt, ich meinte die exponentielle Wachstumskurve, und nicht die Wahrscheinlichkeitsverteilung. Wobei – haben sie wirklich nichts miteinander zu tun? Die Dichtekurve und die Wachstumskurve sehen sich so ähnlich …

    Aber egal, es ist klar was ich meine oder?

  10. Katastrophenergebnis für mich, in der 2. Runde gehen dann alle gegen Le Pen…..
    Alles geht so weiter wie bisher in Europa. ausser Deutschland wird noch mehr zahlen…der Bürger will es so…

    • Das sehe ich auch so, allerding wird die EU zerreissen, es dauert nur etwas länger, es wird brutaler, schmerzlicher, verlustreicher für uns alle. Wie sehr, zeigt eine Rückblick in die Geschichte, egal welche Epoche. Nun denn, wenn sie alle es so wollen, denn wie es scheint, glauben viele Franzosen noch immer dem Wolf im Schafspelz, määäähhh…..!

  11. Total lustig, dieses Forum hier und heute.

    H. Goergen kommt mir wie ein Hütehund vor, der eifrig bemüht ist seine Schäfchen wieder auf die Wiese der „offenen Gesellschaft“ zu holen.

    Ich liege echt unterm Sofa. :-)))))

  12. Ich stimme Ihnen zu.
    Leider wird Erfahrung heutzutage gerne als rückwärtsgewandt betrachtet. Das Lebensalter, wenn man nicht blind durch die Jahrzehnte gestolpert ist, bringt zwangsläufig Vorteile. Insbesondere, wenn man sich für andere Länder und deren Einwohner interessiert hat. Gerade zwischen Franzosen und Deutschen wurde bereits in den ersten Nachkriegsjahren ein reger Schüleraustaus gefördert. Auch mit GB und vereinzelt Schweden. Sogar hinter den Eisernen Vorhang konnte man mit Visa reisen. Mit nur einem bescheidenen Taschengeld stand der Nachkriegsgeration im Westen „praktisch die Welt offen“. Das wurde unseren ostdeutschen Mitbürgern und Osteuropäern vorenthalten, was die große Sehnsucht nach Reisefreiheit erklärt und mehr als natülich erscheint.
    Die Individualität des Menschen hat vielerorts an Bedeutung verloren. Die Familie ist die kleinste gesellschaftspolitische Zelle. Wenn diese nicht funktioniert, indem weder der Einzelne noch der Zusammenhalt gefördert wird, kann auch ein Staat nicht optimal funktionieren. Basis dafür ist allerdings die individuelle Freiheit mit allen Rechten und Pflichten.

  13. Mal in ihre sozialpolitische Agenda geguckt? Da sind die Probleme des FN. Das Programm eigenet sich für die von Politikern üblicherweise vorgenommene Wählerbestechung mittels sozialpolitischer Versprechungen, finanzierbar ist es nicht, also: noch mehr Schulden, noch mehr Inflation.
    Der einzige Kandidat mit einem wenigstens halbwegs seriösen Programm ist in Frankreich Fillon; denn die Franzosen brauchen eine wirtschaftliche Roßkur, sonst droht schon bald der Bankrott.

  14. Macron ist auch nichts Anderes als ein Hollande im Wolfspelz. Die Gründung von En Marche ist eine perfide Ablenkung von den verbrannten Sozialisten, zu denen er immer noch gehört und auf deren Gesellschaft er sich auch stützen müßte. Außerdem ist auch sein persönlicher Habitus ganz und gar nicht einnehmend.

    Die Anrufung der Offenen Gesellschaft ist ein hilfloser, unverständiger und rückwärtsgewandter Reflex. Hitler und Stalin sind nicht mehr die Probleme. Im Gegenteil ist die zunehmende Desintegration der alten Nationen in Europa durch einen technokratischen sozialen Machbarkeitswahn im Namen eben dieser Offenen Gesellschaft mit erheblichen Problemen verbunden, die man sich fahrlässigerweise innerhalb nur einer Generation, die auch noch für die Bildungsmisere verantwortlich ist, eingehandelt hat. Offen, kosmopolitisch und auch global ausgerichtet war ja nun gerade Europa außerdem schon immer, das ist nichts Neues.

    Auch heute sind die Herausforderungen der Globalisierung und der neuen technischen Entwicklungen für jede Gesellschaft zukunftsentscheidend. Aber Europa laboriert an gravierenden und überflüssigen Fehlentwicklungen herum, weil schlecht regiert, anstatt nach Dekaden des Friedens und Wohlstands fit zu sein und sich diesen Herausforderungen tatkräftig und zuversichtlich zu stellen.

  15. Wenn jemand das Plastikwort Offene Gesellschaft bemüht, dann bin ich fast geneigt, den Artikel nicht weiter zu verfolgen. In dem Fall habe ich es aber getan und er wurde nicht wirklich besser. Alle wirklichen Probleme wurden ausgespart und statt dessen die Vertreter der Etablierten für jeweils einen Punkt gelobt, während alle anderen abgewertet wurden. Alles in allem ein typischer Standpunkt einer Absolventin der ENS. Der Name tut sein übriges.

  16. Aber auch, fairerweise erwähnt, Geld verteilen will, das Frankreich nicht hat….

    • Ein schönes theoretisches Konzept von Herrn Popper. Nur in der Realität, z.B bei dem Re Import von intoleranten, Präaufklärungszeiten entstammenden Stammesgesellschaften in die „offene Gesellschaft“, kommt es zum Konflikt. Dieser Re Import ist leider ziemlich fatal und nicht „offen“ bereichernd.

      Außer natürlich die „offene Gesellschaft“ hätte so etwas wie ein Rückgrad und würde die Spielregeln vorgeben, seine eigenen Werte tatsächlich ernst nehmen, sie überhaupt nur verstehen und notfalls auch durchzusetzen. Stichwort Gesinnungsethik vs. Verantwortungsethik.

      Da sind wir leider weit davon entfernt. Heute, wo z,B. „Kampf gegen Rechts“ beinhaltet Autos Andersdenkender abzufackeln und deren Grundrechte auszuhebeln. Allein die Bereitschaft mit Gewalt vorzugehen enttarnt sie als Anti Offene Gesellschaft. Plus Politiker, die lieber dem Volk das Maul verbieten, statt ihre eigenen Fehler zuzugeben.

    • Danke, Ihr Link ist ohne Zweifel nützlich.

      Aber was besagt er schlussendlich? In meiner Wahrnehmung beschreibt der Artikel dahinter nur den leidvollen Spagat, den ein intelligenter Popper (Hat die Weltgeschichte einen Sinn? Nein. Heißt die Antwort des Philosophen) und ein zutiefst humanistisch-moralischer Popper („Und obwohl die Geschichte keinen Sinn hat, können wir ihr einen Sinn geben“) im Ringen mit sich selbst und der real existierenden Geschichte auszuhalten hatte.

      Und insofern kann die Forderung nach „offener Gesellschaft“ viel bedeuten, Gutes und Schlechtes, und bewirken. So habe ich auch sappeur verstanden, und seinen pessimistisch angehauchten Gedanken bezüglich des TE-Artikel-Tenors kann ich nicht recht widersprechen…

      • Man gibt nicht der Geschichte einen Sinn, sondern den Trägern der Geschichte und das sind die Menschen. Es sind immer die Menschen, die Geschichte machen.

      • Naja, jetzt sind wir doch ein bisschen im Grossraum-Philosophischen gelandet… 😉

        Wenn ich Ihnen dahin folge, dann geben also Menschen Menschen einen Sinn…?

        Das kann man zweifellos so sagen, aber es liegt halt auf der axiomatischen Ebene (immer ein bisschen in Rufweite der Tautologie :-), und dann kriegt der erwähnte Spagat eben auch noch Zirkelschluss-Qualitäten… 😉

        In diesen Höhen wird mir der Sauerstoff dann doch langsam zu knapp und ich kehre ganz bescheiden zu den Eindrücken von sappeur zurück… 😉

    • Lieber Herr Goergen,
      ich habe den von Ihnen empfohlenen Artikel mit großer Aufmerksamkeit gelesen. In manchen Punkten kann ich zustimmen, in anderen nicht. ICH stelle mir unter einer „offenen Gesellschaft etwas anderes vor, als der links-grüne Mainstream. Für mich ist eine solche Gesellschaft offen für freie Diskurse, neue Ideen, neue Methoden in der Wissenschaft und in der Wirtschaft, ABER SIE WAHRT AUCH IHRE EIGENE IDENTITÄT. Die Anbiederung an den Islam und die Zerstörung der deutschen Identität und Kultur, nur um everybodys darling zu sein, finde ich grauenhaft. Die Quadratur des Kreises, die der nächste französische Präsident/in vollbringen muß, ist das Land mit den richtigen Reformen wieder in Schuß zu bringen, und den Franzosen trotzdem ihren Nationalstolz zu erhalten. Wenn er/sie schlau genug ist, erklärt er ihnen was er tut, und warum er es tut und er BITTET die Franzosen um ihre Mithilfe. Viel Spaß dabei. 😉

    • Danke für den Link.

      Besteht denn überhaupt noch Veranlassung, an Poppers Schlüsse zu glauben?
      Seine Leistung mag darin bestanden haben, den nicht realisierbaren und somit zwangsläufig unmenschlichen Kommunismus entlarvt zu haben, der von einem beliebig formbaren Menschen ausging.
      Doch ist Poppers „offene Gesellschaft“ nicht auch nur ein erdachtes Konstrukt ist, das gar nicht als Basis für eine funktionsfähige Demokratie taugt?
      Menschen ticken anders. Menschen funktionieren nur als Gemeinwesen, wenn sie sich ihren Mitmenschen, letztlich „familiär“, verbunden fühlen.
      Nüchtern betrachtet sind wir die dritte Schimpansenart dieses Planeten. Solange wir diesen Kern in uns nicht akzeptieren, werden wir uns selbst nie verstehen.
      Zwar hat Popper versucht, die Natur des Menschen und seine evolutionäre Genese zu berücksichtigen, doch blieb auch er im Grunde dennoch ein Idealist, der annimmt, die Ratio in uns hätte eine Chance.
      Die moderne Soziobiologie/Hirnforschung ist da zunehmend weniger opimistisch.

      Und letztlich muß man doch aus der Geschichte die Lehre ziehen, daß es immer nur kollektivistische Kulturnationen gab.
      Könnte schlicht daran liegen, daß jeder überzogene individualistische Ansatz zur Selbstzerstörung der Gemeinschaften führte, oder?
      Was wir die letzten Jahrzehnte Genossen haben, war doch im historischen Kontext nur eine Seifenblase der Freiheit, die sich auf der Basis eines jahrhundertelangen, dem Gemeinsinn untergeordneten Strebens der europäischen Völker entwickeln konnte.
      Wie wir sehen, haben wir diese Ressourcen in wenigen Jahrzehnten geradezu verfeuert und somit unserer egozentrischen Selbstverwirklichungsorgie selbst das Fundament entzogen.

      Wir sollten die Schuld nicht bei anderen suchen, nicht bei den Immigranten und auch nicht beim Islam.
      Unsere Probleme sind die Konsequenz unseres gesellschaftlichen Scheiterns.

      Wir brauchen kein philosophisches Schwarz/Weiß-Denken, sondern einen lebensfähigen Mittelweg.
      Soviel Kollektivismus wie zur Selbsterhaltung nötig, so viel Individualismus wie dabei möglich.
      Ich fürchte, das Pendel wird dafür in eine Richtung schwingen, die uns nicht gefällt.

      • Treffender Beitrag, Sappeur, aber es braucht bloß einen ‚falschen‘ Satz in einem ansonsten guten Kommentar, um missverstanden zu werden (und kein Like zu bekommen).

        „Wir sollten die Schuld nicht beim Islam suchen…“? Sie hätten besser geschrieben: „nicht nur beim Islam suchen…“! Oder leuchtet der Islam für Sie wie die Sonne?

      • „Sie hätten besser geschrieben: ’nicht nur beim Islam suchen…‘!“

        Widerspruch, und sappeur ist sicher nicht auf meine Unterstützung angewiesen, aber seine eigene Formulierung trifft es mMn viel klarer:

        Bei seiner Kernanalyse („unserer egozentrischen Selbstverwirklichungsorgie“, „Unsere Probleme sind die Konsequenz unseres gesellschaftlichen Scheiterns“) ist der Islam sozusagen ein „don’t care“. Allenfalls kann er tiefer liegende und unabhängig von ihm erzeugte Missstände nach Art eines Lackmus-Tests sichtbar machen. Oder auch, um einen Diskurs-Kompromiss anzuregen: wie ein Katalysator Folgeschäden zur Wirkung bringen. Aber der Islam hat die (unsere!) Missstände nicht erzeugt und in diesem Sinne eben auch keine Schuld an ihnen.

        Das ändert nichts daran, dass ich den statistisch real existierenden Islam ganz schrecklich finde… Etwas plakativ sage ich immer: Der Islam ist heute da, wo das Christentum vor 500 Jahren war.

      • Danke für die Mühe der (in meinen Augen) äusserst qualifizierten Darlegungen.

        Vollstens d’accord!

        Und ein fast beiläufig erscheinender Aspekt verdient ganz besonders die Aufmerksamkeit, die ihm typischerweise verweigert wird:

        „Wir sollten die Schuld nicht bei anderen suchen, nicht bei den Immigranten und auch nicht beim Islam.
        Unsere Probleme sind die Konsequenz unseres gesellschaftlichen Scheiterns“

        Ja, wie Sie sagen: „unsere egozentrische Selbstverwirklichungsorgie“

        Das zu realisieren tut so weh, dass nur Weggucken noch temporäre Erleichterung „schenken“ zu können scheint, denn für eine Rückkehr/Korrektur ohne schwerste Brüche scheint es spät, sehr sehr spät… 🙁

  17. Es wird sich zeigen, ob von Frankreich aus ein erneutes Zeichen für einen Aufbruch der europäischen Gesellschaften ausgeht!
    Die im Bericht genannten Zustände in Frankreich haben wir ja seit der neuen „Berliner Selbstermächtigung“ auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern.
    Meine Hoffnung ruht schon zu einem großen Teil auf den franz. Wählern. Denn vom deutschen Michel ist leider nichts zu erwarten, was Richtung und Ziel zukünftiger Politik für dieses Land und Europa angeht.

    • Der (west)deutsche Michel ist ein Zombie! Ich als alter Wessi hätte in alten Zeiten nie geglaubt, dass ich meine letzte Hoffnung mal in den neuen Bundesländern und den Visegrád-Staaten sehen würde!

  18. Kommt mir bekannt vor.
    Setze anstatt Frankreich=Deutschland. Und ? Stimmt !

  19. Es ist doch nicht Le Pen oder ähnliche Streiter in Europa die eine „heile Welt“ vorgaukeln. Es sind doch die etablierten Parteien, die uns erklären das es nichts Schöneres gibt als im Hier und Jetzt zu leben.
    Le Pen benennt die Probleme die die Sozialisten in Frankreich vor sich herschieben und vor denen sie die Augen verschließen.
    Und ja, auch ich hätte gerne mein altes Europa vor 2015 wieder. Meinetwegen auch das Europa von 1980. schlechter als heute ging es uns da auch nicht.
    Es gab da noch keine prekären Jobs, die um zu überleben, noch zusätzlich mit Kohle vom Amt gefördert wurden.
    Was es aber gab, waren Ansätze in Frankreich, wo zu erkennen war, das bestimmte Einwanderergruppen zu einem Problem werden. Man hat nicht reagiert. Vergleichbar hier war im Stadtstaat Bremen ein Eldorado für Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten, bestens gepampert durch eine sozialistische Regierung. Hier wie dort hat sich nichts geändert. Nur ein immer größer werdender Linksruck der medial verbreitet wurde. Die Menschen, die aber das Volk sind haben davon die Schnauze voll.
    Also vielleicht den Artikel fürs nächste mal ein bisschen an die Realität anpassen. Aber ich denke die Autorin ist irgendwo innerlich immer noch etwas ideologisch gefangen. Aber die Realität kommt oft unverhofft.

  20. Vielen Dank der Autorin für diese Hintergrunds-Einsichten, die eine Menge Stoff zum Reflektieren geben.

  21. Weshalb fordern Sie für Frankreich eine „offene Gesellschaft“? Ich wüsste kein Land in Europa, was „offener“ wäre. Es gibt ja nicht einmal eine Meldepflicht! Kaum Jemand in Frankreich ist sozial ausgegrenzt – mehr Nanny-Staat, vor Allem im Zusammenhang mit Familie geht doch gar nicht. Wir leben sowohl in Frankreich, als auch in Deutschland und ich muss sagen, Sie und ich nehmen offensichtlich einige Dinge sehr unterschiedlich wahr. Es fehlt an Arbeit und guter vor allem handwerklicher Ausbildung und die Infrastruktur (z.B. öffentliche Verkehrsmittel) auf dem Lande ist sehr schlecht, da gebe ich Ihnen Recht. Die Jugend sucht, wie in Deutschland, ihre Zukunft durch Universitätsabschlüsse zu gestalten. Das das Volk Abseits des Geschehens gehalten wird stimmt nur dort, wo sich Jemand selbst abseits hält, d.h. sich nicht alternativ informiert und einzig und allein auf z.B. France2 oder gedruckte Presse verlässt. Das Internet auf dem Lande ist besser ausgebaut als in vielen Regionen Deutschlands. Verängstigt sind die Franzosen schon gar nicht. Die EU hat mit ihren Vorgaben Frankreich wie jedem Land mit ausgeprägter Agrarwirtschaft sehr geschadet. Wenn Macron gewählt wird, der keinesfalls unabhängig ist, geht Alles weiter wie gehabt oder eher schlechter.

  22. Nach dem Lesen des Beitrages erinnerte ich mich an den
    Titel eines Filmes. Deutschland und Frankreich sind :
    Same Same But Different-„ganz gleich und doch anders“

  23. Die „offene Gesellschaft“ ist also die Lösung? Was genau macht diese Gesellschaft aus?

    Ich denke, die mangelnde innere Sicherheit trägt entscheidend zur Verunsicherung der Franzosen wie auch der Deutschen bei.

    Wenn man in Paris oder Nizza, wie auch in Berlin, nicht mehr auf die Straße gehen kann, ohne sich Terroristen mit vollautomatischen Waffen gegenüber zu sehen, oder von islamischen Mördern mit Autos totgefahren zu werden, zeigt eine offene Gesellschaft eklatant ihre Verachtung für das Grundbedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit.

    Über gesellschaftliche Entwicklung muß man nicht nachdenken, wenn auf den Straßen die Gewalt regiert. Und das, obwohl man in Paris in fast jeder großen Metro-Station auf Streifen des Militärs treffen kann, die wirklich Respekt einflößen, weil sie von Anzahl der Mitglieder und Art der Bewaffnung weit eindrucksvoller sind, als zwei deutsche Polizistinnen, die noch nicht einmal die Magazine ihrer MP5 zugriffsbereit haben.

    Eine offene Gesellschaft ohne Schutz bedeutet das Recht des Stärkeren. Das kann niemand wollen.

    • Eine „offene Gesellschaft“ ist eine Gesellschaft, die nicht nach einem geschlossenen System, meist ideologischer Herkunft, konzipiert ist, sondern die sich ohne Zwang allein durch rechtsstaatliche Regelungen konstituiert. Das Wesen eine „offenen Gesellschaft“ ist Freiheit. Ihr Gegenteil ist Totalitarismus. Das ist das traditionelle Verständnis dieses Begriffs. Er bedeutet nicht: Staat/Gesellschaft ohne Grenzen. Linke Ideologen haben die „offene Gesellschaft“ stets erfolglos bekämpft und versuchen daher nun, den Begriff zu übernehmen, ihm aber einen anderen Inhalt zu geben. Dem sollte man sich nicht anschließen.

      • Der Begriff „offene Gesellschaft“ ist mMn durch die inzwischen veränderte Bedeutung verbrannt und sollte ersetzt werden. Ein Zurückzwingen in die ursprüngliche Bedeutung bringt nur Verwirrung und nutzlose Erklärungen und Diskussionen. Ein treffender neuer Begriff hilft bei der Klärung der Probleme eher als ein Gerangel um die korrekte Verwendung eines alten.
        Wir sollten den linken Ideologen diesen Begriff überlassen und einen Ersatzbegriff suchen, der die Negativseiten der aktuellen Bedeutung bzw Verwendung durchscheinen lässt und die Positivseiten klarer herausstellt. Wenn man mit „offen“ freiheitlich und rechtsstaatlich meint, kann man das auch so sagen. Und durch Gegenüberstellung (!) der „offenen Gesellschaft“ und der zB „freiheitlichen Gesellschaft“ wird bewusst gemacht, dass Offenheit nicht automatisch Freiheit bedeutet, sondern auch das Gegenteil sein kann. Wie man an der auch für islamische Intoleranz offenen Gesellschaft ja derzeit sieht.

  24. Liebe Frau Bourgeois,

    Ihre Begeisterung für die deutsche Politik kann ich nicht nachvollziehen. Mag sein, dass unser Grundgesetz theoretisch einige Vorzüge der französischen Verfassung gegenüber hat. Das vermag ich nicht zu beurteilen. Wenn sich unsere Politiker aber über Gesetze hinwegsetzen, und wenn die Deutschen dies untertänig hinnehmen, dann – ja dann führt das zu Staatsversagen, was Sie in Deutschland aktuell anschaulich vorgeführt bekommen.

    Sie stellen fest: „Und ein Recht auf Information über das Handeln der Politiker (und das sonstige Geschehen) sieht die französische Verfassung auch nicht vor. Da bildet das deutsche Grundgesetz schon eine historische Ausnahme.“ Auf unser Grundgesetz können wir also stolz sein, auf unsere Politiker hingegen nicht. So muss die Internetplattform „abgeordnetenwatch“ des gemeinnützigen Vereins Parlamentwatch e.V. den „Bundestag verklagen, weil er Dokumente zu Parteispenden unter Verschluss halten will.“ Die Geheimhaltung ist laut „abgeordnetenwatch“ rechtswidrig.

    Rechtswidrig war auch die Grenzöffnung. Rechtswidrig ist die Unterdrückung der politischen Alternative. Würde das französische Volk – über das Sie uns Ihrem Titel zufolge belehren möchten – sich das alles ebenso untertänig bieten lassen wie die Deutschen? „Une petite révolution. Nous aimons la révolution“, erklärte mir mit berechtigtem Stolz ein französischer Gesprächspartner, als wir als deutsche Urlauberfamilie einmal von einem Streik betroffen waren, der ganz Frankreich lahmlegte. So zeigt der Souverän Konzernen und Politik, wo der Hammer hängt!

    Vive la France! Deshalb wünsche ich Frau Le Pen den Sieg in der großen Hoffnung auf ein Europa der freundschaftlich verbundenen Vaterländer.

  25. Danke für den Artikel, der uns einen Blick in den Kopf einer Französin genehmigt. Ja, der Mittelstand, der den Staat trägt wird zunehmend ausgegrent. Nicht nur in Frankreich, auch in Deutschland, England, Schweden etc.. Natürlich wird sich dieser Mittelstand irgendwann wehren. Noch versucht er es auf zivilisierte Art, durch wählen. Sollte sich dauerhaft nichts ändern, wird er sich in einigen Jahren auch anders wehren, denn dann ist der heutige Mittelstand größtenteils in Rente.

    PS: Ich kenne die Strassen in der französischen Provinz als besonders gut – vor allem für Motorräder – sollten die in den vergangenen Jahren alle so schlecht geworden sein?

  26. Wir sind das Volk! Das galt seinerzeit für die Bürger der ehemaligen DDR auch. Für Gesamt-Deutsche jedoch nicht. Wir sind nicht mehr das Volk, denn wir werden langfristig betrachgtet abgeschafft.

  27. Marine le Pen gaukelt dem Bürger eine heile Welt vor? Na, da habe ich aber etwas verpasst. Und das laizistische Weltbild macht einen pragmatischen Umgang mit dem Islam so schwer. Ja welche Voraussetzungen müssen denn gegeben sein? Ach ja, Frankreich muss sich zu einer offenen Gesellschaft entwickeln. So ist das, na dann, armes Frankreich.

    • ALE Kandidaten drücken jetzt auf Radikalismus Tube – von Le Pen entliehen sozusagen. Einfach schäbig, die Nicht-Le-Penner.

    • Was sie den Bürgern vorgaukelt, ist das, was alle Sozialisten ihren Bürgern vorgaukeln: der Staat wird es richten, es ist immer Geld da und man benötigt keine freie Wirtschaft, um Produktivität und damit Wohlstand zu erzeugen.

      • Mal bitte nachdenken. Mit einer eigenen Währung wären alle Probleme lösbar, hätte auch in Griechenland funktioniert. Vielleicht mal etwas mit Ökonomie beschäftigen, ist hilfreich

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