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Weißrussland

Wenn Lukaschenko Putin um Hilfe bittet, muss es ernst sein

16.08.2020

| Lesedauer: 2 Minuten
Am Samstag wirkte Minsk mehr wie ein Straßenfest als eine Protestdemonstration in Revolutionszeiten, doch solche Feiern sind gefährlich voreilig.

Wenn Lukaschenko Putin um Hilfe bittet, muss es ernst sein. Denn bisher hat sich der Diktator in Minsk immer trickreich dem Drängen Putins nach einer engeren Verbindung Russlands mit Weißrussland, am besten in einem gemeinsamen Staat, entzogen, Lukaschenko hatte Putin immer wieder vorgeworfen, Weißrussland schlucken zu wollen. (Wer denkt da nicht sofort auch an die Ukraine? Aber vielleicht denken Leute bei Putin und Lukaschenko und anderswo auch an die Geschichte von Polen-Litauen.)

Lukaschenko lässt verbreiten, dass Putin ihm in einem Telefonat militärische Hilfe zugesagt habe. Das klingt nicht nach einem Mann, der eben eine Wahl haushoch gewonnen haben will und über einen straff geführten Machtapparat verfügen soll – entgleitet er ihm? Wie auch immer, mehr als einen Zufluchtsort als Exil wird Lukaschenko von Putin am Ende nicht erwarten können. Dass von grundlegenden Veränderungen in Weißrussland mittelfristig Putin mehr haben wird als alle anderen, halte ich für wahrscheinlich. Wer nicht profitieren kann mangels eigenen Vermögens, ist die EU. Liegen die Dinge nach der Präsidentschaftswahl in den USA klarer, kommen sie ins Spiel – möglicherweise als Präzeptor einer Staatenallianz zwischen Russland und der EU.

Moskau schaut auf die Entwicklung im Nachbarland nicht zuletzt deshalb schon immer, weil russische Erdölexporte durch Weißrussland nach Westen rinnen und Russland Weißrussland als Puffer gegenüber der Nato und dem Westen sieht.

Lukaschenko hat die Verlegung von Fallschirmjägern an die Westgrenze angeordnet: „Was in diesen Gebieten passiert, werden wir uns nicht ruhig anschauen,“ sagte er im Staatsfernsehen ohne nähere Erklärung. Verteidigungs- und Innenministerium wie den Geheimdienst wies er an an, keine „ungesetzlichen Aktionen“ zuzulassen. Er meint damit wohl den Plan seiner Gegner einer Menschenkette von Litauen durch Weißrussland bis in die Ukraine.

Bei einem Treffen erklärten die Staatspräsidenten von Litauen und Estland, dass sie das Ergebnis der Präsidentenwahl in Weißrussland nicht anerkennen. Gitanas Nauseda und Kersti Kaljulaid sagten am Freitag in Vilnius, die Abstimmung in der sei nicht frei und demokratisch gewesen. Nauseda sagte, es müssten freie und demokratische Wahlen abgehalten werden.

Die Zentrale Wahlkommission hatte 80.1% für Lukaschenko verkündet, für die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja 10.12%. Tichanowskaja selbst sagt, bei korrekter Zählung wäre sie auf 60% bis 70% gekommen. Die Demonstrationen gingen jedenfalls am Freitag und Samstag weiter. Einige Hundert kamen samstags aus dem Gebäude des Staatsfernsehens, schlossen sich den Demonstranten an und sagten AFP gegenüber sie planten für Montag einen Streik.

Am Samstag, schreibt der Guardian, wirkte Minsk mehr wie ein Straßenfest als eine Protestdemonstration in Revolutionszeiten, doch für manche seien solche Feiern gefährlich voreilig, warnte Belamova auf der mobilen App Telegram mit einer halben Million Nutzern:

»Friends, do not succumb to euphoria too early! Even though we have set in motion processes that will be irreversible for Lukashenko the tyrant, he is still in power. So it’s early to celebrate. Very early.”«

Freunde, ergebt euch nicht zu früh der Euphorie. Auch wenn wir Prozesse in Gang gesetzt haben, die für den Tyrannen Lukaschenko unumkehrbar sein werden, ist er nach wie vor an der Macht. Es ist zu früh zum Feiern, viel zu früh.

Weise Autoren. Aber wie sie sagen: Einfach so weiter wie vorher, das wird nicht mehr gehen. Das gefällt mir auch als Motto für ganz Europa und den ganzen Westen.

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38 Kommentare

  1. Mal eine Frage (evtl. bin ich nicht auf dem neuesten Stand). Warum wird sowohl in den ÖR-Medien als auch bei den Privaten nicht mehr von Weissrussland gesprochen sondern nur noch von „Belarus“? Gibt es dafür einen Grund? (übrigens auch bei Herrn Seibert in der heutigen Bundespressekonfi) Ist die Bezeichnung „Weissrussland“ etwa „rassistisch, böse, gestrig, Nazi oder Rääächts“? Vielleicht habe ich ja etwas nicht mitbekommen…aber es ist schon sehr auffällig, dass die Bezeichnung „Weissrussland“ scheinbar „geächtet“ wurde.

    • Man will Weißrussland aus der engen Allianz mit Russland heraus lösen.

      Mit den Begriffen fängt es an. Das „-russland“ soll verschwinden.

      • Eben. Angeblich gibt es bei Auswärtigen Amt seit einiger Zeit die Regelung, im offiziellen Sprachgebrauch den Begriff „Belorus“ zu verwenden – was letztlich nichts anderes als Weißrussland auf russisch heißt. Am Ende versucht man dadurch nichts anderes als den von Ihnen beschriebenen Zweck zu erreichen. Dass man diesbezüglich mit mehr als zweierlei Maß misst ist mehr als offensichtlich – andere Länder werden im offiziellen Sprachgebrauch ja auch mit der deutschen Entsprechung ihres Namens geführt.

  2. Es scheint so, dass es den Weißrussen zu gut geht. Wenn es ihnen so schlecht geht, warum verlassen sie nicht das Land und kommen nach Deutschland? Da gibts eventuell Probleme sie sind weiß, gebildet, keine Teppichklopfer und vor allem keine Flüchtlinge. Sie würden eine Konkurrenz zu den Mittelmeertouristen darstellen und das würde bei den Grünen und Merkel nicht gut ankommen. Haben sie auch daran gedacht was passiert wenn, prowestliche die Regier übernehmen würden? Was erhoffen sie sich dadurch, was soll dann besser werden, das liest man so gut wie gar nicht. Sicher ist Prowestlich bedeutet nach der Pfeife der EU zu tanzen, sich beim IWF hoch zu verschulden und diese werden zur Begleichung der Schulden, Reformen fordern und dies bedeutet nichts anderes wie Privatesierung und damit kommt die Arbeitslosigkeit und der Ami und Konzerne ins Land

    • Es geht den Weißrussen vergleichsweise gut. Ich kenne welche, die waren in Deutschland und wollen zurück. Wenn Sie Frankfurt, Berlin oder Köln mit Brest, Grodno oder Minsk vergleichen, dann wissen Sie warum.

  3. Es ist doch immer wieder erstaunlich, dass selbst so politisch erfahrene Autoren wie hier Herr Goergen, sich immer wieder naiven Vorstellungen hingeben.

    Weißrussland sollte froh sein, dass es seinen Lukaschenko hat. Es mag zwar nicht westlichen Demokratiefantasien entsprechen, aber es ist für manche Länder immer noch besser, unter einer autoritären Führung zu stehen, als sich einer Chaos-Demokratie hinzugeben, der „Arabische Frühling“ lässt grüßen.

    Mit Blick auf den Zustand westlicher Demokratien, erscheint der Wunsch, Weißrussland mit ähnlichem zu beglücken geradezu absurd. Lukaschenko wie Putin, sind die richtigen Leute am richtigen Platz. Alles andere würde nur Chaos und Destabilisierung bedeuten, auch eine weitere Destabilisierung des Westens.

    Wenn von „Menschenketten und Bürgerrechtlern“ die Rede ist, weiß man wohin die Reise geht. Es sind die Kräfte, die auch in unserem Land die Oberhand gewonnen haben und die uns jetzt in den Abgrund stürzen. Auch von den Verhältnissen in Weißrussland zu denen in Europa einen Bogen zu schlagen zu wollen, erscheint eher unpassend, haben wir doch auf der einen Seite ein Land, dass noch nicht reif für die Demokratie ist, und auf der andern Seite ein Europa, dass vergessen hat, was Demokratie überhaupt ist.

    • Lieber Herr Thiel, bitte kommentieren Sie doch, was ich schreibe, und nicht, was sie hineininterpretieren, obwohl es dort gar nicht steht.

  4. BuPrä Steinmeier stellt sich an die Seite der Tichanowskaja-Protestler und mahnt gen Lukaschenko.
    Das, und daß Tichanowskaja von hiesigem Staatsfunk bejubelt wird, ist für mich Grund genug, Lukaschenko Durchhaltevermögen zu wünschen.

    • Also hören Sie mal…als Präsident eines Landes, welches seine jahrhundertealte demokratische Tradition in zwei Weltkriegen erfolgreich verteidigt hat, kann sich Steinmeier schon leisten, anderen Völkern Ratschläge zu geben, wen sie wählen sollen.

  5. Interessant für die politische Sichtweise des Kommentators Goergen ist, – dass
    er Geschichte Polen-Litauen mit roter Markierung zum „scheinbar neutralen“ Austria-Forum verlinkt! Dabei handelt es sich in Wirklichkeit um „einseitige“
    Geschichts-Darstellung des „linken“ Wikipedie-Artikels!
    Polens aggressive Einverleibung der Ukraine und anderer Gebiete wird tot-
    geschwiegen – um ein hilflos unschuldiges Opfer des bössen Preussen und Russland zu suggerieren! Geschichts-Glitterung!
    Richtig ist, das es immer politische Machtinteressen gegeben hat, welche die
    günstige Situation eines schwächeren Nachbars nutzten, um das eigene Machtgebiet zu vergrössern – zur Herrschaft über schwache Nachbern!
    Man schaue sich die Dominanz-Gesetze der jetzigen EU-Herrscher gegen die
    Gesetze und staatliche Souveränität abhängiger National-Staaten an!

  6. Mein Gutster, diese Ihre sehr kurze Schilderung der Sachlage klammert aber wie zufällig die wesentliche Hintergrundgeschichte zu den Wagner-Leuten aus.
    Sieht mir aus wie eine raffinierte „Operation ukrainischer Kreise“ zur Diffamierung Russlands! Gelungenes Intrigenspiel der „Guten“!
    Informieren Sie sich!

  7. Mit ziemlicher Sicherheit eine weitere Farbenrevolution als Werk der NGOs von Gregor Samsa (oder wie der gute Mann heißt).
    Ende des Jahrs scheppert es dann in Washington, 2021 wird die Schmierenkomödie als „Euro-Picadilly“ in London aufgeführt. Lieb Vaterland magst ruhig sein, unsere unsterbliche und allweise Gottkanzlerin tut immer genau das, was von ihr erwartet wird. Kein Zoff in Berlin.

  8. Ohne eine Gegen-Großmacht in Europa wie die USA (oder irgendwann in der Zukunft vielleicht China) wird jeder russische Herrscher, der stark ist, versuchen, Weißrussland, die baltischen Staaten und die Ukraine zu schlucken. Vielleicht auch noch Georgien und Armenien? Aserbaidschan und die zentralasiatischen Republiken könnten Probleme mit der islamischen Gemeinschaft verursachen.
    Frankreich, Deutschland und GB oder die EU insgesamt werden ihn sicherlich nicht daran hindern.
    Natürlich werden die heutigen Grenzen Russlands in Russland als unnatürlich angesehen und der Schwäche Gorbatschows angelastet.
    Ähnlich wie die Westgrenzen der Sowjetunion nach dem 1. Weltkrieg als unnatürlich angesehen wurden und von Stalin bei Gelegenheit revidiert wurden.

  9. Ich bin mit einer Weißrussin verheiratet und fahre seit mehr als 20 Jahren jedes Jahr für zwei Wochen nach Belarus. Dieses Jahr waren wir genau die letzten beiden Wochen vor der Präsidentenwahl dort.
    Ich habe folglich einiges zum Thema aus erster Hand mitbekommen.
    Zunächst: die meisten unserer Bekannten dort haben Lukaschenko gewählt. Warum? Als das kleinere Übel, nicht weil sie ihn besonders gut finden.
    Viele Weißrussen sehen L. kritisch: die willkürliche Inhaftierung politischer Gegner, die Wahlfälschungen, den Repressionsapparat, seine Unbeweglichkeit in vielen Fragen, seinen Kontrollwahn, seine manchmal lächerlichen Reden z.B. zur Coronabekämpfung mit 50 g Wodka und Feldarbeit usw. Sie schämen sich sogar manchmal für ihn.
    Warum wählen sie ihn dann trotzdem?
    Erst mal seine Verdienste: vor 25 Jahren war Belarus ein Land im Chaos. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und die nachfolgende Wirtschaftskrise war noch nicht überwunden. Meine Frau konnte sich von ihrem ersten Gehalt als Kinderpsychologin ein Shampoo und ein paar Orangen kaufen; danach kam monatelang nichts mehr. Die Geschäfte waren leer; meine Schwiegereltern mussten sich eine Kuh und ein Schwein anschaffen und neben ihrem Beruf noch einen Acker bewirtschaften, um über die Runden zu kommen. In den Städten haben die Armen gehungert, es wurde vor Hunger gestohlen, die Straßen und Städte waren unsicher. Über die deutsch-polnische Grenze kam man nur mit Bestechung und mit der Zulassung eines Fahrzeuges war man zwei Wochen lang jeden Tag beschäftigt.
    Heute mögen die Gehälter in Weißrussland nicht hoch sein, aber sie reichen zum Leben. Viele Belarussen können sich sogar Auslandsurlaube leisten; die Mehrheit lebt in Eigentumswohnungen oder eigenen Häusern. Die Städte sind sauber und sicher. Und beim Grenzübertritt wird man heutzutage von den Polen schikaniert und nicht von den Weißrussen.
    In den letzten 25 Jahren habe ich in Weißrussland in jedem Jahr einen Fortschritt erlebt.
    Weiterhin: die Weißrussen sind glaube ich in ihrer Mehrheit noch sehr russlandfreundlich; bei den jungen Belarusen mag sich das langsam ändern; bei vielen Älteren nicht. Weißrussen und Russen haben eine gemeinsame Geschichte, ein gemeinsames Schicksal, sie fühlen sich eng zusammengehörig. Und viele Weißrussen wissen, wem sie den wenn auch langsamen wirtschaftlichen Aufstieg zu verdanken haben, nämlich Russland mit seinen günstigen Öl- und Gaslieferungen und dem gemeinsamen Markt, auf dem sie viele ihrer Produkte verkaufen können, die ansonsten auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sind.
    Und in dieser engen Beziehung zu Russland will wahrscheinlich die Mehrheit der Weißrussen bleiben und sie fürchten, dass die Opposition diese Verbindung lösen will. Sie wissen, dass die USA Weißrussland gerne aus der Allianz mit Russland herausbrechen würde. Sie wissen nicht, wer hinter den Oppositionspolitikern steckt und sie misstrauen ihnen.
    Und deshalb: viele haben Lukaschenko gewählt als Schutz vor dem Chaos. Das Schicksal der Ukraine steht vielen warnend vor Augen.

  10. Ich lese, die Weltbank habe Lukaschenko Kredite angeboten, wenn er einen Lockdown wie Russland verhängt. Er habe unter Hinweis auf die prekäre wirtschaftliche Lage weiter Teile der Bevölkerung einen Lockdown abgelehnt.
    Ich fragte mich, wie die Globalisten dann wohl das Land in die Knie zwingen würden. Ich sehe jetzt die Antwort: es wird ein Aufstand inszeniert und der Westen denkt schon über Sanktionen nach. Bekanntes Muster. Ob ihm Putin wirklich hilft? Er ist ja selbst vor der globalen Agenda eingeknickt. Also war’s das wohl mit Weißrusslands Covid2-Sonderweg, der offenbar sehr erfolgreich war.

  11. Ja Weißrussland muss ein geiles Land sein so wie Sie’s beschreiben.

  12. In meinen Augen ist es eine fremdfinanzierte Farbenrevolution.

    Wie Haisenko schreibt. Lukaschenko ist nicht der Musterdemokrat aber dem Land geht es ganz gut.

    „Bei der letzten Präsidentschaftswahl, die natürlich auch als undemokratisch bezeichnet worden ist, habe ich eine Reportage im ÖRR gesehen. Da wurde eine ältere Landfrau gefragt, warum sie Lukaschenko wählt. Die Antwort war einfach und klar. „Wir haben zu essen, sind nicht im Krieg, wohnen können wir auch, wir müssen nicht frieren und es geht zwar langsam, aber stetig voran. Was sollte ich mehr wollen? Ich bin zufrieden mit meinem Präsident!“ Dazu kann ich nur sagen, so erhält man immer wieder Zustimmungsergebnisse um die 70 bis eben jetzt 80 Prozent. Man muss tun, was dem Volk gefällt und so sind auch Putins andauernde Erfolge zu erklären.“

    https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20202/weissrussland-es-kann-der-bravste-nicht-in-frieden-leben/

  13. Etwa 75 % der Einwohner Weißrusslands sprechen als Muttersprache Russisch, dazu zählt der Diktator Lukaschenko ebenso wie die meisten Oppositionellen. Inwieweit sie sich als „Weißrussen“ ansehen oder als ethnische Russen, hängt wohl eher von der Stellung zum Land selbst ab als von der Ethniziät. Wie schon im Falle der Ukraine kommt es hier nun zum einem Fallout des Grundfehlers von 1990, die Grenzen der neuen Staaten aus der zerfallenen Sowjetunion nicht ethnisch-sprachlich, sondern aus Angst vor Präzedenzfällen entlang der oft noch aus dem Zarenreich stammenden Verwaltungsziehungen zu übernehmen. Das hat der Welt den Ukraine-Bürgerkrieg und die Krim-Annexion beschert, und so entsteht hier ein neuer Konfliktherd in Osteuropa- Moskau hat an einer Annexion der gesamten oder eines Teils Weißrusslands wohl kein Interesse, da es das Land als Pufferzone nach Westen behalten möchte, die Rolle, die früher Polen ausfüllte. Polen ist militärisch zu schwach, um sich Polasien und andere, bis 1939 zu Polen gehörende Gebiete zurückzuholen, auch geriete dann sein Schlesien-war-schon-immer polnisch-Narrativ in Gefahr.

    Ich persönlich glaube nicht, dass die Weißrussen, egal welcher Zunge, tatsächlich eine Sehnsucht nach dem westlich-linksliberalen System verspüren, es hat sich ja noch nicht einmal im EU-Land Polen nachhaltig durchgesetzt. Jene, die die Opposition gegen Lukaschenko anführen, dürften eine eher schmale intellektuelle Elite in Minsk sein, die früher oder später in der Diaspora in Wilna oder Berlin landen dürfte. Dennoch hat sich das Regime Lukaschenko überlebt. Moskau sollte diesem Spuk daher ein schnelles Ende bereiten, wobei man annehmen darf, dass man aus dem Debakel in der Ukraine, wo man auf das falsche Pferd gesetzt hatte, gelernt hat. Noch dürfte man auch in Moskau nicht jene Gruppe identifiziert haben, die das Land nach Lukaschenko auf einem Moskau-freundlichen Kurs hält, ohne dass es für Russland zu einem Fass ohne Boden wird. Sobald diese Person oder Gruppe in Moskau aber klar ist, dürfte einer notfalls zwangsweisen Umsiedlung von Lukaschenko nach Jalta auf der Krim nichts im Wege stehen.

  14. „Wenn Lukaschenko Putin um Hilfe bittet, muss es ernst sein.“

    Kremlastrologie war gestern.

    „Denn bisher hat sich der Diktator in Kiew immer trickreich dem Drängen Putins nach einer engeren Verbindung Russlands mit Weißrussland, am besten in einem gemeinsamen Staat, entzogen“

    Auch wenn es der Mainstream so schreibt? Lukaschenko regiert zwar autoritär. Aber ein Diktator ist er deswegen nicht. Er hat genug Unterstützung für seinen Kurs, vor allem bei der Landbevölkerung. Dafür sind den Weißrussen aber auch chaotische Zustände wie in Rußland in den 90er Jahren oder farbige Revolutionen wie in der Ukraine mit anschließendem Bürgerkrieg und der Destabilsierung ganzer Landesteile erspart geblieben. Nicht unbedingt das, was ich will. Aber es gibt mit Sicherheit schlechtere Gegenden auf der Welt.

    „Lukaschenko hatte Putin immer wieder vorgeworfen, Weißrussland schlucken zu wollen.“

    Der Name GUS-Staaten war noch in den 90er Jahren ein Begriff. Die bessere Zusammenarbeit der ehemaligen Sowjetrepubliken liegt eigentlich im Interesse aller Länder. Warum soll der böse russische Bär immer sofort bereitstehen, um seine Nachbarstaaten einverleiben zu wollen?

  15. „Bei einem Treffen erklärten die Staatspräsidenten von Litauen und Estland, dass sie das Ergebnis der Präsidentenwahl in Weißrussland nicht anerkennen.“
    Und?

  16. Dem schließe ich mich an. Herr Goergen hat ja schon eine ziemlich EU-lastige Stimmung aufgebaut indem er Lukaschenko einen Diktator genannt hat. Ist er das wirklich? Ich weiß es nicht.

  17. Wieder ein Krieg um Werte… Etwas zum essen gibt es nicht?

  18. Ein Vorgeschmack für eine ewige, immer wieder gewählte Frau Merkel.
    Ein Kanzlerwechsel schafft vertrauen. Ein “weiterso“ schafft Frust und Widerstand.
    Es wird niemals so so sein wie früher und EU soll sich daran gewöhnen!
    Danke Herr Georgen!

  19. Auch mit 60% hätte er noch die Wahl gewonnen. Den normalen Bürger wird es vor ukrainischen Verhältnisse grauen, aber ich vermute dass nicht wenige „Aktivisten“ einen Umsturz wollen.

    Vermutlich haben wieder die üblichen NGOs die Finger drin, einen „Touristen“ mit einem Rucksack voller Kleingeld und diversen Handies wurde schon festgenommen.

    Der „Wertewesten“ sollte sich überlegen, ob er Putin weiter ärgern will und auch einen weiteren politischen Brandherd an der EU-Außengrenze dafür in Kauf nimmt.

  20. *

    Die *Leuchttürme der Demokratie*, die der Westen verbreitet hat, sind alle in Flammen aufgegangen…vom Irak bis Syrien über Nordafrika bis in die Ukraine…

    ***

    • So sehe ich das auch.
      Und obendrein sind wieder die üblichen Brandstifter und „Demokratiekämpfer“ in fremden Staaten zu Gange!
      Sind Einmischungen in innere Angelegenheiten, diese „Berufsrevolutionäre“ sollten klar benannt werden…..
      Mit der Stabilisierung in den gefallenen Staaten in Nah- und Mittelost, Nordafrika, der Ukraine und Georgiens maßlos überfordert, aber ständig neuen Zoff anfangen!

  21. Dadurch, daß wir über Weißrussland und Lukaschenko wenig wissen ist eine Einschätzung der politschen Lage und die Machtverhältnisse schwierig. Klar scheint in den Medien zu sein, er ist ein Diktator und muß weg. Durch wen er ersetzt werden soll oder wo Figuren sind die das Land übernehmen sollen sind da ist alles schwammig. Klar ist erstmal eins, wir stehen auf der Seite der Guten! Welche das sind ist erstmal unerheblich denn die Direktive heißt: Der Diktator muß weg!!! Sind die die da demonstrieren wirklich das Volk? Legen wirklich massenweise Arbeiter die Arbeit nieder wie behauptet? Hat Lukaschenko den Putin um Hilfe gebeten? Die Gerüchteküche kocht und viele sehen die bunte Revolution. Noch einmal Maidan 2.0? Glaube ich nicht, noch einmal 6 Milliarden Dollar plus X Euros für einen Umsturz?

  22. Ca. 75% der Wirtschaft von Belo-Russia ist ineffiziente Staatswirtschaft mit Russland als der weitgehend einzige Auslandsmarkt für Industriepodukte. Anderseits liefert Russland Energie und andere Rohstoffe zu politischen Verrechnungspreisen, die es Belo-Russia sogar erlauben bei Exporten in den Westen satte Gewinne einzustreichen – um überhaupt finanziell zu überleben. Grob vereinfacht, Belo-Russia hängt seit 25 Jahren am Tropf von Russland. Putin konnte die Unabhängigkeitsgeschichte, die auf einem sowjetischen Jagdgut bei Brest begann, derBelovesh Vertrag, nicht frontal ändern, sieht aber diese Abspaltung der Ukraine und von Belo-Russia als das größte Unglück der jüngeren russischen Geschichte. Belovesh hatte nichts mit dem Willen der Völker zu tun, sondern mit dem Willen der Partei-Granden, die lieber Staatspräsidenten als Gouverneure von russischen Provinzen sein wollten. Moskau wird Minsk nicht loslassen. Selbst die in Belo-Russia lebende Literaturnobelpreisträgerin, Swetlana Alexijewitsch, sieht die Rebellion gegen Lukaschenko wegen der Wahlen nicht als grundsätzliche Überwindung des homo sovieticus. Die Belo-Russen wissen, dass eine Lösung von Russland eine wirtschaftliche Katastrophe wäre, bei der sie in kürzester Zeit nicht nur jede, wenn auch kleine, wirtschaftliche Stabilität verlieren würden, sondern dass sie damit in ein unabsehbares soziales und politisches Chaos gehen würden. Die russischen und ukrainischen Oligarchen wären ante portas.

    • „Die russischen und ukrainischen Oligarchen wären ante portas.“

      In Rußland hat allerdings wieder die Regierung das Sagen und nicht mehr das Konglomerat aus Wirtschaftsmagnaten, im Volksmund Oligarch genannt, die sich nach dem Ende der Sowjetunion die ehemals volkseigenen vulgo staatlichen Unternehmen unter den Nagel gerissen hatten. In der Ukraine sind die Oligarchen noch mächtig.

  23. Naja, in Minsk scheint es jedenfalls kein Corona zu geben, lediglich zwei Maskenträger sind im Bild zu sehen, ganz zu schweigen vom Sicherheitsabstand oder limitierter Teilnehmerzahl.
    Was schreibt denn die Esken zu solchen Szenen?
    Hat Steinmeier schon ins Schloss geladen?

  24. Ukraine reloadet. Typisch von außen gesteuerte und finanzierte Farbenrevolution.

    Ich glaube davon kein Wort.

    • Ohne Beweise zu haben oder zu kennen… geht mir genau so.

      MIr ist lediglich aufgefallen dass in irgend einer 10 -bis 15 Minuten Nchrichtensendung (weiss nichtr mehr welche. Tagesschau? RTL Aktuell? o. Ä.) ein extrem langer Bericht über die Zustände in Weissrussland kam. Und wie üblich kamen fast ausschliesslich Demonstranten und Oppositionelle zu Wort. Verdächtig! (mal wieder)

  25. Ein mögliches Szenario : Weißrussische „Sicherheitskräfte“ und das Militär übernehmen die Macht, setzen Lukaschenko ab und versprechen „demokratisch“ durchgeführte Neuwahlen. Die Zwischenzeit wird von verschieden gearteten Interessierten von Putin bis EU-freundlichen Kräften genutzt , um sich in Stellung zu bringen. Kompromißkandidaten, die sowohl europäische wie russische Interessen bedienen , liegen im Bereich des Möglichen. Was machen die Amerikaner, was machen die Polen? Bleibt Weißrussland als Pufferstaat zwischen dem Natogebiet und Russland erhalten, wenn alle interessierten Staaten und Staatengruppen sich davon Vorteile versprechen? Mit Lukaschenko geht es offenbar nicht weiter. Man wird sich was neues einfallen lassen müssen, das vor allem der komplexen geopolitischen Lage Weißrusslands als Transit für russisches Öl und Gas gerecht zu werden hat.

  26. Theoretisch müsste dort schlimmste Pandemie infolge eines „idiotischen, unbelehrbaren Herrschers“ sein. Überlastetes Gesundheitssystem, viele Tote, auch junge Kranke mit Langzeitfolgen usw. – das volle Programm von dem, was unsere ruhmreiche Regierung bei uns verhindert hat. Dem Bild nach zu urteilen, ist völlig unklar, wie Regierungssprecher Seibert solche Super Spreader Events gut heißen kann. Der Virus ist ziemlich politisch.

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