In Kreisen sogenannter Verschwörungstheoretiker ebenso wie bei jenen als Rechtsextremisten bezeichneten „Reichsbürgern“ taucht regelmäßig die Behauptung auf, die Bundesrepublik Deutschland bestünde nicht, da sie über keine Verfassung verfüge. Auch sei das 1871 als demokratischer Bundesstaat deutscher Länder gegründete Reich 1945 nicht untergegangen, die Bundesrepublik stehe nicht in dessen Rechtsnachfolge, weil das Reich weiterhin bestehe. Manche ziehen daraus den Schluss, die Bundesrepublik als illegitim zu betrachten, eigene Phantasieausweise zu produzieren – einige gehen sogar so weit, Karl Dönitz als letzten legitimen Präsidenten und Reichskanzler zu bezeichnen.
Was sich tatsächlich im Jahr 1945 abgespielt hat und wie die daraus erwachsenden Konsequenzen zu beurteilen sind, soll hier beleuchtet werden.
Die bedingungslose Kapitulation
In den frühen Morgenstunden des 7. Mai 1945 hatte Karl Dönitz als Chef der Obersten Heeresleitung im Range eines Reichsministers den Generaloberst der deutschen Wehrmacht, Alfred Jodl, bevollmächtigt und beauftragt, gegenüber den Alliierten die „bedingungslose Kapitulation der Deutschen Truppen“ mit Inkrafttreten am 8. Mai um 23.01 Uhr zu erklären.
Jodl befand sich zu diesem Zeitpunkt als Chef des Wehrmachtsführungsstabes im Obersten Hauptquartier der Alliierten Expeditionsstreitkräfte im lothringischen Reims beim Supreme Commander und späteren US-Präsidenten General Dwight David Eisenhower, um dort – so sein Auftrag – über die Bedingungen eines Waffenstillstandes zu verhandeln. Die alliierte Führung bestand jedoch auf bedingungsloser Kapitulation, weshalb Dönitz gegen 2.40 Uhr den entsprechenden Unterzeichnungsbefehl an Jodl ergehen ließ.
Tatsächlich – und dieses ist von entscheidender Bedeutung – unterzeichnete der Militär Jodl die bedingungslose Kapitulation nicht im Namen des Völkerrechtsobjekts „Deutsches Reich“, sondern ausschließlich im Namen des Oberkommandos der Wehrmacht, die sich damit verpflichtete, jegliche Kampfhandlungen gegen alliierte Einheiten mit Wirksamwerden der Kapitulation absolut und bedingungslos einzustellen. Damit hätte nunmehr eine Vereinbarung zwischen den Völkerrechtsobjekten der Sieger mit dem Verliererstaat als ebensolches folgen müssen. Erst daraus hätte auf Grundlage der militärischen Kapitulation, mit welcher der Kriegszustand in Europa mangels kriegsführender Parteien de facto beendet war, eine völkerrechtsverbindliche Machtübergabe und Nachkriegsordnung entwickelt werden können.
Dieses war die Position der deutschen Militärführung ebenso wie der deutschen Reichsregierung; deshalb wurde es in der Kapitulationserklärung der Deutschen Wehrmacht in Position 4 ausdrücklich festgelegt: Durch diese Kapitulationsurkunde werden „an ihre Stelle tretende, allgemeine Kapitulationsbedingungen, die durch die Vereinten Nationen und in deren Namen Deutschland und der Deutschen Wehrmacht auferlegt werden mögen“, nicht präjudiziert.
Der Fortbestand des Reichs
Nicht nur trotz, sondern insbesondere aufgrund der Kapitulationsurkunde der Wehrmacht bestand das Völkerrechtsobjekt Deutsches Reich zu diesem Zeitpunkt fort. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass die aus deutscher Sicht anstehenden Kapitulationsbedingungen nicht explizit durch die Siegermächte, sondern „durch die Vereinten Nationen und in deren Namen“ dem Verlierer auferlegt werden sollten. Das Reich unterwarf sich damit einer ausdrücklich gegen das Reich gegründeten Organisation unter Führung der Vereinigten Staaten – ein offensichtlicher Versuch, die in besonderem Maße von deutschen Kriegshandlungen betroffenen Länder Frankreich, Großbritannien und Sowjetunion in ihren Möglichkeiten einzudämmen.
Dieses wird auch deutlich in Position 1 der Erklärung, wonach die Kapitulation nicht gegenüber den Siegermächten beziehungsweise deren Armeeführungen erklärt wurde, sondern diesen lediglich „alle gegenwärtig unter deutschem Befehl stehenden Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft … bedingungslos dem Obersten Befehlshaber der Alliierten Streitkräfte … übergeben“ wurden. Dieses war zu diesem Zeitpunkt Eisenhower – eine entsprechende Ergänzung um den Oberbefehlshaber der Sowjettruppen sollte erst Tags darauf in Karlshorst erfolgen.
Insofern ist festzustellen: Weder hatte das Deutsche Reich eine „bedingungslose Kapitulation“ erklärt, noch wurde durch diese Erklärung die Verfügungsgewalt über Deutschland an die Siegermächte abgetreten. Tatsächlich übergab lediglich das Oberkommando der Wehrmacht seine Befehlsgewalt an die Führung der alliierten Streitkräfte.
Die Tatsache, dass dem Reich zum Führen eines Krieges nunmehr die Streitkräfte fehlten, ändert nichts daran, dass das Deutsche Reich als Völkerrechtsobjekt weder eine Waffenstillstandsvereinbarung noch eine Kapitulation erklärt hatte. Insofern ergab sich eine in vielerlei Hinsicht fragwürdige Gemengelage: Zwar verfügten die Alliierten nunmehr über die Befehlsgewalt über die militärischen Einheiten des Reichs – gleichzeitig wirkte der Kriegszustand mangels entsprechender, vom Völkerrecht vorgesehenen Maßnahmen fort.
Offiziell beendet wurden lediglich die Kampfhandlungen – wenngleich auch der nunmehr legitime Vertreter des Reichs, Lutz Graf Schwerin von Krosigk, in seiner bereits am 7. Mai gehaltenen Rundfunkansprache an das deutsche Volk den Krieg mit der Kapitulationserklärung als beendet bezeichnet hatte. Das wiederum lässt – obgleich nicht in dieser Form erklärt – die Interpretation zu, dass die Kapitulationserklärung der Wehrmacht durch die Reichsregierung als Kapitulation des Völkerrechtsobjektes Deutsches Reich verstanden wurde. Tatsächlich jedoch ging die Reichsregierung davon aus, dass mit der entsprechenden Erklärung durch Jodl lediglich ein Waffenstillstand vereinbart worden war – während die Alliierten diese als Kapitulationserklärung des Reichs interpretierten.
Nicht Krieg noch Frieden
Die Situation nach dem 8. Mai 1945 darf insofern als Kuriosum bezeichnet werden, als es dafür in der Haager Landkriegsordnung von 1907 keine definierten Regeln gibt. Die Frage der Kapitulation spielt dort nur eine untergeordnete Rolle, indem Artikel 35 festlegt: „Die zwischen den abschließenden Parteien vereinbarten Kapitulationen sollen den Forderungen der militärischen Ehre Rechnung tragen. Einmal abgeschlossen, sollen sie von beiden Parteien gewissenhaft beobachtet werden.“
Es ist offensichtlich, dass diese internationale Vereinbarung, die auch 1945 für den Konflikt der kriegführenden Parteien anzuwenden ist, die Kapitulation lediglich auf die Streitkräfte des Gegners erstreckt. Kapitulieren konnten demnach Truppenteile, aber auch Städte oder Landesteile, so die dortige, militärische Besatzung eben diese Kapitulation erklärte. Insofern ist es im Sinne der Landkriegsordnung auch vorstellbar, die Kapitulation einer kompletten Militärmaschinerie auszusprechen – wie dieses im Auftrag des Oberbefehlshabers der Wehrmacht geschehen ist.
Mit dieser Kapitulationserklärung endete die Verteidigungsfähigkeit deutschen Territoriums nun auch offiziell, was wiederum die Anwendung des Artikels 25 der Landkriegsordnung wirksam werden lässt, wonach es kriegführenden Parteien untersagt ist, unverteidigte Städte, Dörfer und sonstige Wohnstätten „mit welchen Mitteln auch immer“ anzugreifen. Folglich hätte mit Inkrafttreten der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht ein weiterer Vormarsch der alliierten Streitkräfte unterbleiben und – wie im Kapitulationsdokument niedergeschrieben – Verhandlungen zwischen den kriegführenden Parteien über den Nachkriegsstatus eingeleitet werden müssen.
Zwei unterschiedliche Rechtsauffassungen
Faktisch haben wir es auf Seiten der noch oder auch nicht mehr kriegführenden Parteien mit zwei gänzlich unterschiedlichen Positionen zu tun.
- Die Position des Deutschen Reichs in der Rechtskontinuität seit 1871, vertreten durch seine in Schleswig-Holstein amtierende Regierung, war es, die Kriegshandlungen beendet zu haben, gleichzeitig jedoch als Staat weiterhin zu existieren. Für das Reich war die „bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht“ gleichbedeutend mit einem Waffenstillstand, dem nunmehr Verhandlungen über die Bedingungen des zu erwartenden Friedensschlusses zu folgen hatten.
Nicht nur die Kapitulationserklärung selbst brachte diese Position zum Ausdruck – sie fand sich auch in der Radioansprache des durch Bevollmächtigung seitens des Kabinetts amtierenden „primus inter pares“, Lutz Graf Schwerin von Krosigk, als Oberster Minister der Regierung nunmehr offizieller Vertreter des Reichs, vom 7. Mai 1945. Wenngleich das konkrete Nachsuchen der Wehrmachtsführung um einen Waffenstillstand seitens der Alliierten abgelehnt worden war und diese auf einer bedingungslose Kapitulation bestanden hatten, bedeutete für die deutsche Reichsregierung diese Erklärung einerseits das Ende des Waffengangs – also das Ende dessen, was man dort unter „Krieg“ verstand – andererseits interpretierte sie in ihrem Sinne die Erklärung als Waffenstillstand unter den Regeln der Haager Landkriegsordnung. Die Reichsregierung ging davon aus, nunmehr in Verhandlungen über die Nachkriegsordnung in Europa einzusteigen und diese unter Federführung der US-geführten United Nations zu regeln. Damit wiederum verdeutlichte die Reichsregierung, dass sie sich letztlich dem Urteil dieser jungen Staatengemeinschaft zu unterwerfen bereit war – nicht jedoch Willkürmaßnahmen der Siegermächte als maßgeblich betrachtete. Die Tatsache, dass dieser Position angesichts der militärischen Lage und der Kapitulation der Wehrmacht letztlich jegliches Instrument fehlte, um möglichen Willkürakten der Siegermächte effektiv begegnen zu können, mag diese Auffassung der Reichsregierung zwar als irrational begreifen lassen – dieses ändert jedoch nichts daran, dass die Position der Reichsregierung im Sinne geltenden Völkerrechts als durchaus nachvollziehbar und juristisch korrekt anzusehen ist.
Der Reichsregierung, vertreten durch Schwerin von Krosigk, ging es vorrangig darum, das 1871 gegründete Reich auf Basis des nationalen und internationalen Rechts – womit sowohl die nach wie vor geltende Weimarer Verfassung als auch internationale Abkommen gemeint waren – zu erhalten und nach den Rechtsbrüchen durch die nationalen Sozialisten dieses Reich zurück in die Völkerfamilie zu führen.
- Die alliierte Seite hingegen interpretierte die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht als bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reichs. Sie leitete daraus das uneingeschränkte Recht ab, im besiegten Reich nach eigenem Gutdünken beliebig verfahren zu können.
Die Alliierten gingen von einer Situation aus, die in der Haager Landkriegsordnung nicht beschrieben war und welche am ehesten als absolute Unterwerfung des deutschen Volkes unter den Willen der Sieger zu beschreiben ist. Der Waffenstillstand zwischen den Kriegsparteien als Völkerrechtsobjekten – obgleich nach Landkriegsordnung der logische und beschriebene Weg – war ausdrücklich abgelehnt worden. Mit ihrem Vorgehen machten die Siegermächte weiterhin deutlich, dass sie ihren Sieg nicht im klassischen Sinne als den über einen verfeindeten Staat begriffen, sondern als einen über das „deutsche Volk“ – wie immer dieses auch völkerrechtlich zu definieren gewesen sein mag. Damit allerdings stellt sich die Frage, wer überhaupt als legitimer Vertreter dieses deutschen Volkes – und nicht eines deutschen Staates – zu verstehen gewesen wäre.
Ein Automatismus, die von einer staatlichen Exekutive bestallte Heeresleitung als Vertretung eines Volkes zu betrachten, besteht nicht. Die Kapitulation der Streitkräfte ist somit nicht gleichzusetzen mit der Unterwerfung eines Volkes:
– So dieses Volk als Staatsvolk zu definieren gewesen wäre, hätte die Kapitulation zwangsläufig von deren legitimer Regierung erklärt werden müssen.
– So dieses Volk über eine solche nicht mehr verfügt, hätten gemäß Artikel 25 der Landkriegsordnung weitere Kampfhandlungen und gegen das besiegte Volk gerichtete Willkürakte unterbleiben müssen, bis dieses erneut über eine legitime Vertretung verfügte.
Auf die konkrete Situation im Deutschen Reich des Mai 1945 jedoch traf eine solche Situation insofern nicht zu, als der diesem Volk zuzuweisende, kriegsführende Staat noch über eine Regierung verfügte – auch wenn das bisherige Staatsoberhaupt sich durch Selbstmord seiner Verantwortung und Verantwortlichkeit entzogen hatte.
Die Kapitulation und ihre Folgen
Die auf die Kapitulationserklärung der Wehrmacht folgenden Wochen sollten von dieser Inkompatibilität der Positionen geprägt sein, in denen die Alliierten Kraft ihres nun bestehenden Gewaltmonopols das Deutsche Reich als Völkerrechtsobjekt beseitigten.
In gewisser Weise ist die Situation auf dem europäischen Kriegsschauplatz des Jahres 1945 vergleichbar mit jener rund achtzig Jahre zuvor auf dem nordamerikanischen Kontinent, als in Appomattox Court House der Südstaaten-General und Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Konföderierten, Robert E. Lee, gegenüber dem Unions-General und Oberbefehlshaber der Unionsarmee, Ulysses S. Grant, die Kapitulationserklärung (welche seinerzeit nicht bedingungslos gewesen war, da sie den Südstaaten-Soldaten Straffreiheit zusicherte) unterzeichnete. Damit endete der sogenannte Bürgerkrieg.
Dennoch sind beide Situationen insofern nicht vergleichbar, da im nordamerikanischen Konflikt aus Unionssicht eben diese Union niemals aufgehört hatte, als staatliche Einheit zu existieren und die in der Konföderation zusammengeschlossen Staaten aus Unions-Sicht niemals eigenständige Völkerrechtsobjekte gewesen sind. Die im Sinne des jeweiligen Rechts der US-Bundesstaaten durchaus legitime Entscheidung, aus der Union auszuscheiden, war von den Unionsstaaten zu keinem Zeitpunkt anerkannt worden. Insofern war aus völkerrechtlicher Sicht seitens der Union eine Kapitulation der sogenannten Rebellenregierung(en) nicht notwendig – sogar unmöglich, da durch eine solche im Nachhinein die Berechtigung der dadurch legitimierten Südstaaten, die Union zu verlassen, anerkannt worden wäre. Die Staaten der Konföderation waren aus Sicht der Sieger nach wie vor Teil der USA – und wurden in der Nachkriegssituation ausdrücklich als solche behandelt. Die aus Unionssicht als „Rebellion“ bezeichnete Separation einiger Unionsstaaten endete somit de facto mit der Einstellung der Kampfhandlungen durch die Streitkräfte der „Rebellen“.
Diese Situation des Krieges zwischen Staaten der amerikanischen Union wäre insofern in der Interpretation der Wehrmachts-Kapitulation nur dann auf den europäischen Kriegsschauplatz übertragbar gewesen, wenn das Deutsche Reich als eigenständiges Völkerrechtsobjekt vor Beginn der Kampfhandlungen bereits Teil der Vereinigten Staaten oder eines anderen, supranationalen Völkerrechtsobjekts gewesen wäre. Das nun aber war unzweifelhaft nicht der Fall gewesen. Die Voraussetzungen der Konflikte waren insofern gänzlich unterschiedliche – das Ende derselben und das darauf basierende Vorgehen folglich ebenso.
Keine Reichskontinuität
Festzuhalten bleibt an dieser Stelle deshalb: Mit der Absetzung und Inhaftierung der Reichsregierung durch die Alliierten am 23. Mai 1945 verstießen diese gegen die Haager Landkriegsordnung und beendeten gleichzeitig vorsätzlich und bewusst die Existenz des Völkerrechtsobjekts „Deutsches Reich“.
Zwar traf das Bundesverfassungsgericht noch 1973 die politisch motivierte Feststellung: „Die BRD ist nicht ‚Rechtsnachfolger‘ des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat ‚Deutsches Reich‘“, und gab damit jenen „Reichsbürgern“ Recht, die das Fortbestehen der Gründung des Jahres 1871 insinuieren, widersprach diesen jedoch gleichzeitig, indem es die staatliche Neugründung Bundesrepublik einseitig als staatsrechtsobjektsidentisch mit dem Reich behauptete. Dennoch führt bei sachgerechter Betrachtung kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass es nicht nur das militärisch-politische Ziel der Alliierten gewesen ist, das Völkerrechtsobjekt Deutsches Reich zu vernichten, sondern sie genau dieses in der Konsequenz ihres Vorgehens nach der militärischen Kapitulation am 8. Mai 1945 auch in die Tat umsetzten.
Das Deutsche Reich verschwand mit dem 23. Mai 1945 aus der Gegenwart in die Historie – mit dem spannenden Nebeneffekt, dass die ehemaligen Reichgebiete mangels Nachfolgestaat faktisch zu Protektoraten der jeweils besetzenden Mächte wurden, womit die Alliierten nunmehr mangels Rechtsnachfolger des Reichs selbst in diese eintraten.
Wer, allen politischen Behauptungen und juristischen Verrenkungen zum Trotz, dennoch an der Reichskontinuitätslegende festhalten möchte, dem sei der Blick auf die Debatte um die sowie die Umsetzung der sogenannten Zwei-plus-vier-Verträge zur völkerrechtlichen Realisierung der heutigen Bundesrepublik empfohlen. Tatsächlich saßen dort neben den vier Protektoratsmächten zwei gleichberechtigte, staatliche Neugründungen an einem Tisch und verhandelten die Zukunft des verbliebenen Protektoratsgebiets. Wäre es anders gewesen und hätte die behauptete Reichskontinuität mehr als politisch-plakativen und tatsächlich völkerrechtlich bindenden Charakter gehabt, so wären diese Verhandlungen überflüssig gewesen. Die Reichsgebiete zwischen Oder und Elbe wären immer schon völkerrechtlich Teil der BRD gewesen und nach dem Zerfall einer sowjetischen Vasallenregierung sowie dem sowjetischen Protektoratsverzicht ohne weiteren Rechtsakt automatisch der Verwaltung durch die BRD unterstellt worden. Volkskammerbeschluss, Beitrittsverhandlungen und Einigungsvertrag – alles überflüssig.
Die Tatsache, dass dazu im Widerspruch über die Modalitäten, über das Ob, Wie und Wann, verhandeln werden musste; die Tatsache weiterhin, dass die Protektoratsmächte letztlich die Entscheidung darüber in der Hand hatten, ob das ehemalige Reichgebiet “DDR“ Teil des ehemaligen Reichsgebiets „BRD“ werden durfte; die Tatsache, dass die Entscheidung über den Beitritt bei einem souveränen Parlament der DDR lag; die Tatsache, dass eigentumsrelevante Entscheidungen der Sowjetadministration von der BRD mangels Zuständigkeit nicht als ausgleichsfähig anerkannt wurden; die Tatsache nicht zuletzt, dass ein Friedensvertrag bezüglich des Konfliktes 1939 bis 1945 mangels deutschem Vertragspartner zu keinem Zeitpunkt auch nur angedacht worden ist – all das ist Beleg genug für die Feststellung, dass das Deutsche Reich 1945 untergegangen ist, weil es die Siegermächte so wollten. Und es ist Beleg dafür, dass alle 1990 am sogenannten Einigungsprozess Beteiligten es genau so sahen – auch wenn sie offiziell andere Legenden verbreitet haben mögen. Juristen sprechen in solchen Fällen von konkludentem Handeln: Einen Sachverhalt dadurch rechtlich verbindlich machen, indem schlüssiges Handeln keine andere Beurteilung zulässt.
Ohne Reich kein Regress
Interessanter Nebeneffekt dieser Tatsache: Wer immer Forderungen aus Handeln des Deutschen Reiches zwischen 1871 und 1945 geltend machen will, ist bei der Staatenneugründung Bundesrepublik Deutschland an der falschen Adresse. Sein Ansprechpartner sind jene, die 1945 das Reich beerdigten und als Protektoratsmächte dessen Angelegenheiten übernahmen. Diese können Regressansprüche aus jenen Nutzen begleichen, über die sie nach 1945 in und aus dem ehemaligen Reichsgebiet verfügten. Es sei denn, sie hätten ihren früheren Protektoratsgebieten in den Verträgen zur staatlichen Souveränität entsprechende Übernahmeverpflichtungen hineingeschrieben.
Ansonsten gilt – sogar im Grundgesetz festgeschrieben: Internationales Recht steht über deutschem. Da das BVerfG-Urteil nicht im Einklang mit den als Völkerrecht bezeichneten internationalen Gepflogenheiten steht, sind folglich auch jene Behauptungen unzutreffend, mit denen sich die Bundesregierung immer noch an eine nicht vorhandene Reichskontinuität klammert. Von einer Rechtsnachfolge ganz zu schweigen – denn gäbe es eine solche, wäre die Bundesrepublik notwendig auch heute noch in Regress zu nehmen für alles, was vor 1806 vom Heiligen Römischen Reich zu verantworten ist. Doch wie das HRR ist auch das DR unwiederbringlich Geschichte. Was man bedauern mag – oder auch nicht. An den nach 1945 neu geschaffenen Realitäten ändert sich dadurch nicht das Geringste.
Vielen Dank Herr Spahn, wieder einmal ein sehr guter und interessanter Artikel. Letztendlich wirft er die Frage auf, ob Deutschland als Staat und die Deutsche Identität überhaupt eine Zukunft haben (sollen oder können).
Zu den „2+4“ Verhandlungen: Genscher u.a. wollten ausdrücklich keinen Friedensvertrag, u.a. wegen möglicher Regressforderungen – aber auch, weil die Legitimation des Provisoriums BR Deutschland damit in Frage gestellt worden wäre. Man wollte mit dem Provisorium weitermachen und gerade eben so „durchkommen“ . USA und UdSSR waren mit allem einverstanden; das Problem lag eher in GB und FR. Eine Rolle spielte auch „Europa“, schließlich, das war damals schon Kohls fixes Narrativ, sollte Deutschland in Europa künftig „aufgehen“. Nimmt man Herrn Spahns sehr informativen Beitrag hinzu, war dieses Format „2+4“ eine merkwürdig schräge Veranstaltung. Zu Admiral Dönitz: Die einleitenden Sätze seiner Ansprache am 1. Mai 1945 hätte lauten müssen: „Als Oberbefehlshaber der Wehrmacht übernehme ich vorübergehend die oberste Verwaltung des Deutschen Reiches. Das mir angetragene Amt des Reichspräsidenten kann ich nicht ausüben. Dieses Amt kann nur mit demokratischer Wahl erlangt werden“. Mit der Kapitulation wäre auch seine amtierende Funktion als Regierungschef beendet gewesen. In der verbliebenen Woche nach dem 1. Mai wäre eine hochrangige zivile(aus der Zeit der Weimarer Republik), nicht NS-belastete Person zu bestimmen gewesen, der Dönitz die Regierungsgeschäfte am 8. oder 9.Mai übertragen hätte. Dann wäre die medial sehr wirksame „Absetzung und Verhaftung der Reichsregierung“ so nicht möglich gewesen. Statt dessen hatte Dönitz dieses Ereignis geradezu heraufbeschworen.
Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zweierlei Dinge. Recht existiert de facto nur, solange eine Macht besteht, die fähig ist, es durchzusetzen. Völkerrechtlich besteht auch Danzig als „freie Stadt“ fort, nur gibt es niemanden, der bereit oder fähig wäre, dieses Recht durchzusetzen. Trotzdem kann es manchmal sinnvoll sein, an nicht durchsetzbaren Rechtspositionen festzuhalten, weil sich mit ihnen machtbasierte Herrschaftsoptionen ggf. besser durchsetzen lassen als ohne sie (wenn es einmal anders kommt).
Ein interessanter Artikel, jedoch haben wir auf Sicht ganz andere Probleme – weniger als Völkerrechtssubjekt, sondern als Volk an sich, mit seinen Werten und seiner Kultur. Alles deutet darauf hin, dass wir uns selbst aufgeben, aus antrainiertem Selbsthass, ideologischen Gründen oder vielleicht einfach nur aus purer Ignoranz. Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen …
Das Kriegsziel der Alliierten, insbesondere der Westmächte, Deutschland militärisch zu besiegen und politisch als Staat zu vernichten, wurde mit der Kapitulation der Wehrmacht und der Nichtanerkennung der legitimen Reichsregierung auch nach Hitler, erreicht. Es folgten Besatzungsstatus, Aufteilung des Staatsgebietes unter den Siegermächten, völlige Rechtlosigkeit der Gesamtbevölkerung, egal ob Militär oder Zivilisten, Willkür, Mord, Gewalt und Plünderung des Staates bis in die Zivilbevölkerung hinein, also im wahrsten Sinne Barbarentum. Auf der einen Seite genau so, auf der anderen Seite etwas subtiler. Das bislang völkerrechtlich und kriegsrechtlich übliche Prozedere von Waffenstillstand und Friedensverhandlungen mit dem milit. besiegten Staat wurde negiert. Das Ganze nur aufgehalten durch den nach Kriegsende WW2 folgenden Kalten Krieg, in dem die Westmächte Deutschland gern mißbrauchen wollten und gebrauchen konnten. Ironischerweise und im Westen heute nahezu unbekannt hat ausgerechnet die Sowjetunion immer wieder und schon 1952 eine Wiedervereinigung Deutschlands angeregt und mit ihr einen neutralen Status. Das wurde von den USA abgelehnt, nach dem Motto, lieber ein halbes Deutschland ganz. Es ist also absurd zum einen hier von „Befreiung“ zu sprechen, denn Deutschland wurde nur zum Spielball der Supermächte in einem möglichen neuen milit. Konflikt. Gerade auch durch die USA. Letztlich waren des dann auch die Sowjets, die Deutschland als Besatzungsmacht verlassen haben, was man von den Westmächten bis heute nicht sagen kann, zumal Deutschland die Kosten für deren „Aufenthalt“ nach wie vor trägt. Die Rolle der Amerikaner wird verklärt und insg. die Geschichtsschreibung geklittet und nicht der Wahrheit entsprechend vermittelt.
Mir fehlt eine Betrachtung welche Rechte der Allierern sich aus dem 2+4 Vertrag ableiten. Deutschland ist immer noch kein eigenständiges Land, da den Westallierten (also NICHT Russland) immer noch Sonderrechte eingeräumt sind.
Herr Spahn legt sehr anschaulich dar, daß seine eigene Schlußfolgerung falsch ist. Die Kapitulation des OKW war die militärische Niederlage des Deutschen Reichs; die Absetzung der Regierung des Deutschen Reichs nebst späterer Abwicklung seiner Staatsgeschäfte und die Aufteilung des Staatsgebietes des Deutschen Reichs waren völkerrechtswidrig.
Wenn die Bundesrepublik und die DDR Provisorien waren, um einen Staatsbetrieb auf deutschem Boden zu gewährleisten, ist das Deutsche Reich davon unberührt. Wenn die Bundesrepublik und die DDR völkerrechtswidrig von den Siegermächten eingerichtete Staatssubjekte waren, können deren Handlungen nicht völkerrechtlich wirksam sein. Dann ist weder die gegenseitige Anerkennung im Deutschlandvertrag noch die internationale Anerkennung wirksam, dann hatten die Vertreter von Bundesrepublik und DDR auch kein völkerrechtlich wirksames Mandat in den 2+4-Verhandlungen. Daß die Siegermächte in den 2+4-Verträgen ihr völkerrechtswidriges Verhalten fortsetzten, kann keine Rechtsheilung darstellen.
Unabhängig davon ist das Deutsche Reich nicht handlungsfähig. Das Staatsgebiet kann auf der Landkarte ohne weiteres eingezeichnet werden; das Staatsvolk läßt sich auf Grundlage des bis 1933 oder 1945 gültigen Staatsbürgerschaftsrechts definieren; die Staatsgewalt ist aber de facto nicht existent. Sie mag wiederhergestellt werden können, sie ist aber tatsächlich nicht da. Insofern besteht die Situation vom 9. Mai 1945 fort: Die Siegermächte kontrollieren das Deutsche Reich; der alltägliche Staatsbetrieb wird von einem von den Siegermächten eingerichteten politischen Gebilde organisiert. 1990 ist damit lediglich aus zwei politischen Gebilden auf einem Teilgebiet des Deutschen Reichs ein politisches Gebilde geworden.
Wer im übrigen die Bundesrepublik „BRD“ nennt, kommt aus der DDR oder ist so jung, daß er nicht mehr erlebt hat, wie verpönt das Kürzel im Westen war.
Sehr guter Beitrag zur Auffrischung der geschichtlichen Kenntnisse. Doch bleibt
für mich, bei allem völkerrechtlichem Durcheinander, letztlich doch zurück: Das
Deutsche Reich ist mit dem Kriegsende nicht untergegangen! Und letztlich bleibt,
wie bei vielen anderen Foristen auch, die Erkenntnis, daß diejenigen, die die Ge-
schichte schreiben, nicht einmal ansatzweise die Ansichten der Unterlegenen be-
rücksichtigen. Und meines Wissens existieren zu den offiziellen Abmachungen der
2plus4-Gespräche noch diverse Geheimklauseln. Wie sonst ist die sinngemäße
Wiedergabe eines Satzes aus der Abschiedsrede des Friedensnobelpreisträgers
Obama vor amerikanischen Soldaten in Kaiserslautern zu verstehen:“Deutsch-
land ist und bleibt ein besetztes Land“? Und wo bleibt ein Friedensvertrag und wo
eine Verfassung? Ach, stimmt. Im Rahmen der Mutter aller europäischen Ziele,
der EU, ist das ja Schnee von übergestern.
Wunderbarer Artikel, Herr Spahn.
Die Bundesrepublik von heute ist das Ergebnis der Zwei-plus-vier-Verträge.
Andernfalls hätte man ja auch nicht von Wiedervereinigung sprechen können.
Im Prinzip ist die wiedervereinigte BRD ein neuer deutscher Staat.
Die Sicht der „Reichsbürger“ fokussiert einzig auf die Art und Weise, wie das Ende der Kampfhandlungen 1945 zustande kam. Der Zweite Weltkrieg hat de facto aber erst 1989 sein Ende gefunden, als der Ostblock zusammenbrach und die Russen ihre Truppen abzogen. Der Abzug der Briten und Franzosen erfolgte später, ist aber ebenso abgeschlossen.
Dass die Amerikaner in Deutschland noch stationiert sind, hat mit dem Zweiten Weltkrieg nichts zu tun, sondern mit der Existenz der NATO und unserer Mitgliedschaft.
Die Amerikaner sind außerdem derzeit in Ländern ebenso stationiert, die mit dem Zweiten Weltkrieg überhaupt nichts zu tun hatten.
Der Gedanke von Besetzung des deutschen Staatsgebietes durch Amerika sollte schon deshalb ins Wanken geraten, da die Bundeswehr seit Jahren selbst in anderen Nationen stationiert ist.
Wer besetzt hier also wen? Jeder jeden, wenn es gerade mal passt?
Stationierung ist nicht automatisch gleich Besetzung.
Und so lange wir selbst keine Atomwaffen besitzen, bin ich froh darüber, dass die Amerikaner einen Teil ihrer Atomwaffen bei uns vorhalten.
Zitat:“Ansonsten gilt – sogar im Grundgesetz festgeschrieben: Internationales Recht steht über deutschem.“
Genau das ist das Problem. In der UN stellen mittlerweile die (islamischen) Diktaturen ganz klar die Mehrheit und die bei Gründung der UN angedachte Umsetzung von Menschen- und Völkerrechten wird durch die Mehrzahl der jetzigen Mitglieder völlig anders interpretiert. Zu unserem Nachteil.
Wer das Gefühl von Fremdsteuerung loswerden möchte, sollte den Ausstieg aus der UN ins Auge fassen. Und darüber sollten sich nicht nur die Deutschen, sondern alle(!) westlich orientierten Länder Gedanken machen. Und zwar schnell.
Mir fallen zu dieser Diskussion drei Fakten ein, die unabhängig von einander das Ende des DR für alle Zeit besiegeln.
1. Siegerjustiz in Nürnberg mit ex post Legitimierung durch das extra dafür geschafffene Völkerstrafrecht wider den Rechtsgrundsatz „nulla poena sine lege“ zum Nachteil des DR.
2. Feinstaatenklausel gemäß UN. Wenngleich behauptet wird, diese Klausel sei „obsolet“, so gilt sie immer noch, ist nicht aus der Welt. Es braucht keinen begründeten Anlaß für welchen offiziellen Siegerstaat auch immer (Frankreich?), um Deutschland in Schutt und Asche zu legen.
3. Wiederholtes Angebot von Gortbatschow und Jelzin bezüglich einer Rückgabe von Ostpreußen (Kaliningrader Oblast) gegen einen Kredit von 50 Millionen DM. Von Genscher und Kohl stets abgelehnt (aus „Rücksicht“ gegenüber Polen und Frankreich)
p.s. 50 Millionen DM .. das allein kostet uns der Unterhalt der Sie-wissen-schon Stücke, in 6 (sechs!) Monaten.
sorry, es soll natürlich heißen 50 Milliarden, und nicht 50 Millionen
(gilt ebenso für das post scriptum, und gerade da)
Zitat:
„Festzuhalten bleibt an dieser Stelle deshalb: Mit der Absetzung und Inhaftierung der Reichsregierung durch die Alliierten am 23. Mai 1945 verstießen diese gegen die Haager Landkriegsordnung und beendeten gleichzeitig vorsätzlich und bewusst die Existenz des Völkerrechtsobjekts „Deutsches Reich“. “
.
Ohne hier den sog. Reichsbürgern das Wort reden zu wollen, aber ist nicht gerade dieser Verstoß gegen den internationalen Vertrag „Haager Landkriegsordnung“ das entscheidende Argument gegen Ihre danach gezogenen Folgerungen?
Kann ein Verstoß gegen einen international gültigen Vertrag die daran anschließenden Handlungen im Nachhinein zu verbindlichem Recht werden lassen ?
Ich bin kein Staatsrechtler und stelle diese Frage ganz unvoreingenommen.
.
Ganz herzlichen Dank lieber Herr Spahn für diese Darstellung. Es ist immer wieder beeindruckend und spannend, welch vielfältige Themen von Ihnen hier bei TE behandelt werden. Und auch wenn man nicht immer mit Ihnen übereinstimmen mag, ist es jedoch immer eine Bereicherung der Gedanken und regt dazu an, sich mit bestimmten Themen ausführlicher zu beschäftigen. In dem Sinne sind Sie ein nicht wegzudenkender Teil der TE-Autoren und bitte bleiben Sie uns sehr lange hier erhalten.
Man mag das rechtlich alles drehen und wenden wie man will, Recht haben alleine immer die Sieger. Das ist so und wird so bleiben. Alles was vom ehemaligen Deutschen Reich übrig blieb und bis jetzt als sog. Bundesrepublik Deutschland besteht, ist ein Konstrukt der Siegermächte, nichts anderes. Dass, beginnend mit den Schulbüchern, ein gigantischer Umerziehungsprozess in Gang gesetzt wurde mit dem Ziel, ein deutsches Nationalgefühl auszumerzen, dürfte unbestritten sein. Da die alten Deutschen jetzt so langsam aussterben ist mehr als deutlich zu erkennen, dass der Umerziehungsprozess höchst erfolgreich war und ist. Wer eine schwarzrotgoldene Fahne im Garten hisst, der ist hochgradig verdächtig ein Nazi und Rassist zu sein. Und die Regierungen tun offensichtlich alles, um dem „eigenen“ Land zu schaden. Und wenn die aktuelle Entwicklung so weitergeht, dann ist das eigentliche Kriegsziel sehr bald erreicht, nämlich das Verschwinden der Deutschen aus Europa. Um dieses Endziel zu erreichen bedarf es der Siegermächte nicht mehr, das erledigen jetzt die Deutschen selbst. Der nächste Schritt erfolgt nach den EU-Wahlen, wenn für neue Regelungen/Bestimmungen/Gesetze es in Europa keiner Einstimmigkeit mehr bedarf, sondern die Mehrheitsbestimmung quasi „Recht“ wird. Dann werden unsere „europäischen Freunde“ alles daran setzen, den Deutschen die letzten nationalen Zähne zu ziehen. Und bis zum Jahre 2045 sind die autochthonen Deutschen eh nur noch eine Minderheit in einem Staatswesen, das sich vielleicht noch Deutschland nennt, aber nicht mehr Deutschland sein wird. Das eigentliche Kriegsziel kann also rund 100 Jahre nach der Kapitulation im Jahre 2045 groß gefeiert werden.
Ihr Kommentar hat zwar nur begrenzt mit dem Text von Tomas Spahn zu tun, jedoch ist Ihnen ausdrücklich zuzustimmen, was die praktische Folge der Niederlage 1945 bis zum heutigen Tag betrifft.
Es ist aber – leider – nicht nur das Ergebnis der Bestrebungen der alliierten Siegermächte, den Deutschen ihr Deutschsein auszutreiben und das Land auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen. Es ist zu einem sehr beträchtlichen Teil auch das Ergebnis der Passivität, Ignoranz, tlw. Dummheit und der Individualisierung breiter Massen unseres Volkes. Wir hätten es – jeder Einzelne – selbst in der Hand gehabt, dem Streben der Alliierten etwas entgegenzusetzen: Nationalstolz, bürgerliche Werte, Selbstbewusstsein.
Wir Deutschen sind auch an uns selbst gescheitert und eine Parallele zur früheren Geschichte ist auffallend: die Deutschen kämpften früher bis zur letzten Patrone und heute erneut mit aller Konsequenz dem sicheren Untergang entgegen.
Andere Völker hätten diesen Bestrebungen viel mehr Widerstand entgegengesetzt.
Somit haben wir es so verdient. Geliefert wie bestellt sozusagen…
Wir sind im Modus des Wiederaufbaus verblieben, haben gearbeitet, Erfolge gesehen, haben die ‚Wiedervereinigung‘ geschafft, wurden beneidet – und haben gedacht, es geht immer so weiter, haben keinerlei Gefahrenbewußtsein mehr .
Jetzt haben wir alle Ressourcen erschöpft: die Böden belastet, die Natur geschädigt, Energieerzeugung gefährdet (Windmühlen sind nicht die Lösung), Staatskassen bald klamm, Wohnungsknappheit, Konzerne und Landbesitz zunehmend in ausländischen Händen – und familien sind oft auf zwei Einkommen angewiesen, mit der Folge, dass Kinder ausbleiben und Alte nicht mit versorgt werden können und wir uns Menschen aus dem Ausland holen. Ohne an morgen zu denken.
„Das Verschwinden der Deutschen erledigen jetzt die Deutschen selbst“ – wie wahr!
Schließlich gibt es neben dem formalen Recht (diese Seite hat Herr Spahn akribisch beleuchtet), der Macht der Fakten (Siegerwille/Recht des Stärkeren) auch noch so etwas wie politischer Wille, mit dem man vieles bewegen und erreichen kann (die Wiedervereinigung ist ein selten positives Beispiel dafür!). Personen, Umstände, Großwetterlagen ändern sich ja ständig …
Leider ist aus der „absoluten Unterwerfung des deutschen Volkes“ inzwischen absolute Unterwürfigkeit geworden (z. B. folgt kein anderes EU-Land Brüsseler Vorgaben mit so viel vorauseilendem Gehorsam wie unsere Regierung und seien die Beschlüsse noch so irrsinnig). Sollten wirklich Mehrheitsentscheidungen komplett die Einstimmigkeit ablösen, werden „die letzten nationalen Zähne gezogen“ – das sehe ich genau wie Sie! Dann heißt es, lieb Vaterland bald abgebrannt …
Sie vergessen aber noch ein wichtiges Organ: Die Medien (und daran angehängt – gerade auch in der heutigen Zeit – die Popkultur). Nur wer auch diese kontrolliert, hat die wirkliche Macht. Das sieht man ja gut an Trump und Österreich, wo die Kontrolle über Polizei und Militär noch lange nicht alles sind.
Der Untergang des Deutschen Reiches ist eine Tatsache, ja – das Ändert aber nichts an der immer noch aktuellen Frage deutscher Staatlichkeit. Denn die BRD kann und will kein deutscher Staat sein.
Da ist aber ein Denkfehler. Einseitiges Handeln von Siegern, nicht gedeckt durch Verträge, schafft Fakten, aber kein Recht. Insofern gibt es keinen „Untergang des Deutschen Reiches “ 1945. Korrekt ist, dass die Sieger unbedingte Verfügbarkeit über Deutschland beanspruchten. Völkerrechtlich ist das eben nicht gedeckt, und deswegen war die Verhaftung der Reichtsregierung auch völkerrechtswidrig. Die Sieger konnten mit ihrem Anspruch auch das Format der 2+4 Verträge vorschreiben. Eine Aufhebung des Deutschen Reiches in deren Zug wäre möglich gewesen, wenn sich BRD und DDR gemeinsam als Nachfolger des Deutschen Reiches erklärt hätten und in dieser Funktion die Verhandlungen geführt hätten. Das unterblieb aber. Herr Spahn hat damit das Gegenteil dessen aufgezeigt, was er beweisen wollte. Die Reichsbürger haben wohl (formal) recht, etwas, das ich bisher nicht so gesehen habe. Ein Schatten liegt auf dem Deutschen Staat. Etwas fehlt.
Dazu ein Vergleich: Ein Mensch wird ermordet! Frage: Muss er dann noch als lebendig angesehen werden, da die Tötung ja unrechtmäßig erfolgt war? Siehe Ihr Argument: Handeln schafft Fakten, aber kein Recht!
Ich glaube nicht, dass wir uns nach 74 Jahren noch mit solchen juristischen Sophistereien in Bezug auf das Deutsche Reich aufhalten sollten. Es ist genauso mausetot wie mein angenommenes Mordopfer. Daran können auch die Reichsbürger nichts mehr ändern.
Noch ein Vergleich: Waren eigentlich der Auflösung des weströmischen Reiches und die Gründung des Königreichs Italien im Jahr 476 durch Odoaker völkerrechtlich korrekt oder existiert das weströmische Reich vielleicht noch fort? Schließlich wurde damals nur der römische Kaiser Romulus Augustulus abgesetzt und Odoaker ernannte sich aus eigener Machtvollkommenheit zum Rex Italiae.
Wie begründen Sie dann eine Aussage wie die von Herrn Schäuble: „Wir waren und sind seit 1945 zu keinem Zeitpunkt souverän?“ Ohne Recht geht es offenbar nicht, man bleibt im Vorläufigen. Die „Reichsbürger“ haben allerdings keine zielführenden Argumente, da ist auch nichts, was weiterbringt. Soviel zu den „Reichsbürgern“. Zu Rom: Rom existierte nach 476 zumindest als Stadtstaat fort – so wie sein Aufstieg begonnen hatte und Rom war selbst im Röm. Kaiserreich noch ein formaler Stadtstaat.
Es ist alles sehr verwirrend. Also dem Bericht zufolge wurden eigenständige Länder mit eigner Verfassung durch die Allierten geformt und verwaltet. Als das Grundgesetz verkündet wurde, wurde ausdrücklich betont dass man mit dem formulieren eines Grundgesetzes nicht beauftragt wurde einen neuen Staat zu gründen. Das geht ja auch durch Artikel GG 133 hervor.Anfang der 50 schuf man den Personlausweis der Bundesrepublik um die Kontrollen zwischen den einzelnen Bundesländern aufheben zu können. DEr Personalausweis , der bis heute nur die Vermutung zum Ausdruck bringt, dass der Inhaber Deutscher Staatsbürger sei.Also in einem der Bundesländer gemeldet ist. Nun wird auf eine klägliche Art der Begründung(die Entscheidung der Politik dazu wäre durch die Parlamentswahlen legitim/um damit GG 146 zu übergehen) die Wandlung des GG zur „Verfassung“.
Jetzt fallen mir 2 Themen dazu ein. Warum wurde mir vor 1989 meine Staatsangehörigkeit vorenthalten, wenn es nach dem Krieg bis1989 Rheinland -Pfalz war und danach die BRD, wobei die ja nachVerfassung GG 133 kein Staat ist?
Und zum anderen definiert sich ein Staat gemäß Staatenlehre aus den 3 Säulen Staatsgebiet,Staatsgewalt,Staatsvolk.
Ich will jetzt nicht allzuweit ausholen, aber welche der 3 Säulen ist denn noch gegeben?
Was soll die Ganze „Streiterei“ / Diskussion was richtig und was Falsch ist?
Für mich ist Realität,
daß immer der derzeit Stärkere entscheidet was Recht und was Unrecht ist.
Mhh, wie heißt es doch gleich noch; „wehe dem Besiegten“(o.s.ä).
Ansonsten ein interessanter Artikel, danke dafur!, Doch mit Blick auf unser Deutschland „im Jahre 4 nach 2015“ sagte ich jedoch auch einfach mal:
Ist es heute 2019 im Grunde nicht egal ob DR, BRD, Friedensvertrag ja o. nein oder was auch imner?? DENN mal ehrlich; egal ob zB DR oder BRD, dieses Land bzw dieser Staat ist doch auf dem besten Weg sich selber zu zerstören und wird untergehen. Und rückblickend wird es dann später ziemlich egal sein wenn dann die alten/älteren Bürger mal sagen werden „oh man, war es im 1970 oder 1990 noch eine schöne Zeit im DR oder in der BRD“
Herr Spahn,
Der Vergleich zwischen dem Heiligen Römischen Reich und dem Deutschen Reich hinkt. Erstens war das HRR kein Staat im klassischen Sinne sondern eine Föderation zuletzte mehr oder weniger souveräner Territoralstaaten. Es gab keine Reichsbürgerschaft, sondern nur die der Gliedstaaten. Seine Existenz endete durch die Niederlegung der Amtsgeschäfte durch Franz II. und den gleichzeitigen Austritt Österreichs und anderer Staaten aus der Föderation.
Das Deutsche Reich hatte bei Kriegsende eine Regierung. Mit der Verhaftung dieser übernahmen die Alliierten die Regierungsgewalt. Staatsvolk und Staatsgebiet blieben rudimentär erhalten. Auch die Verwaltung blieb rudimentär bestehen. Ein Ende des Reiches auf den 23. Mai 45 zu datieren, halte ich daher für falsch. 1949 vielleicht, 1972 möglicherweise, 1990 wahrscheinlich. Aber 1945 aus meiner Sicht bestimmt nicht.
Ich stimme Ihnen grundsätzlich zu.
Der Autor hat zutreffend beschrieben, daß einzig und alleine die Militärführung des DR die Kapitulation ausgesprochen und jedwede Kampfhandlungen beendet hat. Diese ausschließlich militärische Entscheidung hat absolut keine Auswirkung auf das Bestehen eines Staates und seine Grenzen. Auch ohne rechtmäßige Regierung ändert sich dann nichts an dem Völkerrechtsobjekt.
Es ist wohl unstrittig, dass das DR ein völkerrechtlich anerkannter Staat gewesen ist. Ein Staat als völkerrechtliches Objekt geht aber auch nicht unter bzw. hört auf zu existieren, nur weil er von ausländischen Mächten „besetzt“ ist und auch von diesen „organisiert“ oder „regiert“ wird, sondern besteht zuerst einmal grundsätzlich weiter. Auch das sollte unstrittig sein.
Wenn dieses weiter bestehende Reichsgebiet von den Besatzern neu aufgeteilt wird und in irgendeiner Form Regierungen „installiert“ werden, können durchaus neue völkerrechtliche Objekte entstehen. Dieses aber nur dann, wenn sie durch andere Staaten (außer den Besatzern) völkerrechtlich anerkannt werden. Diese internationale Anerkennung gab es sowohl für die DDR als auch für die BRD.
Durch die offiziell anerkannten und berechtigten Vertreter des Völkerrechtsobjektes DDR wurde der Beitritt zum Gültigkeitsgebiet des Grundgesetzes der BRD erklärt und vom Völkerrechtsobjekt BRD angenommen. Ich gehe davon aus, daß zu diesem Zeitpunkt die DDR als Staat aufgehört hat zu existieren.
Einen solchen oder ähnlichen Akt hat es aber bezüglich des DR nie gegeben. Insofern halte ich die Formulierung „das DR existiert weiter, ist aber handlungsunfähig“ für absolut korrekt. Da das „Volk“ des ehemaligen DR zwischenzeitlich in den Staaten DDR und BRD bzw. inzwischen vollständig in den Staat BRD aufgegangen ist, wurde das nicht aufgelöste DR zu einer leeren Hülle. Und ohne Volk ist das DR handlungsunfähig und kann auch nicht wieder zum Leben erweckt werden. Ausnahme: Die Regierung der BRD würde sich selbst zum Nachfolger des DR erklären, was niemand tun wird.
Was ist eigentlich mit den Ostgebieten des Deutschen Reiches? Sie wurden polnisches Staatsgebiet. Auch hier gibt und gab es nie einen völkerrechtlichen Vertrag. Wie auch? Ist halt doch was dran, der Sieger schreibt die Geschichte und hat die Hoheit über das Recht. Parallel zur heutigen Situation in Nahost fallen mir auch ein…
Podsdamer Konferenz Artikel IX Polen hier nachzulesen
https://potsdamer-konferenz.de/dokumente/potsdamer-protokoll?#IX
Zitat: „b) Bezüglich der Westgrenze Polens wurde folgendes Abkommen erzielt: In Übereinstimmung mit dem bei der Krim-Konferenz erzielten Abkommen ….. unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen und in dieser Hinsicht nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden sollen“….
und hier: http://www.verfassungen.de/ddr/deutschpolnischesabkommen50.htm (Grenzabkommen DDR und PL 1950)
und hier: https://deutsche-einheit-1990.de/wp-content/uploads/VorlassAlbrecht16_Ministertreffen3.pdf
und hier: https://potsdamer-konferenz.de/dokumente/deutsch-polnischer-grenzvertrag
Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen vom 14. November 1990 über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze
@ WernerT
und wo in den Dokumenten der Potsdamer Konferenz ist Stettin als polnisches Gebiet definiert?
In Ihrem letzten Satz liegt der eigentliche Widerspruch begründet: Würde die Bundesrepublik sich zum Nachfolger des Reichs erlären, würde dies tatsächlich durch diesen Akt faktisch aufhören zu existieren, da man schlecht auf etwas folgen kann, was parallel weiter existiert. Folgerichtig ist eher die Feststellung des BVerfG, wonach die Bundesrepublik als staatliche Organisationsform des Deutschen Reiches mit diesem quasi identisch ist.
Ich denke, Wolfgang Schäuble, als einer der klügsten und durch das Alter auch lebenserfahrensten Politiker Deutschlands, wird genau gewußt haben, was er anlässlich seiner Rede auf dem 21. Europäischen Bankenkongress am 18. 11. 2011 sagte und damit zum Ausdruck bringen wollte.
„Das war die alte Ordnung, die dem Völkerrecht noch zu Grunde liegt, mit dem Begriff der Souveränität, die in Europa längst ad absurdum geführt worden ist – spätestens in den zwei Weltkriegen der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen.“
Nur weil ein Staat existiert, muss dessen Macht noch lange nicht letitim sein. „Nahezu jede heutige oder vergangene Staatsgewalt geht letztendlich auf illegale Machtergreifung oder Eroberung zurück.“ (David Hume)
„Woraus sonst entstünde ohne eine vorausgehende Übereinkunft die Verpflichtung für eine Minderheit, sich der Wahl der Mehrheit zu unterwerfen? Und woher haben 100 die einen Herren wollen, das Recht für 10 zu stimmen, die keinen wollen. Das Gesetz der Stimmenmehrheit beruht selbst auf Übereinkunft und setze mindestens einmal Einstimmigkeit voraus.“ (Rousseau) Verfassungen sind Verträge zu Lasten Dritter, Verträge zu Lasten derjenigen, die nicht zugestimmt haben.