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Mehr gesunder Menschenverstand als Verbote

Ferienvermietung treibt nicht die Immobilienpreise hoch

12.06.2019

| Lesedauer: 3 Minuten
Die Hotelbranche macht Druck auf Politiker, Airbnb&Co. noch mehr Grenzen zu setzen. Der spanische Erfolgs-Touristiker Kike Sarasola hält das für falsch.

Kike Sarasola gilt in der Branche als „bizarr“. Der ehemalige spanische Olympia-Reiter ist nicht nur ein Pferde-Narr, weswegen der Tierkopf auch im Logo seiner Hotelkette Room Mate verewigt ist, sondern anders als viele seiner Wettbewerber sieht er Kurzzeit-Wohnungsvermieter wie Airbnb nicht als Konkurrenz an. „Es ist normal, dass diese Option existiert und erfolgreich ist. Es ist ein anderes Erlebnis, privat bei jemanden zu übernachten oder in einem Hotel“. Statt gegen die neuen Anbieter zu wettern, hat er 2016 seine Nische in dem Geschäft gesucht. Er startete „Be Mate“ – Ferienwohnungen mit Hotelservice. Sie zielen auf zahlungskräftige Touristen ab, die städtische Luxuswohnungen aus Diskretionsgründen einem Hotel vorziehen. Diesen Schritt haben ihm viele aus der Branche übel genommen.

Inzwischen ziehen jedoch einige wie Hotusa, Marriot und Accor nach. Sarasola, der bereits sehr erfolgreich drei Gebäude in Madrid in Ferienwohnungen umgewandelt hat und mit seinem Konzept jetzt auch nach Mexiko expandieren will, ist kampflustig: “Ich würde gerne wissen, wie die Hotel-Lobby inzwischen über mein Vorgehen denkt?“

Sarasola, der abgesehen von Be Mate 26 Hotels in sieben Ländern, darunter auch in den EEUU, managt und elf weitere in den kommenden 18 Monaten eröffnet, hält allgemein nicht viel von Restriktionen. „Ich bin dagegen zu verbieten, um zu verbieten. Dass Urlauber und Touristen in einem Gebäude zusammen leben, ist eine Realität“, sagt der Hotelier. Der Rest wird vom Markt geregelt, glaubt er. Die Verpflichtung der Meldung von Einnahmen durch touristische Vermietung, der notwendige Erwerb einer Lizenz in vielen Städten und die stärkeren Kontrollen durch das Finanzamt, haben vielerorts bereits ausgereicht, um die Kurzzeit-Vermietung automatisch zu begrenzen: „Wir haben uns nach Jahren bei Airbnb entschieden, dass wir unser Studio in Madrid lieber wieder zur Langzeitmiete freigeben, weil es sich am Ende mit den Gebühren für die Nutzung der Plafform und dem Ärger, den man mit Urlaubern und auch mit dem Finanzamt hat, nicht mehr rechnet“, sagt Wohnungs-Eigentümer Ricardo Zafra, der reagierte, bevor das Verbot für die Vermietung in seinem Viertel in Kraft trat. Die gerade abgewählte Madrider Bürgermeisterin Manuela Carmena hatte durchgedrückt, dass in einigen Teilen der bei Touristen immer beliebteren spanischen Hauptstadt, keine Lizenzen mehr für die private Kurzzeitvermietung ausgegeben wurden: „Wir wollen nicht, dass die Stadt sich komplett dem Tourismus unterwirft“, war ihr Argument.

Rückgang von Ferienvermietung senkt nicht die Preise

Carmena hoffte zudem wie viele andere Bürgermeister, dass damit auch die Mietpreise runtergehen würden, was sich bisher jedoch nicht einstellte. Auch in Berlin und Palma de Mallorca ist die Strategie des Verbots bzw. der Einschränkung von privaten Ferienvermietungen eher nach hinten los gegangen. Seit Jahren steigen hier die Kauf- und Mietpreise. „In Palma haben die Restriktionen keinen Preisrückgang bewirkt“, bestätigt der dort tätige deutsche Anwalt Tim Wirth, der sich vor allem auf Immobilien spezialisiert hat. Die durchschnittliche Miete in Palma stieg von 1.316 Euro im November 2018 auf 1514 im April 2019. Erst im Mai ging sie leicht runter. In Berlin, wo die Entwicklung ähnlich ist, gibt es jetzt eine Gesetzesvorlage von der Stadtentwicklungssenatorin, nach der die Mieten für die kommenden fünf Jahre nicht mehr steigen dürfen.

Berliner Mieten gehen stets nach oben – trotz Restriktionen

Durchschnittlicher Quadratmeter-Mietpreis für 30 Quadratmeter-Wohnung, 2012 – 2018

Jahr – Berlin – Deutschland

2012 9,02 €      7,91 €
2013 10,08 €    8,38 €
2014 11,06 €    8,62 €
2015 11,55 €    9,41 €
2016 14,25 €    11,59 €
2017 12,04 €    9,68 €
2018 13,93 €    11,06 €

Quelle: Mietspiegel, Wohnungsbörse 

Überhitzung beruht immer auf starker Nachfrage

Für Marco Wölfle, Professor für Immobilienwirtschaft, sind Verbote jedoch auf Dauer nicht der richtige Weg: „Erhöhte Preise stehen im Zusammenhang mit einer stark wachsenden Nachfrage“. Das trifft auf alle oben genannten Märkte zu, die nicht nur bei Touristen, sondern auch bei Einheimischen wegen der Arbeitsmöglichkeiten und Lebensbedingungen sehr beliebt sind. „In Deutschland steigen die Preise, weil viele junge Leute in die Städte ziehen und dort für Nachfragedruck sorgen. Während in ländlichen Regionen kaum Preisveränderungen stattfinden, steigen die Preise in den Großstädten wie Berlin, Hamburg und München sehr deutlich an“, sagt Wölfle.

Er glaubt, dass wir uns besser mit den Ursachen für hohe Mieten auseinandersetzen müssen, bevor wir in Panik handeln: „Wenn etwas knapp ist, wird es teuer. Das gilt leider auch für Mietwohnungen in den Städten und deswegen müssen wir noch mehr bauen an den Stellen, wo das der Fall ist“. Von Enteignung hält er gar nichts: „Das widerspricht einem Grundrecht der Bundesrepublik Deutschland. Von der ganzen Diskussion halte ich gar nichts, weil Grundrechte nicht verhandelbar sind. Wir diskutieren ja auch nicht, ob die Würde des Menschen doch angetastet werden sollte, Männer und Frauen doch nicht gleichberechtigt sind oder wir künftig nicht mehr unsere freie Meinung sagen dürfen“.

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19 Kommentare

  1. meine Idee zu den Mieten bzw. fehlenden Wohnungen wäre:
    – keine Mietpreisbremse
    – Kündigungsschutz für Mieter ausweiten, wer z. B. die Miete 3 Monate nicht zahlt muss nach 2 Wochen aus der Wohnung raus sein
    – Baurecht/Genehmigung umkehren: wird von der Bau-Behörde nicht innerhalb von 4 Wochen ggn. den Plan ein begründeter !!! Einspruch erhoben, ist der Plan autom. genehmigt
    – nach oben bauen: siehe Großstädte in USA, Asien etc. Vorteil: Flächenverbrauch sinkt, Infrastruktur ist schon da (Wasser, Strom, Verkehr etc.)
    – Flächenverbrauch/Brachflächen in der Stadt nutzen: man beklagt sich über die armen Bienen, aber es werden 10.000de qm für Einfamilienhäuser platt gemacht (s. oben) Beispiel: bei mir am Ort war bei meinem Haus Schluß, Wiese. Jetzt ist ein neues Baugebiet entstanden, schon fast alles voll. Kein Platz mehr für die Biene obwohl im Ort selbst genug Häuser leer stehen.
    Kurz: ich würde auf den „Schweinezyklus“ setzen

  2. Zum Grundrecht auf Eigentum würde mir einfallen, dass dies nicht bedeutet, dass die Grundstückseigentümer, über politischen Einfluss auf Flächennutzungsplanung und Baulandausweisung, ein Grundrecht auf künstliche Baulandverknappung haben, wie dies seit 1949 der Fall ist. Es ist auch kein Grundrecht, dass der Grundbesitz in sehr wesentlichen Teilen, und über Generationen, ein leistunsloser und steuerfreier Vermögenszuwachs zu sein hat.

    • Ich bin auch dafür, daß der Bürgermeister mir einen Nutzer für mein Auto vorbei schickt, steht es doch die meiste Zeit nutzlos in der Garage rum. Ich habe kein Grundrecht auf ein herumstehendes Auto. So!
      😉

      • Geht an der Sache vorbei. Es gibt übrigens schon lange die rechtliche Möglichkeit, Ihnen den Bodenwert ihres Grundstücks einzufrieren und es letztendlich für eine Bebauung auch wegzunehmen. Deswegen sollten Sie sich in den Gemeinderat wählen lassen um dies zu verhindern.

    • Die Besitzer von Häusern, die seit Jahren oder Jahrzehnten stehen, sind die Allerletzten, die irgendetwas mit Baulandverknappung zu tun haben.
      Das schlichte Problem ist eigentlich, das einerseits die rechtlichen Hürden so hoch sind, andererseits jedoch die Grundstückpreise so explodiert sind, das man gar nicht mehr für halbwegs bezahlbare Mieten bauen kann, weil sich die Kosten ansonsten niemals amortisieren. Ein Beispiel aus meinem Verwandtenkreis: Mein Großvater hat vor 20 Jahren in Hamburg noch vermietet für rund 400 Euro. Heute wäre er bei 650, wenn er das Haus nicht meinem Vater vermacht hätte, der die Wohnung aber gar nicht erst vermietet hat sondern verkauft. Der nachfolgende Vermieter hat daraufhin dann das Haus saniert und lässt nun für 900 Euro vermieten. Dafür sind aber schon 100.000 Euro abgeflossen. Rechnen Sie mal nach, wie viele Jahre es dauert bei 500 Euro mehr Miete, bis diese Kosten ausgeglichen sind…fast 17 Jahre, und zwar nur, wenn es gut läuft. Ist in diesen Jahren irgendwas, irgendein Schadensfall, den die Versicherung nicht zahlt, dann ist man locker bei der doppelten Zeit. Als gut betuchter Mitt-50er steht man dann spätestens selbst nach 20 Jahren vor einem gewaltigen Berg an Problemen und Schulden.
      Solche Geschichten gibt es nicht selten. Gerade die, die sich irgendwann als Angestellte mal ein Haus leisten konnten, weil damals die allgemeine Situation besser war, können im Alter kaum noch dafür aufkommen. Würde ich heute beschließen, das ich ein Haus bauen wollte, müsste ich so kalkulieren: Je Quadratmeter schlüsselfertiges Haus im Neubau mindestens 2800 Euro, eher mehr. Dazu kommen noch Grundstück, Anlagen, die ganzen Planungskosten von Statikern zu Architekten hin zu Feuerschutz/Wärmedämmung, sowie die reinen Finanzierungskosten aus den Zinsen, die man für den Kredit zahlen muss, usw usf. Man ist am Ende bei mindestens 4.000 Euro, eher wesentlich mehr. Und zwar pro Quadratmeter. Je nach Gegend kann das noch sehr viel teurer werden, weil Grundstückspreise auch gnadenlos zuschlagen. Und letztlich verdient der Staat bereits an jedem Euro 19% Mehrwertsteuer, und dazu kommen noch die speziellen Geschichten wie etwa Handwerkerstunden, bei denen irgendwas so um die 50 oder 60% Steuern sind.
      …Am Ende sind somit mindestens 60% dieses Preises schonmal rein vom Staat verursacht. Würde man dann noch über die etlichen absurden Verordnungen reden, sind es ohne Weiteres 80%. Wer ist nun der Schuldige?
      Achja, ich musste mich wie Sie wohl sich erschließen können, mich selbst mit dem Thema mehr als ausführlich befassen.

      Und wenn die Wohnung steht?
      Auch sonst hat man als Vermieter heute immer mehr Druck, immer weniger Rechte, so das Vermietung immer mehr ein Risikofaktor geworden ist, selbst wenn man einigermaßen gut situiert ist. Und wenn man da noch von Berliner Enteignungsphantasien hört, überlegt man durchaus auch, ob man das Haus nicht verkaufen soll und sich lieber anderswo eines bauen soll, am besten nahe der deutschen Grenze, wo die Preise noch einigermaßen in Ordnung sind.
      Gibt ja auch genügend hier in Bayern, die lieber nahe tschechischer Grenze bauen, weil sie dort wesentlich weniger zahlen.

      Ein ganz anderer Faktor ist die immer stärkere Migration der letzten Jahre. Ich kenne bei nicht wenigen der Fall, das bei zehn Bewerbern drei Deutsche und sieben Ausländer dabei sind, von denen die überwiegende Mehrheit vom Staat Mieten gezuschusst bekommt, die sich eine rein durchschnittliche Zwei-Arbeitende-Ein-Kind-Familie niemals leisten können wird. Andererseits kenne ich auch Vermieter, die auf genau diesen Zug aufgesprungen sind, und nun nach wenigen Jahren und etlichen Klagen solche Leute wieder los geworden sind, nachdem dafür die gesamte Wohnung eigentlich saniert werden müsste. Von den Städten kann man da keine Hilfen erwarten, noch weniger von Versicherungen. Die Folge? Immer mehr Vermieter vermieten erst gar nicht mehr an Ausländer, womit dann die Wohnungsnot nur noch größer wird. Ich muss wohl kaum betonen, das sich hier ein kleiner Privatbesitzer völlig anders verhält als irgendeine Bau-AG, die ihrerseits ein Heer an Anwälten und Problembeseitigern hat, und sich so etwas ohne Weiteres sogar mit Profit leisten kann.

      Die Situation ist daher bei Weitem nicht so einfach, wie Sie sich das gerade vorstellen.

  3. Es gibt ganze Ortschaften, die nur aus Ferienwohnungen bestehen. Im Winter ist dort alles leer, im Sommer findest du keinen Platz im Restaurant. Das ist ein ganz anderer Markt, als es der für Wohnungsvermietung ist. Dort investieren Leute mit wenig Hirn und viel Geld das Doppelt bis Dreifache, für eine Rendite, die sie am Ende nicht sehen, und sich durch Eigennutzung schönrechnen. Ansonsten soll man mal nicht rumjammern, dass es zu wenige Wohnungen gibt. Den Schaden hat man schließlich selbst verurascht, lässt Leute ungehindert aus aller Herrenländer einwandern, die dann in die Wohnghettos der Ballungsräume strömen, und ganze Quartiere so runterwirtschaften, bis sie für deutsche Familien nicht mehr akzeptabel sind, sie die Flucht ins Umland ergreifen. Irgendwo wird dann noch eine kleine Randgruppe ausgemacht, die die eigene Bude an ein paar Rucksacktouristen vermieten. Aber das hat ja wohl mehr Herbergscharakter, und ist für die wenigsten Menschen akzeptabel, dass da Fremde in den eigenen Klamotten rumkramen. Aus Diskretionsgründen wird man sich diese Wohnungen kaum mieten. Der Oligarch hat nämlich 20 eigene Wohnungen auf der Welt verteilt, und die auch nicht zur Miete.

  4. Mit dem gleichen planwirtschaftlichen Ideen könnte man auch den jungen Leuten verbieten in die Städte zu ziehen. Könnte sein, dass dann auf dem Land die Preise steigen. Politik ist, wenn Probleme durch neue Probleme gelöst werden sollen, die es vorher nicht gab. Funktioniert wie die Bürokratie. Man beschäftigt sich zunehmend mit sich selbst.

  5. Das hört sich doch sehr vernünftig an, was der Mann sagt. Aber die Hotellobby ist sehr mächtig. Nachdem sie 2009 eine Millionenspende an die FDP getätigt hat, wurde der Mehrwertsteuersatz für Hoteliers auf 7 Prozent reduziert. Das war das einzige, was die die FDP gemacht hat, als sie etwas machen konnte, soweit ich mich erinnere.

    • Was wiederum ursprünglich auf die CSU zurückzuführen war. Geschickt konnte man es den Medien als FDP Initiative verkaufen.

  6. Sarasola liegt falsch. Mit der These kann man in Deutschland die Bauordnungen der Länder gleich abschaffen. Gut, dann baut jeder wo, was, wie hoch und wofür er will und imteressiert sich einen Kehricht für die Auswirkungen auf die Nachbarn.

    Die Grundschule steht leer, weil Airbnb statt Wohnraum? Die örtliche Kita findet kein Personal mehr, das mit den Touristen mithalten kann? Wir ignorieren die Städtische Quote für Sozialwohnungen im Neubau?

    Na dann, viel Freude in der Neuen Welt und mögen Sie immer gesund, jung und wohlhabend sein, denn sonst werden Sie daran keine Freude haben.

    • Wäre kein Problem wenn das Anbieten einer Ferienwohnung ein Kleingewerbe darstellen würde, was es nach kurzer Recherche scheinbar in den allermeisten Fällen nicht tut. Ich kann in meiner Wohnung ja auch nicht einfach so einen Massagesalon oder eine Kleinfabrikation beginnen, also warum sollte ich das Recht haben, einfach so ein AirBnB daraus zu machen?

  7. Sorry, aber gelten hier die marktwirtschaftlichen Gesetze nicht mehr? Wenn die Nachfrage steigt, aber das Angebot nicht im gleichen Maß, dann steigt der Preis.
    Und wenn man einen Nachfragefaktor entfernt, aber die Nachfrage weiterhin über dem Angebot liegt, dann wird der Preis kaum fallen, da man festgestellt hat, dass der Preis bezahlt wird.
    Ja, das Grundproblem sind zu wenige Wohnungen. Aber zu behaupten die Umwidmung zu Ferienwohnungen würde keinen Einfluss haben, ist meines Erachtens schon daneben.

  8. Mir fehlen exakte Zahlen, wie hoch wirklich der Anteil an Wohnungen hier in Berlin ist, der nicht in einem klassischen Dauermietverhältnis, sondern pensionsartig an Touristen kurzzeitvermietet wird. Schaut man sich die einschlägigen Buchungsportale im Internet an, so ist es aber schon erschreckend, wie viele es sind.
    Ich will jetzt hier nicht in die aktuelle Diskussion um Enteignung, hohe Mieten und Wohnungsmangel einsteigen. Diese Erscheinungen haben noch andere, wichtigere Gründe, so die Nullzinspolitik der EZB, die aus Immobilien erst einen Währungsersatz gemacht hat, oder die massive Armutszuwanderung, und die Landflucht der Jungen.
    Aber für mich als Einheimischen in Berlin steht auch fest: Der Tourismus in Berlin hat, schon seit Jahren, jedes erträgliche Maß überschritten und stiehlt uns Berlinern auf diese Weise unsere Stadt. Ähnlich wie in Venedig, wo das Phänomen wohl zuerst auftrat, ist inzwischen in einigen Vierteln der Effekt da, dass es überhaupt keine Einheimischen mehr gibt. Touristen treffen auf Touristen und ergötzen sich daran, sich gegenseitig vor bekannter Kulisse „Weltstadt Berlin“ (so wie in der Babylon-Serie, Ihr wisst schon) vorzuspielen – dabei bleiben sie immer in ihren ewig und inzwischen weltweit gleichen Kaffeebars, Sandwich-Bistros und Pizza-Pasta-Burger-Gastronomie, es könnte in jeder Sekunde auch in Barcelona, London oder Stockholm sein. Wenn es inzwischen irgendein Geräusch gibt, das in mir unbesehen und sofort Hassgefühle auslöst, so ist es das Rattern von Rollkoffern. Und das Schlechtenglisch südeuropäischer Besucher. Der Smartphoneträgerwald chinesischer Selfie-Macher. Wann war ich das letzte Mal am Brandenburger Tor, dem angeblichen Wahrzeichen meiner Stadt, wenn nicht der ganzen Nation, Schloß Neuschwanstein ausgenommen? 1995, zu Silvester, und da wäre ich fast von einer Weinflasche am Kopf erwischt worden, seinerzeit war es nämlich Mode unter Touristen geworden, in der Masse eine leere Weinflasche 10 Meter hochzuwerfen und sich dann kaputtzulachen. Seitdem für mich Feindesland, ich möchte halt auch keine Imitate von russischen Armeemützen kaufen. Wie alle Berliner lechze ich danach, die neusten Geheimtips hinsichtlich Ausgehen, Gastronomie und Einkaufen zu bekommen, für die kostbaren zwei Wochen, bevor es die Touris mitbekommen und dann diesen TOTAL (oder MEGA) „authentischen“ Ort zu finden und zu zerstören. Es ist ein ewiges Katz und Maus Spiel, und denken Sie nicht, im Berghain fänden Sie nur einen Berliner.

    Ginge es nach mir, würden zuerst alle „Hostels“, die wo man für 8 Euro die Nacht im Schlafsaal übernachten kann, zumachen müssen. Und dann, und ich bin wahrhaft nicht links, ein radikales Verbot der „Ferienwohnung“. Soll sich die Erbengeneration ein anderes Feld der Einkommensmehrung suchen, wie wäre es mit ehrlicher Arbeit?
    PS: Ich schreibe hier offen und versuche die Nettiquette von TE einzuhalten. Ihr solltet mich zum Thema mal hören, wenn ich zwei Bier getrunken haben und sicher bin, nur unter Berlinern zu sein. Und allen Teilnehmern der mit 5 km/h dahinbummelnden „Fat Bike“ Fahrrad-Touristen-Sightseeing Korsos sei gesagt: Dankt Gott, dass es in Berlin nicht die Waffengesetze von Nevada gibt.

    Und ab August kommen die Tretroller.

    • Mein Tip: gehen Sie mal an einem regnerischen Tag unterm Jahr oder an einem nebligen Herbstabend zum Brandenburger Tor, zum Bebelplatz oder Gendarmenmarkt, dann sind sie dort fast alleine. Es ist sehr romantisch, zu solchen Stunden durch die Stadt zu flanieren, die Stimmung, das Licht, wunderschön! Das selbe gilt übrigens sogar für Venedig oder Wien. Ich meide solche Touri-Hotspots im Sommer, fahre dann lieber mal raus aufs Land. Brandenburg hat herrliche Seen, wo man oft fast alleine ist. Solange Flüge so spottbillig sind (<50 Euro Berlin-Madrid-London-Barcelona-Wien etc.!) wird sich daran nichts ändern. Man wird mich jetzt prügeln, aber ich bin für drastische Erhöhung der Kerosinpreise, erst dann wird diese sinnlose hin und her Fliegerei und auch Airbnb wieder weniger.

  9. „Wir diskutieren ja auch nicht, ob die Würde des Menschen doch angetastet werden sollte, Männer und Frauen doch nicht gleichberechtigt sind oder wir künftig nicht mehr unsere freie Meinung sagen dürfen.“

    Das warten wir doch lieber mal ab…

    • Die schleichende Relativierung aller drei Grundrechte im z.B. politischen „Kampf gegen Rechts“ und Toleranz religiöser Eigenheiten ist bereits beobachtbar, letztere sogar bereits in ein zweifelhaftes Gesetz gegossen.

  10. Bis weit nach 2010 erhöhte sich der Lehrstand an Wohnungen.
    Herr Altmeier erwähnte in einer Talk-Show im ÖRR , dass seit 2014 über 2 Millionen Menschen ins Land gekommen sind, für die schnell Wohnraum benötigten.
    Freizügigkeit und Migration haben ihren Preis.

  11. „Wir diskutieren ja auch nicht, ob die Würde des Menschen doch angetastet werden sollte, Männer und Frauen doch nicht gleichberechtigt sind oder wir künftig nicht mehr unsere freie Meinung sagen dürfen“

    Braucht man auch nicht diskutieren, wenn man bspw den Rechtspopulisten ganz einfach das Menschsein ganz oder teilweise anspricht.

    Dann kann man Würde, Recht und Freiheit problemlos entziehen.

  12. Vor mehr als zwanzig Jahren sind wir von Berlin Neukölln nach Friedrichshain gezogen. Ruhige Wohngegend, nahezu idyllisch. Dann kamen die Clubs, der Uber-/Ryanair-/AirBnB-Tourismus und entsprechend die Drogenkriminalität. Stört aber anscheinend nur uns, die hier schon länger leben, aber wohl nicht mehr hier länger leben werden.

    Die Clans kaufen hier eine Wohnung nach der anderen und vermieten sie für den vierfachen Mietpreis an Party-Touristen. Können die sich leisten, denn 250 pro Tag sind dann bei acht Gästen auf 60 qm auch kein Ding. Da kostet das Taxi zum Berghain mehr.

    Jedenfalls haben wir hier keine Nachbarn mehr und überlegen, ob wir nicht auch unsere Wohnung über AirBnB zum vierfachen Mietpreis vermieten und nach Brandenburg ziehen, wo wir ein Viertel der Miete zahlen würden. Dafür ruhig.

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