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Plan der Italiener

„Nicht mehr zeitgemäß“: Umbenennung deutscher Alm-Hütten-Namen in Südtirol

06.07.2025

| Lesedauer: 2 Minuten
Der italienische Alpenverein will seine Berghütten von germanischen Einflüssen befreien. Pünktlich zu den Sommerferien soll in großem Stil umbenannt werden. Die wahren Beweggründe bleiben allerdings im Südtiroler Hochnebel verborgen.

Italien, das sei vorweg gesagt, ist das schönste Land der Welt. Das muss man nicht so sehen, natürlich nicht, aber ich sehe es so. Das Essen, der Wein, die Kultur, die Lebensart, das Klima und – ich als alter, weißer Mann nehme mir die Bemerkung heraus – auch die Frauen haben nicht ohne Grund schon Goethe verzückt.

Manchmal allerdings kommen die Menschen in Bella Italia auf sonderbare Ideen.

Jetzt hat der italienische Alpenverein Südtirol (AVS) so einen Einfall: Er will die traditionellen deutschen Namen zahlreicher Berghütten in Südtirol tilgen. Im 19. Jahrhundert hatten deutsche und österreichische Alpinisten auf den Almen ein paar Dutzend Schutzhütten errichtet. Da gehörte Südtirol noch zum österreichischen Tirol.

Die „Regensburger Hütte“ im Grödner-Tal in den Südtiroler Dolomiten zum Beispiel wurde 1888 vom deutschen und österreichischen Alpenverein errichtet. Bezahlt hat den Bau damals der deutsche Architekt Max Schultze, er war von Beruf Oberbaurat des Regensburger Fürsten von Thurn und Taxis. Daneben gibt es auch noch die „Kasseler Hütte“ aus dem Jahr 1877, die „Magdeburger Hütte“ (1887) sowie die Chemnitzer und die Magdeburger Hütte und ein paar weitere.

Nach der Abspaltung Südtirols und der Annexion durch Italien im Jahr 1919 hatte Rom auch die Hütten beschlagnahmt. Die Namen blieben, als Erinnerung an die Herkunft der Bauherren oder Förderer. Italienische Bezeichnungen wurden lediglich hinzugefügt.

Jetzt will der AVS alle deutschen Namen, nun ja, canceln. Angeblich hätten sie „keinen territorialen Bezug zur Region“. Stattdessen sollen – in einem leicht irritierenden Akt von sprachlichem Nationalismus – ausschließlich nur noch Namen italienischer Regionen verwendet werden. Die „Kasseler Hütte“ zum Beispiel steht 2.278 Meter über dem Meeresspiegel bei Rein in Taufers. Sie soll nun „Hochgallhütte“ heißen. Bei anderen Hütten will man auch auf Namen ohne jeden Bezug zur Region oder zur Geschichte zurückgreifen, es müssen eben nur eindeutig italienische Wörter sein. Da ist der „territoriale Bezug“ dann nicht mehr so wichtig.

Interessanterweise sprechen zwei von drei Südtirolern Deutsch als Muttersprache, nur jeder vierte spricht Italienisch. Auch wirtschaftlich kann das nahezu komplett vom Tourismus abhängige Land auf die Gäste aus Deutschland nicht verzichten, sie machen mit immerhin über 40 Prozent die mit Abstand größte Gruppe aller Urlauber aus.

Da bleibt auch einem Italien-Liebhaber wie mir nichts anderes übrig, als halb amüsiert, halb resigniert den Kopf zu schütteln, mir mit dem Zeigefinger gegen die Stirn zu tippen und den großen gallischen Philosophen Obelix zu zitieren:

Die spinnen, die Römer.

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