<
>
Wird geladen...
TE empfiehlt: Durchblick schenken!

Taugt das Christentum noch als geistiges Fundament Europas?

17.12.2019

| Lesedauer: 3 Minuten
Vom Christentum wird am liebsten im Zusammenhang mit dessen „Verbrechen“ gesprochen, Hexenprozesse, Kreuzzüge, Inquisition, Antisemitismus. Eine Talkshow zu den Verbrechen des IS kann abgleiten in eine kollektive Verurteilung der Kreuzzüge vor 1.000 Jahren.

Nun nennen wir uns zwar das christliche Abendland, aber in jeder Straßenbefragung wird klar, dass die meisten vom Christentum keine Ahnung haben, das heißt, nur Falsches kennen und Vorurteile. Das soll nach dem Willen von Manfred Lütz, dem philosophierenden Psychiater aus dem Rheinischen, nicht so bleiben. Schließlich hat er mit seinem Bestseller „Gott – eine kleine Geschichte des Größten“ allerlesbarsten Nachhilfeunterricht geliefert.

Über das Christentum wird am liebsten im Zusammenhang mit dessen „Verbrechen“ gesprochen, als da wären Hexenprozesse, Kreuzzüge, Inquisition, Antisemitismus. Es kann passieren, dass etwa eine Talkshow zu den Verbrechen des IS völlig abgleitet in eine kollektive Verurteilung der Kreuzzüge vor 1.000 Jahren.

In seinem neuen Buch stützt sich Lütz auf einen der profundesten Kenner der Materie, den Religionswissenschaftler Arnold Angenendt, dessen Mammutwerk „Toleranz und Gewalt – Das Christentum zwischen Bibel und Schwert“ er im Wesentlichen zusammenfasst und popularisiert.

TE EMPFIEHLT: DURCHBLICK SCHENKEN!
Chesterton und der gesunde Menschenverstand
In seinen ersten 1.000 Jahren hat das Christentum durchaus pazifizierende Wirkung, sodass Heinrich Heine schreiben konnte: „Das Christentum – und das ist sein schönstes Verdienst – hat jene brutale germanische Kampflust einigermaßen besänftigt …“, nur um im Fortlauf dieser Erwägung eine Zeit heraufziehen zu sehen: „… in der der zähmende Talisman, das Kreuz, zerbricht …“, und dann werden sich die „… alten steinernen Götter erheben“ und „Thor mit einem Riesenhammer springt endlich empor und zerschlägt die gotischen Dome.“

Und dann Heines verblüffend genauer Unheilsspruch: „Wenn ihr es einst krachen hört, wie es noch niemals in der Weltgeschichte gekracht hat, so wisst: der deutsche Donner hat endlich sein Ziel erreicht.“

Allerdings waren die Zeiten, in denen Karl der Große die Sachsen zu unterwerfen trachtete, um sein Reich der Franken zusammenzuhalten, brutal wie alle Kriegszeiten, und es war Sitte, dass der Unterlegene mit seinem Volke den Gott annahm, von dem er besiegt wurde. Die sogenannte „Sachsenschlächterei“ bei Verden war stark übertriebene Chronistenangeberei, vor allem aber gelang es Karl mit diesem Sieg, „die stammesreligiösen gegen die universalreligiösen Grundstrukturen des Christentums“ auszutauschen und damit das zu gründen, was wir heute Europa nennen.“

Buch der Korrekturen

Da die Kirche und ihr kanonisches Recht die einzige verbindliche und funktionierende Rechtsprechung darstellte, musste das heilige Offizium gegen Häresien vorgehen. Der Feldzug gegen die fanatischen, frauenverachtenden, hungernden und der Endzeit entgegenfiebernden Katharer, das wird hier umstandslos zugegeben, war eine „schreckliche Verirrung“, die über 20 Jahre dauerte. Die Katharer, eine Art früher Scientology, waren ein düsterer, die Ordnung bedrohender Gegner der römischen Kirche, weil sie sich in ihren Armutsgelübden und Selbstkasteiungen dem Leiden Christi annähern wollten – und mit großer Hybris auf die Amtskirche herabschauten.

Weder die Inquisition um 1240 noch Kriege konnten ihrer Herr werden – das geschah von allein, durch gelebtes Beispiel und Vorbild, als die Franziskaner die Bühne betraten und die scharfsinnigen Dominikaner.

Überhaupt, die Inquisition! Über sie sind die groteskesten Verzerrungen im Umlauf. In einer TV­-Sendung begründete Mathieu Carrière seinen Kirchenaustritt mit der Behauptung, die Kirche habe 800 Millionen Hexen verbrannt.

Abgesehen davon, dass die Erde damals wohl kaum eine solche Population überhaupt aufweisen konnte, war es die katholische Kirche, die energisch gegen solche abergläubischen Lynchmorde vorging. Aber das war bereits Neuzeit.

TE EMPFIEHLT: DUCHBLICK SCHENKEN!
Kämpfer gegen Konformismus, Herdentrieb und Heuchelei: die Heiligen
Mit der Inquisition, einer Einrichtung des Hochmittelalters, war im Gegenteil „ein großer Fortschritt verbunden“ (Rechtshistoriker Winfried Trusen). Eingeführt wurde sie zunächst zur Ermittlung und Wahrheitsfindung bei innerkirchlichen Vergehen. Sie schuf die Figur des Staatsanwalts, der einen Prozess eröffnen konnte, auch wenn der im Zweifel stehende Bischof diesen zu verschleppen versuchte.

Dem Angeklagten wurden die Vorwürfe genannt, die Zeugenaussagen ebenso wie Indizien. Ziel war es, die vorrationalen Wasser-­ oder Feuerproben abzuschaffen und ein für allemal zu verbieten.

Längst nicht alle vor die Inquisition gestellten Angeklagten wurden auch verurteilt. Und oft bestand das Strafmaß, etwa bei Prozessen im Languedoc, im Tragen aufgenähter Kreuze oder Bußwallfahrten.

Soweit nur einige Richtigstellungen in einem verdienstvollen Buch großer Korrekturen. Wenig verständlich ist der Zornesausbruch, den sich der protestantische Rezensent Friedrich Wilhelm Graf in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ leistete. Er beklagt das dürftige intellektuelle Niveau dieses Stücks „Bildungskatholizimus‘“. Peinlich, wie der Autor die Kirche vom Blut der Kreuzzüge reinzuwaschen versuche.

Das Bemerkenswerte an dieser Vernichtung ist, dass Graf kein einziges Beispiel schludriger Quellenarbeit oder falscher Darstellung bringt. Er mag uns Katholiken einfach nicht. Was der eigentliche Skandal der Skandale ist.


Manfred Lütz, Der Skandal der Skandale. Die geheime Geschichte des Christentums. Herder Verlag, 288 Seiten, 22,00 €.


Empfohlen von Tichys Einblick. Erhältlich im Tichys Einblick Shop >>>

Unterstuetzen-Formular

WENN IHNEN DIESER ARTIKEL GEFALLEN HAT, UNTERSTÜTZEN SIE TICHYS EINBLICK. SO MACHEN SIE UNABHÄNGIGEN JOURNALISMUS MÖGLICH.

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

45 Kommentare

  1. Herr Graf spricht von „Bildungskatholizismus“, was offensichtlich verächtlich gemeint sein soll. Oder sollte etwa Neid mitschwingen? Ich als notorischer Agnostiker habe die besten Gespräche mit Katholiken, nicht mit den notorisch theologisch und philosophisch uninformierten Protestanten geführt. Im Protestantismus, zu dessen professoralen Staatstheologen Herr Graf ja gehörte, sind nur mehr Spuren von Intellektualität zu entdecken. Eben eine Politsekte, die sich durch Anpassung an die neuesten Rotgrün Moden überflüssig macht – der letzte Kirchentag hat es gezeigt: zwischen einem Leyendecker als Kirchentagspräsident und Vulvenmalen ist so etwas wie „Bildungsprotestantismus“ kaum mehr zu erwarten.

    • Ich habe mich schon vor 30 Jahren von der Kirche verabschiedet, nicht von meinem Glauben. Und ich halte es mit dem mir Unbekannten der einmal gesagt hat: Gott ist Klasse, nur das Bodenpersonal ist schei….

  2. Das Problem das ich an allen Religionen sehe ist, dass es sich immer nur darauf ausrichtet in jeglicher Hinsicht, was nach dem Tod passiert.

    Eben dieses auf den Tod fixierte Sinnen und Glauben führt dazu, dass das Leben und das Individuum an sich in jeglicher Hinsicht zu kurz kommt. Für den Glauben des Einen, damit jener im Tod sein wie-auch-immer-geartetes-Paradies erhält, zwingt er dem Nebenmenschen und Mitmenschen seine Sicht auf.

    Wir sehen das bei der Problematik wie Sterbehilfe, Gentechnik, Bluttransfusionen, Beschneidungen, Abtreibung, Leihmutterschaft, Gleichstellung von Homosexuellen Partnerschaften – immer zwingt der eine, der die Moral durch die Religion hat, den anderen, die anders und frei und ohne Religion leben wollen aufgrund der politischen Mehrheit.
    Es kann doch nicht sein, dass die einen weil sie ihren Kindern eine Bluttransfusion erlauben es verboten wird, aber die anderen dürfen ihre Kinder am Penis für alle Zeit verstümmeln und sogar als Nebenwirkung den Tod in Kauf nehmen.
    Es kann nicht sein, dass Prostitution legal ist, aber Leihmutterschaft verboten.
    Es kann nicht sein, dass man einem Blinden die Sehkraft durch medizinische Experimente versagt, weil der Ethikrat das so entscheidet.
    Es kann nicht sein, dass ein Heterosexueller sich als moralisch besser sieht als ein Homosexueller.

    Als Evolutionsinteressierter würde ich ja behaupten, dass die Menschen eben immer darauf sind sich von anderen abzugrenzen um sich „besser“ darzustellen, aber das darf nicht dazu führen, dass die einen fixiert auf ihr Seelenheil den anderen ihre Moral aufschwatzen dürfen und erzwingen.
    Wer in der Christenheit das große Heil sucht, soll es ruhig tun.
    Karl-Heinz Deschner hat dazu genug geforscht und geschrieben.
    Aber dieses auf den Nachtod fixierte Leben will ich nicht haben. Ich lebe so, dass ich zufrieden bin und meine Familie glücklich ist.
    Das geht einfach nach dem Motto „Was du nicht willst, was man dir tut, das füg auch keinem anderen zu“. Das ist das ultimative Gesetz. (Ein wenig auch lebe ich natürlich nach dem Motto „Ich und die meinen zuerst“ – zugegeben).
    Da sollte sich mal manch ein Gott überlegen, ob er die Hölle nicht abschaffen sollte. Freiheit ist das wichtigste Gesetz, und die Vorgabe mit der eigenen Entscheidung wie er oder sie lebt, nicht dadurch einen anderen Menschen körperlich zu schaden.

  3. Auch wer meint, er glaube an nichts, glaubt viel mehr, als er meint zu glauben.

    Hinter jedem Denk- und Meinungsansatz des Menschen steckt ganz am Anfang der Kette ein Glaube. Ausnahmslos. Im Unterbewusstsein steckt und passiert so vieles, von dem der Betroffene selber nichts weiß.

    Man könnte auch sagen, Menschen haben mangelhafte Kontrolle über sich. Sie wissen nicht, was sie tun.

    Sie sollten sich deshalb nicht zu sicher sein und ohne Weiteres denken, sie hätten das richtige Rezept, könnten die Menschen oder gar die Menschheit glücklich machen.

    Ich habe Religion stets als Bewusstseinserweiterung mit praktischen Konsequenzen verstanden und wüsste auch nicht, was Religion sein sollte, wenn nicht ein Entwicklungsprozess für den Menschen, der nicht vom Reden kommt. Eine Menschwerdung. Richtig leben. An Kirchen habe ich dabei keine Sekunde gedacht.

    Und die Politik mit ihren verschiedenen ideologisch kopfverdrehten Ansätzen zur Menschenverwaltung (Kommunismus, Faschismus, Liberalismus, Kapitalismus, Demokratie) sind kein Ersatz und erst recht keine Erlösung.

  4. Sorry, in welchem autosuggestivem Paralleluniversum leben Sie und wer verleugnet hier was? Und wo wird denn das Christentum hier und heutzutage noch „beschworen?!“ Ei jei jei und autsch !!

    • Dann scheinen sie einen ganz anderen Artikel gelesen zu haben als ich 😉

      In konservativen Bereich wird das Christentum als kultureller Wurzel definitiv beschworen, wobei allerdings (wie sie) nur die glitzerne Seite des neuen Testament hervorgehoben, während das alte Testament gaaanz weit in Hintergrund geschoben wird.

      Das ist im Christentum im allgemeinen das zentrale Probleme, da sie grob gesehen zwei Götter beinhaltet:

      Einmal den unbarmherzigen tyrannischen Gott, der ganze Städte vernichtet, wenn ihn was nicht passt und auch gern unschuldige damit tötet (siehe Sinnflut) oder Menschenopfer verlangt (siehe Isaac).

      Und einmal die gutmenschliche Hippieversion von Gott, dessen angeblicher Sohn doof genug war sich verraten und von den Römern ans Kreuz nageln zu lassen.

      Ja nach Bock wird dann halt auf eine Version versteift.

      • Theologisch falsch. Mehr ist dazu nicht zu sagen!

  5. Wer sich die Amtskirchen anschaut, ahnt, daß von den Kirchen keine Rettung im Diesseits zu erwarten sein wird. Sie sind eher Teil des Problems als Teil der Lösung geworden. Leider. Es wäre schön, wenn sich diese Religionsbeamten wieder aus Spenden der Gläubigen finanzieren müssten, anstatt von Kirchensteuern. Weg mit diesem ganzen Firlefanz und Überfluss.

  6. Entweder man glaubt es oder man lässt es ganz sein.

    Wenn wir vom Christentum reden, dann reden wir zuerst von einem Gott(nicht von einer Organisation), der die Welt, das Universum und die Menschen erschaffen hat und deswegen am besten weiß, wie sie funktionieren und was gut für sie ist.

    Gibt es einen Konstrukteur einer hoch komplizierten Anlage, der nicht fähig wäre, den kleinen Schritt noch zu tun und eine zuverlässige Betriebsanleitung mitzuliefern? Die „Betriebsanleitung“ für das Verhalten der Menschen auf dieser Welt nennt sich Bibel, in der man klar erkennen kann(wenn man nur will), wie sie sich zum guten Wohlergehen verhalten müssen und dies dann auch ernst nehmen. Ob sie es machen, ist dann ihre Sache.

    Darin steht unter anderem:

    „Denn so hat Gott der Welt seine Liebe gezeigt: Er gab seinen einzigen Sohn dafür, dass jeder, der an ihn glaubt, nicht ins Verderben geht, sondern ewiges Leben hat.“ Joh. 3, 16

    Christsein und Christentum ist also eine Sache zwischen Gott und jedem einzelnen Menschen.

    Keiner, der ein Auto kauft, käme auf die Idee, die Angaben im Bordbuch nicht ernstzunehmen, Füllmengen und sonstige Angaben abzuändern. Königreiche, Staaten, Organisationen(wie z. B. auch die großen Weltkirchen)haben sich durch die Jahrhunderte ihre eigenen „Betriebsanleitungen“ zurechtgezimmert, aber in unserer Zeit ganz besonders. Kein Wunder, wenn es immer wieder schief geht.

    Entweder man glaubt es, wenn schon, aus erster Hand oder man läßt es ganz sein.

  7. Zur FAZ- Rezension des Buches: Das politische Bürgertum hat eben alles politisiert – da geht es dann nur noch um Machtinteressen – und entsprechend sin die meisten Journalisten in diesem Stil geschult bzw. betreiben so ihr Geschäft. Von daher soll man diese offensichtlich instrumentellen Rezensionen im Käsblatt FAZ nicht ernst nehmen.
    Zur Kirche im Mittelalter: da trafen sich – wie immer- solche und solche. Wie soll denn die Geschichte der ältesten Institution der Welt auch sauber sein? Es gab viele rein politisch gewählte Päpste ohne jeden theologischen oder fürsorglichen Anspruch un dann wieder die Besten auf dem Papststuhl. Man muss eben zwischen Theologiegeschichte und „Geschichte an sich“ unterscheiden – auch die kath. Kirche sollte das pflegen, sonst macht sie sich im Zeitalter der Aufklärung unglaubwürdig, und schießt also ständig neue Eigentore.

  8. Die Geschichte des Zusammentreffens vorstaatlicher rechtsgemanischer Kriegerbauernmentalität der Landgermanen (nicht die der See, der Normannen) und den Christentums in Europa ist bis heute noch nicht geschrieben worden, weil mit den klassischen Mitteln formaler Philosophie und Logistik nicht so einfach zu verstehen. Man versuchte das im 19. Jahrhunderte, aber es klappte nicht so recht, dann wurde dieser 19.Jh.- Ansatz bekanntlich politisch billigst und schäbigst mißbraucht, danach getraute man sich nicht mehr, darüber nachzudenken: es war nur noch ein potentieller Karrierekiller. „Europas Identität besteht aus…. “ ist Identität denn alles? Europas Ordnung kommt gerade nicht aus dem germanischen, das ist völlig richtig, denn die hatten nämlich heidnisch vor 2000 Jahren gar keine höhere Ordnungskultur, sondern eine vorstaatliche Zusammenhaltskultur aus nicht- oder wenigformalen Recht. Aber das vesteht natürlich kein akademistischer Akademiker, denn der ist in der Regel in seinem Formalismus halb erstickt und beruflich mental halbtot, insbesondere juristen, die ja nur formales Recht offizell kennen.

  9. Am 22.09.2011 hielt Papst Benedikt XVI. vor dem Bundestag ein Rede.
    Daraus zitierere ich einen einzigen Satz:
    “ Die Kultur Europas ist aus der Begegnung von Jerusalem, Athen und Rom – aus der Begegnung zwischen dem Gottesglauben Israels, der philosophischen Vernunft der Griechen und dem Rechtsdenken Roms entstanden. Diese dreifache Begegnung bildet die innere Identität Europas. “

    Ich hoffe sehr, das wird auch so bleiben.

    Desweiteren zitiere ich zum bestimmt hundertsenmal Harry Richardson:
    „Wer in einem westlichen Land aufgewachsen ist, dessen Sinn für richtig und falsch basiert auf der christlichen Lehre – ob man sie mag oder nicht -, so wie auch die Gesetze, die sich unsere Gesellschaft gibt.“

    Was ist daran falsch?

  10. Leider ist es so, dass auch gebildete („aufgeklärte“) Menschen den biblischen, auf Abraham und Moses zurückgehenden, offenbarten Monotheismus, der sich erstmals in der Weltgeschichte radikal jedem Aberglauben verweigert (Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!), oft nicht verstanden haben. Der Glaube oder Nichtglaube an einen Schöpfer hat nichts aber auch gar nichts mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis zu tun. Ob ich nun sehe, dass ein Stein zu Boden fällt oder ob ich die Allgemeine Relativitätstheorie und die Quantenphysik bis ins Letzte verstanden habe, ist ganz einerlei. Eine Letztbegründung der Naturgesetze gibt es nicht, es sei denn ich glaube an ihren göttlichen Ursprung. Dort ist die gemeinsame Singularität von Glaube und Wissen, nirgends sonst. Was immer die Menschen an Bildern, Gleichnissen und Vorschriften hinzufügen ist Menschenwerk, wie es auch alle naturwissenschaftliche Erkenntnis ist.

    • Richtig, das ist alles Menschenwerk. Und folglich kann man sagen: Auch aller Glaube, alle Religion, altes und neues Thestament und alle religiösen Bücher sind Menschenwerk.
      Übrigens ist der christliche Glaube streng genommen nicht monotheistisch: Es ist ja vom Vater, Sohn und hlg. Geist die Rede. Und gerade im Katholizismus wird Maria, die hlg. Mutter Gottes, besonders angebetet.
      Ich finde, es zeugt von Hybris, wenn Sie behaupten, irgendeine Gewissheit zu haben. Es gibt keine Gewissheit.

  11. Solange man nicht bei der Hälfte der europäischen Geschichte beide Ohren zuhält u. laut „lalala“ ruft, geht’s ja … Und sorry: aber das Geschwätz vom „modernen Europa,“ dass das böse Christentum besiegt u. nun nur noch den Islam euroabisieren muss, hängt mir auch langsam zum Hals raus.

      • Erstmal zwischen Religion („institutionialisierte Sinnsuche“) und transzendentaler Phänomenologie ( („zweite“ (Meta)Ebene, die schon ein unverdächtiger Kant, als „unhintertreibbares Bedürfnis“ in des menschlichem Bauplan erkannte), unterscheiden, dann vergehen diese einfachen „sollte“ u. müsste-Sprüche von ganz allein.

      • Mit dem selben Argument werden heutzutage die Schandtaten des Islams relativiert. „Es ist nicht die Religion sondern die Menschen, die es missbraucht haben!“ und änliches. Wer diese Parallele nicht erkennen kann und will, ganz dicke Tomaten auf den Augen 😉

  12. Das Bedürfnis der Christen nach Gemeinschaft ist wohl da. Denn die Freikirchen haben enormen Zulauf, wovon ich mich überzeugt habe.
    Die Christen sind von der Kath. und ev. Kirche in die ev. Freikirchen gewechselt.
    Das verschweigen die Medien. Da haben die Steuereinziehungs-Kirchen ja auch noch mitzureden, was über Kirchen berichtet wird.
    Die Gottesdienste in den ev. Freikirchen sind seit Jahrezehnten voll, was ich seit meiner Kindheit in der Kath. Kirche n i e erlebt habe. Sie finanzieren sich nur durch Spenden.
    Ich lebe mein Christentum für mich allein, nachdem ich mir eine ev. Freikirche ausgesucht hatte und den Pastor zur Zeit des Odenwald-Skandals gefragt hatte, was er denn tun würde, wenn in seiner Gemeinde so etwas passieren würde. Er sagte: „Man muss ja damit rechnen, dass das, was das Kind sagt, nicht stimmt.“

  13. Die Kath. Kirche ist die Erfinderin des Staatsanwaltes ! Halleluja !

  14. Das Christentum verleugnet, so wie alle Ideologien, die menschliche Natur und wollte immer den „neuen, besseren“ Menschen erschaffen.

    All die Träume vom neuem, besseren Menschen haben regelmäßig dazu geführt, dass Menschen auf Scheiterhaufen oder in Gulags und Konzentrationslagern gelandet sind.

    Aktuell verbünden sich die Kirchen wieder mit den „besseren Menschen“.
    Alle, die sich dem Diktat der unbegrenzten Zuwanderung nicht unterwerfen und in Anbetracht der anhaltenden Bevölkerungsexplosion eine Geburtenkontrolle fordern, werden diffamiert.
    Selbst die AFD, die sich als einzige Partei auch für das Menschenrecht von ungeborenen Kindern einsetzt und diese nicht als medizinischen Sondermüll betrachtet, wird von den Kirchen bekämpft.

    • Halt die typisch-eindimensionale Sichtweise aus atheistischem Blickwinkel heraus. Tatsächlich waren ja sämtliche Ideologien nicht von ungefähr „ISMEN/..ISMUS“-Systeme, die vielmehr stets KONSEQUENZ jenen Versuches waren, die Welt jenseits des Christentums zu gestalten. Ein gewisses Maß an Differenzierung zwischen Kirchen und Christentum, ohne denen es zwar keine Universitäten, dafür aber wohl Sie und mich bereits unter der Knute Allahs gäbe, täte not. Zuminderst in der Adventszeit und einem Forum wie diesen!

      • Vielleicht wäre es aber auch möglich, gerade in der Adventszeit das Atheistenbashing zu unterlassen. Die Behauptung, Atheismus führe zum Totalitarismus halte ich für falsch.
        Es gab atheistische Unrechtsregime und christliche (von islamischen ganz zu schweigen). Die Lord-Resistance- Army berief sich auf das Christentum.
        Das Argument, die Kirche sei eben nicht das wirkliche Christentum, halte ich für schwierig. Was ist das wahre Christentum? Wer bestimmt das?
        Ich denke, der Grund für das Scheitern einer Geselschaft ist weder Atheismus noch Christentum. Ich bin Atheist und gegen offene Grenzen, bin sog. Klimaleugner, pro-Israel, gegen das Verschleierungsgebot im Islam…

      • Lieber Peer Munk!

        1,) Mein „Atheismusbashing“ war lediglich eine Reaktion auf das vorausgegangene Christentumbashing, aber egal.

        2.) Ein „christliches Unrechtsregime“ KANN es insofern nicht geben, da im Neuen Testament keine einzige, diesbezügliche Legitimation (zur Gewalt u. Unterdrückung) – ANDERS ALS IM ISLAM – zu finden ist. Das bestimmte Gruppierungen, wie auch die Kirche selbst, immer wieder das christliche Logo kaperten bzw. nach wie vor kapern, um damit eigene Politik (oder gar Staatspolitik!) zu machen, wissen Sie so gut wie ich.

        3.) Sie wollen wissen, was das „wahre Christentum“ ist? Okay, dann schauen Sie halt auf einen Pater Ruppert Mayer, eine Alfred Delp, einen Dietrich Boenhöffer; einen Maximilian Kolbe; auf eine Edith Stein („Der Stern von Betlehem ist ein Stern in dunkler Nacht“/ kurz vor ihrer Vergasung durch die Nationsozialisten) ; auf einen Alfons Klein etc. , und dann haben Sie Leute, die dieses „wahre Christentum“ – zumindest glaubhaft – verkörperten.

        3,) Alles wovon wir heute noch partizipieren und was von einer heute „suprantionalsozialistischen“ „Elite“ gerade verfrühstückt wird, fußt auf nun mal auf dem theologisch-philosophischem Fundament des „christlichen Abendlandes“ (Von den kulturellen Reichtümern, der Malerei, der Musik usw. ganz zu schweigen). Davon abgesehen, dass der praktische Atheismus zu ähnlichen Hervorbringungen nie in der Lage war, war das Christentum (Stichwort; Heiliges Römisches Reich“) auch in der Abwehr bzw. Verteidigung (Kreuzzüge) dieser seiner Errungenschaften schlussendlich höchst erfolgreich. Ein (von atheistischen Rationalisten doch immer so eingeforderter) BEWEIS, den eine säkular-atheistische (Post)Moderne schuldig bleiben wird, wollen wir wetten?

      • Ich halte Atheisten für ebenso überheblich wie Religionsanhänger.
        Vorzugeben zu wissen ob es Götter gibt oder nicht ist meines Erachtens überheblich.

        Ich denke als bescheidener Erdenwurm sollte man ein Agnostiker sein, dem Religionen zu heilig sind.

      • Aber, lieber Boesmensch, wo bitte finden Sie denn in unseren Breitengraden heute noch solche, (christlichen!) Religionsanhänger,“ die das tun? Sind das vielmehr nicht auch alles längst Trittbrettfahrer des (linksgrünen) Zeitgeistes, die (daher) vielmehr der „Diktatur des Relativismus“ (Ratzinger) das Wort reden? Ein halbwegs intelligenter Christ würde m. E. auch nicht auf dieser, in der Tat, überheblichen, „ich weiß, dass es Gott gibt“-Basis argumentieren.

    • Unsinn: nicht der bessere Mensch, sondern nur die bessere, nämlich erlöste Seele! Ein großer Unterschied. Jesu war und ist kein Sozialist.

      • Wollte das Christentum etwa nicht einen besseren Menschen schaffen, durch die Verleugnung phylogenetischer menschlicher Eigenschaften wie:

        1. Superbia
        Hochmut (Stolz, Eitelkeit, Übermut)
        2. Avaritia
        Geiz (Habgier, Habsucht)
        3. Luxuria
        Wollust (Ausschweifung, Genusssucht, Begehren, Unkeuschheit)
        4. Ira
        Zorn (Jähzorn, Wut, Rachsucht)
        5. Gula
        Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Unmäßigkeit, Selbstsucht)
        6. Invidia
        Neid (Eifersucht, Missgunst)
        7. Acedia
        Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Überdruss, Trägheit des Herzens)

        All diese Eigenschaften haben einen stammesgeschichtlichen Sinn.
        Ohne Stolz, Begehren, Selbstsucht und Neid gäbe es z.B. weder Konkurrenz noch Fortschritt.

  15. Alles schön und gut, aber was hat das alles mit der Frage in der Überschrift zu tun? Das Christentum ist ein wesentliches geistig-kulturelles Fundament Europas (neben antiker Philosophie ud römischem Recht), das kann doch gar nicht in Frage stehen. Aber was hat das Hin und Her über Verbrechen und Wohlaten des Christentums in der Geschichte mit der Frage zu tun, ob das chrsitliche Glaubensbekenntnis heute noch ernsthaft gesprochen werden kann, also ob die Glaubensfundamente des Christentums noch tragfähig sind. Sie sind es ganz offenkundig nicht. Die einst christliche Welt gleitet in tausende neue „Aberglauben“ ab, vom Monotheismus führt der Weg paradoxerweise eben nicht zum Atheismus.

  16. Der ewige Hinweis auf die Kreuzzüge wird von Moslems immer wieder bemüht….auf die „Eroberung des „Islam“ von ganz Nord-Afrika bis hin nach Spanien wird aber so gut wie nie hingewiesen….die dort lebenden Christen sind natürlich alle freiwillig zum Islam konvertiert und haben die dortigen (Ruinen sind noch zu sehen) Kirchen selbst zerstört.
    Abgesehen davon….ich bin kein Verteidiger des Christentums….Religion in jeglicher Form….so sie dogmatisch wird….ist schon aus Vernunftsgründen abzulehnen. In einer Zeit in der wir Raumsonden ins Weltall schicken und uns Hawking und Co. sogar den Urknall einigermaßen logisch erklären können….sollte man sich über Sinn bzw. Unsinn von Religion eigentlich klar sein.

  17. Die Vorurteile gegen die Kirche im Mittelalter hatten durchaus ihre Berechtigung auch wenn sich einige Behauptungen durch fehlende Beweismittel nicht gänzlich belegen lassen. Umso mehr lassen sich in der heutigen Zeit die Fehlleistungen der Kirchen durch Beweise und täglich praktizierenden Konfrontationen belegen wie unter dem Namen der Kirche die Gläubigen Christen „mißbraucht“ werden. Nicht nur körperlich, sondern auch geistig, seelisch und finanziell. Die heutigen Kirchen sind zu einer ideologischen, politischen Sekte verkommen die nationale Rechte beugen und ihre Gemeindemitglieder ignorieren.

  18. Die Besprechung liest sich als Empfehlung eines guten Buches für die Zeit zwischen den Jahren. Schade dass der evangelische Theologe, Herr F. W. Graf sich in dieser abfälligen Weise äußern muss. Sieht es denn mit der Bildung in der evangelischen Kirche, insbesondere an ihren Häuptern, wirklich um so vieles glanzvoller aus?

  19. Von der eigentlichen Botschaft von Jesus Christus ist nicht mehr viel übrig. Religion und deren Auswirkungen zu irgendeiner Besserung im ethischen und humanistischen Grundverständnis wäre abhängig von der Kraft der einfachsten Überzeugung von so etwas wie Gott.

    Das Bodenpersonal inclusive! Dem Moloch einer christlichen ( auch noch Konfessionsverschieden) Wissenschaft mit beispiellosen Selbstbeweihräucherungen, Mitfahrgelegenheiten bei Wichtigen und Reichen und geframten Überzeugungen haben dem westlichen Christentum jegliche Strahlkraft geraubt.

    Glaube und eine eventuelle nur positive Ausstrahlung daraus braucht weder Dienstwägen noch einen Unterschied zwischen praktischer und theoretischer Glaubensführung.

    Diese Fundamentsberaubung includid die Islamgleichstellung plus ewige Absolution der stattgefundenen Totalentgleisungen.

    Nun die Anbieterung an grün linke Spezialauslegung aller Gesetzmäßigkeiten plus einiger herausragender Möchtegern Pinups in der oberen Etage des Kirchenpersonals.

    Erich Kästner: Da hilft kein Hoffen, da hilft kein Beten, der liebe Gott ist aus der Kirche ausgetreten.

  20. Ich bin selbst kein Katholik, freue mich aber nichtsdestoweniger über diesen Artikel, dass er mit diesen antikatholischen Übertreibungen aufräumt, die es wohl gegen keine andere Glaubensrichtung gibt, was für die unbegreifliche Nachsicht bei der wissenschaftlichen Kritik am Islam sorgt. Wir haben uns daran gewöhnt, dass es keine Fairness für Juden und Christen gibt. Im Gegenteil. Deschner und Co haben ganze Arbeit geleistet. Heute hat man hat den Eindruck, wenn man die Presse hört, dass Muslime die am schlimmsten verfolgte Gruppe seien und die Christen und Juden/Israel die schlimmsten Verfolger und Diskriminierer. Dass es genau umgekehrt ist, könnte man kaum glauben, wenn man der Deutschen Presse noch einen Funken Wahrheit zutraut. Gut dass es unter diesem Misthaufen edle Pflanzen schaffen zu überleben und sogar zu wachsen und zu erblühen. Matussek ist eine davon. Und Tichys Einblick ist ein Biotop, das den Mist zu gutem Dünger verarbeitet.

  21. Das Christentum ist ein erstklassiges geistiges MITTEL Europas – natürlich, aber versucht seit 200 bis 700 Jahren jedenfalls selbst nicht mehr, sich zum geistigen FUNDAMENT Europas zu erklären (dieser Irrweg war schon um 1300 gescheitert – dank z.B. von Albertus Magnus). Wäre es geistiges Fundament, müßte es ja primär eine uns äußerliche politische Gesetzesreligion sein, und das ist es ja gerade nicht, es überwindet asiatische Gesetzesreligion. Über die deutliche alteuropäische Trennung von Geist und Physis (Fundament!), z.B. der griechischen Philosophie, wird das möglich. Fundament ist und bleibt der Erdgrund, auf dem leben wir selbst, und geben dabei jeweils unsere geistig- seelische und körperlich- mentale Antwort auf den vorhandenen natürlichen Grund. Der Geist für sich hat per se kein Fundament, er existiert auch nicht für sich, denn wir sind ja zugleich Körper und Seele oder Geist. Oder nicht? Fundamentales ist dann immer nur auf Zeit konstruiert und nicht ewig und religiös. (der religiöse Ordnungskosmos als veruchte erste Macht und Fundament ist mit Albertus Magnus bereits vor 1300 zu Ende) Das Gerede von „geistigen Fundamant“ sehe ich als esoterisch und achristlich und aeuropäisch an. Kultur benutzt zunächst Religionsvorstellungen, mit der Zeit wird dann auch die Religion fundamentaler Teil überlieferter Kultur, wenn Kultur als christliche eben tradiert wird. Das ist aber nicht der Beginn und ist damit philosophisch gesehen gerade nicht fundamental, sondern wertvolles Gegenstückdenken zur (weltlichen) Philosophie und unserer Subjektivität. Romanisch geprägte Päpste sind um 1300 (bis 1600) endgültig gescheitert, die Kirche als erste politische Kraft zu installieren. Dann folgen u.a. die vielen Phasen des Mißbrauchs der Kirche(n) für alle möglichen politischen Zwecke – bis heute – siehe die Umpolung in Kaufleute- Calvinismus und Jesuitentum, Staatskirchentum usw..

  22. Die m.E. einzige allgemein akzeptable Quelle eines europäischen Weltbilds ist die Aufklärung, die sich aus der Orientierung am Logos und dem Wissensdrang von Antike und Renaissance speist. Das Christentum hat davon manches zerstört, einiges unterdrückt, anderes für seine Zwecke genutzt – ansonsten hat es vor allem eindrucksvolle Bauten hinterlassen, die in ihrer strengen Rationalität letztlich wieder antiken Geist und das Können nüchterner Praktiker atmen. Ansonsten kann man auf die Erzählungen einer der vielen im Kern orientalischen Religionen nicht viel geben. Ich finde dort keinen für die Lebensführung und das Miteinander verwertbaren Gedanken, der nicht von griechischen und römischen Denkern bereits formuliert worden wäre bzw. auf den man nicht selbst kommen würde. Das Hauptproblem aller Religionen ist, dass sie blinden Glauben an die Behauptungen von Leuten verlangen, die auch nicht mehr wissen als man selbst… Auf das Niveau fällt Europa hoffentlich nicht mehr zurück.

    • Bei der Aufklärung geht es um viel mehr als nur um Logos oder ratio, auch wenn es deren Top- Mittel sind (Grund und Mittel sind aber nicht dasselbe). Logos- Experten gab es bereits 2200 Jahre früher. Das 18. Jahrhundert entwickelt ein neues Verhältnis zur Eigenzeit und der Subjektivität, zum menschl. Organismus – und sie kritisierte den totalen Mathe- Logos, also den Rationalismus des 17. Jh..

  23. Ich habe mit ausgesprochenem Lesevergnügen das glänzende Buch von Manfred Lütz gelesen. Matusseks dankenswerte Rezension trifft den Punkt. Es wimmelt in der öffentlichen Meinung an Vorurteilen, falschen Behauptungen und irreführenden Schuldzuweisungen. Christenfeinde sind bald in der Überzahl, in unseren Breitengraden kommt zum üblichen liberalen und linken Progressismus noch das alte protestantische Ressentiment gegen die katholische Kirche hinzu.
    Lütz entlarvt viele Legenden – von den grotesk übersteigerten Zahlen der Hexenverfolgungen bis zu der unhistorischen Verkehrung der Täter/Opfer Rolle in den Kreuzzügen. Thema Hexen: Real waren es nicht 800 Millionen, sondern etwa 100 000 getötete Frauen und Männer, die wegen Hexerei hingerichtet wurden. (siehe etwa hier: https://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/recht/hexen/gliederung.htm oder hier:
    https://hexenjagd.hpage.com/zahlen-und-fakten.html ) Dabei ist es für den Bildungsprotestantismus durchaus peinlich, dass die Zahl der Opfer in evangelischen Gebieten etwa gleich groß war wie in katholischen. Das wird aber im verbreiteten Ressentiment ganz anders wahrgenommen.
    Bis heute wirken darin außerdem immer noch Elemente der Nazipropaganda nach, für die Hexen Gestalten eifriger Verklärung waren: als Inbegriff germanischen Priesterinnentums, dessen Kult von der Kirche in den Verfolgungen unterdrückt worden sei (Alfred Rosenberg, Mathilde Ludendorf, Himmler). Paradoxerweise wurde derlei Mystagogie dann von linken 68ern und dem Vulgärfeminismus aufgeklaubt und zur Verschwörungstheorie eines angeblichen männlichen Bündnisses gegen die „Weisheit der Hebammen“ montiert. Wobei dies wie alle Ressentiments nicht durch Fakten entkräftet werden wird. Dafür sorgen schon die bestsellernden feministischen historischen Trivialromane und ihre Verfilmungen. Wer sich für die wissenschaftliche Diskussion dieser These interessiert, findet hier einen umfassenden Literaturbericht: http://www.historicum.net/no_cache/persistent/artikel/820/

    Ähnlich verhält es sich mit den herrschenden Meinungen über die Kreuzzüge, die inzwischen meist im Lichte der Kolonialismuskritik des 20. Jahrhunderts dargestellt werden. Dagegen hilft offensichtlich auch kein sich anbietender Blick in historische Atlanten, in denen man auf großen grün gefärbten Flächen die muslimischen Eroberungen christlicher Länder ab dem 7. Jahrhundert betrachten kann, und im Namen welcher Religion die osmanischen Heere zweimal bis vor Wien marschierten. Lützens Einführung in all diese Problemfelder ist für jeden, der sich gründlicher mit den Fakten über Religion und Kirchen beschäftigen will, ein packend geschriebenes Vademecum. Das ideale Geschenk für nonkonformistische Geister.

  24. Aus mir wird im Leben kein Katholik mehr. Aber ich muss gestehen, dass ich das Christentum umso mehr respektiere, je älter ich werde. Kulturgeschichtlich ist Europa im Guten wie im Bösen ohne das Christentum nicht denkbar. Und außerhalb Europas gibt es kein Heil. Ich halte es mit Nietzsche: Es gibt kulturnützlichen Aberglauben und kulturschädlichen. In der Bilanz ist das Christentum ohne Zweifel ein kulturnützlicher Aberglaube.

  25. Lieber Herr Matussek,

    schön einmal wieder auf TE von Ihnen zu lesen!

    Das Christentum wird immer die Grundlage Europas sein, selbst wenn Europa sich unterwirft, so wie es gerade ausschaut!

    Die Inquisition war die Hölle, ganz bestimmt, und es war auch „Die Vertreibung aus der Hölle“ wie Robert Menasse das Leben von Spinoza in seinem Roman so wunderbar beschrieben hat.

    Und vertrieben aus der spanischen Hölle der christlichen Inquisition entwickelte Spinosa in Amsterdam seine das christliche Abendland prägende Philosophie…!

  26. Nun wäre noch zu fragen, was die Kirche mit dem Christentum zu tun hat? M.E. sehr wenig. Machtgier war der Hauptantrieb und ist es heute noch. Aber immerhin, die Kirche hat sich entwickelt, sie ruft nicht mehr zum Kriege, oder dem Feuer. Sie sagt uns nur, was wir wählen sollen. Pharisäer.

  27. Ich bin zum großen Teil nur ein kulturell geprägter Evangelist. Dass heißt aber nicht, dass ich die Katholiken nicht mag, sondern nur das Führungspersonal von der Bodentruppe. Schon Franz von Assisi hat schon seine Probleme mit dieser Bodentruppe gehabt.
    Einen neutralen, nicht agitativen Artikel erkennt man unter anderem an Neutralität und nicht an „Gegenhass“ ! Oder sind Ihre plakativen Vorwürfe auf einem höheren Niveau?

  28. Die Bibel ist voller „Helden“, die auserwählt werden oder denken, es besser zu wissen, und daraus im Grunde gegen ihre Mitbürger agieren oder manchmal auch gegen die Vernunft. Solche Geschichten haben auch und gerade heute einen starken Reiz auf die westlichen Gesellschaften. Dabei ist „auserwählt sein“ oder das Vertrauen auf göttliche Zustimmung eigentlich eine Antithese zur Demokratie und auch zur Rechtstaatlichkeit.
    Die anfängliche Frage ist jedenfalls mehr als gerechtfertigt, vor allem, weil die Pragmatiker die Kirchen größtenteils schon verlassen haben. Die Benedicts sterben aus, fanatische Weltverbesserer wachsen nach.

  29. Indem der Autor auf der Schiene „So schlimm war die Kirche doch garnicht“ fährt, geht er den Gutmenschen in die Falle. In die Falle in die die Kirchen Westeuropas den Gutmenschen bereits gegangen sind.

    Ein Fundament muss vor allem Anderen eines tun: Es muss tragen. In ihrem Wunsch, es den Gutmenschen recht zu machen, tragen die Kirchen Westeuropas und ihr Christentum aber nichts mehr. Sie kapitulieren nur noch. Das Christentum der Kreuzverstecker, „Seenot“-Retter und Befreiungstheologen taugt nicht als Fundament für eine Gesellschaft, die eine Zukunft haben soll.

    Man sollte diesen Zivilisationsverrätern am besten jede Betätigung verbieten oder wenigstens alle Privilegien streichen. Die Kirchen und ihr Christentum sind so gemeinnützig wie eine Pockenepidemie.
    Wenn von irgendwoher ein zweiter Urban II (gleichgültig welcher Konfession) auftauchen sollte, bin ich gerne bereit mein Urteil noch einmal zu überdenken. Aber erst nachdem er „Deus Vult!“ gerufen hat, nicht eine Sekunde vorher.

  30. Lieber Herr Matussek, man hört derzeit viel zu wenig von Ihnen. Der Einstieg in die in Tichy‘s Einblick erschienene Rezension von Safranskis Hölderlin hat mich doch sehr bewegt. Ich wüsste nicht, wer in D das so hinbekommen würde: Danke für dieses spezielle Gänsehaut – Gefühl aus den ….Zeiten!

Einen Kommentar abschicken