<
>
Kein Ausbau des Finanzministeriums

Lindner spart, Scholz protzt

21.03.2023

| Lesedauer: 2 Minuten
Mit seiner Ankündigung, den Ausbau seines Ministeriums zu prüfen, wirft Christian Lindner die Frage auf: Warum ist eine solche „Bescheidenheit“ beim Bundesfinanzministerium möglich, aber nicht beim 777 Millionen teuren Bundeskanzleramt?

Christian Lindner setzt den Kanzler unter Druck. So und nicht anders muss man die Ankündigung des Bundesfinanzministers deuten. Der FDP-Parteichef will prüfen lassen, ob ein Erweiterungsbau für das Finanzministerium wirklich nötig ist – und verweist auf die Möglichkeit, stattdessen Wohnraum zu schaffen. Das ist ein Signal in Richtung verpatzter Berliner Wohnungspolitik und der Verschwendungspolitik im Bund. „Wir müssen raus aus den Schulden. Dazu überdenke ich auch wünschenswerte, aber nicht notwendige Vorhaben“, sagt Lindner gegenüber der Bild-Zeitung.

[inner_post] Man sollte das nicht als bloßes parteipolitisches Manöver abtun. Wenn Lindner davon spricht, dass es bereits 65 Prozent „ortsflexibles Arbeiten“ im Finanzministerium gebe, dann ist das eine Ansage. Immer mehr Bürofläche, immer größere Ministerien, immer aufgeblasenere Bürokratie: Über Jahre behauptete die jeweilige Bundesregierung, dass das alles gar nicht anders möglich sei. Dass Videokonferenzen, Homeoffice und Digitalisierung Auswirkungen auf die Arbeitswelt haben, das negierte die Exekutive bis dato zumindest implizit.

Die Causa Finanzministerium ist in Wirklichkeit eine Causa Bundeskanzleramt. Denn der Protzbau an der Spree mit seinen Kosten von mittlerweile 777 Millionen Euro gerät in Zeiten von Inflation, Energiekrise und Finanztaumel wieder in den Fokus. Während ein beträchtlicher Teil des Volkes schaut, wie es bis zum Monatsende durchhält, verspricht der Bundeskanzler neue Wirtschaftswunder und zeichnet für den Bau der größten Regierungszentrale der Welt verantwortlich.

Freilich: Der Plan des Bundeskanzleramts stammt noch aus der Ära Merkel. Das trifft aber auch auf die Pläne zur Erweiterung des Finanzministeriums zu. Lindner zeigt, dass es keine Zwänge gibt. Pläne ändern sich. Und Zurückstecken ist möglich, in prekären Lagen sogar notwendig. Offenbar ist der Ausbau des Kanzleramtes nicht zuvorderst mit tatsächlichen Nöten, denn anderen Zwecken verbunden.

Seit Jahren argumentieren die Apologeten des Kanzlerbaus damit, dass es zu wenig Platz für die Mitarbeiter gebe. Ein Behördenprojekt, in dem jeder ein eigenes Büro braucht wie in den 1980ern. Statt sich der Moderne zu öffnen, schwelgt man in Prestigevorstellungen der 80er. „Small is beautiful“ stand seit jeher unter Verdacht.

Stattdessen breitet die Bundesregierung das Kanzleramt weiter nach hinten aus. Nach vorne kann es schließlich nicht. Nicht nur, weil man ein Problem mit der Zukunft hat, sondern auch, weil eine Bebauung des Spreebogens zu sehr daran erinnern könnte, wer sich hier bereits einmal mit Kolossalbauten verewigen wollte. Dagegen hat man im Finanzministerium, das im ehemaligen Reichsluftfahrtministerium residiert, offenbar gelernt.

[advertisement-block provider=“Heft“ location=“posts“]

Unterstützen Sie unabhängigen Journalismus

Ihre Unterstützung hilft uns, weiterhin kritisch zu berichten.

Einmalig unterstützen

Monatlich unterstützen

Jährlich unterstützen

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken