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Ein Omen für den Bundestag?

Viele CDU/CSU-Europaparlamentarier stimmten mit den Grünen – gegen Atomenergie

07.07.2022

| Lesedauer: 3 Minuten
Die Abstimmung über die Taxonomie im Europäischen Parlament zeigt: Abgeordnete der CDU/CSU ergrünen zunehmend. Es setzt sich hier fort, was wir bei den letzten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und in NRW und den nachfolgenden Regierungsbildungen erlebten.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat am 5. Juli 2022 angekündigt, sie werde im Bundestag einen Antrag auf Verlängerung der Laufzeiten der noch verbliebenen drei deutschen Atomkraftwerke über den 31. Dezember 2022 hinaus stellen. Man will diesen Antrag mit einer namentlichen Abstimmung verbinden – verständlicherweise, um die eigenen Reihen geschlossen zu halten, aber auch um den einen oder anderen FDP-Atomfreund als Helden zu ködern. Man darf gespannt sein, wie die Sache ausgeht.

Wenn man sich freilich vergegenwärtigt, wie die CDU/CSU-Europaabgeordneten soeben, am 6. Juli, im Europäischen Parlament in der Frage „Gas- und Atomenergie“ abgestimmt haben, darf man vermuten, dass die namentliche Abstimmung für die CDU/CSU im Bundestag ein Flop wird.

Warum? Im Europäischen Parlament wurde entschieden, ob man die Sicht der EU-Kommission teile oder ablehne, dass die Energiegewinnung mit Gas- und Atomkraft umwelt- und klimafreundlich, also nachhaltig und „grün“ sei. Die „Grünen“ und die vereinten Linken wollten diese Definition der EU-Kommission kippen. Aber es ist ihnen nicht gelungen. Sie brachten nur 278 der erforderlichen 353 Stimmen auf die Waage. 353 – das wäre die knappe Mehrheit der 705 Europaabgeordneten gewesen. Somit bleibt die Klassifikation der EU-Kommission stehen: Gas- und Atomenergie sind nachhaltig und klimafreundlich.

Wie aber wurde in Straßburg abgestimmt? Man schaue sich erst einmal unabhängig von Fraktionszugehörigkeit das Abstimmungsverhalten der 96 deutschen Europaabgeordneten an: 58 votierten gegen die Klassifikation der EU-Kommission, also gegen Gas- und Atomenergie, 21 dafür, 7 enthielten sich, und 10 nahmen nicht an der Abstimmung teil. Das heißt: Wenn es nach den deutschen EP-Parlamentariern ginge, hätten Gas- und Atomenergie keine guten Karten. „Am deutschen Wesen …“ Wir kennen das.

Richtig interessant wird es, wenn man das Abstimmungsverhalten der 29 deutschen Mitglieder der Europäischen Volkspartei (EVP), also der CDU/CSU-Europaparlamentarier anschaut. Und da kommt man aus dem Staunen nicht heraus: 13 votierten gegen die Klassifikation/Taxonomie der EU-Kommission, also gegen Gas- und Atomenergie. 12 stimmten dafür, 3 enthielten sich, und einer nahm nicht an der Abstimmung teil. Will sagen: Nicht einmal unter den deutschen EVP-Abgeordneten haben Gas- und Atomenergie eine Mehrheit. Der EVP-Vorsitzende Manfred Weber (CSU) hat zwar zugunsten von Gas- und Atomenergie gestimmt, aber offenbar hat er seinen „deutschen‘‘ EVP-Laden nicht im Griff, sonst hätten 13 deutsche Mitglieder seiner Fraktion nicht anders gestimmt als er. Sein kleiner Trost kann sein: Die von ihm geführte gesamteuropäische EVP-Fraktion stimmte mit überwältigender Mehrheit (119 versus 37) zugunsten von Gas- und Atomenergie.

Hier eine Übersicht des Abstimmungsverhaltens der deutschen MdEPs. Wir verwenden dafür eine Darstellung, die die Fraktion der „Grünen“ (die sind also in der Dachzeile der Grafik mit „uns“ gemeint) – vermutlich nicht ohne Süffisanz – zusammengestellt hat. Diese Zusammenstellung haben wir für TE mit dem Protokoll der Sitzung des Parlaments verglichen und konnten die Auflistung bestätigen – siehe hier.

Screenshot / Bündnis 90/Die Grünen

Was heißt das? Die Abgeordneten der CDU/CSU im Europäischen Parlament ergrünen zunehmend. Es setzt sich hier fort, was wir bei den letzten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und in NRW und den nachfolgenden Regierungsbildungen erlebten: Schwarz/Grün. Man mag sich, man kann’s miteinander.

Für die Energieversorgung Deutschlands sind das keine günstigen Perspektiven, auch wenn die EU-Kommission sich (noch?) aufgeschlossen für Gas- und Atomenergie gibt. Was aber wird die schwarz-grüne Schmuserei uns noch bescheren: Das endgültige Aus des Verbrennermotors? Noch mehr voraussetzungslose Zuwanderung? (Auch hier hat sich die EVP-Fraktion schon sehr offen für die Zuwanderung aus Afrika gezeigt.) Noch mehr „diversity“ und „wokeness“? Trübe Aussichten, politisch „schwarze“ jedenfalls kaum noch. Denn auch die Unions-Alpha-Tiere Merz und Söder geben sich hier mehr und mehr ausgesprochen flexibel.

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