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Riskanter Schritt

Macron reagiert auf islamistischen Druck und will Palästina-„Staat“ anerkennen

25.07.2025

| Lesedauer: 3 Minuten
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, den Staat Palästina offiziell anzuerkennen. Damit ist Frankreich das erste westliche Land mit einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat, das diesen Schritt geht – und rückt von der bisherigen Linie seiner westlichen Partner ab. Der diplomatische Vorstoß zeigt den Druck der islamistischen Wähler Frankreichs.

„Frankreich wird Palästina anerkennen – als Teil unseres dauerhaften Einsatzes für Frieden im Nahen Osten“, erklärte Macron. Die offizielle Verkündung soll im Rahmen der UN-Generalversammlung im September erfolgen. Beobachter werten die Entscheidung als historischen Einschnitt, der das Gleichgewicht innerhalb der westlichen Staatengemeinschaft verändert. Macron reagiert auf den Druck der arabisch-islamischen Zuwanderungsgesellschaft in Frankreich und versucht bei dieser Wählergruppe zu punkten. Es ist ein Ausdruck der Unterwerfung des linken Lagers in Frankreich unter diese Bevölkerungsgruppe.

Durch Macrons Vorpreschen wächst der Druck auf Länder wie Deutschland, Großbritannien und die USA, die weiterhin an der Formel festhalten, dass eine Anerkennung Palästinas erst am Ende eines Friedensprozesses erfolgen solle. Frankreich setzt nun auf das entgegengesetzte Modell: die Anerkennung als Startpunkt eines neuen diplomatischen Anlaufs.

Dieser Schritt vertieft zugleich die Gräben in der europäischen Nahostpolitik. Eine gemeinsame Linie zwischen Paris und Berlin wird künftig noch schwerer zu finden sein. Und innerhalb Deutschlands dürften die Stimmen, die sich ebenfalls für eine Anerkennung Palästinas aussprechen, weiter an Gewicht gewinnen.

Symbolischer Schritt mit unklarer Wirkung

Mit der französischen Entscheidung steigt die Zahl der UN-Mitgliedstaaten, die Palästina anerkennen, auf 148 (von 193). Damit erhält die palästinensische Seite zusätzlichen Rückhalt im internationalen Rechtssystem, etwa vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) oder dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC). Doch ob dieser diplomatische Zugewinn einen konkreten Beitrag zum Frieden zwischen Israel und den Palästinensern leisten kann, bleibt offen.

Denn die Realität vor Ort spricht eine andere Sprache: Die Zweistaatenlösung, einst Kernstück der Oslo-Verträge, erscheint heute weiter entfernt denn je. Israelische Siedlungen zerschneiden die geografische Grundlage eines palästinensischen Staates, während die Palästinensische Autonomiebehörde unter Mahmud Abbas kaum noch Legitimation in der eigenen Bevölkerung genießt. Der terroristische Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 sowie Israels Militäreinsatz in Gaza haben das Vertrauen zwischen beiden Seiten auf einen historischen Tiefpunkt sinken lassen.

Israel reagiert reserviert

In Israel stößt Macrons Ankündigung auf Ablehnung. Die Regierung in Jerusalem warnt davor, dass eine einseitige Anerkennung die Chancen auf einen ausgehandelten Frieden untergrabe. Auch mehren sich in der israelischen Politik Stimmen, die sich offen gegen internationale Gremien wie die UN positionieren, denen sie Einseitigkeit gegenüber Israel vorwerfen.

Gleichzeitig scheint Macron mit seinem Schritt auch ein strategisches Signal zu senden. In einem veröffentlichten Schreiben an Palästinenserpräsident Abbas kündigt er ein Gipfeltreffen im Rahmen der UN-Generalversammlung an – gemeinsam mit Saudi-Arabien. Ziel sei es, eine Koalition von Staaten zu formieren, die aktiv an einer Zweistaatenlösung arbeiten.

Damit öffnet Macron indirekt eine Tür: Sollte Israel sich in Richtung einer Zweistaatenlösung bewegen und Palästina ebenfalls anerkennen, könnte dies den Weg freimachen für ein historisches Abkommen mit Saudi-Arabien – ein Ziel, das Premierminister Benjamin Netanjahu immer wieder anstrebt. Der Schulterschluss mit der islamischen Führungsmacht wäre für Israel ein geopolitischer Meilenstein.

Uneinigkeit im Westen

Trotz dieser langfristigen Überlegungen bleibt der Schritt riskant. Frankreich hat sich mit seiner Entscheidung innerhalb des westlichen Lagers außenpolitisch isoliert. Doch Macron scheint das bewusst in Kauf zu nehmen, damit sein Land eine neue Führungsrolle in der Nahostpolitik übernimmt – auch auf die Gefahr hin, dabei Spannungen mit engsten Partnern zu provozieren.

Vor allen Dingen ist er aber innenpolitisch motiviert. Macron hofft auf islamistisch geprägte Wähler, um sich so gegen die Herausforderer vom „Front National“ zu wehren. Die Partei von Marine Le Pen, deren Kandidatur zum Präsidentenamt mit fragwürdigen Mitteln verhindert wurde, gewinnt in Umfragen immer weiter an Boden.

Macrons aktuelle Politik klingt wie der Vollzug der düsteren Entwicklung, die im Roman „Unterwerfung“ von Houllebecq geschildert wird: Frankreich als Kalifat von Gnaden Saudi-Arabiens.


 

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