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"90 Millionen Menschen in Deutschland"

Scholz verbindet die Mythen von Zuwanderung und Rentensicherheit

13.12.2022

| Lesedauer: 2 Minuten
Der Kanzler wirbt für einfachere Zuwanderungsmöglichkeiten nach Deutschland, schließlich sichere die „Rekorderwerbsquote“ die Rente. Zugleich sollen die Deutschen aber möglichst nicht vor 67 in Rente gehen. Scholz offenbart damit gleichzeitig Renten- und Migrationsmärchen.

Deutschland, ein Land mit rückläufiger Einwohnerzahl? Das war einmal! Hatten noch zu Beginn des Jahrtausends Überlegungen bestanden, welche Vorteile eine schrumpfende Bevölkerung geben könnte, mehren sich mittlerweile immer wieder Argumentationen, warum „mehr“ auch besser ist. Dass ein Land wie San Marino mit seinen rund 35.000 Einwohnern nicht am Hungertuch nagt, ein Land wie Nigeria mit seinen rund 220 Millionen Einwohnern hingegen nicht gerade das Paradies ist, geht dabei – wie so häufig – unter. Die Zeiten, in denen ein „volkreiches Land“ – wie es in der Frühneuzeit mal hieß – gleichbedeutend mit einem reichen Land ist, sind längst vorbei.

[inner_post 1] Statt „Gesundschrumpfung“ und „Small is beautiful“ also mal wieder: Auf die Größe kommt es an. Und so hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz am Wochenende klargemacht, dass er ein Anhänger dieser Theorie ist: „Wir haben weit über 80 Millionen Einwohner, das geht aber weiter hoch“, sagte er am Samstag in Potsdam. „Das Statistische Bundesamt hat […] eine Rechnung vorgelegt, die ganz plausibel ist, dass es weiter gegen 90 Millionen wächst.“ Es gebe zudem eine „Rekorderwerbsquote“.

Natürlich ging es um Zuwanderung. Und die Antwort auf zu viel Zuwanderung lautet in Deutschland bekanntlich seit 2015: noch mehr Zuwanderung. Die Bundesregierung wolle mit der Erleichterung der Fachkräftezuwanderung dafür sorgen, „dass wir den Laden hier am Laufen halten“, heißt es in einer Meldung der Bild-Zeitung.

Bereits an der Stelle kann man sich fragen: Wenn durch die viele Zuwanderung so viele Leute ins Land kommen, dass man zusätzliche Fachkräftezuwanderung braucht – warum beendet man dann nicht die Zuwanderung? Das wäre doch die nach Ockham rasiermesserschärfste Lösung. Ein Schelm, der denkt, dass man nur Fachkräfte ins Land holen könnte. Wäre es da nicht besser, die vor Ort Ausgebildeten kümmerten sich um die schrumpfende autochthone Bevölkerung, statt das Problem nur zu vergrößern?

Dass Scholz mit diesen Worten die bisherige Einwanderungsstrategie als Fass ohne Boden entlarvt, und die vermeintlichen Fachkräfte nie in der Menge gekommen sind, wie es uns die Bundesregierung seit Jahrzehnten vorgaukelt – Erinnerung: Die Partei von Scholz war dabei mit Ausnahme von vier Jahren ständig darin vertreten –, merkt er vermutlich nicht einmal. Denn ein Punkt, der zum Einwanderungsmantra seit Jahren gehört, muss neuerlich abgespult werden: Migranten sichern unsere Rente. Zitat: „Es sieht so aus, dass wir fast bis zum Ende der Legislaturperiode (2025) kommen und keine substanzielle Beitragssteigerungen haben werden“, sagte Scholz.

[inner_post 2] Scholz vereint hier also gleich zwei Mythen: erstens, dass die Rente sicher sei; und zweitens, dass diese von Zuwanderern erwirtschaftet würde. Dabei gibt es jedoch einen kleinen Schönheitsfehler. Nur einen Tag darauf, am 11. Dezember, sagt der Kanzler der schlechten Erinnerung, dass es zu viele Frührentner gebe. Zitat aus der Tagesschau: „Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können. Das fällt vielen heute schwer.“ Heißt: Der Kanzler wünscht sich, dass die Deutschen so lange wie möglich arbeiten. Wie aber geht es zusammen, dass einerseits der Bevölkerungszuwachs die Rente stabil hält, aber andererseits die Deutschen bis 67 arbeiten müssen?

Die Antworten darauf könnten die Bevölkerung verunsichern. Bevölkerung ist ein gutes Stichwort: Denn wenn man sich daran erinnert, dass Deutschland nach älteren Darstellungen auf 60 Millionen Einwohner zur Mitte des Jahrhunderts abrutschen dürfte, kann man sich vorstellen, was eine Bevölkerungszahl von 90 Millionen bedeutet.

90 Millionen „Deutsche“ – das erinnert fast an das Ziel der französischen Regierungen der Vergangenheit, angesichts von Überalterung und niedriger Geburtenrate eine Nation von 100 Millionen Franzosen zu werden, und zwar durch koloniale Eroberung, Einwanderung und Assimilation. Wie diese hehren Pläne ausgegangen sind, kann man heute in den Pariser Banlieues besichtigen.

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