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Die Deutschen, die Juden und ihre Feinde

Schamlos durch die Nacht

04.02.2025

| Lesedauer: 3 Minuten
Heiko Maas ist angeblich „wegen Auschwitz“ in die Politik gegangen. Joschka Fischer rief Auschwitz an, um deutsches Engagement im Kosovo zu rechtfertigen. Scholz und Habeck inszenieren sich in Auschwitz. Doch wenn auf deutschen Straßen Horden brüllender Judenhasser ihre Vernichtungswünsche kundtun, lässt man sie gewähren.

Deutschland hat bis Ende des vergangenen Jahres 1.625 Personen „aus den palästinensischen Gebieten“ aufgenommen, vor und nach dem Überfall der Hamas im Oktober 2023 auf Israel. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine schriftliche Frage der AfD-Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch hervor. Von Storch wollte zudem wissen, bei wie vielen Migranten aus dem Gaza-Streifen bzw. dem Westjordanland ein Terror- oder Extremismusverdacht bestehe. Die Antwort aus dem Innenministerium: „Eine statistische Erfassung von im Sinne der Fragestellung eingereisten Personen, bei denen ein Terrorismus- bzw. Extremismusverdacht besteht, erfolgt nicht.“ Wir wollen doch keinen Generalverdacht pflegen! Ich schon.

Warum glaubte man eigentlich, Palästinenser in Deutschland aufnehmen zu müssen? Weil sie die Hamas gewählt haben? Weil sie sich am 7. Oktober 2023 übers Morden und Vergewaltigen so gefreut haben? Weil sie die jetzt gnädig frei gelassenen Geiseln am liebsten gelyncht hätten?

Weil so viel gute Laune auf unseren Straßen herrscht, wenn eine Demonstration von brüllenden und klatschenden Judenfeinden („Wir sind Antizionisten“) wie etwa in Essen, auf eine Anti-Nazi-Demonstration trifft? Die Pali-Demo hat (polizeigeschützt) Vorfahrt und die Anti-Nazis gucken ein wenig eingeschüchtert, so viel gut eingespielte Leidenschaft haben sie nicht zur Verfügung. Vielleicht sind sie nicht blutrünstig genug. Passender Kommentar: „Wenn sich zwei Demos kreuzen, sind das dann Kreuzzüge?“

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Ach, die Deutschen, die Juden und ihre Feinde. Dabei haben doch jüngst Olaf Scholz und Robert Habeck, pilgernd nach Polen, zum 80. Jahrestag der Öffnung des Lagers Auschwitz durch die Rote Armee, demonstriert, wie man es richtig macht, wenn es um die Juden geht. Also die toten Juden. Da lässt sich Robert Habeck fotografieren, wie er die Lagerstraße von Auschwitz entlanggeht, voller Ergriffenheit über sich selbst.

Und Olaf Scholz steht sinnend vor einem Ofen, als ob da ein Altar wäre. Hier wurden sie also kremiert, die Leichen, nicht nur, aber vor allem der Juden. Da muss man schon mal Betroffenheit zeigen. Auch wenn das eher nach Betroffenheitsporno aussieht.

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Vertreter Israels oder Russlands waren zur Zeremonie nicht eingeladen. Als ob es die beiden Länder nichts anginge. Waren nicht Juden die Opfer und Russen die „Befreier“?

Ach was. Auschwitz gehört uns bzw. unseren Außenministern. Außenminister Heiko Maas bekannte einst, er sei „wegen Auschwitz“ in die Politik gegangen. Ein anderer Außenminister, Joschka Fischer, rief Auschwitz an, um deutsches Engagement im Kosovo zu rechtfertigen.

Die zelebrierte Betroffenheit verdeckt nur notdürftig, dass hier Stolz mitschwingt: Seht her, wir anerkennen unsere Schuld und übernehmen Verantwortung. Jedenfalls theoretisch. Also für die Toten. Praktisch achten wir darauf, dass zu viel Solidarität mit lebenden Juden nicht die vom Islam geprägten Judenhasser (hier wie dort) verprellt. Ansonsten sind wir das Land der unbegrenzten Meinungsfreiheit, deshalb dürfen auf unseren Straßen auch Horden von brüllenden Judenhassern ihre Vernichtungswünsche kundtun. Alles andere wäre ja „Islamophobie“ und damit Volksverhetzung. Meinungsfreiheit eben. Nur „rechts“ soll man die Klappe halten.

Waffenlieferungen an Israel nach dem Angriff der Hamas im Oktober 2023 – zur Erinnerung: das ist ein Land, in dem Juden leben – wurden monatelang von den grünen Ministern in der Bundesregierung blockiert. Trotz der rituell beschworenen „besonderen Verantwortung“ für Israel, zu der sich übrigens auch Personen, die deutsche Staatsbürger werden wollen, bekennen müssen. Ob das jemandem glaubhaft gelingen kann, der aus einer Kultur kommt, zu der Judenhass gehört?
Na, das passt doch.

Auch, was Völkermord betrifft, lassen wir uns von niemandem überbieten. Hunderttausende Armenier, bis zu eineinhalb Millionen, hingeschlachtet im Osmanischen Reich unter der Regierung der Jungtürken. Die gezielte Tötung bei Todesmärschen und Massakern in den Jahren 1915/16 wird heute von den meisten Historikern als Völkermord bezeichnet. In Deutschland hat man sich erst 2016 bequemt, das auch so zu nennen – allerdings mit der Einschränkung, dass man die Türkei damit nicht auf die Anklagebank setzen wolle. Schließlich habe es eine Mitverantwortung des Deutschen Reiches gegeben, das als damaliger militärischer Hauptverbündeter des Osmanischen Reiches die Verbrechen nicht gestoppt habe.

Na bitte! Da sind wir wieder. Der Philosoph Hermann Lübbe prägte 2007 das Wort vom „deutschen Sündenstolz“: „Den Holocaust soll uns erst einmal einer nachmachen! Seine Bewältigung auch!“
Und weil wir alles so schön bewältigt haben, laden wir uns Judenhasser ins Land.

Der deutsche Schuldstolz trägt Züge von Größenwahn. Und immer dabei: die Instrumentalisierung von Auschwitz. Das wird von Jahr zu Jahr widerwärtiger.


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