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Bei Markus Lanz

Frage an Annalena Baerbock: Ist FDP-Politiker Thomas Kemmerich für Sie ein Nazi?

19.08.2020

| Lesedauer: 2 Minuten
Die Grünen-Vorsitzende behauptet vor laufenden Kameras, ein "Nazi" wäre fast Ministerpräsident in Thüringen geworden. Meint sie damit den thüringischen FDP-Vorsitzenden und Kurzzeit-Ministerpräsidenten Kemmerich? Das lässt tief blicken in Baerbocks Demokratieverständnis.

Annalena Baerbock gelang gestern Abend in der Talk-Show von Markus Lanz ein denkwürdiger Auftritt, der tief in die geistige Welt der Grünen blicken lässt (bei Minute 29). Die Vorsitzende der Grünen erklärte vor laufender Kamera über die Wahlen in Thüringen: „Da standen wir kurz davor, dass ein Nazi, jemand der nicht auf den Boden des Grundgesetzes steht, in einem unserer Bundesländer zum Ministerpräsidenten gewählt wird. Dieser Moment hat mich erschüttert, ich glaube, der hat wahnsinnig viele Menschen in diesem Land erschüttert.“ Gewählt zum Ministerpräsidenten wurde zunächst Thomas Kemmerich von der FDP. Die Grünen spielten in Thüringen, in dem Bundesland aus dem Karin Göring-Eckhart stammt, keine Rolle, weil sie kaum jemand wählen wollte.

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Meinte Annalena Baerbock Thomas Kemmerich von der FDP, der rechtmäßig zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt wurde, als sie von einem Nazi, als jemand, der „nicht auf den Boden des Grundgesetzes steht“, sprach und der dann keine 24 Stunden nach der Wahl von Angela Merkel zurückgetreten wurde? An Björn Höcke kann sie nicht gedacht haben, denn der stand zu keinem Zeitpunkt „kurz davor“ gewählt zu werden.

Ihre verschwurbelte Äußerung lässt allerdings Zweifel daran aufkommen, ob die Vorsitzende der Grünen auf dem Boden des Grundgesetzes steht, denn Thomas Kemmerich wurde in einer freien und demokratischen Wahl zum Ministerpräsidenten gewählt. Es mag sein, dass die Grünen ein freies und demokratische Wahlrecht innerlich ablehnen und von chinesischen Verhältnissen träumen und dass sie, wenn sie dank der CDU/CSU 2021 im Bund an die Macht kommen, das repräsentative Wahlrecht, wie es das Grundgesetz vorsieht, in ein moralisches Wahlrecht zu ändern gedenken, doch das Grundgesetz, wie es noch gilt, unterscheidet nicht zwischen guten und schlechten Stimmen, nicht zwischen Stimmen erster und zweiter Wahl. Stimme ist Stimme und jede Stimme besitzt das gleiche Gewicht.

Wenn sich ein Politiker der FDP, der CDU, der CSU, der Grünen, der SPD oder der Linken nicht auch durch Abgeordnete der AfD, die wie alle anderen ihre Wähler vertreten, wählen lassen darf, haben diese Wähler dann ihr Wahlrecht verloren, weil ihre Stimmen nicht mehr zählen. Damit allerdings würde man einen Block, eine Einheitspartei, eine Nationale Front schaffen, was nicht im Sinne des Grundgesetzes ist.

Eigentlich steht Annalena Baerbock in der Pflicht, ihren Satz zu erklären. Und ob sie mit dem „Nazi“ Thomas Kemmerich gemeint hat. Aber da hat schon in der Sendung niemand nachgefragt. Weshalb sollte Markus Lanz auch das Karriererisiko eingehen und Annalena Baerbock an dieser Stelle kritisch nachfragen.


Nachtrag:

Wie soeben bekannt wurde, hat sich Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich gegenüber BILD zu Baerbocks Äußerung mit folgender Ankündigung zu Wort gemeldet: „Sie wird Post von meinem Anwalt bekommen. Ich fordere sie auf, das klarzustellen.“

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