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Kein Sprit, kein Brot, kein Frieden

Sri Lanka: Vorgeschmack auf globale Verwerfungen

12.04.2022

| Lesedauer: 2 Minuten
Sri Lanka stürzt wegen Inflation, Kraftstoffpreisen und Hunger ins Chaos. Es ist nur ein Beispiel für die sich verschlimmernde weltweite Krise. Es drohen Verwerfungen wie im Nahen Osten in den Jahren der "Arabellion" - in deutlich größerer Dimension.

Das Menetekel heißt Sri Lanka. Die Insel mit ihren 22 Millionen Einwohnern leidet derzeit unter Hunger, Stromausfällen und einer kollabierenden Infrastruktur. Wenn die Medien über die südostasiatische Insel und die derzeitigen Aufstände berichten, dann führen sie eine Vielzahl an Faktoren auf: Einbruch des Tourismus in der Corona-Pandemie, Korruption und Vetternwirtschaft, Machtspiele zwischen den Großmächten – hier namentlich China und Indien. Doch für welchen Teil der Dritten Welt gelten solche Faktoren nicht?

Fakt ist: wenn in Deutschland Inflation, Energie- und Lebensmittelkrise ein Drittel der Bevölkerung vor die Problematik stellt, dass sie nicht mehr mit ihrem Einkommen zurande kommen, dann bedeutet das für die weniger wohlhabenden Teile der Welt eine Katastrophe. Das Beispiel Syrien zeigt vor der europäischen Haustüre, wohin die Reise hingeht.

https://twitter.com/WallStreetSilv/status/1512620184200171525

Die Bilder aus den Straßen Colombos erinnern nicht zu Unrecht an die der „Arabellion“ dazumal im Nahen Osten. Euphemistisch als „Arabischer Frühling“ in Anlehnung an die großen Revolutionen von 1848 bezeichnet, drängten nicht liberal-demokratische Ideale, sondern die schlechte Versorgungslage die Menschen auf die Straße.

Nach Sri Lanka kündigt sich in Peru, Pakistan und Ägypten ein ähnliches Szenario an

Afrika, Südostasien und der Nahe Osten dürften neuerlich Ausgangspunkt solcher Auseinandersetzungen werden. Bereits jetzt berichten Hilfsorganisationen von Engpässen in Pakistan und Ägypten. Die Lebensmittelpreise erreichen Rekordhöhe. Staatlich subventioniertes Brot, dass den brüchigen Frieden in manchem „failed state“ bewahrt, droht knapp zu werden. Doch es sind auch jene Schwellenländer betroffen, die jahrzehntelang vielleicht nicht in die Nähe westlichen Reichtums kamen, aber eine gewisse Stabilität vorweisen konnten.

https://twitter.com/doxograf/status/1511327512210649090

In Peru liefern sich derzeit Polizei und Aufständische Straßenschlachten. Präsident Pedro Castillo sah sich dazu gezwungen, einen verhängten „Lockdown“, der die Unruhen ersticken sollte, wieder aufzuheben. Die hohe Inflation, kombiniert mit Lebensmittel- und Kraftstoffpreisen heizen die Eskalation an. Eine Anhebung des Mindestlohns und die Senkung der Mineralölsteuer brachte keinen Erfolg. Bereits jetzt befürchten Wirtschaftsexperten, dass die Exporte des Landes zum Erliegen kommen könnte – ob landwirtschaftliche Produkte oder Rohstoffe.

Neue Migrationsströme stehen Europa bevor

Die globalen Verwerfungen haben eine ganze Reihe von Faktoren. Dazu zählt die bereits seit September andauernde Energiekrise, eine Kombination von Missernten und dem laufenden Ukraine-Krieg, das Hortungsverhalten Chinas bei Ressourcen und Lebensmitteln, sowie eine ganze Reihe weiterer komplexer Faktoren. Die steigende Inflation seit Herbst verdeutlicht, dass diese Elemente seit Monaten ihren Schatten vorausgeworfen haben, nun aber einen risikoreichen Mix ergeben.

[inner_post 1] Die Konsequenzen sind für Europa, das seit einem halben Jahr durch zwei wichtige Wahlen (Deutschland und Frankreich), der Spätphase der Corona-Krise und dem Beginn des Ukraine-Kriegs abgelenkt war, bisher kaum vorauszusagen. Sicher dürfte sein, dass die jetzigen wirtschaftlichen Verwerfungen nicht abebben, sondern noch bestärkt werden könnten. Die Zufuhr strategischer Ressourcen der High-Tech-Industrie erfolgt meistens aus Krisenländern. Lithium und Kobalt sind davon nur die prominentesten Beispiele.

Neben den möglichen Importproblemen dürfte der migratorische Aspekt der nächste sein, der Deutschland und Europa in den nächsten Jahren wieder härter treffen dürfte. Hunger und Bürgerkrieg treiben die Abstimmung mit den Füßen voran, mehr noch als die übliche Goldgräberstimmung gewöhnlicher Wirtschaftsmigranten. Dass die osteuropäische Flanke derzeit offensteht, wird zu Szenarien führen, die wir am Beispiel Weißrusslands erlebt haben.

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