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Orbán beendet Notstand

In der Schurkenrolle

von Gastautor

27.05.2020

| Lesedauer: < 1 Minuten
Ungarns Staatschef Viktor Orbàn scheint sein Image als Elefant im europäischen Porzellanladen zu zelebrieren. Jüngst bei den Corona-Maßnahmen - und er lässt seinen Kritikern keine Atempause.

Es gibt Schauspieler, die bevorzugen düstere Rollen. Und bald werden sie nur mehr als Finsterling und Schurke gebucht, weil sie als Lichtgestalt und Held irgendwie unglaubwürdig wären. So scheint es dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán zu gehen: Wo andere Politiker auf eine differenzierte Debatte hoffen dürfen oder ein leichtes Naserümpfen ernten, muss er sich auf wütende Proteste, schlimmste Verdächtigungen und vehemente Verurteilungen einstellen. Andererseits scheint er die Rolle des Krokodils im Kasperltheater zu lieben, Provokationen gezielt einzusetzen, sein Image als Elefant im europäischen Porzellanladen zu zelebrieren.

Orbàn gießt neues Öl ins Feuer

Jüngst bei den Corona-Maßnahmen: Da wurde in fast allen Staaten Europas eine Art Notstand ausgerufen, samt Einschränkung von Freiheiten und Rechten. In vielen Ländern ging die Regierung mit Verfassung und Gewaltenteilung robust um. Als sich jedoch Orbán die Vollmacht holte, für die Zeit der Epidemie per Dekret und ohne Parlament regieren zu können, war europaweit von Ermächtigungsgesetz, Ausschaltung des Parlaments, Staatsstreich und Diktatur die Rede.

Das Argument Orbáns, die Regierung müsse im Fall einer gesundheitsbedingten Handlungsunfähigkeit des Parlaments agieren, wurde ignoriert. Die Zusage, die Vollmachten dienten nur dem Kampf gegen die Epidemie, stießen auf Unglauben. Nun lässt Orbán die Sonderbefugnisse auslaufen und den Notstand beenden.

Doch er lässt seinen Kritikern keine Atempause. Noch bevor spekuliert werden kann, welch sinistrer Plan hinter dem Ende des Notstands stecken könnte, gießt Ungarns Regierungschef an anderer Stelle Öl ins Feuer: Am Dienstag beschloss das Parlament mit Regierungsmehrheit, die Rechte von Transsexuellen einzuschränken. Das im Personenregister der Standesämter eingetragene Geschlecht darf nachträglich nicht geändert werden. Die nächste Protestwelle schwillt zum Tsunami an.


Dieser Beitrag von Stefan Baier erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur, der wir für die freundliche Genehmigung zur Übernahme danken.

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