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Laudatio auf Gewerkschaftschef Hoffmann

Angela Merkel verhöhnt schon wieder ihre eigene Partei

18.05.2022

| Lesedauer: 2 Minuten
Die Ex-Kanzlerin hat sich lange rar gemacht, für ein Abendessen mit Friedrich Merz hatte sie keine Zeit. Nun tritt sie demnächst öffentlich auf. Und zwar dort, wo man für ihre (?) Partei nicht besonders viel übrig hat, beim Deutschen Gewerkschaftsbund.

Sie tut es schon wieder. Angela Merkel, 18 Jahre lang CDU-Bundesvorsitzende, 16 Jahre lang Bundeskanzlerin, verhöhnt aus dem politischen Ruhestand heraus erneut ihre eigene Partei. Nachdem sie im Januar schon eine Einladung zum Abendessen mit ihrem alten Rivalen und neuen CDU-Chef Friedrich Merz absagte, sorgt sie nun für den nächsten Affront: Der erste größere öffentliche Auftritt als Ex-Kanzlerin wird eine Lob-Rede für den gerade ausgeschiedenen Ex-DGB-Chef Reiner Hoffmann am 1. Juni sein, wie der Spiegel herausfand. 

Klar, formal ist daran nichts auszusetzen. Merkel und Hoffmann hatten jahrelang oft miteinander zu tun, der Chefgewerkschafter war zum Beispiel Teilnehmer des „Sozialdialogs“ der Merkel-Kabinette auf Schloss Meseberg. Aber gerade weil sich Merkel in den vergangenen Monaten als Ruheständlerin erstaunlich rar gemacht hatte, keine Zeit für Merz und nur wenige Pressestellen-Worte zu ihrer Russland-Politik übrig hatte (die ihr zugetanen Medien ließen sie auch großzügig in Ruhe, allein die Boulevardpresse erinnerte mit Urlaubsfotos an Merkel), ist die Wahl des ersten größeren Termins auffällig. Es ist eben kein CDU-Termin und auch keiner in einem unionsnahen Umfeld – sondern bei einer Organisation und zu Ehren eines Mannes, die beide nicht gerade als innige Freunde der Union hervorstechen.

Merkel signalisiert damit im Nachhinein, was sie schon in zunehmender Weise als Kanzlerin praktizierte: Die CDU war nie ihre politische Heimat, sondern ein Vehikel des Aufstiegs zur Macht, die sie in überparteilicher Weise praktizierte. Nicht zuletzt dadurch, dass sie eine CDU-Position nach der anderen den sozialdemokratischen Koalitionären und den umschmeichelten Grünen zu Füßen legte.

Wie sie zu ihrer eigenen Partei steht, der sie nie aktiv, sondern durch Übernahme des „Demokratischen Aufbruchs“ in die CDU 1990 automatisch beitrat, blitzte schon in ihren letzten Monaten als Kanzlerin durch. Als ein Journalist sie fragte, wie sie den Wahlabend 2021 verbringen werde, sagte sie: „Hab’ ich mir jetzt noch keine Gedanken gemacht, aber ich werd’ schon Verbindung zu, eh, der Partei haben, die mir nahe…, eh, deren Mitglied ich bin…“ Schnell bemerkte sie am Gelächter, was ihr da durchgerutscht war, und sie korrigierte lächelnd: „Also, sie steht mir nahe und ich bin ihr Mitglied. Also ein doppeltes Bekenntnis“. Schon bezeichnend, auch der Nachsatz. 

Merkel hinterlässt allerdings auch eine CDU, in der es nach ihren 18 Jahren als Vorsitzende und 16 Jahren als Kanzlerin nicht mehr viel politische Programmatik gibt, zu der sich nicht auch ein DGB-Chef bekennen könnte. Insofern: Passt schon.    

 

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