<
>
Wird geladen...
SPD-Hymne: „Mit uns zieht die alte Zeit“

Schulz spielt mit den Ängsten der Menschen

22.02.2017

| Lesedauer: 2 Minuten
Falls die Agenda-Politik so fehlerhaft war, wie sie die SPD zunehmend darstellt, gäbe es doch eine einfache Lösung: Zurück zur Bezugsdauer des Arbeitslosengelds aus der Vor-Agenda-Zeit: bis zu 32 Monate.

Martin Schulz spielt mit den Ängsten der Menschen. Seit er von seinem Brüsseler Präsidententhron in die Niederungen deutscher Politik hinabgestiegen ist, trifft er – sofern man ihm Glauben schenkt – nur Menschen, die Angst vor der Zukunft haben. Die vom sozialdemokratischen „Gottkanzler“ beschworene „breite Mitte“ wälzt sich Nacht für Nacht schlaflos im Bett – wegen finanzieller Nöte und aus Angst vor der Zukunft. Deutschland – schlaflos durch die Nacht.

Kürzlich, so die Schulz-Erzählung, traf der Kandidat einen Arbeitnehmer, 50 Jahre alt und seit 35 Jahren erwerbstätig. Der habe Angst, im Fall der Arbeitslosigkeit nur 18 Monate lang Arbeitslosengeld I zu beziehen und sich anschließend mit Hartz IV begnügen zu müssen. Warum der offenbar tüchtige Mann um seinen Arbeitsplatz fürchtet, wissen wir nicht. Wie viele deutsche Arbeitnehmer so denken und fühlen, ist ebenfalls unbekannt. Aber für Super-Schulz ist schon einer, der Angst hat, einer zu viel. Sein Patentrezept: die Agenda 2010 korrigieren, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verlängern. Wie lange die Bezugsdauer künftig sein soll, verrät Schulz – wie üblich – nicht. Aber seine Botschaft ist unmissverständlich: Wenn ich regiere, gibt’s mehr Geld vom Staat – irgendwie.

Falls die Agenda-Politik so fehlerhaft war, wie sie die Sozialdemokraten zunehmend darstellen, gäbe es doch eine einfache Lösung: Zurück zur Bezugsdauer des Arbeitslosengelds aus der Vor-Agenda-Zeit. Das waren – sage und schreibe – bis zu 32 Monate. Wer dann immer noch keine Arbeit hatte, der bekam im Anschluss die etwas geringere Arbeitslosenhilfe – bis zur Rente. Es war ein System ganz im Sinne fürsorgestaatlicher Ideologie: Arbeitslose werden gut versorgt. Ob sie jemals wieder Arbeit bekommen, ist demgegenüber sekundär.

Die lange Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes und die anschließende, unbegrenzte Alimentierung Beschäftigungsloser über die Arbeitslosenhilfe galten als sehr sozial, hatten aber sehr unsoziale Folgen. Wer finanziell so gut abgesichert war, der zeigte sich bei der Aufnahme einer neuen Arbeit oft sehr wählerisch. Je länger die Betroffenen ohne Job waren, umso schwieriger erwies sich ihre arbeitsmarktpolitische Wiedereingliederung. Das Ergebnis: Die Arbeitslosigkeit stieg immer weiter, auch weil die hohen Kosten dieser sozialen Absicherung die Arbeitskosten in die Höhe trieben und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen verschlechterten.

Mit der Agenda-Politik der rot-grünen Bundesregierung, unterstützt von der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat, änderte sich das. Der Staat beließ es nicht bei der Versorgung der Arbeitslosen. Er forderte von ihnen auch, sich schneller um neue Jobs zu bemühen, und er förderte sie dabei. Natürlich lief und läuft das alles nicht perfekt, könnten und müssten die Arbeitsagenturen bei der Weiterbildung und Umschulung noch mehr tun. Aber aller Kritik zum Trotz: Mit Hilfe der Agenda 2010 eilen wir von Beschäftigungsrekord zu Beschäftigungsrekord. Auch dank der Agenda 2010 ist die Beschäftigungslage in Deutschland besser als im angeblich viel sozialeren Frankreich.

Der neue Vorstoß des Sozialapostels Schulz zeigt, wohin er die SPD führen will: zurück in jene Zeit, als die Sozialdemokraten noch geglaubt hatten, die Wirtschaft wachse automatisch, wie Franz Müntefering bei der Einführung der Agenda 2010 zerknirscht einräumte. Für die alte SPD war es wichtiger, Menschen ohne Arbeit bestens zu versorgen, als Bedingungen zu schaffen, unter denen es mehr Arbeitsplätze gibt. Wenn Schulz durch die Hallen und über die Plätze zieht, sollte die SPD deshalb ihre alte Hymne neu vertonen: „Mit uns zieht die alte Zeit …“.

Unterstuetzen-Formular

WENN IHNEN DIESER ARTIKEL GEFALLEN HAT, UNTERSTÜTZEN SIE TICHYS EINBLICK. SO MACHEN SIE UNABHÄNGIGEN JOURNALISMUS MÖGLICH.

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

2 Kommentare

  1. Sie würden sich wundern, wieviel Fabrikarbeiter und Bergleute gelesen haben, von denen ich viele gut kannte.

  2. „Ein
    Whiteboard ist bloß eine Tafel mit ein paar Erweiterungen, einen
    Unterschied zwischen Whiteboard und „klassischem Lernen“ zu konstruieren
    ist absurd.“

    Ich beschränke mich mal auf die Sachinhalte: die Lern- bzw. Gehirnforschung weiß schon seit längerem, wie im Hirn die Verankerung von Lerninhalten funktioniert. Das Gehirn benötigt dazu zwei verschiedene Teilbereiche, in denen es die Information abspeichert und dabei verknüpft (geht eine der Verknüpfungen ‚verloren‘, haben wir übrigens ein ‚deja vu‘, weil das Gehirn hin und her ’springt‘ beim Abfragen der Information). Gelernt im Sinne von zu erinnerndem Verstehen wird immer dann optimal, wenn die visuelle Situation eindeutig ist. Siehe auch Mnemotechnik und Gedächtniskunst. Ein Mensch, der immer nur „Informationen“ von demselben Kästchen abliest, lernt nichts, das Gehirn kann die Informationen nicht eindeutig verorten. Ich kann das hier nur kurz anreißen, aber das ist der Kern des Problems beim Lernen mit den whiteboards.

    Wenn Sie glauben, dadurch, daß irgendeine beliebige Aktivitätsrate und ein ständiges Diskutieren oder Videospiele die Schüler klüger machen, dann müßten die ja alle in Mathe eine Eins haben, oder? Da Sie möglicherweise Lehrer sind (mir graut vor dem Gedanken), sollten Sie wissen, was Entwicklungsphysiologie und Lernphysiologie über das Lernen und das Formen des Gehirns sagen.

    Den üblichen linksgrünen Blödsinn vom ganz tollen lebendigen Larifari, den erzählen Sie bitte Leuten wie Claudia Roth, die hat den passenden Verstand dazu.

    Wenn ich mit jungen Leuten spreche, dann wissen die noch nicht mal ansatzweise was über george Orwell und „1984“. Nicht mal ansatzweise! Und das MIT Abitur!
    Wenn Intelligenz nicht zum Verstehen der Welt führen soll, wohin denn sonst? Das rotgrüne Bildungssystem, das ist kein Geheimnis, kommt vielleicht „modern“ daher, erzeugt aber massenhaft größere Deppen als zu Kaisers Zeiten. Handel und Industrie können ein lide davon singen, daß Ihre achso kritischen Schüler in Bewerbungsgesprächen oft noch nicht mal Deutschland auf dem Globus zeigen können. Und da sollen nun „whiteboards“ und WLAN helfen? Sie haben offensichtlich KEINE Ahnung davon, wie altersgerechtes Lernen im Gehirn funktioniert… keine!

    Im Übrigen ist die Art und Weise, wie Sie denken (und vor Allem nicht denken), ein Paradebeispiel grüner Indoktrination, sorry…

Einen Kommentar abschicken