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Vorwurf der sexuellen Belästigung

Auch freigesprochen bleibt der Schauspieler Kevin Spacey erledigt

21.10.2022

| Lesedauer: 2 Minuten
Kevin Spacey war einmal sehr angesagt. Dann kommt 2017 der Vorwurf der sexuellen Nötigung. Aktivisten und Journalisten vollziehen das Urteil auf Twitter unmittelbar. Nun hat ein Gericht den Schauspieler freigesprochen – doch seine Karriere wird das nicht wiederherstellen.

Kevin Spacey ist erfolgreich. Der große Durchbruch gelingt ihm 1988 mit „Die Waffen der Frau“. Es folgen Hits wie „Die üblichen Verdächtigen“, „Sieben“ oder „Männer, die auf Ziegen starren“. Und dem Hollywood-Star gelingt es, sich ins Internet-Zeitalter zu retten, ist Hauptdarsteller der beliebten Netflix-Serie „House of Cards“. Doch die Produktion wirft 2017 ihren Star raus.

Spacey outet sich als homosexuell. Doch das ist da schon lange kein Problem mehr im amerikanischen Filmgeschäft. Der Schauspieler outet sich, nachdem ihn ein anderer Darsteller öffentlich bezichtigt hat, ihn rund 30 Jahre zuvor als Minderjährigen sexuell belästigt zu haben. Die Vorwürfe kommen genau zu der Zeit auf, in der die „#MeToo“-Debatte an Fahrt aufnimmt.

[inner_post 1] Die Schauspielerinnen wehren sich aus gutem Grund gegen sexuelle Ausbeutung in Hollywood. Das ist in der männlich geprägten Hierarchie des amerikanischen Filmgeschäfts ein Missstand. Ein Gericht verurteilt den mächtigen Produzenten Harvey Weinstein deswegen später zu einer langjährigen Gefängnisstrafe. Doch viele „#MeToo“-Aktivisten sind nicht bereit, die Urteile der Gerichte abzuwarten.

Die Bewegung geht dazu über, Staatsanwalt, Richter und Vollzugsbeamter in einer Einheit spielen zu wollen. Wem Vorwürfe gemacht werden, der ist auch schuldig. Medien spielen das Spiel mit. Nur wenige erinnern an die Unschuldsvermutung als wichtiges Prinzip in einem Rechtsstaat. Wer es doch tut, gegen den geht die Bewegung genauso hart vor wie gegen die Verdächtigen selbst: Die Mahner akzeptierten sexuelle Gewalt, sie förderten sexuelle Gewalt, heißt der böse Vorwurf. Wie so oft bei radikalen Bewegungen ducken sich die Nicht-Beteiligten forthin feige weg.

Wer einem Vorwurf ausgesetzt ist, dessen Karriere ist erledigt. So wie die von Kevin Spacey. Netflix wirft ihn raus, fertig produzierte Filme floppen, Fernsehsender überlegen, seine alten Werke aus dem Programm zu nehmen. Spacey kann nur noch in Kurzfilmen auftreten, kommerziell wertlose Kunstprojekte. Nun ist sein Fall vor ein Gericht gekommen. In einem Zivil-Prozess. Das Gericht hat Spacey freigesprochen. Und angesichts des Prozessverlaufs stellt sich danach die Frage, wie es angesichts der Sachlage zu der Treibjagd gegen den Beschuldigten kommen konnte.

Die Widersprüche, die zum Freispruch führen, sind leicht zu verstehen: Der Ankläger schildert, der Übergriff sei in einem Nebenzimmer von Spaceys damaligem Appartement passiert. Das hat keine Nebenzimmer. Er schildert eine Szene, wie sie exakt so in einem Theaterstück vorkommt – in dessen Inszenierung der Ankläger mitgespielt hat. Für Juristen war der Freispruch daher absehbar. Für die Aktivisten-Journalisten-Blase von „#MeToo“ war das kein Grund, Vorsicht gegenüber Spacey walten zu lassen – geschweige denn die Unschuldsvermutung.

Spacey ist freigesprochen. Im Zivilprozess. Ein weiterer Strafprozess ist angesichts der Beweislage eher unwahrscheinlich. Es ließe sich darüber nachdenken, ob der dann nicht sogar im Sinne des Schauspielers wäre. Aber für seine Karriere ist das eigentlich egal. Über diese hat „#MeToo“ die Klage erhoben, das Urteil gesprochen und dann auch selbst vollzogen.

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