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Iran am Scheideweg

Anti-Kopftuchproteste dauern an – Armee droht mit Kampf gegen „Feinde“ des Regimes

24.09.2022

| Lesedauer: 3 Minuten
Im Iran dauern die Proteste gegen die Willkürakte der Religionspolizei und das hinter ihr stehende Regime an. Internet-Ausfälle lassen nichts Gutes erwarten. Die Armee kündigt bereits Gegenmaßnahmen an. Ein Land steht auf der Kippe: zwischen terroririsierendem Mullah-Staat und individueller Freiheit.

Die Proteste gegen das iranische Regime gehen weiter. Laut der Menschenrechtsgruppe Hengaw fand am Freitag ein Generalstreik in den kurdischen Landesteilen statt. Am selben Tag wurde das mobile Internet zum dritten Mal eingeschränkt. Daneben sind auch Plattformen wie Instagram und Whatsapp nur teilweise nutzbar. Es sind die gravierendsten Einschränkungen seit den Protesten vom November 2019. Damals dauerte die Sperrung des Internets eine Woche.

Nachdem US-Außenminister Antony Blinken eine Generallizenz für die Ermöglichung digitaler Kommunikationsdienste im Iran ankündigte, hat Elon Musk laut Presseberichten sein satellitengestütztes Starlink-System aktiviert, um den Iranern auch weiterhin Internetzugang zu gewähren. Daneben verkündete Blinken Sanktionen gegen die iranische Sittenpolizei.

Als nächstes wird eine gewaltsame Niederschlagung der Proteste befürchtet. Die Armee ließ verlauten, die Demonstrationen seien Teil „der teuflischen Strategie des Feindes, um die Islamische Republik zu schwächen“. Man wolle „die Feinde“ hinter den Protesten bekämpfen. Schon jetzt gehen die Festnahmen laut iranischen Medien in die Hunderte, mit 280 Festnahmen nur am Donnerstag. Journalisten, die über die Proteste berichteten, und politische Aktivisten wurden festgenommen und im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran inhaftiert.

Die Proteste hatten sich am Wochenende vor allem in den kurdisch besiedelten Gebieten entwickelt, sich dann aber rasch in alle Landesteile ausgebreitet. Die Kurdin Mahsa (eigentlich Jina) Amini war vermutlich nach Misshandlungen durch die Sitten- und Religionspolizei in einem Teheraner Krankenhaus gestorben. Inzwischen sind weitere Todesopfer zu beklagen – wie viele genau, ist unklar. Das Staatsfernsehen spricht von 17 Toten, die Menschenrechtsorganisation „Iran Human Rights“ mit Sitz in Oslo von 36 Toten. Auch ein Polizist und ein Mitglied einer regierungsnahen Miliz sollen zu Tode gekommen sein.

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Brennende Mullah-Portraits in Teheran – Gegendemonstrationen in U-Bahn-Schächten

Am Donnerstag kam ein weiteres Todesopfer hinzu: die 23-jährige Hananeh Kian wurde laut Berichten im nordiranischen Nouschahr erschossen. Auch J.K. Rowling meldete sich daraufhin zu Wort: „Das iranische Regime tötet junge Frauen, die gegen seine Frauenfeindlichkeit kämpfen.“

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Die Demonstrationen und Aktionen der Regimegegner setzten sich aber trotz alledem auch am Donnerstag und Freitag fort. Am Freitag ging nach Berichten das größte Bild von Revolutionsführer Ali Chamenei im Zentrum von Teheran in Flammen auf. Die Rede ist gar von Teheran als „befreiter Zone“. Das dürfte verfrüht sein, aber die Präsenz der Demonstranten auf den Straßen der großen Städte hält an.

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Der Widerstand der jungen Iraner scheint ungebrochen. Noch immer entledigen sich Frauen auf offener Straße ihrer Kopftücher, egal ob allein oder mit Unterstützung. Auch ältere Bürger beteiligen sich an den Protesten.

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Daneben gab es mehrere Gegendemonstrationen. Bezeichnenderweise fanden einige in der Teheraner U-Bahn statt. In manchen Videos sieht man die Einpeitscher für Allahu-akbar-Chöre, was eher wie Agitprop auf dem Heimweg nach der Arbeit wirkt. Auf anderen Demonstrationen wurde die Bestrafung derer gefordert, die den Koran angreifen.

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Auch die Überwachungsinstrumente der Teheraner Führung – angeblich „made in China“ – werden zum Thema auf Twitter.

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Omid Nouripour, Co-Chef der Grünen und selbst in Teheran geboren, findet die Situation in seinem Herkunftsland „mehr als schmerzhaft“, spricht von einem „rücksichtslosen Regime“ und „grotesken Regeln“: „Die Leute wollen nicht mehr gegängelt werden.“ Den Einsatz der Sicherheitskräfte gegen die regierungskritischen Demonstranten findet Nouripour „völlig unverhältnismäßig“. An Reformen aus dem Regime heraus glaubt er nicht. Wohl hat er sich aber in der Vergangenheit für die Anwendung der Scharia in Deutschland ausgesprochen.

Iranischer Präsident forderte CNN-Journalistin auf, Kopftuch zu tragen

Inzwischen ist Präsident Ebrahim Raisi aus New York nach Teheran zurückgekehrt. Am Rande der UNO-Vollversammlung hatte er gesagt, im Iran herrsche Meinungsfreiheit, aber „Akte des Chaos“ seien inakzeptabel. Ist das ein Angebot an die Demonstranten? Wenn ja, dann ist es sicher vergiftet. Noch in New York hatte Raisi von der CNN-Journalistin Christiane Amanpour erwartet, dass sie für ein Interview mit ihm ein Kopftuch trägt. Das sei „eine Frage des Respekts“, vor allem angesichts der Situation im Iran und zweier heiliger Monate. Für Amanpour, die in Afghanistan und im Iran ein Kopftuch trägt, ging Raisis Forderung zu weit. Sie sagte das Interview ab.

Vor dem UNO-Gebäude hielt die iranische Frauenrechtsaktivistin Masih Alinejad eine flammende Rede gegen die Biden-Administration, die die „Mörder des iranischen Volkes“ mit Visa versorge: „Wir verlangen nicht von Biden, dass er uns die Demokratie bringt. Die Menschen im Iran sind selbst mutig genug. Wir wollen nicht von ihm gerettet werden, wir wollen, dass er damit aufhört, das Regime zu retten.“

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Auch in Deutschland protestierten Exil-Iraner für die Sache ihrer Landsleute und skandierten ihre Botschaft: „Obwohl wir weit weg von Zuhause sind, stehen wir hinter euch“.

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