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Datenschutz und Meinungsfreiheit:

Telegram und X knicken ein

24.09.2024

| Lesedauer: 2 Minuten
Im Kampf um den Schutz von Privatsphäre und Meinungsfreiheit im Internet mussten zwei der wichtigsten Plattformen, Telegram und X, einen herben Rückschlag in Kauf nehmen. Beide unterwerfen sich in Zukunft den Auflagen von Behörden und kompromittieren dabei ihre Prinzipien.

Nun ist es also soweit: Zwei der größten Internetplattformen für freie Meinungsäußerung, Pawel Durows Telegram und Elon Musks X, geben nach langen Streitigkeiten den Forderungen von Regierungsbehörden nach. Durow, der vor einigen Wochen in Paris festgenommen wurde, da man ihm vorwirft kriminelle Aktivitäten auf seiner Plattform ungenügend zu bekämpfen, kündigte an, zukünftig mit Behörden zusammenzuarbeiten und diesen auf offizielle Anfrage Telefonnummern und IP-Adressen von Verdächtigen zu übermitteln.

Damit legt Telegram eine bedeutende Kehrtwende hin. Bislang galt die 2013 von Durow gegründete Plattform als eine der datenschutztechnisch sichersten Social-Media-Seiten, deren Verschlüsselung dafür sorgte, dass nur sehr wenige Daten von Nutzern erfasst wurden.

Galt bislang noch die Regel, dass Telegram nur bei Terrorverdacht einschritt, wurde dies nun auf der Verdacht „krimineller Handlungen“ erweitert, so Durow am Montag. Die Änderung solle den Missbrauch der Suchfunktion verhindern, die manche Nutzer „für den Verkauf illegaler Artikel“ genutzt hätten.

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Bereits in den Wochen zuvor wurden mit Hilfe künstlicher Intelligenz „problematische Inhalte“ auf Telegram gelöscht. Zwar betonte Durow, dass Telegram bei offiziellen Anfragen eine rechtliche Bewertung vornehmen würde, dennoch führt diese Änderung der Datenschutz-Richtlinien zu einer deutlichen Einschränkung der bisher gewährleisteten digitalen Privatsphäre auf Telegram.

Der russische Tech-Milliardär Durow wurde Ende August in Frankreich festgenommen, die französische Justiz wirft ihm vor, Telegram ermögliche Drogenhandel, Geldwäsche, Betrug, sowie Vergehen im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch. Vor allem letzterer Vorwurf ruft auch Kritiker auf den Plan, die darauf verweisen, dass Mark Zuckerbergs Instagram ein weithin bekanntes Problem mit „Grooming“ (bewusster Kontaktaufnahme mit Minderjährigen zwecks Herbeiführung sexueller Kontakte) habe, Zuckerberg aber nicht ins Visier der Fahnder gerate, da er sich in Sachen staatlich gewünschter Zensur stets kooperativ gezeigt hat.

Durow kam nach einiger Zeit in Haft auf Kaution frei, darf seitdem Frankreich aber nicht verlassen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die französische Justiz mit dieser ersten Konzession zufrieden gibt.

Auch X gibt im Streit mit Brasilien klein bei

Während Durow persönlich in Frankreich festsitzt, entbrannte in Brasilien ein Privatkrieg zwischen Elon Musk und der brasilianischen Regierung, die den Zugang zum Social-Media-Dienst X kurzerhand sperrte, da X nicht genug zur Bekämpfung sogenannter Desinformation tue. In einer ersten Reaktion bot Elon Musk den Brasilianern Zugang über sein eigenes Satelliten-Internet Starlink an, um somit die Auflagen der brasilianischen Richter zu umgehen. Musk bezeichnete darüber hinaus den verantwortlichen Richter als den „Diktator Brasiliens“.

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Später jedoch ruderte Musk zurück, als der zuständige Richter Alexandre de Moraes mit einer Geldbuße in Höhe von umgerechnet 825.000 € pro Tag für die „vorsätzliche, rechtswidrige und dauerhafte Missachtung“ der Auflagen drohte.

Nun scheint es zu einer Einigung zu kommen, denn laut Berichten der New York Times ernannte X juristische Vertreter in Brasilien, die gelobten, die Auflagen des Obersten Bundesgerichts umzusetzen. Die New York Times vermutet hinter diesem Schritt vor allem geschäftliche Interessen, da in Folge der wochenlangen Sperre viele brasilianische Nutzer mittlerweile zu Konkurrenzplattformen abgewandert sind.

Es ist ein schwarzer Tag für die freie Rede im Internet, wenn gleich zwei der wichtigsten Plattformen für freien Meinungsaustausch sich staatlichen Einschränkungen der Privatsphäre und Meinungsfreiheit unterwerfen müssen. Man darf davon ausgehen, dass dieser Kampf damit aber noch lange nicht beigelegt ist.

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