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„Schaut her, wir tun was!“

Dobrindts Pseudo-Politik wirkt: Lange Staus an den Grenzübergängen

10.05.2025

| Lesedauer: 3 Minuten
Der neue Innenminister will die Grenzen „sichern“: mit mehr Polizisten, Kontrollen und Zurückweisungen – reine Pseudo-Politik, nur um zu zeigen: Wir tun was. Illegale Migration lässt sich nur durch gemeinsame europäische Lösungen, bessere Außengrenzkontrollen und ein funktionierendes Asylsystem stoppen.

Ungläubig starrte ich auf das integrierte Navigationsgerät in der Armatur des Fahrdienstes. Die mir bekannte Fahrzeit hatte sich dort bei gleichbleibender Strecke verdreifacht. Was war da los? Der routinierte Fahrer im Gemütszustand eines buddhistischen Zen-Meisters bemerkte meine Unruhe und vermeldete: „Stau wegen Grenzkontrollen.“

Während also die Klimaanlage leise surrte und das Radio Schlager dudelte, erstreckte sich eine Autoschlange zwischen Straßburg und der deutschen Grenze. Grenzkontrollen, weil Innenminister Alexander Dobrindt – frisch im Amt und voller Tatendrang – diese seit seinem ersten Arbeitstag verschärft hat. „Klarheit, Konsequenz, Kontrolle!“, hat er verkündet, während ich und viele andere nun Zeit in der Blechlawine anstatt bei ihren Familien verbringen.

Solche kleinen Alltagserlebnisse erden mich und zeigen mir, wie wichtig es ist, in Brüssel und Straßburg weiter für offene Schengen-Grenzen zu plädieren und sich Pseudo-Politik und sinnlosen Maßnahmen entgegenzustellen. Alle Personen im Stau sind Opfer von Alexander Dobrindts Grenzpolitik, die keine Probleme löst, sondern neue schafft. Dobrindts Plan, die illegale Migration mittels Grenzkontrollen durch ein paar mehr Polizisten und Staus zu stoppen, wirkt hilflos.

Die große Grenzkontroll-Show

Was ist also los? Dobrindt, der neue Star der CSU, hat beschlossen, die Grenzen zu „sichern“. Mehr Polizisten, mehr Kontrollen, mehr Zurückweisungen – und offenbar auch mehr Staus. Laut Medien will er die Zahl der Bundespolizisten an den Grenzen verdoppeln und Asylsuchende direkt abweisen, weil die Zahlen „immer noch zu hoch“ seien. Klingt nach einem Plan, oder? Nur, dass Nachbarländer wie Polen und Luxemburg schon die Augen verdrehen. Auch die Polen klagen über stundenlange Staus, die den EU-Binnenmarkt stören, und Luxemburg plädiert für stärkere Kontrollen an den EU-Außengrenzen statt dieses nationalen Alleingangs.

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Die Grenzkontrollen wirken wie ein Regenschirm bei Sturm – sie sehen nach Schutz aus und sollen als „Schaut her, wir tun was!“ vermarktet werden. Am Ende aber steht man mit einem kaputten Regenschirm trotzdem klatschnass da. Der Schengenraum, dieses Meisterwerk europäischer Freizügigkeit, wird durch solche Maßnahmen nicht sicherer, sondern geschwächt und ausgehöhlt. Staus, wie wir sie nun erleben, kosten Zeit, Geld und Nerven. Der wirtschaftliche Schaden dürfte größer sein als der Nutzen.

Pseudo-Politik mit Pauken und Trompeten

Warum also diese Show? Es geht um Symbolik, nicht um Lösungen. Dobrindt und seine Union wollen sich AfD-Wähler zurückholen, indem sie hart klingen. „Wir müssen die Polarisierung im Land in den Griff bekommen“, sagt Dobrindt. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ein paar mehr Polizisten an der Grenze die gesellschaftlichen Gräben kitten könnten.

Das ist Pseudo-Politik in Reinkultur: Maßnahmen, die laut tönen, aber leise scheitern. Die Polizeigewerkschaften halten flächendeckende Kontrollen ohnehin für kaum umsetzbar, weil Personal fehlt. Die Polizeigewerkschaften weisen seit Jahren auf die hohe Belastung der Beamten hin. Wenn die Polizei dauerhaft leistungsfähig sein soll, müsse in Gesundheit und Personal investiert werden, so äußerte sich der Chef der Polizeigewerkschaft von Sachsen-Anhalt am 9. Mai 2025.

Die Politik jedoch bürdet den Polizisten weiterhin viel auf. Ein Berg an Überstunden und ein hoher Krankenstand sind das Ergebnis, dass die Polizei in den letzten Jahren einige Pseudo-Maßnahmen – wie zum Beispiel die „Covid-Grenzkontrollen“ ausführen mussten. Während Dobrindt also von seinem neuen Schreibtisch aus die Grenzen per Weisung an die Bundespolizei „sichert“, bleibt die eigentliche Herausforderung – ein funktionierendes europäisches Asylsystem – weiterhin ungelöst.

Der Stau als Metapher

Dieser Stau ist wie Dobrindts Politik: Alles steht still, nichts geht voran, und am Ende sind alle genervt. „Schengen muss leben!“, hatte Luxemburgs Innenminister mal gesagt. Deutsche Politiker in Verantwortung schaufeln jedoch gerade das Grab für unsere gewonnenen Freiheiten im Schengenraum.

Die Wahrheit ist: Illegale Migration wird nicht durch Kontrollen an Grenzübergängen und Staus gestoppt. Es braucht europäische Kooperation, bessere Außengrenzkontrollen und ein Asylsystem, das funktioniert. Dobrindts Kontrollen sind wie ein Pflaster auf einer offenen blutenden Wunde – es sieht nach Handeln aus, aber geheilt wird dadurch nichts.

Pseudo-Politik soll Wähler beeindrucken, aber sie löst keine Probleme. Da kann man nur hoffen, dass auch Dobrindt stundenlang im Stau stehen muss, um zu erkennen, wie viele Pendler, Geschäftsleute und Polizeibeamte er mit seiner „Klarheit und Konsequenz“ ins Chaos stürzt.


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