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Verfassungsbeschwerde geplant

Staat nimmt mit einem Schlag 25.000 Dolmetschern die Beeidigung

03.11.2022

| Lesedauer: 2 Minuten
25.000 Dolmetscher könnten in gut vier Jahren ohne Beeidigung dastehen. Der Justiz droht ein Kollaps. Zurück geht diese Situation auf ein Gesetz, das Christine Lambrecht (SPD) als Justizministerin durch den Bundestag gebracht hat.

Rund 25.000 fürs Gericht zugelassene Dolmetscher gibt es in Deutschland. Sie könnten 2026 mit einem Schlag alle ihre Beeidigung verlieren. Strafprozesse könnten unter anderem dann nur noch durchgeführt werden, wenn für Angeklagte, die keine deutschen Muttersprachler sind, kurzfristig Dolmetscher vereidigt werden.

[inner_post 1] Verursacht hat diese Situation die heutige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). 2019 hat sie noch als Justizministerin das „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens“ auf den Weg gebracht. Ein Punkt in diesem Gesetz sieht vor, dass Gerichtsdolmetscher einheitliche Qualifikationen benötigen. Bisher sind die Länder dafür zuständig, festzulegen, welche Standards ein Dolmetscher erfüllen muss, wenn er für die Arbeit vor Gericht zugelassen werden soll.

Der Bundesrat hat diese Passage des Gesetzes daher in einer Stellungnahme hart kritisiert. Die Länderkammer sieht „umfassende verfassungsrechtliche Bedenken, da der Bund nicht über die erforderliche Gesetzgebungskompetenz verfügt“. Darüber hinaus sei der Vorschlag Lambrechts für eine einheitliche Regelung „weder notwendig noch sinnvoll“. Das sieht der Berufsverband „Assoziierte Dolmetscher und Übersetzer in Norddeutschland“ (ADÜ) ebenso. Deswegen will dieser nun eine Verfassungsbeschwerde unterstützen, den „ein unmittelbar vom GDolmG betroffener allgemein beeidigter Dolmetscher auf den Weg bringen“ muss.

Der Berufsverband ADÜ Nord will diese Situation noch abwenden. Der Verband sammele Geld, um die Kosten für eine Verfassungsbeschwerde tragen zu können. Die lägen bei 42.000 Euro. In weniger als zwei Wochen sei die Hälfte bereits reingekommen. Nun starte die Kampagne im Verband erst richtig, berichtet der ADÜ-Vorsitzende Jörg Schmidt gegenüber TE.

Der Jurist rechnet sich gute Chancen aus, dass Karlsruhe die Beschwerde annehme. Mit der Einschätzung des Bundesrates liege schon eine entsprechende, ernst zu nehmende Einschätzung vor. Zumal sprächen andere Punkte dafür, dass sich das Bundesverfassungsgericht des Themas annehmen müsse: Zum einen greife das Gesetz stark in die Rechte der Betroffenen ein, zum anderen sei es von hoher grundsätzlicher Bedeutung, da viele Prozesse von Gerichtsdolmetschern abhängig seien.

Grundsätzlich sei der Verband dafür, dass in ihrem Bereich das Berufsrecht reformiert werde. Aber die Fachleute sollten in das Verfahren eingebunden werden. Das habe Lambrecht als Justizministerin nicht getan. Mehr noch. Als der ADÜ Stellungnahmen eingereicht und auf die verheerenden Folgen aufmerksam gemacht habe, sei das Haus Lambrecht darüber einfach hinweggegangen und habe das Gesetz innerhalb von zwei Wochen durch den Bundestag gepeitscht.

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