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Friedensdämmerung im Nahen Osten

Die EU-Außenpolitik ist ein Tal des Jammers

01.10.2020

| Lesedauer: 4 Minuten
Ein vergifteter oppositioneller Russe, Proteste in Weiß-Russland sowie zündelnde Asylaspiranten bestimmen die Tagesordnung der Außenminister: EU-Außenpolitik 2020, ein Tal des Jammers.

Zwei Wochen nach der Unterzeichnung in Washington und sechs Wochen nach Bekanntgabe der neuen Beziehungen zwischen Israel, UAE und Bahrein sind Brüssel und Berlin noch immer wie gelähmt. Die EU-Außenminister tagten eine Woche lang, fanden aber kein proaktives Wort zur historischen Veränderung im Nahen Osten. Und nahezu politikhörig herrscht in der deutschsprachigen Presse und in den TV-, Funkmedien eisiges Schweigen. Ein vergifteter oppositioneller Russe, Proteste in Weiß-Russland sowie zündelnde Asylaspiranten bestimmen die Tagesordnung. EU- Außenpolitik 2020 ein Tal des Jammers.

Gäbe es einen Preis, wer in der EU-Außenpolitik den Kopf am längsten im Sand verstecken kann, das Außenamt in Berlin hätte hohe Medaillenchancen. In den letzten 45 Tagen hat sich die Welt im Nahen Osten aufgehellt wie seit einem viertel Jahrhundert nicht mehr und die deutsche EU-Kommissions-Präsidentin, die Bundeskanzlerin und ihr Außenminister, die derzeit den Ratsvorsitz in der EU innehaben, leiden an einer seltsamen Sprechstörung. Das Covid-19-Virus verdrängt derzeit vieles, aber niemals die Wahrheit.

Die Fakten

Die VAE nehmen volle diplomatische Beziehung zu Jerusalem auf. Bahrein normalisiert die Beziehungen zu Israel, diplomatische Beziehungen sind eine Frage von Wochen. Serbien kündigt an, die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Kosovo, ein weiterer mehrheitlich muslimischer Staat, nimmt diplomatische Beziehungen zu Israel auf. Serbien und Kosovo sind zwar keine EU-Mitglieder, aber ein Teil Europas. Für die Mainstream-EU eine schmerzliche Erfahrung.

All diese Veränderungen in Nahost und Europa sind nicht denkbar ohne die noch stillschweigende Zustimmung Saudi-Arabiens. Erstes erkennbares Anzeichen: Israels Flugzeuge dürfen bereits den saudischen Luftraum nutzen. Kuwait, Qatar, Marokko, Sudan und weitere moslemische Staaten haben mehr als deutlich zu erkennen gegeben, dass sie dem Beispiel von UAE und Bahrein folgen werden.

Es kommt Schlag auf Schlag

Das Weizman-Institut, eines der führenden israelischen naturwissenschaftlichen Forschungsinstitute mit Weltruf, hat einen Kooperationsvertrag mit der Mohamed Bin-Zayed Universität zur Künstlichen-Intelligenz-Forschung unterzeichnet.
Die Tourismusverbände der VAE und Israels wollen den Urlaubsverkehr zwischen beiden Ländern regeln. Der größte Hotelbetreiber in Dubai hat angekündigt, koschere Küchen in seinen Häusern einzurichten. Damit können auch jüdisch-streng-religiöse Besucher in VAE entspannen.

[inner_post 1] VAE- und Israel-Banken haben vereinbart, auf der Basis des internationalen Geldverkehrs zu kooperieren. Die Dubai Airport Free Zone (DAFZA) hat sich mit der Israelischen Handelskammer (FICC) bereits darauf verständigt, dass israelische Firmen steuerfreie Filialen in Dubai eröffnen können.

Israels südlichster Hafen Eilat am Roten Meer liegt 40 Kilometer von Saudi-Arabien entfernt. Eine Öl- und Gas-Pipeline verkürzt, verbilligt und macht den Weg für Energie der arabischen OPEC-Länder nach Europa sicherer. Das politische Nadelöhr Suezkanal würde seine Bedeutung verlieren und Israel hat bereits einen Plan, gemeinsam mit Zypern und Griechenland eigenes Gas dann in Kooperation mit Saudi-Arabien nach Europa fließen zu lassen.

Sultan Ahmed Bin Sulayem, einer der prominentesten Konzernchefs in VAE hat mit der israelischen LEUMI-Bank ein Abkommen unterzeichnet. Gleichzeitig will er bei der Privatisierung des größten israelischen Hafens in Haifa mitbieten. Eine Konkurrenz für chinesische Mitbewerber. Von beiden Seiten bestätigt ist bereits eine 30prozentige Minderheiten-Beteiligung von Sultan Sulayems „DP World“ am Hafen von Eilat, der eine direkte Verbindung zum Hafen von Dubai aufnehmen will. Der Betrieb soll noch in diesem Monat beginnen. DP World ist mit 80 Beteiligungen einer der größten Hafen-Konzerne der Welt, dazu gehören auch London und Antwerpen. Er beschäftigt 50 000 Mitarbeiter, die täglich 190 000 Container bei einem Jahresumsatz von 4,1 Milliarden US-Dollar verladen.

Brüssel und Berlin sehen und hören nichts

Die meisten dieser Informationen können in der internationalen Presse nachgelesen werden, aber Brüssel und Berlin wollen es schlicht und einfach nicht wahrhaben. Denn hinter dem Erfolg stehen US-Präsident Donald Trump und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Zwei demokratisch gewählte Politiker, die politisch vorverurteilt sind ohne jede Chance, dass ihre unbestreitbaren Leistungen von EU-Granden gewürdigt werden. Brüssel und Berlin fällt es offenbar unendlich schwer sich von ihrem überholten Narrativ zu verabschieden, in dessen Mittelpunkt die Zwei-Staaten-Lösung und ein Rückbau israelischer Siedlungen in der Westbank stehen.

[inner_post 2] Seit der Gründung Israels 1948 wartet die Weltgemeinschaft auf Frieden in einer für die Energieversorgung wichtigsten Region der Welt. Trotz einer der vielversprechendsten Nachrichten seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Jordanien 1994 ist in der EU-Terminvorschau vom 28. September bis 9. Oktober 2020 keine Silbe von den aktuellen historischen Vorgängen im Nahen Osten zu lesen. Lauwarme Glückwünsche werden veröffentlicht, die nur Halbherzigkeit verbreiten. Man will nicht glauben und schon gar nicht eingestehen, dass die Milliarden, die an PLO und UNWRA in den letzten Jahrzehnten geflossen sind, politisch kontraproduktiv waren. Sie haben Terror gefördert, den Top-Funktionären ein Leben in Saus und Braus ermöglicht und halten das Volk in der dritten Generation in Flüchtlingslagern.

Eine Zwei-Staaten-Lösung ist Fiktion

Kritik an der EU-Nahost-Politik gibt es schon seit langem, aber jetzt bestätigen es die VAE und Bahrein: die Zusammenarbeit mit Israel ist ihnen wichtiger, sie haben von der Endlosschleife der palästinensischen Propaganda die Nase voll. Keine der jahrzehntelang gepredigten Bedingungen der PLO und ihren Unterstützern in der EU ist auch nur ansatzweise erfüllt worden. Eine Zwei-Staaten-Lösung ist Fiktion, Jerusalem ist die ungeteilte Hauptstadt Israels und ein Rückkehrrecht von Millionen von Palästinensern in das Staatsgebiet des Judenstaates ist eine Fata Morgana. Netanyahu war zudem klug genug, den Annexions-Deal unter den Tisch fallen zu lassen.

Von Charles de Gaulle stammt die Weisheit, „zwischen Staaten gibt es keine Freundschaft, sondern nur Interessen“. Das Interesse von immer mehr arabisch-sunnitischen Staaten – sie bilden die überwiegende Mehrheit – liegt im High-Tech-Zentrum Tel Aviv und nicht bei den religiös-fanatisierten Glaubensbrüdern in Gaza oder Ramallah. Die gebildeten Nachkommen der Scheichs wollen an der Technologie für Trinkwasser, digitalisierte Medizin, Künstliche Intelligenz, Datensicherheit im Internet teilhaben und rechtzeitig an Informationen über bedrohliche Aktivitäten im Iran zu Wasser, zu Land und in der Luft herankommen. Denn in Israel entwickelte Algorithmen reduzieren die Gefahr vor Krieg und Terror, von denen die Menschen im Nahen Osten genug haben.

Wo sind die Europäer, die emotionslos die Fehler der Vergangenheit eingestehen, sie begraben und die neuen Optionen mutig anpacken? Muslime und Juden warten auf ein Zeichen. Es wäre auch im lebenswichtigen Interesse Europas.

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