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Die Volksseele kocht:

Wiens Polizei wollte Anti-Regierungs-Demo verbieten – und scheitert damit an der Wut der Wiener

von Gastautor

29.11.2024

| Lesedauer: 2 Minuten
Die Polizei in Wien hatte zwei Demos gegen die künftige Regierung in der Innenstadt verboten, aber einen Protestmarsch von Antifa und FPÖ-Gegnern zugelassen. Nach medialem Druck darf jetzt doch demonstriert werden – statt auf dem prominenten „­Heldenplatz“ vor der Votivkirche. Von Richard Schmitt

Kommt der neue Austrofaschismus diesmal von Links? Auf allen Social-Media-Kanälen wird jedenfalls eine irritierende Entscheidung der Landespolizeidirektion Wien emotional diskutiert: Die österreichische Polizei verbietet die zwei für diesen Samstag angekündigten Demos gegen die künftige ÖVP-SPÖ-NEOS-Regierung in der Wiener Innenstadt, aber lässt sehr wohl einen Protestmarsch der Antifa und Kickl-Gegner zu. Die Begründung der Polizei sorgt dabei für besonders viel Ärger.„

„Die Durchführung der Demonstration ist einerseits eine Störung des Rechts auf Erwerbsfreiheit, sowie eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Straßenverkehrs“ – so begründet nun die Landespolizeidirektion Wien ihr Nein zu zwei bereits seit langem angekündigten Demonstrationen unter dem Motto „Frieden und Neutralität – gegen die Zuckerlkoalition“, also gegen die fast fixe neue Bundesregierung aus Konservativen, Sozialisten und den linksliberalen NEOS.

Diese Begründung des Demo-Verbots bringt nun tausende Menschen auf die Palme: Denn erst vor zwei Jahren hat die selbe Polizeibehörde gegen ein Verbot einer massiv kritisierten Protestaktion im Advent so argumentiert: „Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut, das man nicht so einfach einschränken kann …“

Tatsächlich hatte die Exekutive mit ihrer Aussage im Advent 2022 Recht: Die Versammlungsfreiheit ist in Österreichs Bundesverfassung Artikel 12 eindeutig verankert. Und von einer verpflichtenden Rücksichtnahme auf „die Flüssigkeit des Straßenverkehrs“ ist in der Verfassung nichts zu lesen.

Zusätzlich lässt ein weiterer Aufreger der Polizeidirektion Wien den Blutdruck aller nicht linken Social-Media-User steigen: Während die beiden Demos gegen die sich bildende neue Bundesregierung und gegen eine befürchtete Aushöhlung der Neutralität von der Polizei verboten werden, lässt sie einen Demonstrations-Zug der bekannt gewaltbereiten Antifa und ultralinker Gruppen genau an diesem Samstag über den Schwarzenberg-Platz in die Wiener Innenstadt ziehen. Diese Demo unter dem Motto „Kanzler Kickl verhindern“ dürfte offenbar laut Meinung der Exekutive etwas weniger „die Flüssigkeit des Straßenverkehrs“ am Adventssamstag beeinträchtigen.

Sogar aus der Sozialdemokratie kommt deutliche Kritik am Vorgehen der Wiener Polizei. So schreibt der Wiener Werbefachmann Rudi Fussi, der eben dabei ist, mit einer Unterschriftenliste für einen Sonderparteitag SPÖ-Parteichef Andreas Babler zu stürzen: „In einer Demokratie ist das Demonstrationsrecht heilig. Egal, ob man für oder gegen etwas auf die Straße geht. Warum soll man nicht gegen oder für Kickl auf die Straße gehen dürfen? Es dürfen sogar ,Queers for palestine‘-Originelle demonstrieren oder Identitäre. Ich verstehe das Vorgehen der Behörden in keinster Weise. Halten wir andere Meinungen aus – oder nicht?“

Für viele Wiener werden mit diesem Demo-Verbot auch schlimme Erinnerungen an den Dezember 2021 wach: Vor drei Jahren haben Polizeieinheiten mitten in der Stadt jene Bürger von der Straße geprügelt oder sogar inhaftiert, die gegen das von der ÖVP mit den Grünen beschlossene Impfpflichtgesetz demonstriert haben. Dieses Gesetz sah extrem hohe Geldstrafen für die Verweigerer der Corona-Impfung vor – und die Staatssekretärin im Kanzleramt drohte sogar wörtlich mit der Ausweisung von unbeugsamen Impfskeptikern.

Aktualisierung: Natürlich nicht aufgrund des massiven Drucks der Öffentlichkeit und tausender empörter Bürger hat die Landespolizeidirektion Wien nun den regierungskritischen Organisatoren der Demonstration „Für Frieden und Neutralität“ doch noch eine Demo genehmigt: Zwar an einem anderen Ort (vor der Votiv-Kirche beim Schottentor) aber dafür auch am morgigen Samstag (12.00 Uhr). Der wesentlich prominentere Ort für eine Demo – der Wiener Heldenplatz – bleibt aber für diese Demonstranten gesperrt.

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