Die Sendung Maischberger ist oft wie der Tag in der Kantine, an dem alle Reste zusammengekehrt, in den großen Topf geworfen, aufgewärmt und lustlos serviert werden: China, Ukraine, Einwanderung oder Energiepolitik. Spannend ist das auch deswegen nicht, weil Journalisten an Maischbergers Tisch das Aufgewärmte wiederkäuen. Die bei Maischberger übliche Zeit-Grüne fehlt dieses Mal zwar, dafür ist ein Regierungsversteher von der ARD da. Vassili Golod findet, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe sich in Katar nicht unterwürfig verhalten und müsse in der Politik immer die Fehler der anderen ausbügeln.
[inner_post 1] 53 öde Minuten vergehen so, bis endlich Alice Schwarzer auftritt. Selbst die „One-Love-Binde“, die mittlerweile sogar von der Nationalelf weggeworfen wurde, stinkt noch nicht genug, als dass sie bei Maischberger nicht nochmal auf dem Teller landet. Gut 20 Minuten bleiben jetzt noch für über 50 Jahre Feminismus. Mitternacht ist längst durch. Wenn Maischberger einen Ratgeber herausgeben wollte, dann läge „Wie verheize ich einen interessanten Gast“ nahe. Zumal Schwarzer zeigt, dass sie mit ihren 80 Jahren immer noch gut mithalten kann. Die ersten Minuten des Gesprächs zeigen, dass Maischberger durchaus eine interessante Show hätte bieten können.
Nur: Alice Schwarzer. Über 50 Jahre Feminismus. Da will Maischberger natürlich mit ihr über den Ukraine-Krieg reden. Gut so. Das Thema kam in den vergangenen acht Monaten nun wirklich zu kurz. Jetzt sieht die 68er-bewegte Schwarzer den Krieg aus der Sicht einer Frauenrechtlerin und auch aus der Sicht einer Pazifistin. Sie dringt darauf, dass der Krieg ende. Deshalb solle Deutschland keine Waffen liefern. Die „Bilder des Grauens“ und die „verbrannte Erde“ seien unerträglich. Waffen verlängerten dies, denn gegen Russland könne man Schlachten gewinnen, aber nicht den Krieg.
[inner_post 2] Das ist nicht die offizielle Position. Für die aber ist Golod der Experte. Den holt Maischberger ins Gespräch. Als ob die Zuschauer nicht einer der schillerndsten Gäste der bundesrepublikanischen Geschichte sehen wollten, sondern einen WDR-Mann, der Robert Habeck gut findet. Doch um den Zuschauer geht es nicht, sondern um die offizielle Position. Und da liefert der WDR-Mann zuverlässig wie ein Musterschüler beim Tragen der Lehrertasche. Unter „Bereich der Verschwörungsmythen“ macht der es nicht. Schwarzer hatte darauf hingewiesen, dass die USA eine Rolle in dem Krieg übernehmen. Die Amerikaner hätten damit erstmal nichts zu tun, sagt der Mann, der Robert Habeck gut findet. Von den gut 20 Minuten ist ein Viertel weg.
Einige Minuten hat Maischberger jetzt noch, um das komplexe und sensible Thema Transrechte aufzumachen, dranzuhängen und durchzuhecheln. Das reicht gerade mal für Schwarzer, grundsätzliche Sympathien für die Rechte auszudrücken, aber auch auf Probleme hinzuweisen. Etwa wenn 14-Jährige aufs Amt gehen könnten, um ihr Geschlecht zu wechseln. Sie wolle diese Gesetzesinitiative der Bundesregierung zusammen mit anderen noch verhindern. „Noch eine Sendung, die wir unbedingt machen müssen“, unterbricht Maischberger. Worte einer Moderatorin, die gerade einen interessanten Gast verheizt hat.
An diesem Mittwoch geht die Schwarzer-Woche weiter. Auf ARD-Niveau: Ein stark von Revolutionskitsch geprägter Zweiteiler (20.15 Uhr) über die erste Liebe der Frauenrechtlerin zu einem Franzosen ist zu sehen. Zusammen kommen die Teile auf drei Stunden Spielzeit. Davor ist Schwarzer mit ihrer Hauptdarstellerin Nina Gummich in der Abendspielshow „Wer weiß denn sowas?“ (18 Uhr). Ab 23.50 Uhr läuft dann die Dokumentation „Die Streitbare – Wer hat Angst vor Alice Schwarzer?“. Die Terminansetzungen eröffnen dem Senderverbund einen neuen Slogan: „ARD, spannend werden wir bestenfalls nach Mitternacht“.
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