Gleich hinter seinem alten Rathaus hat sich der direkt gewählte Landtagsabgeordnete Matthias Berger sein kleines Bürgerbüro eingerichtet. Die Leute grüßen den 57-jährigen durchs geöffnete Fenster. Ein politischer Bürger zum Anfassen. Schließlich regierte Berger gut 23 Jahre als Oberbürgermeister die sächsische Stadt Grimma an der Mulde. Bei Sachsens Landtagswahl am 1. September 2024 errang er in seinem Wahlkreis mit 36,6 Prozent der Erststimmen ein Direktmandat für die Freien Wähler. Seit 1. Oktober vergangenen Jahres gehört er dem Sächsischen Landtag an.
Kein Wunder: Berger ist als gelernter Forstwirt bodenständig, verheiratet, hat zwei Kinder und lebt ländlich mit seiner Frau, zwei Hunden und großem Garten bei Grimma. Eben ein Kandidat fern des politischen Elfenbeinturms, den er seit gut neun Monaten nun direkt beobachten kann.
Tichys Einblick: Sie sind als Quereinsteiger seit Oktober vergangenen Jahres Teil des politischen Systems im Parlament des sächsischen Freistaates. Wie geht es Ihnen?
Matthias Berger: Gut. Es ist nicht langweilig. Wir leben in politisch verrückten Zeiten.
Gibt es schon Enttäuschungen über den politischen Betrieb?
Enttäuschung wäre zu viel gesagt. Anders als in der Kommunalpolitik gibt es jedoch im Landtag überhaupt keine inhaltliche Auseinandersetzung. Es wird nur in parteipolitischen Blöcken gedacht. Der Parlamentsbetrieb ist ein rituell agierendes Politikensemble mit dem immer selben Stück: Das Ensemble besteht in Sachsen aus CDU, SPD, Linke und Grüne. Ausgeschlossen sind AfD, BSW und ich als Abgeordneter der Freien Wähler Sachsens. Wir werden von den etablierten Parteien des Ensembles als Störenfriede gesehen. Uns wollen sie keinesfalls an Macht und Einfluss beteiligen.
Wieviel Einfluss als Einzelkämpfer haben Sie dann im Parlament?
Im Landtag weniger, aber in den sozialen Netzwerken kann ich schon ordentlich politische Meinungsbildung und Aufklärung betreiben. Allein mein Internetformat „Inside Parliament“ hat bis zu 30.000 Zugriffe pro Sendung. Ähnlich gut laufen andere Internetformate. Das Interesse an meiner Arbeit als direkt gewählter Abgeordneter scheint jedenfalls groß zu sein.
Hilfsleistungen der Linken alias PDS alias SED werden von der regierenden Union gegen alle Wahlversprechen mit wachsender Begeisterung angenommen. Wie sehen Sie diesen Wandel?
Im politischen Zirkus von Schwarz, Rot-Rot und Grün haben sie doch schon jahrelang gut zusammengearbeitet. Man kennt sich, man vertraut sich. Deshalb wundert es mich nicht, dass die große Koalition der Etablierten gemeinsam im Freistaat gerade einen Doppelhaushalt durchgewunken haben. Noch Schlimmer: Genau dieselbe Koalition hat jetzt, wie im Bund, den Weg für enorme Neuverschuldungen frei gemacht, für die kommende Generationen geradestehen müssen. Damit hat die CDU die letzte zentrale konservative Position – keine Neuverschuldung – aufgegeben.
Die CDU feilscht mit den SED-Erben, den heutigen Linken, nicht nur in Sachsen, sondern auch in Thüringen um den Staatshaushalt. Wäre das unter Kurt Biedenkopf oder Bernhard Vogel denkbar gewesen?
Ich bin mir sicher, beide drehen sich in ihren Gräbern mit einer Geschwindigkeit, mit der man nachhaltigen Strom erzeugen könnte.
Vor der stärksten Oppositionskraft versteckt man sich auch im Bundestag hinter einer sogenannten Brandmauer. Kann man gute Vorschläge, Anträge und Gesetze ablehnen, nur weil sie von der Alternative für Deutschland kommen?
Diese Ablehnungsfront gilt leider nicht nur für die AfD, sondern richtet sich auch gegen das Bündnis Sahra Wagenknecht. Aktuelles Beispiel: Das BSW hatte im sächsischen Landtag ein Handy-Verbot für Schüler in der 1. bis 4. Klasse eingebracht, obwohl das in fast allen Bundesländern praktiziert wird, lehnte das Politensemble diesen vernünftigen Vorschlag ab – nur weil er vom BSW kam.
Wenn Sie nach Berlin schauen: Keine versprochene Senkung der Stromsteuer durch die schwarz-rote Koalition, aber weiter viele Milliarden in das ausufernde Bürgergeld. Wird hier die Bevölkerungsmehrheit übers Ohr gehauen?
Nach dem skandalösen Wählerbetrug der Union durch den Eine-Billion-Kredit ist deren Glaubwürdigkeit bei mir ohnehin nicht mehr gegeben. Das erneut gebrochene Versprechen im Koalitionsvertrag, die Stromsteuer für alle Bürger zu senken, schadet der Demokratie und erschüttert weiter das Vertrauen in die Politik.
Sie sind im Parlament als unabhängiger Kandidat gegen den Minderheitsministerpräsidenten Michael Kretschmer von der CDU angetreten. Was haben Sie daraus gelernt?
Mein Angebot, alle an einen Tisch zu holen, war vom politischen Establishment nicht gewollt – vor allem von Linksgrün. Linke und Grüne wählten lieber einen CDU-Minderheitsministerpräsidenten.
Sie wurden vom eigenen Bundesverband der Freien Wähler für ihre liberale Haltung angegriffen, keine undemokratischen Brandmauern gegen einen politischen Konkurrenten wie die AfD zu errichten. Kann so eine Gruppierung noch eine Empfehlung für bürgerliche Wähler sein?
Ich stehe weiter zu meiner Aussage vor der Wahl: Wir reden mit allen. Wir bauen Brücken statt Mauern. Eine gute Idee ist eine gute Idee, egal von wem sie kommt. Dieses Programm war dem Bundesverband der Freien Wähler bekannt. Ich werde weiter für Freiheit und Veränderung in unserem Land kämpfen.

Hier ein kurzes Gespräch zwischen Matthias Berger und Uwe Steimle.
Kurz, knackig auf den Punkt
https://youtu.be/ZEbzFT4vfmY?t=1329
Das beste Programm für eine funktionierende Demokratie ist ein funktionierender Staat.
„Man bracht den Leuten im Saal nicht die Demokratie erklären, wenn draußen der Bus nicht fährt.“
Zitat: „Das Ensemble besteht in Sachsen aus CDU, SPD, Linke und Grüne. Ausgeschlossen sind AfD, BSW und ich als Abgeordneter der Freien Wähler Sachsens. Wir werden von den etablierten Parteien des Ensembles als Störenfriede gesehen. Uns wollen sie keinesfalls an Macht und Einfluss beteiligen.“
> Ein starkes Zeichen aus Sachsen: DAS IST doch mal von den „Wir-Demokraten-der-Mitte“ aus dem sächsischen AltparteienKARTELL ein wirklich starkes Zeichen für unsere „Demokratie“ und für „Gespräche auf Augenhöhe“.
Leider ist die eigene Versorgung über das Parlamentariererwesen wichtiger, als die eigene Meinung durchzusetzen und deshalb dürfte man sich bei dieser grundsätzlichen Entscheidung von anfang an klar sein, nur im Kollektiv der eigenen Partei etwas bewegen zu können und wenn das über weitere unnatürliche Verbindungen hinaus geht, wird der Abgeordnete im Grund genommen seiner Aufgabe nicht mehr gerecht und ist damit Spielball von Parteiinteressen.
Das hat besonders unter Merkel Fahrt aufgenommen, der ein Einzelwirken von Abgeordneten ein Dorn im Auge war, weil man nach eigener Aussage nicht vorangekommen ist bei der Entscheidungsfindung und hat dann auf das bewährte Mittel ihrer Heimat zurück gegriffen, die deutsche Einheitspartei zu schaffen und vermeintliche Exoten vom Diskurs ausgeschlossen wurden, was bis heute noch so ist.
Dazu waren ihr alle Mittel recht um sämtliche Sozialisten in ihrem Sinne aus allen Parteien herauszufildern und sie zu einer Einheit zusammen zu schweißen und der einzelne Abgeordnete ist dabei auf der Strecke geblieben und der kann viel erzählen, solange der Tag lang ist, denn zu melden hat er ehedem nichts mehr, weil der neu gebildete Staatsrat die Führungsrolle für sich allein beansprucht und der Rest ist lästiges Beiwerk und somit ist der Reichstag in Berlin wieder zu dem geworden was Wilhelm II. schon kritisiert hat, indem er von der Schwatzbude sprach und sich diesem Unsinn nicht unterordnen wollte und ähnliches findet heute wieder statt, nur mit dem Unterschied, daß heute Sozialisten das Kommando führen und die konservativen Elemente nur noch zusehen können, wie sie das Land in den Abgrund fahren.
Früher war Wilhelm der Schurke und heute sind es aufrechte Demokraten, die man zu Unpersonen gemacht hat und Sozialisten unterscheiden sich nur marginal von einander, denn erst mal an die Macht gekommen, betreiben sie wie immer am Ende ein perfides Spiel, worüber man nun verzweifelt versucht einen schönen Anstrich zu verleihen, weil die Bürger merken, daß auch bei ihnen nicht alles Gold ist was glänzt und das Gediegene suchen, was man noch bei den Blauen am ehesten finden kann, wenn man mal alle kommunistischen und sozialistischen Umtriebler außen vor läßt und das Geld verprassen als gebe es kein Morgen mehr und wir alle noch Gefahr dabei laufen unser Leben auch noch verlieren zu können, bei soviel Unsinn, der uns täglich geboten wird.
Die Quantität der Führungselite hat bis heute nicht bewiesen, daß sie es besser machen können und dann wäre es doch der Logik folgend besser, den ganzen Wasserkopf einzudämmen und nur in der Politik auf Minimalismus umzustellen, damit ein Rahmen gesetzt werden kann und den Rest sollte man den Bürgern überlassen, denn die sind die eigentliche Kraft die in uns steckt und nicht die Schmarotzer drum herum, die nur Kosten verursachen und der Nutzen und Ertrag völlig in den Hintergrund gerät und Brüssel ist die Ausgeburt davon, wie man es schöner in seinen Auswüchsen nicht mehr präsentieren kann.
Who
s in the driver
s seat?Wer bestimmt die Politik wirklich?
Die Parlamentarier folgen den Parteiführungen.
Die Parteiführungen folgen einer internationalen Agenda – unabhängig von ihren politischen Ausrichtungen.
Wenn das bedeutet, Stimmen und damit Posten zu verlieren, wird dies hingenommen. FDP oder SPD sind da nur zwei Beispiele.
Gerade die FDP ist wählerbetrügend, aber agendatreu geradewegs in den Abgrund marschiert – unnötig und gegen den Willen von Wählern und Parteibasis.
Auch die CDU hält stur Kurs mit Branntmauer und Agendapolitik ohne Rücksicht auf eigene Verluste.
Sie könnten es einfacher haben ohne Branntmauer und mit Politik im Sinne der Bürger.
Stattdessen werden weiter Afghanen eingeflogen und Unsummen in die Ukraine gepumpt, während hier die Brücken einstürzen und die Wirtschaft den Bach heruntergeht.
Wer ist hier der Chef?
Wem gehorchen unsere Politiker?
Wer hat hier die Macht, die eigentlich der Wähler haben sollte?
Aus meiner Sicht kommt nur die globalisierte US-Finanzindustrie in Frage, die ihre Interessen mit dem WEF, Blackrock u.A. durchsetzt.
Wer sonst hätte die nötigen Ressourcen, so viele Parteien in so vielen Staaten auf Linie zu bringen?
Ich hoffe, die Büste von Karl Marx in seinem Schaufenster ist ironisch gemeint, wenn nicht, kann man Berger auch in der Pfeife rauchen.
Guter Mann!
Zu dem Zitat „Der Parlamentsbetrieb ist ein rituell agierendes Politikensemble“ kann man nur ableiten, es herrscht eine Brandmauer und undemokratischer Fraktionszwang im Landtag. Dass es keine wechselnden Mehrheiten im Interesse der Sache gibt, zeigt, dass die Regierungsparteien nur auf Machterhalt aus sind und die Interessen des Souveräns im Zweifel dem Funktionärsdiktat zum Opfer fallen.
Der Typ hätte der sächsischen AfD helfen können und er tat es nicht Dieser Typ ist für mich ein eiskaltes U-Boot -nichts weiter. Nur hohles Geplärre
Ihre letzte Frage wurde leider nicht beantwortet… Für mich sind die FW leider (!) keine Alternative.
Aber sonst wurden alle Probleme und Lösungsmöglichkeiten angesprochen: Brandmauer muß weg, künftig nur noch Direktmandate. Das ZWINGT die Parteien zur Aufstellung von WÄHLBAREN Kandidaten. Eine KGE hätte mit ihren 3% so nie eine Chance. Und Ihr Interview-Gast ist das beste Beispiel für das, was die Menschen wollen!
Ach ja! Und intelligente Abgeordnete haben eine Brandmauer auch nicht nötig. Die haben dafür Argumente!
Ändern kann man daran nur etwas bei 50%+X für die AfD. Bis aber diese Erkenntnis überall ankommt in Deutschland liegt Deutschland platt am Boden!
Selbst wenn die AfD die absolute Mehrheit der Stimmen erreichen würde, die Minderheit von linken und gewaltbereiten Aktivisten würde dieses Land unregierbar machen. Es sieht für mich tatsächlich nach DDR 2.0 im Stalinmodus aus.
Grünen, Linken, der SPD und der Merkel-CDU haben wir das zu verdanken.
Es gibt sie noch, vernunftbegabten Wesen im Parlamentsalltag. Das freut mich sehr und gibt mir Hoffnung.
Danke für das Interview.
Matthias Berger ist glaubwürdig und im Landtag unbequem. Ich habe ihn vor wenigen Tagen in seinem Büro in Grimma aufgesucht, um das Thema Erneuerbare Energien und Windkraft in Sachsen zu erörtern und was man tun kann, gegen diesen Irrsinn vorzugehen.
Fakt ist, wir brauchen viel mehr Polöitiker vom Format eine M. Berger. Ich wünsche ihm weiterhin Durchhaltevermögen und Erfolg.
Na sowas. Das haette ich nicht gedacht. Glaubt der gute Mann, das im System aendern zu koennen, durch „Gespraechsangebote“? Durch anderes Verhalten? Ernsthaft? Es gibt ( mindestens) 2 Probleme, das Handeln der Taeter im Kartell und der Glaube der anderen, daran ließe sich etwas aendern, ohne sehr grundsaetzlich zu werden. Mindestens so wie die AfD, mindestens. Realistisch betrachtet reicht auch das nicht hin. Was definitiv nicht funktioniert ist die innersystemische, politische Wende. Hier nicht und natuerlich auch nicht bei den zentralen, existentiellen Themen des Landes.
Über 20 Jahre (Ober-)Bürgermeister von Grimma und dann ist er „ernüchtert“ über den Politzirkus?
Tja,da frage ich mich,warum er,trotz Ablehnung durch die freien Wähler,bei dem Verein bleibt….
er könnte ebenso gut zur AFDoder zum BSW….
das die ganze Veranstaltung nur Alibi-Charakter hat,weissohnehin jedes Kind…ohne eine absolute Mehrheit der grössten Opposition ändert sich in Deutschland nichts mehr zum Besseren
Seine Erfahrungen die Herr Berger hier dokumentiert hat der Staatsrechtler Von Armin bereits in einer FAZ Dokumentation vom 19.02.193 dargestellt. Unter der Überschrift „Das Münchhausen Problem der politischen Klasse“ sprach von Armin unverhohlen davon das sich die Parteien den Staat zur Beute machen, um den Bürger zu entmachten.
Von Arnim hat auch ein grandioses Buch geschrieben: der Staat als Beute.
> Berger ist als gelernter Forstwirt bodenständig, verheiratet, hat zwei Kinder und lebt ländlich mit seiner Frau, zwei Hunden und großem Garten bei Grimma.
Wer städtisch in einer Etagenwohnung in einer Großstadt wohnt, kann nicht bodenständig sein? Seltsame Vorstellungen, die in der weltweiten Urbanisierung untergehen müssen – die meisten Leute wohnen nun mal in immer größeren Städten.
Man kann/darf selbstverständlich jedes klitzekleine Wort auf die Goldwaage legen, aber hilfreich ist das nicht wirklich oder?!
so sieht es aus, wenn man als Abgeordneter keinem Fraktionszwang unterliegt und nur seinen Wählern und dem eigenen Gewissen verpflichtet ist – falls man über ein solches verfügt.
Ergo:
Fraktionszwang (Ideologie) ersetzt Gewissen und Verantwortung.