<
>
Achtung, Glosse!

Verlag Puffin lässt „Charlie und die Schokoladenfabrik“ umschreiben

20.02.2023

| Lesedauer: 2 Minuten
Der Verlag Puffin schreibt zusammen mit der Initiative „Inclusive Minds“ die Werke des Schriftstellers Roald Dahl um. Darunter „Charlie und die Schokoladenfabrik“. Die Arbeit soll Leser vor Irritationen schützen.

Zu den subversivsten Orten der neuen Wirklichkeit gehört der Bücher-Flohmarkt. Hier gibt es verbotene Ware zu kaufen. Gefährliche Gedanken. Buchstäblich. Künftig bringt der Verlag Puffin – der heißt wirklich so – nur noch Ausgaben von „Charlie und die Schokoladenfabrik“ heraus, in denen von „kleinen Menschen“ die Rede ist. Die Welt wird dadurch wieder ein klein wenig sicherer.

Nicht auszudenken, wenn Finn Torben auf dem Bücher-Flohmarkt eine alte Ausgabe von „Charlie und die Schokoladenfabrik“ in die Hand bekommt. Da steht dann „kleine Männer“ drin. Derart mit einer Mikroaggression konfrontiert würde der Philosophie-Student – 27. Semester – sein veganes Butterbrot fallen lassen und heulend sich im Kreis winden.

[inner_post 1] Dem beugt der Verlag Puffin nun vor, lässt Dahls Werke umschreiben. Schließlich hat ein Autor kein Gespür dafür, was Lesern zuzumuten ist – oder was die lesen wollen. Dafür braucht es die wahren Sprachgenies: Lektoren. Sie sind die eigentlichen Könner des Literaturbetriebs. Deswegen flüstern schon Kinder ehrfurchtsvoll ihre Namen: der eine Lektor von Suhrkamp, der Lektor von Rowohlt oder der andere Lektor von Suhrkamp.

In Mainz wollten sie eine Straße nach ihm benennen, haben es sich im Zuge der Sichtbarmachung von Frauen aber anders überlegt. Nun verbindet die „Dem anderen Lektor von Suhrkamp seine Mutter“-Straße die nördliche mit der südlichen Neustadt. Früher hieß sie Hindenburgstraße.

[inner_post 2] Aus „fetten“ Jungen machen die Sprachweltverbesserer „enorme“ Jungen. Das wirkt sich bis ins reale Leben aus: Kein Kind mit Mehrgewicht muss mehr den Hohn und Spott seiner Klassenkameraden ertragen, kein Jugendlicher wird mehr von dem Geschlecht seiner Wahl zurückgewiesen und kein Erwachsener sprengt mehr seinen Sitz im Flugzeug. Wenn wir nur „enorm“ statt „fett“ schreiben, können Menschen mit Mehrgewicht in Ruhe und Frieden leben, bis sie mit 52 Jahren an einem Herzinfarkt sterben. Das Herz wird ihnen dann entnommen und in Den Haag vor Gericht gestellt – wegen Verbrechen gegen die Mehrgewichtstoleranz.

Noch ist die Welt ein gefährlicher Ort, schreit einem buchstäblich „kleine Männer“ aus Dahls aggressiven Büchern entgegen. Doch bald ist nichts mehr zu tun, außer Finn Torben vom Bücher-Flohmarkt fernzuhalten. Und von alten Dahl-Ausgaben. Wobei: Am besten, wir halten Finn Torben von uns allen fern – dann hat jeder enorm gewonnen.

[advertisement-block provider=“Heft“ location=“posts“]

Unterstützen Sie unabhängigen Journalismus

Ihre Unterstützung hilft uns, weiterhin kritisch zu berichten.

Einmalig unterstützen

Monatlich unterstützen

Jährlich unterstützen

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken