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"Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit"

Liberale Linksextremisten? Empörung über die Bundeszentrale für politische Bildung

12.01.2021

| Lesedauer: 2 Minuten
Der Bundeszentrale für politische Bildung erweckt den Eindruck, als sei Linksextremismus mit der liberalen Demokratie zu vereinbaren.

Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) erntet Kritik für einen Online-Beitrag über Linksextremismus. Im Vorspann zu einem „Dossier Linksextremismus“ auf der Website der BpB steht: „Im Unterschied zum Rechtsextremismus teilen sozialistische und kommunistische Bewegungen die liberalen Ideen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – interpretieren sie aber auf ihre Weise um.“

Linksextremisten als Liberale im Geiste?

Der Satz sorgte auf Twitter für einen Shitstorm. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg, der dem Kuratorium der Bundeszentrale angehört, fragte: „Was ist denn in die BpB gefahren?“ Und forderte: „Dieser Text sollte schnell überarbeitet werden.“

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Tatsächlich kann man sich oft fragen, was denn in die BpB, auch in ihren Leiter Thomas Krüger (SPD) gefahren ist. Zum Beispiel, als er 2010 in einer Rede Clara Zetkin und Rosa Luxemburg lobte. In der BpB hatte man auch keine Skrupel, zu einem Online-Beitrag zum Thema „Zivilgesellschaft“ ein Bild einer Demonstration zu stellen, bei der man eine Fahne der DKP, der „Deutschen Kommunistischen Partei“ klar und deutlich erkennen konnte. Es gibt wahrlich oft Anlass für Christdemokraten wie Sensburg, sich zu fragen, wie es sein kann, dass ausgerechnet in der Regierungszeit einer CDU-Kanzlerin die BpB als eine der einstmals letzten Bastionen einer nicht-linkslastigen historisch-politischen Bildungstradition gekippt wurde.

Die Behörde des Innenministeriums hat nach eigener Auskunft die Aufgabe, „durch Maßnahmen der politischen Bildung Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken“. Mit der pauschalen Behauptung, dass kommunistische Bewegungen liberale Werte teilten, und mit der verkürzten Behauptung von „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ als diese Werte, tut der ungenannte Autor dieses Satzes eher das Gegenteil: er schafft politisch-historisches Unverständnis, untergräbt das demokratische Bewusstsein und vermittelt die Illusion einer grundsätzlichen Vereinbarkeit des Linksextremismus mit liberaler Demokratie. Eine Illusion, mit der die Beiträge des BpB-Dossiers übrigens selbst aufräumen.

Natürlich bezieht sich der ungenannte BpB-Autor des Vorspanns mit „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ auf das Motto der Französischen Revolution „Liberté, Égalité, Fraternité“, das auch noch das Motto der heutigen Französischen Republik ist. Und natürlich wurzeln alle linken politischen Bewegungen in der Revolution von 1789 – ebenso wie die liberalen.

Ob es gefällt oder nicht: Der Liberalismus und der Sozialismus/Kommunismus haben gemeinsame philosophische Wurzeln in der europäischen Aufklärung – was der PbB-Autor immerhin durch den Nachsatz „…interpretieren sie aber auf ihre Weise um“ deutlich macht. Höchst fragwürdig ist aber die Formulierung „Im Unterschied zum Rechtsextremismus“. Denn sofern mit Rechtsextremismus ein übersteigerter Nationalismus gemeint ist, gilt auch für diesen, dass manche geistesgeschichtlichen Wege nach 1789 zurückführen. Unter der Trikolore und den Rufen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wurden – nur vordergründig absurd – sowohl der moderne Nationalismus, als auch Internationalismus geboren.

Die Parole „Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit“ ist eben nicht nur liberal und hat schon kurz nach ihrer Erfindung auch zur Guillotine und zum Terror geführt.

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https://twitter.com/jeanvansta/status/1348275006359396352?s=21

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