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Das andere Polizei-Erlebnis

Detox und ein gutes Gefühl

25.01.2020

| Lesedauer: 2 Minuten
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.

War leider mal bloß eine Woche weg. Auf einer spanischen Insel im Atlantik. Richtige Inseln gibt´s ja gar nicht mehr. Sogar auf Sankt Helena haben sie jetzt einen Flughafen und Internetanschluss. Doch selbst auf einer so vom Massentourismus versehrten Insel wie Tenerife fällt eine kleine elektronische Detox-Kur leichter als zuhause. Sieben Tage null TV. Gelesen? Nicht einmal online. Nur geschrieben. Was sollte ich vermisst haben? Trump und Merkel in Davos? Das Virus von Wuhan? Oder war´s das Virus von Davos und Merkel in Wuhan? Mir hat nichts gefehlt. Kann Detox nur empfehlen. Es entspannt. Weshalb ich heute den Mund halte.

I.

Deshalb nur ein kleines, unwichtiges Erlebnis von dieser Insel. Wir halten an einem Mirador. Grandioser Blick in zerklüftete Berge, aufs Meer. Weit und breit kein Dorf zu sehen. Hier ist man ganz bei sich. Wenn nur nicht der Parkplatz überfüllt wäre. Overtourism auch hier. Das krieg ich gleich zu spüren.

Ich stehe quer, bleib deshalb beim Wagen, meine Gefährtin geht die Aussicht gucken. Ein Mann lehnt sich an mein Auto, um seine Frau zu filmen. Meinetwegen, wenn´s denn die Schönheit verlangt. Dann sperre ich ab, obwohl es hier gar nicht notwenig erscheint, und geh der Gefährtin schon mal entgegen; es sind keine zwanzig Meter. Keine Minute später drehe ich mich zum Auto um. Es ist jetzt von fünf Personen umringt, und einer hält das Täschchen meiner Gefährtin in der Hand. Nichts wie hin. Und schon klicken die Handschellen um die Gelenke von zwei Männern und einer Frau. „Guardia Civil“, sagt der bärtige Bursche, der das Täschchen in der Hand hält, und zeigt zur Bekräftigung seine Pistole.

Der Trick der professionellen Diebesbande ging so: Während des Filmens, angelehnt ans Auto, öffnete der Mann unbemerkt die hintere Tür nur einen Spalt. Sie blieb offen, als ich absperrte. Kaum hatte ich mich entfernt, stieg er ein – dabei allerdings selbst gefilmt von verdeckten Ermittlern der Guardia Civil. Zugriff. Eine Einbruchsserie ist zu Ende. Auf dem Handy des Beamten schauen wir uns die gesammelten Videos genüsslich an. Uniformierte Beamte holen die Bande Minuten später ab.

II.

Zufall. Glück. Dankbarkeit. Auch Schreck darüber, wie naiv man gewesen ist. Man lässt nichts im Wagen liegen, auch nicht, wenn er abgesperrt ist. Selbst nicht, wenn man sich nur zwanzig Meter und zwei Minuten entfernt. Touristen ziehen Kriminelle an wie das Licht die Motten. Sogar mitten in der Wildnis. Wirkliche Wildnis gibt es hier nicht mehr. Allenfalls rechtsfreie Räume. Als wär‘ man mitten in Berlin. Der Mirador in den Bergen von Tenerife gehört für mich gerade nicht dazu, dank aufmerksamer Polizisten. Was für ein unvergesslich gutes Gefühl einem dieser Moment der Sicherheit doch vermittelt. Wir sind beschützt worden. Und das bedeutet, willkommen, ja fast zuhause zu sein. Es wäre allzu schön, hätte man so ein Gefühl immer auch dort, wo man herkommt.

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