Auf dem deutschen Automobilmarkt spielt sich seit Jahresbeginn 2025 ein merkwürdiges Phänomen ab: Der gesamte Markt schwächelt wie gehabt, der Markt für Elektroautos mit Batterie (BEV) oder als Hybride (HEV) oder Plug-In-Hybride (PHEV) weist deutliche Zuwächse auf, und der Absatz von Marktführer Tesla bricht regelrecht ein. Das wirft die Frage auf nach den Gründen für diese bislang einmalige Diskrepanz in den Entwicklungen bei Elektroautos.
Zunächst zu den Fakten. Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wurden im Februar 2025 insgesamt 203.434 Pkw neu zugelassen – ein Rückgang von 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Maßgebend dafür war ein weiterer Rückgang der Verbrenner-Zulassungen: Benziner erreichten nur noch einen Marktanteil von 28 Prozent, Diesel von 16 Prozent.
Zwar war der Markt für Neuwagen in den ersten Monaten 2025 insgesamt schwach, dagegen stiegen die Neuzulassungen von Elektroautos (BEV), Hybriden (HEV) und Plug-In-Hybriden (PHEV) gegen den Trend deutlich an. Im Februar wurden in Deutschland 31 Prozent mehr BEV verkauft, einschließlich Januar sogar 41 Prozent mehr. Bei PHEV lagen die Zuwachsraten sogar bei +34 Prozent im Februar und bei +29 Prozent einschließlich Vormonat (Quelle: KBA).
Im krassen Gegensatz zur Marktentwicklung bei Elektroautos befanden sich Neuzulassungen von Tesla-Autos in Deutschland im freien Fall. Im Februar 2025 lagen sie um 76,3 Prozent, das heißt mehr als drei Viertel unter dem Niveau des Vorjahres; in den ersten beiden Monaten 2025 wurden insgesamt 70,6 Prozent weniger Tesla verkauft als im Vergleichszeitraum 2024. Damit hat sich die Absatzkrise bei Tesla verschärft. Im Februar wurden in Deutschland weniger als 1429 Tesla neu zugelassen. N-tv spricht schon von dem einzigen Marktführer als „Ladenhüter“ (Gesamter Automarkt schwächelt: Tesla-Verkaufszahlen in Deutschland brechen ein).
Bei einer möglichen Tagesproduktion von 750 Einheiten am Tag und knapp 4000 in der Woche, dürften die Beschäftigungsprobleme der Tesla Gigafactory Grünheide (Brandenburg) erheblich zugenommen haben. Denn Tesla hat nicht nur in Deutschland Probleme, auch auf dem europäischen Markt waren die Verkäufe zuletzt eingebrochen.
Als Beispiel sei hier Norwegen angeführt. Im europäischen Lead-Markt für Elektroautos Norwegen verkaufte Tesla laut dem norwegischen Straßenverkehrsinformationsrat (OFV) in den ersten beiden Monaten des Jahres 2025 insgesamt nur noch 1.606 Fahrzeuge. Dies entspricht einem Rückgang von 44,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, als noch 2.887 Einheiten verkauft wurden. Im Gegensatz dazu nahm der Absatz auf dem norwegischen Automobilmarkt um 46,3 Prozent, der Markt für Elektrofahrzeuge sogar um 53,4 Prozent zu. In Europa insgesamt fiel das Tesla Erfolgsmodel Y fast aus der Liste der TOP 50 heraus.
Als Ursache für den Marktumschwung von Tesla in der Käufergunst werden von Automobilexperten unterschiedliche Gründe angeführt. Als da sind:
- der Wettbewerb hat qualitativ, technologisch und in der Breite des Modellangebots zugenommen, vor allem die deutschen Premium-Hersteller haben aufgeholt;
- die Tesla-Modelle sind in die Jahre gekommen, der martialische Cybertruck ist selbst in den USA kein Erfolg und darf in Europa aus Verkehrssicherheitsgründen bislang nicht verkauft werden;
- in den unteren BEV-Marktsegmenten ist Tesla nicht vertreten;
- Tesla verfügt nur über die BEV-Antriebstechnik, während der Markt inzwischen stark auf Hybridisierung setzt;
- die Servicequalität bezüglich der Erreichbarkeit von Werkstätten für Teslas ist schlecht. Dazu äußerte sich Thor Øivind Jenssen (Professor an der Universität Bergen) in TV2: „Tesla steht auf der Hassliste des norwegischen Automobilverbands NAF und des Verbraucherrats. Es gab viele Probleme mit den Autos, und wenn Kunden sich beschweren, reagiert Tesla oft arrogant und langsam.“
Am schwersten dürfte indessen die Begründung wiegen, Tesla habe inzwischen ein Imageproblem. Aus Norwegen dazu Robert Næss, Chief Investment Officer bei Nordea Asset Management in einem Interview mit dem norwegischen Fernsehsender TV2: „Ich denke, es ist eine Kombination aus der negativen Wahrnehmung von Elon Musk und der Tatsache, dass eine Tesla-Option nicht mehr automatisch die beste Wahl gegenüber anderen Elektroautos ist.“
Nach einer aktuellen Umfrage in der norwegischen Bevölkerung haben „zwei von drei Norwegern eine negativere Einstellung zu Tesla entwickelt“, während nur zwei Prozent ihre Meinung gegenüber dem Unternehmen verbessert haben. Viele verbinden die Marke mit den umstrittenen politischen Aussagen von CEO Elon Musk. In der gleichen Umfrage gaben zudem zahlreiche Befragte an, dass die Marke Tesla inzwischen an Exklusivität und technischem Vorsprung eingebüßt hat.
Bestanden bereits vor Tesla-Chef Elon Musks Eintritt in die Gefolgschaft von Donald Trump latent eine Reihe von negativen Bewertungen gegenüber Tesla, haben seine Aktivitäten bei manchem Kunden vermutlich das berühmte Fass „zum Überlaufen“ gebracht.
Bleibt die Frage, ob Tesla den negativen Trend wieder umkehren kann. Das Unternehmen plant, mit dem inzwischen aktualisierten Model Y „Juniper“ wieder Marktanteile zu gewinnen. Auch wird der Wettbewerb bei Elektroautos, beflügelt durch die chinesische Konkurrenz, von Monat zu Monat stärker.
[advertisement-block provider=“Heft“ location=“posts“]
0 Kommentare