Teggatz geht es derweil um die explodierende Migrationslage dieser Jahreswende mit inzwischen doppelt so vielen Asylanträgen wie sonst im Monat üblich, doch ebenso um die zunehmenden Gewalttaten in deutschen Zügen und an Bahnhöfen. Beides liegt zufälligerweise im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei, der es aber – so der Gewerkschaftsführer in seinem Schreiben – an zu vielen Stellen an „Zuständigkeiten und Befugnissen“ mangele.
Vor allem wünscht sich Teggatz den alten Charakter einer Grenzbehörde für seine Bundespolizisten zurück, was laut ihm zudem ein Schlüssel für viele Probleme wäre. Die Bundespolizei solle „als Konsequenz aus dem Fall Anis Amri, Ibrahim A. und anderen“ auch für die Strafverfolgung in Sachen „unerlaubter Aufenthalt“ im Landesinneren zuständig werden, daneben mehr Befugnisse im Kampf gegen illegale Einreisen und Schleppertum erhalten.
Tichys Einblick: Herr Teggatz, Sie haben als einer der ersten vor einer Wiederholung der Migrationskrise von 2015 und 2016 gewarnt, als öffentlich-rechtliche Medien das noch als Fake-News abtaten. Seit vergangenem August haben sich die Asylzugangszahlen nun eindeutig aus einem Korridor von 10.000 bis 15.000 Neuanträgen pro Monat weg bewegt. Im Januar gab es fast 30.000 Neuzugänge. Die Migrationslage ist erneut zu einem beherrschenden Thema geworden. Fühlen Sie sich bestätigt? Was bedeutet das für Deutschland in diesem Jahr?
Heiko Teggatz: Ich fühle mich natürlich bestätigt, bin aber nicht wirklich verwundert. Denn das war reiner polizeilicher Spürsinn und Auswertetaktik anhand der Zahlen, daraus zu folgern, dass wir vor der nächsten Krise stehen. Was bedeutet das für Deutschland? Es bedeutet zunächst für die Länder und Kommunen eine sehr schwierige Zeit mit vielen schwierigen und vor allem sicherheitspolitisch relevanten Entscheidungen, was die Unterbringung der Menschen angeht. Wenn – wie jetzt in Lörrach geschehen – erste Mieter aufgefordert werden, ihre Wohnungen zu verlassen, um darin Migranten unterzubringen, dann ist der nächste Schritt, den die Kommunen gehen müssen, die Unterbringung in Sporthallen. Und wenn dann die Vereine ihr Vereinsleben nicht mehr aufrechterhalten können, weil die Hallen belegt sind, dann ist das aus meiner Sicht sicherheitspolitischer Zündstoff.
Auch davor habe ich Frau Ministerin in meinem Strategiepapier vom letzten September schon gewarnt. Deshalb ist es für mich unbegreiflich, warum der Bund auf jedem Flüchtlingsgipfel, der abgehalten wird, die Kommunen und Länder immer wieder vertröstet, jetzt wieder bis Ostern. Ich sehe da eine riesengroße Gefahr für die innere Sicherheit.
In Lörrach war ja von Wohnungen für Ukrainer die Rede. Wie steht es denn aktuell mit dem Zustrom von Flüchtlingen aus diesem Land? Das ist ja eine Zahl, die nicht jede Woche und auch nicht jeden Monat berichtet wird.
Der Flüchtlingszustrom von Ukrainern hält sich derzeit in Grenzen. Das war in der ersten Phase des Krieges eine sogenannte Massenflucht. Aber im Moment kommen deutlich mehr Menschen aus anderen Ländern in die EU und nach Deutschland.
Anfang der Neunzigerjahre gab es übrigens schon mal so etwas Ähnliches. Da hatten wir den Jugoslawien-Krieg mit vielen Kriegsflüchtlingen und parallel dazu einen immens hohen Migrationsstrom aus Rumänien und Bulgarien. Die damalige Bundesregierung hat das 1994 zum Anlass genommen, das Asylverfahrensgesetz (das heute im Aufenthaltsgesetz aufgegangen ist) zu ändern. Nur die sollten ein Recht auf Asyl haben, die auf direktem Weg nach Deutschland kommen. Und damit hat man die Lage damals ja auch in den Griff bekommen.
Und jetzt heißt es: „In die enteigneten Wohnungen kommen nur Ukrainer rein.“ Kann das sein? Immerhin liegt Lörrach direkt an der Schweizer Grenze, wo sich die Aufgriffe zuletzt vervielfacht haben.
Ganz ehrlich, nein. Wie soll der Landrat das auch auseinanderhalten? Der bekommt ja nicht nur Ukrainer zugewiesen, sondern alle, die ins Land kommen. Und jetzt soll der arme Kerl – oder die arme Dame – entscheiden, ich nehme jetzt den Asylbewerber oder den Ukrainer? Das kann ich mir nicht vorstellen. Da wird ganz normal abgearbeitet, wer untergebracht werden muss. Ich glaube, da gibt es keine Wahl.
Die Belastung für die Landkreise und Gemeinden ist auf jeden Fall da und bleibt auch bestehen …
Sie wird größer werden …
Migrationsdebatte: Fehlende Akzeptanz bei Öffentlich-Rechtlichen
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