<
>
Merz, Laschet oder Röttgen

Einer wirkt farbloser als der andere: Die JU sucht den nächsten CDU-Chef

19.10.2020

| Lesedauer: 3 Minuten
Die Junge Union hat eine Debatte der drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz veranstaltet. Eine löbliche Idee. Aber wenn konforme Kandidaten debattieren, bleibt es halt langweilig. Und einer der drei ist sogar noch farbloser als die beiden anderen zusammen.

Eigentlich begrüßenswert: Die Junge Union (JU) lädt zur Debatte ein und will den Kampf um den CDU-Vorsitz aus den Hinterzimmern auf die große Bühne holen – inszeniert im amerikanischen Format, von der Aufmachung her könnte auch Donald Trump jeden Moment auf die Bühne kommen und „You’re total losers. You know what. You’re fired“, sagen, unter tosendem Applaus seiner Anhänger. Zu hipper Musik, Hollywood-angehauchten Einsprechern und super-coolen Animationen streiten Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen hier darum, wer die Unterstützung der JU erhalten soll. Naja, ein paar Peinlichkeiten gibt es dann aber schon: „Der Pitch“ nennt die JU die Debatte der Kandidaten um den CDU-Vorsitz. Und auch sonst ist alles etwas krampfig jung-digital-modern. Aber das sei ihr verziehen, der gute Wille ist es, der da zählt. Und mir sind Leute, die etwas versuchen, immer erstmal sympathisch. Insofern ein Lob für Tilman Kuban, den JU-Vorsitzenden.

Die Veranstaltung ist leider nur so lange gut, bis die Kandidaten anfangen zu sprechen. Hier kollidieren dann Anspruch und Wirklichkeit miteinander. Leider hören wir nicht, wie Donald seine alten Räuberpistolen und Weibergeschichten auspackt, sondern eine Aneinanderreihung von hohlen Phrasen, aber das ist wohl eine Disziplin, die man in der CDU beherrschen muss.

[inner_post 1] Im Weiteren gewinnt man den Eindruck, die drei Herren hätten vorher ihren superklugen Strategieberater Jan-Uwe (54) gefragt, was sie tun müssen, um bei den jungen Leuten gut anzukommen. Und der entgegnete mit Basecap, Strickjacke und überdimensionierten weißen Turnschuhen: „Ja, so Digitalisierung und so is meeega wichtig bei den Kids von heute. Und Nachhaltigkeit. Und am besten ganz viele Jugendwörter benutzen. Das kommt mega cool rüber, so – ich kenn mich da aus“. Laschet möchte ein Digitalministerium, Röttgen entgegnet, er möchte aber ein „digitales Digitalministerium“. Merz, der rechte Haudegen, will eine „Ökologische Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft“ und sagt, die CDU muss „DIE deutsche Europapartei“ sein.

Nun, eigentlich ist Laschet eher als farblos und rhetorisch eher nicht so ausgeprägt bekannt. Und Röttgen … ist einfach Röttgen, keine Ahnung, was das soll. Aber es gibt einen sehr interessanten Effekt, den Friedrich Merz bei mir auslöst. Ich verspüre nach der Debatte auf einmal erhöhte Sympathien für die beiden anderen Kandidaten. Und das ist nicht das erste mal. Schon vor zwei Jahren, als noch AKK die große Zukunftshoffnung und Polit-Entertainerin war, hatte ich dieses Gefühl. Als Merz dann gesprochen hatte, dachte ich mir: „Ja eigentlich, so schlecht ist die AKK ja doch nicht. Die hat schon was, irgendwie Temperament und so“. Ich weiß nicht, was für ein Wahnsinn da in meinem Kopf vor sich geht, ich forsche weiter und bewerbe mich dann auf den Psychologie-Nobelpreis.

Ein Erklärungsversuch ist die Art, wie Friedrich Merz spricht. Die Reden von Friedrich Merz klingen ungefähr so: „Ich … glaube … liebe … Freundinnen und Freunde… liebe Zuschauerinnen und … Zuschauer … ich … glaube … wir müssen … geMEINsam … in … die Zukunft schauen?“

Wenn er den Satz „Wir müssen dies gemeinsam anpacken“ sagt, ist das so ziemlich der rhetorische Höhepunkt, allerdings so versteift, dass er nicht mal „das“ sagen kann, sondern „dies“. Ansonsten ist Merz immer darauf bedacht, alle Punkte abzuklappern, die irgendwie von den Linken strittig gemacht werden könnten: Nachhaltigkeit, Europa …

[inner_post 2] Friedrich Merz will offenbar der neue Christian Lindner sein. Aber Christian Lindner hat im Gegensatz zu ihm wirklich etwas geleistet, eine Partei wieder aufgebaut, zumindest phasenweise Charakter bewiesen. Rhetorisch ist Lindner brillant, nahbar, sympathisch, ein politisches Gen… oh. Sie merken: Es geht schon wieder los bei mir.

Alle Kandidaten spielen nach linken Regeln. Sie klappern Punkte ab, die für eine positive Spiegel-Berichterstattung wichtig sind. Diese Regeln hat Merkel am besten beherrscht, Laschet beherrscht sie wiederum besser als Merz, aber die Grünen am Ende besser als die CDU. Und so ebnet sich der Weg in den Untergang.

Wenn Merz durch einen besonders großen Zufall doch CDU-Vorsitzender oder Kanzler werden würde, wäre die einzige Änderung zur Gegenwart, dass es fortan hieße: „Wir schaffen dies – aber ich kann nichts versprechen“.

[advertisement-block provider=“Newsletter“ location=“posts“]

Unterstützen Sie unabhängigen Journalismus

Ihre Unterstützung hilft uns, weiterhin kritisch zu berichten.

Einmalig unterstützen

Monatlich unterstützen

Jährlich unterstützen

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken