<
>
Mainstream bleibt Mainstream

Merz und Trump: Wahlbetrug und Vertrauensbruch

08.03.2025

| Lesedauer: 3 Minuten
Eine neue Weltordnung, doch alte Fehler: Schuldenexzesse, politische Wankelmütigkeit und naive Hoffnungen auf Diplomatie prägen das Bild. Skepsis ist gefragt – gegenüber Merz, Trump, Putin und all den Illusionen, die uns in die Krise führten.

Eine neue Weltordnung verlangt auch eine neue Ordnung der Gedanken. Damit tun sich alle schwer. Es gibt mehr offene Fragen als Antworten. Vielleicht sollten wir uns erst einmal mit Skepsis wappnen gegen all die vermeintlichen neuen Gewissheiten, mit denen Politiker und „Experten“ die Talkshows füllen.

I.

Mainstream bleibt Mainstream. Schon toll, wie insgesamt kritiklos die Medien, die erst Merkel, dann der Ampel nach dem Munde redeten, jetzt die Schuldenorgie von Schwarz-Rot als ökonomisch und staatspolitisch vernünftig verklären.

II.

Nichts gegen das gesalzene Merz-Bashing. Er hat es verdient. Bei Rechtsanwälten, die mit ihm früher zu tun hatten, gilt er als „Quitter“, einer, der in Verhandlungen schnell auf- und nachgibt. Das bestätigt sich jetzt in der Politik. Aus Wankelmut wird Wahlbetrug. Merz hat die Wahlen gewonnen, die SPD dramatisch verloren. Aber der Maulheld Merz unterwirft sich den Besiegten. Es gelingt ihm das Kunststück, als Kanzler schon zu scheitern, ehe er überhaupt im Amt ist. Das ist absurd. Der alte Bundestag soll ihm die Kohlen aus dem Feuer holen, an denen er sich verbrannt hat. Vergessen scheint die Notwendigkeit, den Staat zurückzuschneiden. Ein Blankoscheck fürs Militär kann die Versäumnisse der Vergangenheit nicht wettmachen. Jedenfalls nicht schnell genug.

Verteidigungsfähigkeit ist auch nicht käuflich, da gehört mehr dazu. Zum Beispiel Soldaten. Das ist das eine, noch halbwegs nachvollziehbar. Das andere ist unverzeihlich: Noch einmal eine halbe Billiarde Sonderschulden für Aufgaben, die zum Kern des regulären Haushalts zählen. Es ist immer wieder der gleiche verheerende Fehler. So war es mit der Währungsunion in der DDR (Kohls Stimmenkauf), so war es mit dem Euro und der anschließenden Eurokrise („Scheitert der Euro, scheitert Europa“ behauptete fälschlich die alternativlose Merkel). Der Primat der Politik schlägt die ökonomische Vernunft.

III.

Das vermeintliche Totschlagargument hat einen Namen: Trump. Seine „Freundschaft“ ist nicht unverbrüchlich. Sein Vertrauensbruch ein Schlag ins Kontor des Westens. Aber neu oder gar überraschend ist er nicht. Dummerweise handelt Trump so wie er redet (im Gegensatz zu Merz) – aber auch er wird seine Grenzen zu spüren bekommen. Die USA klappen den Schutzschirm über Europa mit Aplomb ein. Aber darf der Showdown im Oval Office am 28. Februar die Wahl vom 23. Februar quasi bedeutungslos machen? Trump ist nicht das Ende des atlantischen Bündnisses. Warum ist der Schock über Trumps Sitten so überaus groß? Weil in Old Europe seit Jahrhunderten diplomatische Formen gewahrt werden. Trump ist – nicht nur, aber auch – ein kulturelles Phänomen. Man wird sich daran gewöhnen.

IV.

Das ist keine Rechtfertigung seiner Politik. Trump schadet unserem Land. Die in alternativen Medien grassierende Trumpomanie war schon immer lächerlich, jetzt wird sie zur Blindheit. Weil Disruption kein Selbstzweck sein darf. Wer Altes zerstört – ob Bündnisse oder nur Umgangsformen – muss auch Neues anbieten. Trump hat Erfolg, finden seine Bewunderer. Aussicht auf Frieden in der Ukraine – wer fragt da noch nach dem Preis? Und nach den Folgen? Trump tut alles, den faschistischen Diktator Putin auf der Weltbühne zu rehabilitieren. Das ist unverzeihlich. Genauso kurzsichtig scheint es, der Ukraine bedingungslos beizustehen. Dazu zählt das Versprechen, die Ukraine in die EU aufzunehmen. Hat noch irgendjemand alle Gurken im Glas? Das kann doch nur wünschen, wer die EU zerstören will.

V.

Es wäre also nicht verkehrt, Trump so skeptisch zu sehen wie Merz. Man muss vor allem unterscheiden: Trumps Rolle im Kulturkampf gegen Wokeness und Klimawahn ist das eine, etwas anderes seine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem, was einmal der Westen gewesen ist. Es scheint, als rechne er alles, was auf der Welt geschieht, in Dollars ab. Während die deutsche Außenpolitik alles in der Kryptowährung Moral anschreiben lässt. Wie wäre es mit der Kategorie „Interessen“? Es gibt nicht nur materielle Interessen. Hat der egomanische Nationalist dafür überhaupt ein Gespür? Ging es dem großen Dealmaker jemals um etwas anderes als um Trump first? Gemeinsame Interessen mit Freunden und Feinden zu definieren, wäre nun die Aufgabe von Politik und Diplomatie.

VI.

Skepsis ist aber auch gegenüber der Ukraine und Selenskyj angebracht, dessen Heldenstatus wankt. Wie peinlich, das „Kostüm“ des gelernten Schauspielers zu thematisieren (was Trump getan hat). Faszinierend ist, wie viel Herablassung er sich nun gefallen lässt, um seine Haut zu retten. Seine Demut gegenüber Showmaster Trump wird ihn aber nicht retten.

VII.

Sind Trump und Putin Instrumente eines neuen Weltgeistes, für den die alten Werte nichts mehr zählen? Die neue Weltordnung entsteht jedenfalls auf dem einsackenden Boden einer gewaltigen Illusion. Von ihr waren die Deutschen besonders stark erfasst. Kein Wunder. Sie verdanken dem Ende des Kalten Kriegs die Wiedervereinigung und der danach explodierenden Globalisierung einen Wirtschaftsboom. Sie kassierten die „Friedensdividende“ und glaubten an ewigen Frieden. Das Wort „Weltinnenpolitik“ ging ihnen geschmeidig von den Lippen. Erinnern wir uns an all die Traumtänzereien vom arabischen Frühling bis zur Demokratisierung Russlands (die Gorbi-Gorbi-Rufe sind noch kaum verhallt)! Die Gefahren neuer Abhängigkeiten (vom chinesischen Markt, vom Energielieferanten Russlands, von den Milliardären des Silicon Valley) wurden fahrlässig verdrängt. Deshalb hat es die EU weder geschafft, für innere (Migration) noch für äußere Sicherheit zu sorgen. Panische Angst vor Putin und Trump ersetzt aber keine realistische Strategie.


Unterstützen Sie unabhängigen Journalismus

Ihre Unterstützung hilft uns, weiterhin kritisch zu berichten.

Einmalig unterstützen

Monatlich unterstützen

Jährlich unterstützen

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken