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Vorwort zum Sonntag

„Werft eure Zuversicht nicht weg!“ 

16.01.2021

| Lesedauer: 2 Minuten
Die deprimierende Stimmung krabbelt in die Seelen hinein. Jetzt kommt es darauf an, seine Zuversicht nicht zu verlieren. Das heißt: den Blick heben, frei sprechen, vertrauen.

Freitag Morgen im Supermarkt Januar 2021. Menschen huschen mit Tunnelblick durch die Gänge. Jeder macht Seins und arbeitet seine Einkäufe ab. Hauptsache Abstand. Die Spirituosenecke ist erstaunlich leergekauft. 

Im Café vor dem Supermarkt, eigentlich ein Ort der Begegnung und des Gesprächs, stehen die Stühle gestapelt innen und außen. Rot-weiße Sperrbänder halten zurück. Und die Maske vor Mund und Nase ist sowieso nicht unbedingt eine Einladung zum Gespräch. 

Die Geschäfte laufen fast wie immer und doch ist die Atmosphäre mehr oder weniger bedrückend. Und ich spüre, wie diese deprimierende Stimmung auch in meine Seele hineinkrabbelt. 

Doch ich will dagegenhalten. Der alte Aufruf „Werft eure Zuversicht nicht weg!“ kommt mir in den Sinn. 

Das deutsche Wort „ZUVERSICHT“ inspiriert mich dabei: Sich mit einer „Sicht versehen“, neue Perspektiven gewinnen, den Horizont erweitern. Aus dem Tunnelblick heraus den Kopf hochheben. 

Heute abend will ich unbedingt meiner Tante eine Postkarte ins Altenheim schreiben. Diese Woche will ich endlich ran an das neue Videobearbeitungsprogramm, das ich schon zwei Jahre im Schrank habe. 

Und am Wochenende will ich eine große Runde spazierengehen. „Jeder Schritt hält fit“. 

Zuversicht – eine Herausforderung, in der Corona-Endzeitstimmung nicht deprimiert den Kopf zu senken, nicht in den Corona-Tunnelblick zu verfallen, sondern meinen Kopf bewusst in die Höhe zu strecken, um neue Sichtweisen zu gewinnen, um den Lichtkegel meines Lebens auch auf Positives zu richten. 

Das altgriechisches Wort für Zuversicht heißt „PARRHESIA“; und auch das schenkt mir Orienterung. Parrhesia heißt eigentlich „freie Rede“, „jedes Wort“. Wer seinen Frust in sich hineinfrisst, der verliert seine Zuversicht. Das freie Wort als Motor der Zuversicht. Darum brauche ich das Gespräch, die Diskussion, den Streit. Darum liebe ich das freie Wort bei Tichys Einblick, weil es mir Zuversicht schenkt. Heute Abend möchte ich eine Stunde mit meinem besten Freund telefonieren; wir haben uns diesen Termin ganz fest im Terminkalender verankert. Telefongespräche hatte ich vor Corona nie in meinem Terminkalender festgezurrt. 

Das englische Wort für Zuversicht heißt „CONFIDENCE“. Auch das hilft mir weiter. Da steckt das lateinische Wort fides für Vertrauen drin. 

Die Aktienbörsen haben Vertrauen in die Zukunft – oder zumindest Vertrauen in die Geldpresse der Zentralbanken – und steigen auf Allzeithoch trotz Corona und Lock-Down. 

[inner_post] Auch ich möchte für mein Leben das Vertrauen bewahren, dass das Leben Geschenke manchmal ausgerechnet in den finsteren Phasen im Leben versteckt. Das krasseste Symbol dafür ist das christliche Kreuz, von dem die Christen bekennen, dass ausgerchnet an dieser gottverlassenen römischen Hinrichtungsstelle ein Geschenk für diese Welt verborgen liegt. 

Alles spricht dagegen, doch ich will zuversichtlich darauf vertrauen, dass auch diese Zeit der Coronadiktatur etwas Gutes für mein Leben hat. Vielleicht sieht das die freundliche Verkäuferin im Supermarkt ähnlich. 

Kopf hoch, Mund auf, Hand auf’s Herz: „Werft eure ZUVERSICHT – PARRHESIA – CONFIDENCE nicht weg“ (Hebräer 10,35). 

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