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Gesetze des Dschungels statt Rechtsstaat?

Gericht erlaubt Sperrung der A 27 für „Versammlung“ von Klima-Aktivisten

30.08.2024

| Lesedauer: 3 Minuten
Mit richterlicher Genehmigung wurde eine Autobahn gesperrt – damit sich Klima-Aktivisten von einer Brücke abseilen und dort Plakate anbringen konnten. Wegen der Vollsperrung kam es zu einem Stau und am Stauende zu einem Unfall. Gilt das Versammlungsrecht demnächst auch für Klimakleber auf Startbahnen?

Eigentlich ist die Bundesrepublik Deutschland ein Rechtsstaat. Meint man. Immer häufiger aber gelten hier Gesetze der Straße oder des Dschungels oder auch eines übergriffigen Staates.

Beginnen wir mit Letzterem, dem übergriffigen Staat: Wehe, jemand demonstrierte gegen unverhältnismäßige Corona-Maßnahmen. Dann erlebte er rasch – oft mit großer Gewalt exekutierte – Festnahmen, bekam Anzeigen und saftige Urteile bis hin zu Haftstrafen. Und wehe, jemand demonstriert gegen die Errichtung einer großen Flüchtlingsunterkunft in einer kleinen Ortschaft und postet kritische Zeilen dazu in den „sozialen“ Medien; dann ist er schnell im Fadenkreuz von Verfassungsschutz, Staatsanwaltschaft, Polizei und (halb-)staatlichen Meldestellen. „Wegen Hass und Hetze …“ Nein, solche Versammlungen, Demonstrationen und Meinungsäußerungen will man nicht so gern „im besten Deutschland, das es jemals gegeben hat“ (Bundespräsident Steinmeier am 3. Oktober 2020). Grundgesetz Artikel 5 (Meinungsfreiheit), Artikel 8 (Versammlungsfreiheit) und Artikel 9 (Vereinigungsfreiheit) sind dann schnell vergessen.

[inner_post 1] Umgekehrt werden diese Grundrechte maßlos überdehnt, wenn die Ziele regierungsamtlich, mainstreammedial und so manchem Richter willkommen sind. Wenn „Aktivisten“ etwa vorgeben, das Klima und schließlich die Welt retten zu müssen. Indem sie etwa behaupten: „Der klima- und umweltschädliche Autoverkehr ist tagtäglich für viele Menschen und Tiere tödlich und verletzend.“

Aktuelles Beispiel: Am Mittwoch, 28. August, musste/durfte die Polizei die Autobahn 27 in der Nähe des Bremer Kreuzes für mehr als eine Stunde voll sperren. Nein, nicht wegen einer Baustelle, eines Unfalls oder eines Schwerlasttransports. Weit gefehlt! Sondern weil sich Klima-Aktivisten am Mittag von einer Brücke über der A27 abseilten und dort Plakate anbrachten. Wegen der Vollsperrung kam es zu einem etwa sechs Kilometer langen Stau und am Stauende zu einem Unfall. Insgesamt vier Personen wurden dabei leicht verletzt; drei Fahrzeuge waren beteiligt, eines der Autos überschlug sich.

Um diese „Aktion“ hatte es zuvor allerdings juristische Auseinandersetzungen gegeben. Die Aktivisten wollten sich ursprünglich bei laufendem Autobahnverkehr von der Brücke abseilen. Dies untersagte die Stadt Achim mit Verweis auf die Gefahren, erlaubte aber eine Demonstration auf der Brücke. Dagegen wiederum gingen die Aktivisten qua Klage beim Verwaltungsgericht Stade vor. Letzteres ordnete an, dass die Autobahn für die Aktion eine Stunde lang gesperrt werden muss. Später erwirkte die Stadt beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) eine Verkürzung der Aktion auf eine halbe Stunde. In einer späteren Mitteilung betonte das OVG, dass es die Sicht des Gerichts in Stade ausdrücklich nicht teile.

[inner_post 2] Immerhin betonte das OVG, zum Ausgleich der betroffenen Grundrechte wäre es nicht erforderlich gewesen, eine Vollsperrung der A27 anzuordnen. Denn: Mit der Sperrung seien erhebliche Gefahren für Verkehrsteilnehmer sowie Anrainer verbunden, hinter denen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zurückstehen müsse. Die Beschwerde der Stadt habe aber nur auf die Verkürzung abgezielt, deshalb sei der Senat an den konkreten Antrag gebunden.

Wie heißt es so schön: Vor Gericht und auf Hoher See bist du in Gottes Hand!

Scharfe Kritik an der Gerichtsentscheidung kam von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bremen. „Ein künstlicher Stau auf der Bundesautobahn, selbst wenn dort eine Geschwindigkeitsbegrenzung herrscht, ist immer ein hohes Risiko“, sagte der Landesvorsitzende Bernard Soika. „Aus diesem Grund halte ich es für absolut fahrlässig, eine solche Versammlungsfreiheit höher zu hängen als die Sicherheit und das Leben anderer“, kritisierte Soika.

Naja: Den seltsamen „Klima“-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 im Rücken und dass sich in Deutschland mittlerweile mindestens drei „grüne“ Bundesministerien und ein „rotes“ Bundesministerium um „Klima“ kümmern (das Wirtschafts- und Klimaministerium des Robert Habeck, das Außenministerium der Annalena Baerbock, das Umweltministerium der Steffie Lemke, das Entwicklungsministerium der Svenja Schulze), betrachten Klimaaktivisten klammheimlich als Motivationsschub, solche „Aktionen“ zu veranstalten. Diesmal durften sie dies sogar mit richterlicher Genehmigung.

Von daher dürfte es vielleicht nicht lange dauern, bis Klimaaktivisten mit richterlicher Genehmigung auch Zäune an Flughafen durchschneiden und sich auf den Start-/Landbahnen festkleben dürfen.

Einmal mehr hätte der Rechtsstaat dann samt Gewaltmonopol abgedankt.


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