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Macron hat sich verkalkuliert

Europa ist paralysiert: Der deutsch-französische Plan implodiert

von Gastautor

16.10.2019

| Lesedauer: 2 Minuten
Unter dieser Überschrift erschien in der italienischen Zeitung Il Giornale am 14. Oktober eine Analyse von Andrea Muratore. Er meint mit Europa natürlich nur die EU.

Das EU-Parlament, so schreibt Andrea Muratore, hätte wenige Rechte, diese wenigen hätte es aber nun mit voller Härte eingesetzt. Der deutsch-französische Plan sah die Deutsche Ursula von der Leyen als Präsident der EU-Kommission vor und die Französin Sylvie Goulard als Kommissarin für den einflussreichsten Bereich Binnenmarkt. Mit der Ablehnung Goulards ist die Achse Deutschland-Frankreich, die die EU dominieren soll, nicht nur gefährdet, sondern, so Muratore, vielleicht schon beendet.

Überraschend war die große Mehrheit, die Goulard ablehnte. Das wird als Revanche der EVP betrachtet, deren Kandidat vorher von Marcon rundweg abgelehnt worden war. Das Parlament der EU begnügte sich allerdings nicht mit der Ablehnung der französischen Kandidatin, sondern lehnte auch die rumänische Sozialistin und den ungarischen Kandidaten, FIDESZ ab. Jede dieser Parteien ist für die Mehrheit der Kommission wichtig.

Die neue Konstellation der Institutionen der EU würde sich deshalb der Unregierbarkeit nähern, denn für die „Ursula-Mehrheit“ stimmten zwei Parteien mit, die sich nicht in das normale Muster der Parteien einfügen wollen. Die italienische Fünf-Sterne-Bewegung und die eben mit einem überwältigen Ergebnis bestätigte polnische PiS.

Schuld an dieser Situation ist der französische Präsident Emmanuel Macron, der das EU-Parlament bei den Verhandlungen über das Führungspersonal marginalisieren wollte. Er wähnte sich überlegen und schlau und glaubte mit einem Streich mehrere Dinge erreicht zu haben: Merkel den von ihr wenig geschätzten Weber vom Hals zu schaffen und durch die ihr genehme von der Leyen zu ersetzen, seine Kandidatin auf dem wichtigen Position Binnenmarkt zu installieren und das Parlament, bei der seine Bewegung „En Marche“ nur die dritte Kraft ist, bei wichtigen Entscheidungen auszuschalten. (Wobei Muratore die tatsächlich wichtigste Position nicht nennt: Christine Lagarde an der Spitze der EZB.)

Die Einschätzung Macrons, dass seine Partei und die „rechten Parteien“ bei der Kandidatenauswahl unbedeutend wären, hat sich nun nur bei seiner Partei bestätigt. Auf der anderen Seite gab es eine bemerkenswerte Zusammenarbeit der EVP, zu der Forza Italia gehört, der von der Lega bestimmten Fraktion „Identität und Demokratie“ sowie der von der polnischen Pis dominierten konservativen Fraktion mit den Grünen. Zusammen lehnten sie Macrons Kandidatin mit großer Mehrheit ab.

Der Versuch, das EU-Parlament in die Enge zu treiben, hat genau das Gegenteil bewirkt. Es kann gut sein, dass die neue Macht-Architektur der EU schon kaputt ist, bevor ihre Amtszeit beginnt.


Thomas Punzmann ist Galerist in Frankfurt am Main.

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16 Kommentare

  1. Frankreich schafft es immer wieder sich durch Deutschland bezahlte „Kooperationen“ zu sichern.man denke nur an den Airbus mit Eurocopter.Inzwischen haben die Deutschen keine Mitsprache wehr und auch der Großteil der Arbeitsplätze wurde nach Frankreich transferiert.Dies wir in gleicher Weise bei dem von Frau von der „Leiden“unterstützten europäischen Kampfflugzeug erfolgen.Deutschland zahlt mindestens die Hälfte, hat nicht zu sagen und wird auch kaum neue Arbeitsplätze dadurch generieren.Hauptsache Frankreich profitiert.Deswegen auch immer mehr Geld für die EU und für den Euroerhalt, da FR große Anteile an den maroden italienischen Banken hält, für die der deutsche Steuerzahler mit zahlen soll, sei es direkt über die EZB oder durch gemeinsame Einlagensicherung. bald werden die Franzosen noch Mehrheitsentscheide bei fast allen Entscheidungen der EU durchsetzen, so daß die Mittelmeeranrainer dann durchregieren können.

  2. Ein völlig kaputtes System der überbordenden Bürokratie das niemand braucht. Dazu mieses Spitzenpersonal was in Affären über Vorteilsnahme verstrickt ist und schon als Minister krachend versagt hat.

  3. Es gab und gibt keine „deutsch-französische“ Achse in der EU. Die EU bzw. ihre Vorgänger Montanunion und EWG waren eine Gründung des katholischen Teils Europas, ausschließlich Polens, das damals noch im Ostblock gefangen war. Deutschland ist ja historisch und kulturell weniger in den heute als dominant empfunden Gegensatz Ost-West geteilt, der ja erst von den Alliierten in Jalta erfunden wurde (und dann von den dummen Deutschen treuherzig durchexerziert wurde, bis heute) sondern in einen katholischen und evangelischen. Genau das führte im 30jährigen Krieg zu einem der blutigsten Krieg auf europäischen Boden, und resultierte final im Kulturkampf Preußens und es Kaiserreiches nach 1871. In dieser Zeit entstanden in den katholisch geprägten gebieten Deutschlands, die zusätzlich noch durch den langen Einfluß Frankreichs eine andere Mentalität hatten, sezessionistische Bewegungen, die im deutschen Krieg von 1866 zwar zugunsten Preußens zurückgedrängt, aber nicht aufgelöst werden konnten. Nach einem vergeblichen Versuch 1923 gelang dem in CDU umbenannten Zentrum und ihm nahestehenden Kräften 1949, mit Hilfe der drei Westalliierten mit der BRD einen rheinischen Separatstaat zu etablieren. Diese Kräfte wußten natürlich von Anfang an, daß diese Sezession keinen Bestand haben würde, wenn sie dem freien Spiel der Kräfte überlassen bliebe, daher Adenauers Fixierung auf die „Westbindung“, die in Form der EU-Orientierung bis heute fortbesteht. Sein und der CDU Traum war eine neuer multinationaler Bundestaat vom Atlantik und Mittelmeer bis an den Harz – und nicht weiter. Die Politik der Union seit 1949 war es daher immer, diese Sezession abzusichern, wozu sich NATO, EU und Euro als wirksame Mittel erwiesen haben. Nun wird man fragen, wieso Sezession, wenn doch die Zweistaatlichkeit 1990 beendet wurde. Richtig, aber auch 1866 gelang es Preußen nicht, den rheinisch-katholischen Sezessionismus einzudämmen, er wirkte nun innerhalb Preußens weiter. Das heutige Deutschland ist daher auch keine „deutsche Nation“ sondern eine auf Mitteldeutschland ausgedehnte rheinische Republik. Und fast spiegelbildlich zur Zeit von 1820 bis 1945 hat sich nun im Osten Deutschlands mit der AfD eine Art ostdeutsche Interessenvertretung gebildet, die, wollte sie ihre Ziele verwirklichen, dies nur mit einer erneuten Abspaltung Mitteldeutschlands vom Westen erreichen könnte. Das Zentrum hatte auch außerhalb der preußischen Rheinprovinz und Westfalens seine Wähler, aber es waren deutlich weniger als dort -> die AfD kann im Osten über 25 Prozent holen, im Westen kaum 10. Im Osten hat sie gefestigte Landesverbände, im Westen versinken diese in Chaos und Streit.
    Daher gab es sehr wohl eine Achse Paris-Bonn, aber es gibt keine Paris-Berlin.

    Fragen Sie TE-Kolumnisten wie Wolfgang Herles oder Hugo Müller-Vogg. Allesamt keine Linken, aber wenn sie „Europa“ hören, leichten ihre Augen. Auf Mitteldeutschland könnten sie ohne mit der Wimper zu zucken verzichten. Umgekehrt ist der Putinismus in Ostdeutschland ja keine Rußlandverehrung, sondern Ausdruck des Gefühls, eben kein Teil des romanisch-katholischen Europas aka EU zu sein – es aber sein zu müssen.

    Eine derartige Spaltung gibt es in Frankreich nicht. Man findet sie in Italien, oder in Spanien (Katalonien) man findet eine in Belgien oder auch in Großbritannien. Frankreich aber war immer eine zentralistische Nation, die, egal wie viel gestreikt und auf den Barrikaden gekämpft wird, jederzeit wie ein Mann zusammenstehen kann. Das schaffen wir Deutschen nicht mehr.

  4. So ist es. Ich denke, das ist auch das Kalkül hinter Orbáns Unterstützungen: Wenn Flinten-Uschi die EU so führt wie zuvor die Bundeswehr, kann man damit leben…

    • und das hat sie ja auch gleich bewiesen, gleich drei Kommissionskandidaten sind krachend durchgefallen, hat die denn wieder nur die falschen Berater bezahlt, geht die nicht mal in die Kantine und hört sich um? Kaum ist sie da, bringt sie selbst „ziemliche gute Freunde“ gegeneinander auf, großartige Leistung!

    • Von der Leyen wird ihre Position in der EU wie schon zuvor bei der Bundeswehr dazu benutzen, ihre krankhafte Eitelkeit zu befriedigen und unfähige aber ihr ergebene Frauen in üppig dotierte Ämter zu hieven. Das wird teuer und der Moloch EU wird nicht verschwinden, sondern noch mehr Unheil anrichten. Deswegen teile ich Ihren Optimismus nicht.

  5. Alle Entscheidungen, die kommual von Bedeutung sind, müssen dort getroffen werden. Das ist wahre Demokratie. Alles andere ist eine Verhonepipelung der Demokratie. Niemand ist sonst verantwortlich und kann zur Rechenschaft gezogen werden.

  6. Schön wäre es wenn die neue Mauschel-Strangulations-Macht-Architektur der EU damit schon geliefert wäre.

    Sehr bezeichnend wenn es sich wirklich um Rache der EVP handeln würde, da diese vorher arroganterweise ignoriert wurde. Es ist doch wirklich herzerwärmend welch „Frieden“ und Arbeiten am „gemeinschaftlichen Wohl“, Kernpunkte dieser wunderbaren Bürokraten- und Klüngeleien-EU ist.

    Diese EU ist wirklich eine einzige Einladung zum Missbrauch. Jedenfalls seit dem Zeitpunkt als „man“ beschlossen hat jede vernünftige Vereinbarung zu brechen und in ihr Gegenteil zu verdrehen. Auch bezeichnend die Mauscheleien gegen Salvini und Johnson um genehmere, linke Machtverhältnisse, auch gegen die Wahlergebnisse, zu schaffen. Die schrecken, glaube ich, vor nichts zurück.

  7. Sagen wir das EU Parlament hat das Anschlußtor geschossen, es steht statt 0 : 3 nun also 1 : 2. Ob Macron dabei jedoch sein Pulver schon verschossen hat, bleibt abzuwarten. Immerhin müßten seine Gegner irgendwann die Initiative übernehmen, und dann brechen solche Spontan-Bündnisse auch gerne wieder auseinander. Für die Bürger dürfte es das beste sein, daß die Kommission gelähmt ist, denn solange kann er von ihr nicht drangsaliert und über den Tisch gezogen werden.

  8. Französische Eitelkeiten und deutsche Träumereien sind die Totengräber der noch stabilen, solidarischen Demokratien Europas und finden ihren Ausdruck im Moloch Brüssel, der sich regelrecht in den europäischen Kulturraum mit seinem nachlassenden Verständnis für Aufklärung und Rechtsstaatlichkeit frißt.

    Wenn Berlin und Paris endlich das politische Ziel eines umfangreichen europäischen Staatengebildes aufgäben und stattdessen am Zusammenwachsen Kerneuropas (F, BENELUX, D und A) arbeiteten, könnte spätestens nach einer Generation die Funktionstüchtigkeit eines Staates mit etwa 200 Millionen Menschen hergestellt sein, der sich dann durch hohe Wettbewerbsfähigkeit wie ausreichende militärische Stärke auszeichnete und in freundschaftlicher Verbundenheit mit seinen Nachbarn den Rechts- und Kulturraum Europa bewahren könnte.

  9. Die Bedeutung des EU-Parlaments wird hier zu hoch bewertet, Gut, bei Jobverteilung und finanzieller Versorgung bestimmter Personen hat das EU-Parlament ein bisschen Einfluss, aber ansonsten ist die EU doch keine demokratische Organisation, sondern ein aristokratisches politisches System, bei dem eine kleine Gruppe das Sagen hat.

  10. Mal nebenbei gefragt…..Was ist aus dem Untersuchungsausschuss für Flinten-Uschi geworden? Wurde ihr mit der gemauschelten EU-Wahl gleichzeitig die Absolution erteilt?
    Die Staatsmedien hüllen sich in Schweigen. Ist das Demokratie?

    • Am 03. Juli hatte ich diesbezüglich eine Anfrage an den Leiter des Untersuchungsausschusses Herrn Wolfgang Hellmich (SPD) gerichtet, ob die Ermittlungen gegen Flinten Uschi weiterverfolgt würden.
      Exakt drei Wochen später am 24. Juli erhielt ich eine Antwort von Herrn Frank Raue, dem Geschäftsführenden Referenten des Verteidigungsausschusses mit dem Hinweis, dass, ich zitiere „der Ausschuss die Beweisaufnahme unmittelbar nach der parlamentarischen Sommerpause im September 2019 fortsetzen wird.“
      Seitdem habe ich bislang nirgendwo etwas gelesen, geschweige denn gehört. Das ganze wird ohne Konsequenzen bleiben und im Sande verlaufen, oder sehen andere das anders?

  11. Paralyisert? Ist das das Fremdwort fuer unfaehig?
    Wenn ja, passt es.
    Wenn nein, passt es auch.

    Mal im Ernst. Die VON DER LEYEN soll Syrien retten? Ohne Berater?
    Diese Art von Humor mag ich.

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